Protocol of the Session on June 5, 2015

Weiter steht Ihnen eine erhebliche Rücklage - nochmals um 110 Millionen Euro erhöht - in Höhe von über 500 Millionen Euro zur Verfügung. Die Rücklage beträgt ungefähr 550 Millionen Euro. Damit haben Sie eine Rücklage in Cash, die Sie nutzen sollten, um das in Angriff zu nehmen.

(Maximilian Schmidt [SPD]: Das ist kein Cash!)

Des Weiteren verfügen Sie noch über ein Sondervermögen, das 60 Millionen Euro freie Mittel ausweisen dürfte.

Ich fasse das einmal kurz zusammen: 203 Millionen Euro mehr Steuereinnahmen, 200 Millionen Euro Einsparungen bei den Zinsaufwendungen, 60 Millionen Euro aus dem Sondervermögen, Bestand der Allgemeinen Rücklage 550 Millionen Euro - das sind 1,013 Milliarden Euro, die Ihnen zur Verfügung stehen, die Sie irgendwo geparkt haben, die Sie übrig haben, die Sie als „Schlag um den Arm“ frei haben. Die sollten Sie jetzt endlich einsetzen, um damit aufzuhören, Schulden zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dabei rede ich noch nicht einmal davon, dass Sie so unsinnige Dinge wie die von Ihnen eingerichteten Landesämter oder die Hunderte von Stellen in der Staatskanzlei, im Ministerialapparat, die Sie eingerichtet haben, rückgängig machen sollen. Nein, Sie können das ausschließlich mit den Ergebnissen machen, die Sie erzielt haben. Sie wollen sich ein Polster anlegen und blenden aus, dass die Menschen das merken.

(Renate Geuter [SPD]: Das sagt der, der 1 Milliarde Rücklagen vor sich hergeschoben hat!)

- Ich sage Ihnen mal, Frau Geuter, wie das mit der 1 Milliarde Rücklagen war: Natürlich hatten wir zwischendurch Rücklagen.

(Renate Geuter [SPD]: 1 Milliarde!)

Aber Sie können ja wohl jetzt nicht verlangen, dass wir die Ihnen hätten überlassen sollen! Von Ihnen haben wir nämlich damals über 1 Milliarde Euro Defizit geerbt! Das war unser Konto.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: 1 Milliarde!)

Und Sie verlangen jetzt von uns, dass wir Ihnen mehr als 1 Milliarde für Ihre Spielchen hätten lassen sollen! Finanzieren Sie Ihre Politik doch bitte selbst, Frau Geuter!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Renate Geuter [SPD]: Sie müssen nicht von sich auf andere schließen!)

Ich sage Ihnen: Nutzen Sie dieses Polster, um endlich einen Nachtragshaushalt vorzulegen! Hören Sie damit auf, in Niedersachsen Schulden zu machen! Die Abschlüsse sind grandios. Das strukturelle Defizit ist ja in einem ähnlichen Umfang gesunken. Das Finanzierungsdefizit im Haushalt ist auch bei Weitem nicht so hoch ausgefallen, wie es ausfallen sollte. Sie haben selbst in Ihrer Pressemitteilung entsprechend erklärt, Herr Schneider, dass Sie einen besseren Abschluss gemacht haben, als Sie angenommen haben. Das macht deutlich, dass Sie Spielräume haben. Parken Sie dieses Geld nicht für zukünftige Maßnahmen! Verstecken Sie nicht Kreditermächtigungen! Hören Sie in diesem Jahr endlich auf, Schulden zu machen!

Sie sind bei dem Thema Kreditermächtigungen in der Diskussion mit dem Rechnungshof auf ganzer Linie gescheitert. Sie haben ein Jahr lang einen erbitterten Kampf geführt, um diese Restkreditermächtigungen zu behalten.

(Maximilian Schmidt [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Jetzt mussten Sie einknicken und haben versucht, aus der Not eine Tugend zu machen. Sie könnten noch viel mehr Kreditermächtigungen in Abgang stellen, als es der Rechnungshof von Ihnen erzwungen hat. Warten Sie mal ab - wenn der Abschluss für das Jahr 2014 geprüft wird, dann werden Sie weitere Kreditermächtigungen in Abgang stellen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben auf ganzer Linie verloren. Sie stellen diese Kreditermächtigungen nicht aus Überzeugung in Abgang; Sie stellen Sie in Abgang, weil Sie nicht mehr anders können, weil Ihre Rechtsposition nicht mehr gehalten werden kann, weil Sie kein Argument mehr haben, um sich zu verteidigen.

(Zustimmung bei der FDP)

Nein, Sie einigen sich auf irgendetwas, obwohl Sie noch viel mehr hätten machen können. Sie bleiben hinter Ihren Möglichkeiten zurück. Zeigen Sie endlich finanzpolitische Verantwortung für dieses Land, für die Zukunft und für die Menschen in diesem Land!

(Zustimmung bei der CDU)

Hören Sie auf, in einer so komfortablen Situation Schulden zu machen! Legen Sie einen Nachtrag vor, in dem Sie die Flüchtlingspolitik vernünftig finanzieren und keine neuen Schulden mehr machen! Und machen Sie das zügig, damit die Menschen wissen, woran sie sind!

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hilbers. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Renate Geuter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Reflexartig greift die FDP jedes haushaltspolitische Thema auf und konfrontiert uns hier mit Forderungen, die zum Teil im Widerspruch zueinander stehen, z. B. die Forderung nach Steuersenkungen und die gleichzeitige Forderung nach zusätzlichen Ausgaben.

Heute lautet Ihre Forderung die Rückführung der Nettoneuverschuldung.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Gute Forderung!)

