Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich die Debatte der letzten Woche vor Augen führt, die Regierungserklärung - die Unterrichtung durch den Ministerpräsidenten - und die anschließenden Debatten verfolgt hat und die jetzige Debatte in der Aktuellen Stunde aufnimmt, dann wird eines deutlich, an das wir stärker anknüpfen sollten
als an den Unterschieden: Wir alle wissen, dass eine Flüchtlingswelle auf uns zugekommen ist und auch noch weiterhin auf uns zukommt. Die Menschen, die zu uns kommen, lassen sich im Moment durch nichts aufhalten - weder durch Stacheldraht noch durch Grenzkontrollen noch durch verbale Akrobatik in der Politik.
- Ich habe niemandem einen Vorwurf gemacht. Ich habe in der letzten Woche gegenüber Herrn Toepffer gesagt: Das gilt auch für die Zäune in Spanien.
Jetzt gehen die Flüchtlingsströme in Richtung Kroatien, mit allen Gefahren, die damit verbunden sind; denn dort gibt es noch vermintes Gelände. Das wissen wir alle. Ich will nur deutlich machen: Diese Flüchtlinge kommen, und sie lassen sich im Moment durch nichts aufhalten.
Wir können uns jetzt gegenseitig Vorhaltungen machen und fragen: Wann musste sich wer darauf einstellen? - Insgesamt muss man sagen: Einige Punkte waren vorhersehbar, andere nicht. So hat auch die Konferenz der CDU-/CSU-Fraktionsvorsitzenden in den Länderparlamenten die Kanzlerin wegen ihrer Äußerungen kritisiert, wenn man der FAZ folgt, die gesagt haben: Auch diese Äußerungen haben dazu beigetragen.
Ich glaube, vieles trägt dazu bei, Sorgen und Ängste bei den Flüchtlingen auch hier in Deutschland zu schüren. Vielleicht haben Sie heute Morgen das „Morgenmagazin“ verfolgt und die Bilder der Erstaufnahmeeinrichtung in Baden-Württemberg gesehen. In dem Bericht wurde beschrieben, dass Fehlinformationen, Ängste und Sorgen, die im Netz geäußert werden, zu Gewaltsituationen und insgesamt zu einer Lage geführt haben, die nur sehr schwer handhabbar ist.
Wir sollten uns darauf verständigen, durch unser Verhalten nicht dazu beizutragen, das zu verschärfen, sondern zu prüfen, wie wir der Aufgabe gerecht werden können, dass die Belegung der Einrichtungen, die so stark überbelegt sind, möglichst zügig wieder auf das Normalmaß reduziert wird. Ich glaube, das ist das A und O.
Wenn Sie dazu die Frage der Rückführung und die Frage der Abschiebung nehmen, möchte ich eine Bemerkung in Richtung der FDP machen: Gelegentlich hilft es, dass man auch mal erwähnt, dass es zwar einer Kampfabstimmung bedurft hat, dass dieser Landtag aber zu Dublin eine gemeinsame Position verabschiedet hat.
- Wissen Sie, warum? - Weil die Positionen zwischen Union, Grünen, SPD und FDP zusammenzubringen waren. Das war schwierig genug. Ich war hautnah dabei. Ihr Kollege Oetjen, dem ich herzlich gratuliere, hat daran maßgeblich mitgewirkt. Er hat die Einigung obenan gestellt, aber nicht den Zeitraum. Es war schwierig, und ich war froh, dass es eine Einigung gab, weil es die hier zuvor zu diesem Thema noch nie gegeben hatte.
- Erst einmal gibt es die Erkenntnis, dass wir dazu eine Position haben. Dass Dublin zu ändern ist, entscheidet nicht der Niedersächsische Landtag, allerdings auch nicht der Bundestag,
sondern das bedarf einer Anstrengung in Europa. Derer hat es vieler gegeben, auch deutliche Erklärungen, und zwar auch vonseiten der Landesregierung. Ich finde, gelegentlich sollte man die Debatten da aufnehmen,
wo sie sinnvoll sind und wo sie auch nach außen noch einen Sinn machen. Das hier jetzt macht aber nach außen letztlich gar keinen Sinn!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da wir hier in Fortsetzungsakten reden können, habe ich das Glück, dass ich jetzt diesen Teil abschließen und vielleicht auf den einen oder anderen Punkt im zweiten Teil, den ich noch zu bestreiten habe, eingehen kann.
Ich glaube, gegenüber dem Stand von letzter Woche gibt es einen Erkenntnisgewinn: Es hat einen Massenandrang von Flüchtlingen gegeben. Das wird so bleiben. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir alles zur Entlastung tun.
Vielleicht sollten wir gegenseitig aufpassen, dass wir mit unserer Wortwahl nicht Signale nach außen senden, die in dieses Thema überhaupt nicht hineingehören.
Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Ebenfalls zu Punkt 2 a liegt eine Wortmeldung von Herrn Dr. Birkner für die Fraktion der FDP vor. Ich erteile Ihnen das Wort. Fünf Minuten!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass sich die Landesregierung weiterhin im Krisenmodus befindet. Das ist zunächst einmal noch gar kein Vorwurf. Aber, Herr Ministerpräsident und Herr Minister Pistorius, irgendwann muss es gelingen, aus diesem Krisenmodus herauszukommen und Strategien zu entwickeln, wie man eigentlich mit den Herausforderungen umgehen will.
