Protocol of the Session on March 19, 2015

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Was? Das haben doch Sie!)

Noch eine Anmerkung zu dem angeblich bewusst gestreuten Verdacht gegen den Kollegen Busemann: Herr Tonne hat zu Recht darauf hingewiesen: Die Art und Weise, was Sie hier unterstellen, wirft schon die Frage auf, Herr Bode, wie Sie eigentlich agiert haben, als Sie noch an der Landesregierung waren.

Aber viel wichtiger ist doch: Ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn Busemann hätte dem Landtag angezeigt werden müssen, weil er ein Landtagsmandat hat. Das heißt, die CDU hätte davon Kenntnis gehabt. Die CDU wäre, umgekehrt, selbstverständlich in der Lage gewesen, jeglichen Verdacht gegen Herrn Busemann zu entkräften. Sie müssen sich fragen lassen, warum Sie das nicht getan haben, warum es dieser Justizministerin bedurfte, um den Landtagspräsidenten zu entlasten, meine Damen und Herren.

(Starker, anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit ist die Aussprache beendet.

Ich rufe jetzt den nächsten, den vorletzten Tagesordnungspunkt für heute auf, den

Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung: Wirtschafts- und Finanzkriminalität wirksam bekämpfen! - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/3103

Zur Einbringung hat sich zu Wort gemeldet Helge Limburg, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Herr Limburg! Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise war ein tiefer Einschnitt, nicht nur für Regierungen und Staaten, sondern ganz besonders auch für die direkt betroffenen Menschen, die ihre Jobs und zum Teil ihre Häuser und vieles andere verloren haben. Die Finanzkrise hatte viele verschiedene Ursachen. Ursächlich war aber auch Kriminalität, kriminelles Verhalten von einzelnen Bankern und Managern. Zu nennen sind z. B. die Vorgänge um die Hypo Alpe Adria oder auch die Hypo Real Estate.

Meine Damen und Herren, 99 % der Unternehmerinnen und Unternehmer sind grundehrlich und gesetzestreu. Auch das muss zu Beginn dieser Debatte über Wirtschaftskriminalität festgehalten werden.

(Unruhe)

Herr Limburg, ich möchte Sie kurz unterbrechen. - Meine Damen und Herren, ich kann mir vorstellen, dass es das Bedürfnis gibt, über die vorangegangene Aussprache zu reden. Machen Sie das gern, aber machen Sie es bitte an anderer Stelle. Sonst können wir uns nicht auf diesen Punkt konzentrieren. Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Kollegen Limburg, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident.

Ich wiederhole: 99 % der Unternehmerinnen und Unternehmer sind ehrlich und gesetzestreu. Gerade auch im Interesse dieser 99 % müssen wir Straftaten von Unternehmen, kriminelle Aktivitäten konsequent bekämpfen und ahnden. Wirtschaftskriminalität gefährdet nicht zuletzt den fairen Wettbewerb in unserem Land, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Aber die bestehenden Instrumente und Möglichkeiten zur Ahndung von Wirtschaftskriminalität reichen aus unserer Sicht nicht aus. Wir fordern Nachbesserungen auf vielen Ebenen.

Zur europäischen Ebene. Es ist gut, dass die EUGeldwäscherichtlinie jetzt, nachdem ein Kompromiss gefunden wurde, kurz vor ihrer Verabschiedung steht. Unser Dank gilt insbesondere den Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament, die engagiert für wichtige Bestandteile der Richtlinie wie z. B. für ein transparentes Unternehmensregister gestritten haben.

