Minister Pistorius wundert sich darüber, dass seine Verschwiegenheit von Einzelnen offenbar als ungewöhnlich angesehen wird. Diese strikte Amtsverschwiegenheit entspricht aber seinem Rechtsverständnis.
Dieses Rechtsverständnis teilt er übrigens mit der übergroßen Mehrheit der Amtsträger in diesem Land.
Frau Ministerin, einen Moment, bitte! - Ich darf um Ruhe bitten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie haben die Chance, Zusatzfragen zu stellen.
- Wir machen noch nicht weiter. Sie wissen ja, dass wir heute sehr viel Zeit haben. Ich bin da sehr gelassen. Das war heute Morgen wahrscheinlich eine Selffulfilling Prophecy von Ihnen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Weder Herr Kruse noch Minister Pistorius können sich leider an den genauen Tag des Gesprächs erinnern. Der Minister wäre froh, sich genau erinnern zu können, da er in diesem Fall nicht wiederholt dazu befragt werden würde. Die Festlegung auf ein Datum wäre aber nach wie vor rein spekulativ.
Der Zeitraum der zweiten Oktoberhälfte lässt sich dadurch herleiten, dass Polizeipräsident Kruse - wie er u. a. vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages ausgeführt hat - selbst erst am 15. Oktober 2013 von dem o. g. Umstand erfahren hat und den Minister insofern vorher nicht informieren konnte.
sondern erst einige Zeit später informiert hat. Für die zweite Oktoberhälfte spricht, dass in dem Kalender des Ministers am 25. Oktober 2013 - an diesem Tag eingetragen - ein Telefontermin mit Herrn Polizeipräsident Kruse - „Herr Polizeipräsident Kruse ruft im Auto an, Thema Verfahren“; so der Eintrag im Kalender - geplant war. Ob dieses Telefonat tatsächlich durchgeführt worden ist und ob es um die Information zu Herrn Edathy ging, kann der Minister nicht mehr bestimmt sagen.
Zur Beantwortung der Frage 3 verweise ich ebenfalls zunächst auf meine Vorbemerkungen. Die Landesregierung hat dem Landtag keine verlässlichen Erkenntnisse dazu vorenthalten, ob der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy eine Wohnung vor den Durchsuchungsmaßnahmen überhastet verlassen, mögliche Beweismittel vernichtet, beschädigt oder beiseite geschafft hat oder vor den Durchsuchungsmaßnahmen gewarnt gewesen sein könnte.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen jetzt zu den Zusatzfragen.
Noch einmal zu den Regularien: Jede Fraktion kann bis zu fünf Zusatzfragen stellen. Zusatzfragen dürfen nicht verlesen werden, sie müssen zur Sa
che gehören und dürfen die ursprüngliche Frage nicht auf andere Gegenstände ausdehnen. Die Zusatzfragen müssen knapp und sachlich sagen, worüber Auskunft gewünscht wird. Anfragen, durch deren Inhalt der Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet wird oder die Werturteile oder parlamentarisch unzulässige Wendungen enthalten, sind unzulässig. Kurzinterventionen sind ebenfalls nicht zulässig.
Meine Damen und Herren, es liegt ein erster Wunsch nach einer Zusatzfrage von Herrn Nacke vor. Bitte sehr!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Pistorius im Edathy-Untersuchungsausschuss nach den Recherchen gefragt wurde und Sie dort gesagt haben, dass Sie sich im Rahmen der Recherchen zu den ersten Landtagsanfragen im Fall Edathy schon damals mit Polizeipräsident Kruse darüber verständigt und abgestimmt haben, wie es denn gewesen sein könnte mit dem Anruf, frage ich die Landesregierung: Inwieweit und wie im Einzelnen haben sich Minister Pistorius und Polizeipräsident Kruse über die Beantwortung welcher Fragen abgestimmt, und haben sie erst anschließend festgelegt, dass sie sich an den genauen Zeitpunkt nicht mehr erinnern können?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nacke, Sie sind ein Meister der Fragestellung und gleichzeitig etwas zu implementieren. Aber lassen wir das dahingestellt sein.