Getoppt wird der Antrag der FDP noch durch den vor gut einer Stunde eingegangenen Änderungsantrag der CDU,

(Zustimmung bei der CDU)

der sowohl deutliche Mehrausgaben im dreistelligen Millionenbereich als auch gleichzeitig die Rückführung der Nettoneuverschuldung fordert. Wir erleben ja schon seit längerer Zeit, dass sich die CDU haushaltsmäßig eher im virtuellen denn im realistischen Bereich bewegt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Geuter, ich will die Chance dieser kurzen Pause nutzen, Ihnen die Frage zu stellen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schönecke zulassen.

Nein, das werde ich nicht, weil wir der Meinung sind, dass wir diesen Änderungsantrag der CDU im Haushaltsausschuss intensiv beraten und ihn einem Realitätstest unterziehen müssen und auch die rechtlichen Grenzen dessen, was darin gefordert ist, austesten müssen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

So einfach lassen wir Sie nicht davonkommen und ermöglichen Ihnen heute keine Inszenierung!

(Widerspruch bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Sie verweigern sich der Zukunft! Das ist Ihr Problem! - Christian Grascha [FDP]: Den Kom- munen nicht helfen! Unglaublich!)

Entlarvend an dem vorliegenden Schnellschussantrag der FDP ist schon auf den ersten Blick die Begründung. Es solle - so die FDP als Antragsteller - verhindert werden, dass die Landesregierung Finanzpolster für zusätzliche Ausgaben bilde.

(Beifall bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Richtig! Wie ein Hamster ma- chen Sie das! - Christian Grascha [FDP]: Wer hat denn im Jahr 2012 800 Millionen Kreditermächtigungen gestrichen?)

Wer wie ich die letzten Tage hier im Plenum verbracht hat, reibt sich dabei die Augen. Wer hat denn in dieser Woche tagtäglich die Landesregierung kritisiert und zusätzliche Ausgaben gefordert? - Im Bereich der Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen, im Bereich der Sprachkurse für Flüchtlinge, im Bereich der Bildung mit Ihren Anträgen zum Schulgesetz. Wenn man die Kosten aller Ihrer Vorschläge alleine im Laufe dieser Woche zusammenrechnet, kommt man auf einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe, der weit über den Betrag hinausgeht, den die Steuerschätzung für dieses Jahr als Mehreinnahme prognostiziert hat.

Wenn man dann noch alle Ihre Forderungen mit finanziellen Auswirkungen in Ihren Anträgen und Pressemitteilungen der letzten Monate hinzunimmt, wird eines deutlich: Sie können und wollen mit Ihren haushaltspolitischen Anträgen gar nicht ernst genommen werden. Denn ich bin überzeugt, dass auch Ihnen klar sein muss, dass sich diese Vielzahl von neuen Ausgaben im Rahmen des bestehenden Haushalts schon gar nicht finanzieren lässt.

Vorschläge, wie Ihre vielen Ausgabewünsche finanziert werden können, bleiben Sie schuldig, und wenn welche kommen, sind sie so unseriös wie bei Ihren Anträgen zum Haushalt 2015.

Schon bei der Vorstellung der regionalisierten Ergebnisse zur Steuerschätzung ist darauf hingewiesen worden, dass diese Steuerschätzung ausschließlich auf bereits beschlossenen Steuerrechtsänderungen beruht und es daher auch erforderlich ist, Vorsorge für noch im Verfahren befindliche Steuerrechtsänderungen zu treffen. Das müsste gerade im Sinne der selbsternannten Steuersenkungspartei FDP sein.

Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Mahnung des sächsischen Finanzministers erinnern, der unverdächtig ist, sozialdemokratische Positionen zu vertreten. Er erinnert daran, dass die aktuelle Steuerschätzung die momentan guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland wiedergibt und auch zahlreiche kurzfristige positive Effekte berücksichtigt, wie den geringen Ölpreis, das Zinsniveau und den Eurowechselkurs, und dass es sich noch herausstellen muss, wie belastbar die Fortschreibungen sind.

So wie wir in der Vergangenheit mit unserem Minister in der Art vorsichtiger Kaufleute den Haushaltsvollzug gestaltet haben, werden wir das auch zukünftig tun.

(Ulf Thiele [CDU]: Vorsichtige Kauf- leute machen keine Schulden, die sie nicht zwingend machen müssen!)

Daher wird der Nachtragshaushalt, der demnächst vorgelegt werden wird, die aktuelle Entscheidung über die zusätzlichen Mittel für die Kommunen, für die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung nachvollziehen und, falls erforderlich, Haushaltsansätze so anpassen, wie sie sich durch veränderte Rahmenbedingungen im Haushaltsvollzug ergeben.

Was wir nicht tun werden, ist, wie von der FDP gewünscht, eine Bilanzkosmetik zu betreiben, wie sie zu Zeiten der schwarz-gelben Landesregierung gerne vorgenommen wurde. Ich erinnere mich noch an den Nachtragshaushalt 2009, bei dem die Zahlen der Steuerschätzung einfach ignoriert und deutlich mehr Kredite aufgenommen wurden als erforderlich mit der Begründung der damaligen Landesregierung, dies geschehe, um in den Folgejahren den geplanten Abbaupfad der Nettoneuverschuldung auch darstellen zu können. In der Konsequenz führte das dazu, dass die schwarz-gelbe Landesregierung Rücklagen in der Größenordnung von mehr als einer Milliarde Euro aufgehäuft hat, die in den Folgejahren nach und nach zur Haushaltsdeckung herangezogen wurden.

Wer selbst eine derartige Haushaltsakrobatik betrieben hat, nur um optisch besser dazustehen, darf sich nicht anmaßen, über angebliche Finanzpolster zu spekulieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)