Wichtig ist aber auch, dass diese Richtlinie schnellstmöglich in deutsches Recht umgesetzt wird. Die Schaffung öffentlicher Unternehmensregister leistet einen wichtigen Beitrag zur Transparenz im Geschäftsleben und zur Transparenz über Eigentümerverhältnisse und erschwert damit die Konstruktion von verschachtelten Unternehmen und Subunternehmen, die z. B. zur Verschleierung von Geldflüssen eingesetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir fordern eine Erhöhung der Bußgelder für Vergehen, die durch Unternehmen begangen worden sind. Die Summe ist erst kürzlich auf 10 Millionen Euro erhöht worden. Das wäre für die große Mehrzahl der Unternehmen sicherlich ein riesiger Be

trag. Angesichts der Bilanzen und der Gewinne internationaler Konzerne und internationaler Banken ist das aber eine lächerlich geringe Summe. Eine Anpassung nach oben ist hier überfällig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir fordern in unserem Antrag des Weiteren einen arbeitsrechtlichen Schutz für sogenannte Whistleblower, also für Menschen, die in ihrem Arbeitsumfeld Gesetzesverstöße bemerken und diese an Behörden oder andere staatliche Stellen melden wollen. Whistleblowing ist ein zweischneidiges Schwert, keine Frage. Vorrang muss immer eine firmen- oder behördeninterne Meldung eines Gesetzesverstoßes haben. Wenn eine solche Meldung aber ins Leere geht, wenn erkennbar ist, dass in der Firma oder in der Behörde keine Abhilfe geschaffen wird, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss doch die Wahrung der Rechtsordnung klar und eindeutig Vorrang vor arbeitsrechtlichen Treuepflichten haben. Das sollte auch nicht der Rechtsprechung überlassen werden, sondern das muss gesetzlich klargestellt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zum Thema Steuerhinterziehung. In diesem Bereich ist in den vergangenen Jahren viel in Bewegung geraten, und das ist auch gut. Steuerhinterziehung ist keine Kleinigkeit, sondern sie ist, je nach Schwere, ein Vergehen oder ein Verbrechen gegen die gesamte Gesellschaft. Es ist gut, dass die Zeit der Verharmlosung von Steuerhinterziehung weitgehend, wenn auch noch nicht vollständig, vorbei ist.

Wir fordern weiterhin eine konsequente Bekämpfung der Steuerkriminalität, und zwar mit allen rechtlich zulässigen Mitteln. Dazu gehört nicht zuletzt auch der Ankauf sogenannter Steuer-CDs. Dieser Ankauf durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher Behörden hat in der Vergangenheit maßgeblich dazu beigetragen, Steuerhinterziehung offenzulegen und zu bestrafen. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen: Dieses Instrument, die Gefahr der Entdeckung, hat bei Steuerhinterzieherinnen und -hinterziehern nicht zuletzt die Bereitschaft zur Selbstanzeige ganz erheblich erhöht.

Der Ankauf ist von deutschen Gerichten immer und immer wieder als rechtlich zulässig eingestuft worden. Deswegen ist es eine fortdauernde Unverschämtheit, in welcher Weise Teile von CDU und FDP den Ankauf und die damit betrauten Mitarbei

terinnen und Mitarbeiter deutscher Behörden in die Nähe - - -

(Der Redner trinkt einen Schluck Wasser - Zurufe von Christian Grascha [FDP])

- Herr Kollege Grascha, Ihre Hoffnung wird sich nicht erfüllen. Meine Stimme leidet zwar, aber ich werde in der Lage sein, meine Rede zu Ende zu führen.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der SPD)

Der Ankauf ist von deutschen Gerichten immer und immer wieder als rechtlich zulässig eingestuft worden. Deswegen ist es eine Unverschämtheit, in welcher Weise Teile von CDU und FDP auch in diesem Hohen Haus den Ankauf und die damit betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher Behörden in die Nähe kriminellen oder zumindest unmoralischen Verhaltens gerückt haben. In Wahrheit leisten diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen wichtigen Dienst für den Rechtsstaat und den Sozialstaat, und sie verdienen unsere Unterstützung bei der Straftatenaufklärung und nicht solche Anwürfe wie von Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Limburg, darf ich Sie kurz unterbrechen? - Dann können Sie auch vernünftig durchtrinken. Herr Kollege Hilbers würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Ich denke, am heutigen Tag sind genug Fragen gestellt worden. Ich lasse Zwischenfragen nicht zu. Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich einmal umdrehen würden: Dieses Glas ist ganz frisch. Ich stelle es Ihnen gern zur Verfügung.