Ich habe nach dem Eingang der Anfragen aus dem Landtag und der Fragen, die vielfach gestellt wurden, mit Herrn Kruse Kontakt aufgenommen. Ich glaube, ich habe einmal persönlich und einmal telefonisch mit ihm darüber gesprochen. Wir haben versucht, herauszufinden, wann es denn gewesen sein kann. Dabei ist das herausgekommen, was ich hier und aufgrund Mündlicher Anfragen und Kleiner Anfragen unzählige Male erklärt habe, nämlich dass er es am 15. Oktober erfahren hat, dass er sicher ist, dass er es nicht am 15. an mich
weitergegeben hat, dass er auf einer Tagung war und deshalb auch glaubt, mich nicht in den ersten Tagen danach informiert zu haben, dass ich mich an den Tag nicht erinnern konnte und dass dann - das ist dann später bei einer erneuten Kalenderrecherche in meinem Büro herausgekommen - am 25. Oktober ein Eintrag im Kalender war - der, der gerade auch zitiert worden ist - und dass wir daraus abgeleitet haben, dass es in diesem Zeitraum gewesen sein muss, wir aber nicht feststellen können, wann genau es war. Da ich keine Lust habe, vor dem Parlament, vor einem Untersuchungsausschuss oder dergleichen ein Datum zu nennen, dessen ich mir nicht sicher bin, habe ich immer erklärt: Ich weiß es nicht, und Herr Kruse aus seiner eigenen Anschauung auch nicht. - Es wäre ja leichter gewesen für alle Beteiligten, wenn einer von uns beiden das erinnert hätte.
- In der Tat, das hätte uns viele überflüssige Fragen - wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf - erspart.
Um es sehr deutlich zu sagen, Herr Nacke: Wir können uns stunden- und tagelang darüber unterhalten, wann ich diese Information bekommen habe. An einer Tatsache kommen Sie nicht vorbei. Ob ich es am 16., am 17., am 22. oder am 25. erfahren habe - oder am 26. -: Ich habe mit niemandem darüber gesprochen!
Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt wiederum von der CDU-Fraktion und wiederum von Herrn Nacke. Bitte!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf die Ausführungen der Justizministerin, die sie hier gerade über das Verhalten und das Vorgehen von Herrn Pistorius getätigt hat, und die
Antwort, die wir dann auch noch von Herrn Pistorius erhalten haben, und die erneute Darstellung, dass Sie mit niemandem darüber gesprochen haben, frage ich die Landesregierung: Ist es denn - wie Sie das hier gerade suggeriert haben, Frau Ministerin - nach Auffassung der Landesregierung ein Bruch der Verschwiegenheit, wenn der Innenminister den Ministerpräsidenten über wichtige Angelegenheiten aus seinem Fachbereich unterrichtet? Ist das die Auffassung der Landesregierung, dass das schon ein Bruch der Verschwiegenheit wäre?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nacke, ich weiß ja nicht, welches Amtsverständnis Sie hätten, wenn Sie ein solches Amt innehätten. Ich sage sehr deutlich: Ob das ein Bruch der Verschwiegenheit gegenüber irgendwem gewesen wäre oder nicht, wird ja offenbar unterschiedlich gesehen. Natürlich ist der Ministerpräsident auch Geheimnisträger. Aber ich habe keine Veranlassung gesehen, irgendjemanden über ein Verfahren zu informieren, von dem der Polizeipräsident sagt, es könnte sich auch auf den Bundestagsabgeordneten sowieso erstrecken. Warum in Gottes Namen hätte ich darüber mit irgendjemandem reden sollen wegen irgendwelcher parteipolitischen Implikation? - Das ist nicht mein Arbeitsstil, meine Damen und Herren. Nehmen Sie das bitte endlich zur Kenntnis!
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Warum hat es dann Herr Oppermann getan? Warum hat es Herr Gabriel ge- tan?)
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, es kommt eine weitere Zusatzfrage auf uns zu, und zwar ebenfalls von der CDU-Fraktion. Wiederum Herr Nacke. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Staatskanzlei dem Bundestagsuntersuchungsaus
schuss ja nun noch einmal mit Schreiben vom 11. Mai eine erneute Kenntnisträgerliste zugeschickt hat, frage ich die Landesregierung: Ist es zutreffend, dass es sich hierbei jetzt um die fünfte Kenntnisträgerliste handelt? Und können Sie noch einmal darstellen, wie sich die unterschiedlichen Dinge verhalten haben - wie das auch in der Anfrage steht -, und insbesondere - weil Sie das hier dargestellt haben -: Ist es zutreffend, dass die Landesregierung zunächst davon ausgegangen ist, wenn jemand eine E-Mail mit der Information bekommen hat,
aber nicht sichergestellt ist, ob er diese E-Mail auch gelesen hat, dass der zunächst auf dieser Kenntnisträgerliste von der Landesregierung gar nicht aufgeführt wurde?
Danke schön. - Herr Nacke, die ersten beiden Fragen von Ihnen habe ich als eine Frage gewertet, weil sie doch etwas verschachtelt war. Diese Frage werte ich als zwei Fragen.