Solange wir uns darüber streiten, wer auf Landes- und kommunaler Ebene was bezahlt, kann sich der Bund bequem einen schlanken Fuß machen und sich von Frau Lorberg auch noch dafür feiern lassen, dass er von 1 Milliarde Euro nur 500 Millionen Euro selbst aufwenden muss.
(Zuruf von Editha Lorberg [CDU] Und das genau ist der springende Punkt: Das ist ein kleiner warmer Nieselregen, aber nicht mehr, vor allen Dingen nichts strukturell Veränderndes. (Petra Tiemann [SPD]: So ist es! Das ist der Punkt!)
Wir brauchen eine Beteiligung des Bundes an der Gesundheitsversorgung. Wir brauchen den Wegfall des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Wir brauchen viele andere Maßnahmen, die die strukturelle Lastenverteilung endlich ändert. Das ist nicht über eine Pauschale zu lösen, meine Damen und Herren, und das wissen Sie auch, wenn Sie ehrlich sind.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Sie können doch nicht nur die Hände in den Schoß legen!)
Meine Damen und Herren, wir haben es mit unserem Paradigmenwechsel geschafft, dass ein anders Klima in diesem Land herrscht. Dazu stehen wir, und darüber freuen wir uns.
Aber lassen Sie mich auch noch etwas zu den jüngsten Presseveröffentlichungen sagen. Wir haben gehört, dass auf einen Stau von nicht abgeschobenen Menschen hingewiesen wird. Im Zusammenhang damit wurde die Zahl von 14 000 oder 15 000 ausreisepflichtigen Menschen kolportiert. Ich will einmal auf Folgendes hinweisen: Wir haben in Niedersachsen im Jahr 2014 11 000 Asylbewerber mehr als 2011.
Wir haben aber nicht einmal 4 000 mehr Ausreisepflichtige. 2013 lag die Zahl sogar unter der Zahl von 2011. - So viel zur Wahrheit von Zahlen!
Wir haben im Bereich der Flüchtlingsaufnahme die richtigen Weichen gestellt. Wir haben die Korrekturen vorgenommen, die nötig waren. Und ganz ehrlich, meine Damen und Herren: Sich heute von
denen kritisieren zu lassen, die sich in den vergangenen zehn Jahren auf diesem Themenfeld bewegt haben wie ein Elefant im Porzellanladen, ist nun wirklich heftig.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Thomas Adasch [CDU]: Das ist eine Arroganz! - Weitere Zuru- fe von der CDU)
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Sie haben vor einiger Zeit hier im Landtag gesagt, Sie wollen mit uns über ein Einwanderungsgesetz reden. Das freut uns, das ist eine gute Richtungsentscheidung, die Sie da vornehmen. Aber wenn Herr Thümler in der Neuen Osnabrücker Zeitung davon spricht, dass es wieder knallt wie in den 90er-Jahren, wenn nicht was passiert, dann sage ich - wenn das Zitat stimmt -
- oder knallen kann -: Damit werden Brücken gebaut für die Spinner und die Verrückten und Gewalttätigen in unserer Gesellschaft.
- Bevor Sie sich jetzt weiter aufregen, Herr Thümler: Ich unterstelle Ihnen überhaupt nicht, dass Sie das beabsichtigten, damit das sehr deutlich wird. Dafür kenne ich Sie viel zu gut, das sind Sie nicht. Was Sie aber tun müssten, wäre, sich zu entscheiden, ob Sie Seehofer oder Merkel folgen wollen: Seehofer, der rechts von sich keine demokratische Partei haben will, oder Merkel, die die Notwendigkeiten der Zeit erkannt hat.
Vielen Dank, Herr Minister. - Es gibt den Wunsch nach zusätzlicher Redezeit. Da Herr Minister Pistorius überzogen hat, erhält Herr Kollege Hilbers drei Minuten. Bitte!
Sie haben sich hier im Parlament vor einiger Zeit - ich glaube, es ist vier Wochen her - noch hingestellt und gesagt, Sie sind mit den Kommunen in guten Gesprächen.
Aber dann findet Bad Nenndorf statt, und Ihr Ministerpräsident kassiert diese Zusage wieder ein und sagt: Was das Geld betrifft, wird es überhaupt keine Hilfe geben, weil er keines hat - obwohl er gegenüber dem Vorjahr über 1 Milliarde Euro mehr an Steuereinnahmen verzeichnen kann! - Das ist Tatsache.