(Christian Grascha [FDP]: Der Präsi- dent kann Ihnen sogar das Wasser reichen!)

Herr Präsident! Diese Geste von Nächstenliebe rührt mich geradezu an diesem späten Abend.

Meine Damen und Herren, dass der Staat zur Erhebung von Beweismitteln Geld bezahlt, ist übrigens keineswegs neu oder einzigartig. Belohnungen für Hinweise zur Ergreifung von Straftätern werden seit vielen Jahrhunderten durch Strafverfolgungsbehörden ausgesetzt, ohne dass CDU oder FDP jemals daran Anstoß genommen hätten. Die Polizei bezahlt ihren V-Leuten ebenfalls Geld zur Aufklärung von Straftaten, ohne dass CDU und FDP jemals daran Anstoß genommen hätten. Nur in einem einzigen Fall, nur in einem Fall kämpfen sie quasi für eine Bereichsausnahme bei der Strafverfolgung: Im Bereich der Steuerkriminalität - und nur dort - soll der Staat dieses Instrument nicht einsetzen dürfen. Warum? Warum, liebe Kolleginnen und Kollegen? - Ihr Engagement gegen die Strafverfolgung von Steuerhinterziehung ist höchst fragwürdig. Rot-Grün wird weiterhin alles rechtlich Zulässige tun, um Steuerhinterziehung konsequent zu bestrafen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wirtschaftskriminalität, Steuerhinterziehung und anderes mehr schaden der gesamten Gesellschaft. Sie schaden auch dem fairen Wettbewerb. Ihre Bekämpfung muss im Interesse aller sein. Sie ist geradezu ein Gebot der Gerechtigkeit in diesem Land. Ich hoffe auf eine konstruktive Beratung unseres Antrags.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Herr Kollege Hilbers, eine Kurzintervention. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kollege Limburg, ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen nehmen. Ich will Ihre Erinnerung einmal ein wenig auffrischen. Es war der Finanzminister Möllring, der CDs angekauft hat, der den Ankauf von CDs zusammen mit anderen Bundesländern betrieben hat und der Steuerhinterziehung konsequent dadurch bekämpft hat, dass er die auf diesen CDs enthaltenen Daten benutzt hat. Er hat nicht CDs gekauft, sondern er hat Daten gekauft.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

So funktioniert das auch. Das ist zu unserer Zeit angefangen worden. Damals hat es große Dateien gegeben. Die Steuerfahndung hat all diese Daten genutzt und ist den Dingen nachgegangen. - Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen nehmen.

Dass es jetzt mehr Selbstanzeigen gibt, hat mit einem sehr prominenten Steuerfall zu tun, auch wenn der Betreffende, den viele in Deutschland kennen, derzeit nicht mehr im Gefängnis sitzt, dort aber seine Zeit verbracht hat. Dieser Fall hat vielen vor Augen geführt, was dann passiert. Deswegen ist die Zahl der Selbstanzeigen in Deutschland insgesamt gestiegen. Aber das Ankaufen von CDs ist zu unserer Zeit genau so gelaufen, wie es jetzt auch läuft. Das ist überhaupt keine neue Errungenschaft.

Im Übrigen: Mit dem Ankauf von CDs bekommen Sie nur die Spitze des Eisberges weg. Viel wichtiger ist, dass Sie Steuerabkommen mit anderen Staaten schließen. Damit erreichen Sie nämlich alle, und dadurch kommen Sie auch zu einer gleichmäßigen Regelung.

Wie gesagt, mit diesen Daten kriegen Sie immer nur einige, nämlich diejenigen, deren Daten sich auf diesen CDs befinden. Aber Sie kommen damit nie zu einer vollständigen Ausschöpfung.