Sie haben keinerlei Vorsorge getroffen. Sie haben keinerlei Schwerpunkte gesetzt. Es ist mir völlig unverständlich, wie unvorbereitet Sie in dieser Situation waren, wie unvorbereitet Sie in diese Sachen hineingegangen sind.
Angesichts neuer Flüchtlingszahlen und angesichts des öffentlichen Drucks - Sie können es nicht hören, aber es ist die Wahrheit - und auch angesichts dieser angekündigten Sondersitzung des Niedersächsischen Landtages haben Sie dann in zwei Schritten zusätzliches Geld bereitgestellt. In einer hektischen Tag-und-Nacht-Aktion haben Sie das beieinandergekriegt: Zuerst haben Sie 180 Millionen Euro verkündet, und dann haben Sie noch einmal auf 300 Millionen Euro aufgestockt. Das haben Sie dann am Dienstag nachgeschoben. Das macht schon deutlich, dass das nicht konzeptionell abgebildet war, sondern dass Sie das in einer hektischen Betriebsamkeit gemacht haben.
Das haben Sie auch nicht durch eigenes Zutun geleistet, sondern Sie haben einfach Glück, Frau Modder, weil Ihnen die Steuereinnahmen quasi ins Haus laufen.
Was hat der Rechnungshof gesagt? - Dem Finanzminister steht das Geld bis zum Hals. Deswegen können Sie es bewerkstelligen.
Und ich sage Ihnen noch einmal: Sie können mit unserer Unterstützung rechnen, wenn es darum geht, dass Sie den Kommunen zusätzliches Geld bereitstellen wollen. Bereits im Juli haben wir gefordert, dass die Kommunen zusätzliche Unterstützung brauchen. Die 47 Millionen Euro waren auf die Zeit von damals kalkuliert. Auf die Frage, ob die Zahlung dauerhaft ist, komme ich gleich noch zu sprechen.
Sie haben 10 000 Euro pro Flüchtling gefordert. Das unterstützen wir gerne. Das haben auch wir gefordert.
Sie setzen jetzt auf ehrenamtliche Arbeit und wollen dafür 1 Million Euro einsetzen. Wir haben 2 Millionen Euro im Dezember 2014 gefordert. Auch bei diesem Punkt werden wir nicht dagegen sein, bloß weil auch Sie jetzt erkannt haben, dass das richtig ist.
Auch bei der Sprachförderung werden wir nichts dagegen haben. Unsere Forderung zum Haushalt betrug ebenfalls 1 Million Euro. Das haben Sie in namentlicher Abstimmung abgelehnt.
Genauso haben Sie im Dezember 80 Lehrerstellen abgelehnt. Für die Sprachförderung wollten wir 4 Millionen Euro bereitstellen. Auch das werden wir jetzt unterstützen. Alles geschenkt.
Das macht aber deutlich, dass Sie nicht die treibende Kraft, sondern die getriebene Kraft in diesen Fragen sind, die hierfür Geld bereitzustellen hat.
Wir verlangen von Ihnen jetzt eine Verstetigung. Bundesfinanzminister Schäuble hat gesagt, alle anderen Aufgaben haben sich dieser großen Aufgabe unterzuordnen. Ich kann bei Ihnen nicht erkennen, wo Sie Prioritäten setzen. Sie wollen die Kommunen zusätzlich entlasten und lassen sich dafür feiern. Diese 180 Millionen Euro sind aber nur vorgezogene Abschlagszahlungen auf die Abrechnung 2016. So, wie das augenblicklich gedacht ist, wird 2016 dieses Geld von der Summe abgezogen.
Jetzt sage ich Ihnen etwas: Im Haushalt setzen Sie 10 000 Euro pro Flüchtling an. Die Flüchtlingszahlen betragen nach Ihrer Presseerklärung: 2014 15 000, 2015 75 000. Das macht 80 000. Der Durchschnitt daraus beträgt 40 000, das mal 10 000 Euro sind 400 Millionen Euro.
Es wird jetzt Folgendes passieren: Die Kommunen werden Ihnen die 400 Millionen Euro vorhalten. Sie werden ihnen entgegnen: Die 180 haben wir schon gezahlt. - Und, siehe da, 220 Millionen Euro sind im Haushalt. Das wird Ihre Rechnung sein.
Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Sie werden zusätzliches Geld bereitstellen müssen. Sie können nicht ausschließlich auf den Bund setzen. Sie werden endlich auch Ihre Kräfte mobilisieren und Schwerpunkte setzen müssen und auch in der Finanzverantwortung Vorsorge dafür treffen müssen, dass Sie diese Aufgabe bewältigen können. Fangen Sie endlich an, daran zu arbeiten!
