Der Vorwurf der Schuldenmacherei, meine Damen und Herren - das war ja in der vorangegangenen Debatte ein Thema - ist ohnehin vollkommen fehl am Platze. Natürlich nehmen wir nur Kredite in dem Maße auf, wie sie tatsächlich benötigt werden.
Aus diesem Grunde haben wir mit dem Jahresabschluss 2014 alte Kreditermächtigungen im Umfang von 455 Millionen Euro in Abgang gestellt.
Diese wurden für den Haushaltsausgleich 2014 nicht benötigt und auch für künftige Haushaltsjahre nicht mehr für erforderlich gehalten. Deswegen haben wir keine Zuführung zur allgemeinen Rücklage getätigt, sondern schlicht auf die Kreditermächtigung verzichtet.
Das Sondervermögen, um das noch einmal abzugrenzen, ist davon unabhängig ein ganz anderes Thema. Hierbei geht es um die Bewirtschaftung von zweckgebundenen Einnahmen und der Finanzierung der ihnen entsprechenden Aufgaben in mehrjährigen Abläufen. Das Sondervermögen verbessert die Periodenabgrenzung. Es dient der Vorbereitung auf die Schuldenbremse und soll helfen, die bisherige Resteproblematik zu vermindern - nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Ich unterstelle den Fraktionen von CDU und FDP, dass sie das Prinzip verstanden haben. Zwischen den Zeilen war ja herauszuhören, dass Sie die Idee eigentlich ganz gut finden. Sie liegt am Ende, meine Damen und Herren, auch im Interesse des Haushaltsgesetzgebers, weil sie mehr Haushaltsklarheit schafft. Haushaltsklarheit ist die Voraussetzung für eine sinnvolle Beratung.
Dass sich aber ausgerechnet die Fraktionen, denen es sonst - das haben wir gerade erlebt - in der Haushaltspolitik immer nicht schnell genug geht, nun gegen den Zeitpunkt der Gründung des Sondervermögens wehren und es lieber erst später einführen wollen, ist mir unverständlich. Warum soll man mit einer guten Idee länger warten, wenn man sie schon jetzt umsetzen kann?
Also - Sie reden ja jetzt gleich nach mir -: Geben Sie sich einen Ruck, und stimmen Sie diesem gelungenen Vorhaben zu!
Vielen Dank, Herr Minister Schneider. - Auch der Gesetzentwurf der FDP unter Tagesordnungspunkt 5 wurde direkt in den Landtag eingebracht, sodass jetzt die FDP-Fraktion zu ihrem Gesetzentwurf das Wort erhält. Das Wort hat der Abgeordnete Christian Grascha. Bitte, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat, Herr Schneider, ist in dem Fall der Zeitpunkt schlicht und ergreifend der falsche, weil das Gesetz - das ist von Ihnen bzw. den Mitarbeitern des Finanzministeriums in den Ausschussberatungen sogar gesagt worden - tatsächlich erst dann notwendig ist, wenn die Schuldenbremse greift, d. h. ab dem 1. Januar 2020. Insofern besteht für dieses Gesetz gar keine Eilbedürftigkeit.
Ich möchte aber gern zu dem, was wir zur Änderung der Landeshaushaltsordnung eingebracht haben, Stellung beziehen. Das ist ein Feinschmeckerthema - so muss man ehrlicherweise sagen -, aber durchaus von großer politischer Relevanz. Deshalb vielleicht zunächst einmal zur Historie: Warum haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht?
Rot-Grün hat geplant, Kreditermächtigungen in Anspruch zu nehmen, die im Prinzip abgelaufen waren. Das heißt, die Kreditermächtigungen sollten rechtswidrig eingesetzt werden. Es drohte sogar ein Verfassungsbruch. Glücklicherweise haben der Landesrechnungshof und dann auch die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP dieses Thema aufgegriffen und zu Recht kritisiert.
Wir freuen uns allerdings darüber, dass Sie jetzt, was zumindest diese konkrete Kritik für das Haushaltsjahr 2013 angeht, tatsächlich 455 Millionen Euro Kreditermächtigungen in Abgang stellen. Dass das draußen kein Mensch gemerkt hat, zeigt aber, in welcher luxuriösen finanziellen Lage Sie sind. Das macht deutlich, wie Sie in der Haushaltspolitik tatsächlich auf Rosen gebettet sind.