Wie sehen eigentlich Ihre Vorstellungen zu den Integrationsbemühungen aus? Wie wollen Sie sicherstellen, dass sich keine Parallelgesellschaften entwickeln und Ähnliches?
Dazu hört man hier relativ wenig. Weder von Ihnen noch von den Regierungsfraktionen kommen dazu konkrete Vorschläge. Wir sind auf die Beratungen in den Ausschüssen dazu gespannt. Aber es reicht eben nicht aus, immer nur das, was man am Morgen erfährt, sozusagen mittags zu bewältigen und sich dafür am Abend zu loben.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist in dem Kontext - auch das bleibt festzuhalten - sehr wohl getrieben. Es wird immer so getan, als seien die Dinge so plötzlich gekommen. Ja, vieles ist in dem Ausmaß plötzlich gekommen; das ist sicherlich richtig. Aber wir haben frühzeitig über die Ausweitung der Sprachlernklassen gesprochen. Wir haben hier im Rahmen der Haushaltsdebatte darüber gesprochen. Sie haben das abgelehnt! Es war aber dennoch absehbar.
Bei der finanziellen Ausstattung der Kommunen - auch das haben wir schon in der letzten Woche besprochen, und ich habe es damals auch gesagt - haben Sie, meine ich, eine fahrlässige Strategie gefahren, indem Sie gesagt haben: Wir lassen die Kommunen sozusagen klamm und gewähren keine Kostendeckung, weil wir den Druck auf den Bund erhöhen wollen, um nicht den Bund aus der Verpflichtung zu entlassen, tatsächlich eine Entlastung der Kommunen vorzunehmen. - Ich halte das für eine sehr gefährliche und gegenüber den Kommunen rücksichtslose Politik; denn hier ist das Land selbst in der Verantwortung. Auch das war Gegenstand der Haushaltsberatungen.
Herr Watermann, Sie haben Dublin angesprochen. Natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, dass es am Ende gelungen ist, einen gemeinsamen Beschluss herbeizuführen. So etwas kostet natürlich auch Zeit. Auf der anderen Seite kann man aber nicht ignorieren, dass sich heute genau das, was wir damals im Februar 2014 schon diskutiert und angesprochen haben, in der Realität einstellt. Es wäre für die Landesregierung ein Leichtes gewesen, das aufzugreifen und initiativ zu werden - beispielsweise durch eine Bundesratsinitiative; auch das hat man aber nicht gemacht -, anstatt immer nur zu sagen: Der Bund muss doch von sich aus handeln!
Meine Damen und Herren, ich vermisse in dieser Debatte vonseiten der SPD und der Grünen eine klare Positionierung zu einzelnen Punkten. Wie stehen Sie als Regierungskoalition zu den Drittstaatenfragen? Wie stehen Sie zur Frage einer Visumspflicht? Wie stehen Sie zu der Diskussion, die wir führen müssen - wir müssen sie auch in den Landesparlamenten führen, meine ich -, zu einem gemeinsamen europäischen Asylrecht mit der Folge, dass es dadurch möglicherweise zu einer Standardabsenkung kommt? Ich will mal erleben, wie Sie sich in dieser Koalition tatsächlich positionieren! Da sind Sie nämlich - das ist für jeden erkennbar, der Sie beobachtet - einfach nicht handlungsfähig! Das erklärt, warum Sie sich hier nur wolkig abstrakt äußern und das Ganze bei der Landesregierung verorten wollen.
Lassen Sie mich drittens auf den Rückführungserlass zu sprechen kommen. Herr Onay, was Sie hier gemacht haben, war alles andere als hilfreich!
Sie spalten ganz bewusst. Sie provozieren und versuchen, die Kollegen von der Union in eine bestimmte Ecke zu stellen.
Ich will das hier deutlich sagen: Der Ministerpräsident hat sich für eine konsequente Rückführung und Abschiebung ausgesprochen. Die Landräte haben festgestellt, dass dies derzeit nicht möglich ist. Diesen Widerspruch hat die Landesregierung nicht aufgeklärt. Diesen Widerspruch haben Sie als Fraktionen nicht aufgeklärt. Wie positionieren Sie sich zu dieser Forderung der kommunalen Spitzenverbände? Was ist Ihre Position?
Sie haben keine gemeinsame, und das ist das Problem! Da sind diese Landespolitik und diese Landesregierung handlungsunfähig.
Herr Onay, eines will ich noch sagen: Sie argumentieren sehr schnell mit der Menschenwürde. Das ist völlig legitim. Darüber sind wir alle uns völlig einig.
Allerdings gibt es in Deutschland ein ausgeprägtes Rechtsschutzsystem mit Instanzenwegen, in dem alles sichergestellt ist. Ich glaube nicht, dass jemand ernsthaft sagt, dass die deutschen Gerichte die Menschenwürde außer Acht lassen, das tragende Prinzip dieser Verfassung. Wenn es um Ausreisepflichtige geht, ist das durchdekliniert und ausgeurteilt.
In diesem Sinne rate ich zu mehr Vorsicht in der Debatte, um die Gräben hier nicht weiter zu vertiefen und eine Diskussion zu erhalten und eine Situation zu bekommen - - -
- Sie können sich ja gerne zu Wort melden, wenn Sie möchten, Herr Kollege, um nicht aus der letzten Reihe nicht verständliche und vermutlich nicht so kluge Kommentare abzugeben.