Vielen Dank, Herr Hilbers. - Für die SPD-Fraktion hat sich nun Renate Geuter zu Wort gemeldet. Frau Geuter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die aktuelle Flüchtlingssituation stellt uns alle, Staat und Gesellschaft, vor die größte Herausforderung seit langer Zeit. Die Bewältigung dieser anspruchsvollen Aufgabe hat für uns absolute Priorität und bildet einen Schwerpunkt unserer Arbeit.
Das haben auch alle Haushaltsdebatten im letzten und in diesem Jahr sehr deutlich gezeigt. Das zeigen aber auch die Zahlen und Fakten unserer Haushalte sehr eindrucksvoll. Ich möchte das an einem Beispiel darstellen.
Allein im Einzelplan des Ministers des Inneren betrug die Summe der Ausgaben des Landes für Asylbewerber und Flüchtlinge im Bereich der Landesaufnahmebehörden und die Zuweisung an die
Kommunen im Haushaltsjahr 2013, also noch von Ihnen geplant, 133 Millionen Euro. Im Haushaltsjahr 2016 werden es deutlich mehr als 400 Millionen Euro sein. Herr Hilbers, ganzheitliches Lesen und Schauen in die Mittelfristige Finanzplanung helfen dort weiter.
Neben diesen Beträgen finden Sie an anderer Stelle des Haushalts weitere deutlich gesteigerte Ausgabepositionen, z. B. im Bereich der Sprachförderung an Schulen, bei der Sprachförderung für Erwachsene, bei den Krankenkosten für syrische Flüchtlinge und in vielen Bereichen der Willkommenskultur, in Millionenhöhe.
Wie hoch die Haushaltsansätze im Haushalt 2016 ausfallen werden, kann heute noch niemand vorhersehen. Wir befinden uns nämlich in einer Situation, die eben nicht planbar ist. Wir wissen daher, dass die Zahlen, die jetzt im Haushaltsplanentwurf für 2016 stehen, eine Momentaufnahme sind. Wie im letzten Jahr auch passiert, werden wir im Rahmen der Diskussion zur Abschlussberatung die Entwicklung weiter beobachten und dann die aktuellen Zahlen einspeisen müssen.
Niemand kann aber bei dieser Ausgangslage ernsthaft behaupten, dass diese Landesregierung in diesem Themenfeld ihrer Verantwortung auch gegenüber den Kommunen nicht nachgekommen ist. Dann darf ich nur daran erinnern, welche Ausgangslage Sie uns z. B. im Bereich der zentralen Aufnahmestellen hinterlassen haben.
Wir haben auch in diesem Jahr nachgesteuert und werden auch auf die aktuellen Veränderungen wieder reagieren. Der zweite Nachtragshaushalt - - -
Der zweite Nachtragshaushalt befindet sich da in einer guten Kontinuität und in einer Weiterentwicklung dessen, was wir schon im gesamten Lauf des Jahres gemacht haben.
Frau Geuter, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Herr Thiele möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Erlauben Sie diese?
Die Verantwortung in diesem Themenbereich werden wir auch weiterhin aus eigenem Antrieb und aus eigener Überzeugung wahrnehmen. Dazu mussten wir nicht gedrängt werden. Wir konnten das auch, weil sich unsere wirtschaftliche Lage und damit die Steuereinnahmen positiv gestaltet haben. Dafür sind wir sehr dankbar. Wir konnten das aber auch deshalb, weil wir nicht die vielen haushaltspolitischen Schnellschüsse mit unseriösen Gegenfinanzierungen der Opposition nachvollzogen haben, sondern da sehr vorsichtig agiert haben; denn unser Ziel, die Einhaltung der Schuldenbremse, werden wir weiterhin im Blick behalten.
Aber eines bleibt ebenfalls unbestritten: Wir werden in diesem Bereich weiterhin die Unterstützung des Bundes benötigen, und zwar nicht in Einzelaktionen, sondern strukturell, dauerhaft und dynamisch. Das werden wir auch weiterhin beim Bund einfordern müssen.
Zum Schluss ist mir noch eines wichtig: Die Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft mit unterschiedlichen, teils auch traumatischen Erfahrungen ist und bleibt eine große Herausforderung. Aber wir können sie bewältigen - auch in haushaltspolitischer Hinsicht. Wir sollten diese Situation allerdings auch als Chance begreifen. Wir dürfen Flüchtlinge und Asylsuchende nicht ausschließlich unter Kostengesichtspunkten betrachten.