Statt aber die Landeshaushaltsordnung zu ändern - die Ursache dieser Auseinandersetzung ist ja eine Rechtsstreitigkeit zwischen dem Landesrechnungshof, den Fraktionen von FDP und CDU und Ihrer Seite - und zumindest in Ihrem Sinne klarzustellen - das würde ich dann immer noch kritisieren -, schaffen Sie ein Parallelrecht und sorgen dafür, dass ein Schreiben des Finanzministeriums mehr wiegt als ein Gesetz. Das ist ein Parallelrecht, das einfach so nicht funktioniert, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.
Sie sind hierbei eindeutig auf dem falschen Trip. Klar wäre es gewesen, auch rechtlich klar, wenn Sie die Landeshaushaltsordnung in dem Punkt in Ihrem Sinne zumindest geändert hätten. Das wäre
Das ist etwas, was der Landesrechnungshof weiterhin kritisiert. Der Landesrechnungshof bleibt bei seiner Rechtsauffassung. Dies ist mehrmals im Ausschuss gesagt worden. Auch wir bleiben selbstverständlich bei unserer Rechtsaufassung.
Aber auch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat Ihren Weg kritisiert. Das ist in einer Vorlage zum Sondervermögen deutlich beschrieben worden. Ich darf hieraus zitieren:
„Daher steht - aus Sicht des GBD - noch nicht gesichert fest, dass die Bewirtschaftung im Sondervermögen die bisher zwischen MF und LRH strittige Grundsatzfrage nach der Geltungsdauer von Kreditermächtigungen vollständig erledigt.“
Das heißt, es bleiben offene Fragen. Die sauberste Lösung wäre tatsächlich gewesen, wenn man so, wie wir es vorgeschlagen haben, die Landeshaushaltsordnung geändert hätte.
Es bleibt dabei, sehr geehrter Herr Schneider: Diese Landesregierung mit Ihnen als Finanzminister will Schulden machen, notfalls auch dann, wenn es am Recht vorbeigeht.
Gut, meine Damen und Herren, dass wir mit unserer Kritik dafür gesorgt haben, dass den niedersächsischen Bürgern eine halbe Milliarde Euro an Kreditermächtigungen erspart blieb. Wir werden auch in Zukunft darauf achten und wachsam bleiben.
Wir werden weiter am Ball bleiben, sodass es nicht möglich ist, dass Sie noch Kreditermächtigungen zum Tragen bringen, die in Wirklichkeit rechtswidrig eingesetzt werden.
Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Reinhold Hilbers. Bitte, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister Schneider, grundsätzlich sei angemerkt, dass die Idee, ein Sondervermögen für zweckgebundene Einnahmen und Ausgaben einzurichten, so schlecht nicht ist. Es gab schon schlechtere Gesetzentwürfe der Niedersächsischen Landesregierung.
Das Ziel, was Sie damit verfolgt haben, nämlich die Reduzierung von Haushaltsausgaberesten und die transparentere Bewirtschaftung von Ihnen überlassenen Finanzmitteln Dritter, ist durchaus ein Punkt, den man in den Blick nehmen kann. Wir kritisieren aber die Art der Umsetzung.
Wir sind nicht dagegen, wenn Sie hart arbeiten, wenn Sie zügig arbeiten. Wir sind aber dagegen, wenn Sie irgendetwas so zurechtbuchen, dass Sie damit versuchen können, auch andere Probleme zu lösen. Sie hätten das jetzt im Nachtragshaushalt ganz sauber darstellen können, indem Sie die Dinge abgegrenzt hätten. Dann hätten Sie das auf Reset - Anfang des Jahres - gezogen, dann hätten Sie die Buchungen in das Sondervermögen gepackt, die Sie schon getätigt haben, dann hätten Sie die Einnahmen in das Sondervermögen gepackt - und fertig!
Aber Sie gehen über die Rücklagenentnahme und die Rücklagenbildung. Genau das kritisieren wir. Damit bringen Sie im Abschluss für 2014 die Rücklagenbuchung in den Istabschluss. Wenn Sie die Reste gebildet hätten, wären sie fleißig im Sollabschluss gewesen. Das ist ein qualitativer Unterschied - zumindest für die Feinschmecker, die sich mit der Haushaltspolitik auskennen. Deswegen haben Sie das womöglich so gemacht.
Bemerkenswert ist eben auch der Gesamtzusammenhang, den Sie hier wieder dazu hergestellt haben, wie das Gesetz zustande gekommen ist. Ich erinnere nur daran, dass der Landesrechnungshof Sie im Juni 2014 im Haushaltsausschuss bei der Vorstellung des Jahresberichts 2012 darauf hingewiesen hat, dass von der Nettokreditaufnahmeermächtigung 2012 rund 431 Millionen Euro verfallen sind.
Auch im Jahre 2013 hat das Finanzministerium wegen komfortabler Liquiditätslage diese Kreditermächtigung nicht in Anspruch nehmen müssen. Die Ermächtigungen sind damit verfallen und nicht verfügbar.
Herr Minister, ich zitiere noch einmal aus dem diesjährigen Jahresbericht; das kann ich Ihnen nicht ersparen. Darin schreibt der Landesrechnungshof ab Seite 5 - ich zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten -:
„Nach den Daten des Finanzministeriums hat das Land die Nettokreditermächtigung 2012 in Höhe von rund 431 Millionen Euro auch im Haushaltsjahr 2013 nicht durch Kreditaufnahme in Anspruch genommen; sie ist deshalb verfallen und für die Bildung des Einnahmerestes nicht mehr verfügbar.
Das Finanzministerium hat die nicht mehr verfügbare Kreditermächtigung mit dem Jahresabschluss 2013 dennoch nicht in Abgang gestellt, es hat sie vielmehr in die Einnahmerestebildung einfließen lassen. Diese sind demnach um rund 431 Millionen Euro zu hoch. Da in gleicher Höhe Ausgabereste gebildet worden sind, muss der LRH beanstanden, dass der Jahresabschluss nicht ausgeglichen ist.
Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 LHO hätte der vorgenannte Fehlbetrag spätestens in den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2015 eingestellt werden müssen.“
Das bemängelt der Landesrechnungshof. Das haben Sie nicht getan. Sie haben diese Kreditermächtigungen und diese Einnahmenreste bis zur letzten Patrone verteidigt. Sie haben jetzt versucht, aus der Not eine Tugend zu machen, nämlich 455 Millionen Euro in Abgang zu stellen. Sie haben nichts anderes erreicht, als den Kampf mit dem Landesrechnungshof, mit uns und mit anderen, die immer wieder thematisiert haben, dass Sie Kreditermächtigungen an Bord haben, die Sie nicht mehr haben dürfen, an der Stelle klassisch zu verlieren, Herr Finanzminister.
Deswegen sage ich Ihnen: Ihre Rechtsauffassung ist falsch, und die Verständigung mit dem Landesrechnungshof, dass Sie jetzt mehr in Abgang gestellt haben, ist ein Minimalkompromiss. Der ist Ihnen gelungen, weil Sie diese ganze Nummer mit dem Sondervermögen zusammen ausbaldowert haben. Dahinter steht nach wie vor Ihr Ziel, ein
möglichst großes Rücklagenpolster zu halten; denn wenn Sie das Sondervermögen aus Rücklagen hätten speisen wollen, hätten Sie es auch aus den vorhandenen Rücklagen in Höhe von 550 Millionen Euro speisen können. Nein, Sie haben 479 Millionen Euro im Jahr 2014 in die Rücklagen eingestellt, um sie mit diesem Gesetz gleich wieder zu entnehmen. Dieser Umweg sorgt für Intransparenz.
So etwas wollen wir nicht. Das wollen wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Sie machen damit eine gute Idee von Ihnen wieder zu einer schlechten, weil sie hier über die Speisung nicht vernünftig und transparent Rechenschaft ablegen und weil Sie die Dinge nicht so darstellen, wie sie dargestellt werden müssten.