Aber heute kein Wort zu dem, was Sie damals hier gesagt haben. Entweder sind Sie mit den Kommunen in guten Gesprächen - dann sagen Sie, was Sie dort vorhaben -, oder Sie sind es nicht.
Wenn Sie das Problem schon auf die Vorgängerregierungen abwälzen wollen, dann müsste es wenigstens richtig sein. Es ist aber falsch. Fakt ist nämlich, dass die Pauschale meines Wissens zweimal angepasst worden ist. Fakt ist, dass wir Friedland ausgebaut haben und die Oldenburger Kapazität vollständig wiederhergestellt worden ist.
Fakt ist, dass Rot-Grün uns im Parlament, in diesem Haus damals mehrfach aufgefordert hat, auf zentrale Unterkünfte vollständig zu verzichten. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren!
Und dann sage ich Ihnen noch etwas. Sie haben sich hier immer hingestellt und gesagt, wir müssen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen. Aber wenn Sie es abschaffen wollen, dann müssen Sie auch sagen, wie Sie das insgesamt finanzieren wollen. Helfen Sie den Kommunen doch jetzt erst einmal, dass sie zurechtkommen!
Das ist eine Aufgabe, die die Kommunen für das Land wahrnehmen. Im Gesetz ist eindeutig definiert, dass Sie zur Abdeckung der Kosten eine Pauschale zahlen. Diese Pauschale muss auskömmlich sein. Im Augenblick machen Sie aber alles auf dem Rücken der Kommunen aus.
Wir haben Ihnen im Zusammenhang mit dem Haushalt deutlich gemacht, dass für die Sprachförderung und die Unterbringung mehr getan werden muss. Sie sollen dort jetzt verhandeln. Deshalb müssen Sie Prioritäten setzen. Und dann müssen Sie eben in anderen Bereichen streichen. So tun es die Kommunen ja auch schon. Bei mir im Landkreis sind Investitionen für Schulen und Ähnliches zurückgefahren worden, weil wir Flüchtlinge unterbringen müssen. Auch Sie als Land müssen die Kraft haben, das zu tun. Sie dürfen sich nicht, wie es der Ministerpräsident in Bad Nenndorf getan hat, hinstellen und sagen, Geld habe er keines, weil irgendwann die Schuldenbremse kommt.
Nehmen Sie Ihre Aufgabe wahr, Herr Ministerpräsident, Herr Minister! Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge ordentlich untergebracht werden.
Wenn das nicht passiert - da hat der Kollege Thümler völlig recht -, schaffen Sie damit den Nährboden dafür, dass die Akzeptanz, die wir in unserem Land für die Flüchtlingsunterbringung glücklicherweise haben, verloren geht: wenn wir in den Kommunen irrationale Dinge beschließen müssen, weil uns der Finanzkragen platzt und weil wir dort nicht mehr zurechtkommen.
Sie haben hier einen Beitrag zu leisten. Den leisten Sie aber nicht, den verschlafen Sie im Augenblick. Das werden Sie aber nicht aussitzen können, weil wir Sie immer wieder darauf hinweisen werden.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mit ein paar Märchen aufräumen, bei denen der Herr Minister nicht nachlässt, sie immer wieder zu wiederholen.
Erstens. Zwischen 2005 und 2011 ist - nach den Zahlen, die Sie den Mitgliedern des Innenausschusses zur Verfügung gestellt haben - die Anzahl der Asylanträge von 43 000 auf 53 000 gestiegen, also um 10 000. Im Jahr 2012 sind 25 000 mehr gekommen, insgesamt also 78 000. 2013 sind 50 000 mehr gekommen, insgesamt 127 000. - Sie können sich hier nicht einfach hinstellen und
so tun, als wenn es dieses Problem schon zu unserer Zeit gegeben hätte. Das ist erst in der Zeit entstanden, in der Sie regiert haben, sehr geehrter Herr Minister Pistorius.
Zweitens. Der Kollege Hilbers hat gerade zu Recht gesagt: Kloster Blankenburg haben wir auf den Druck von Rot und Grün in Oldenburg zugemacht, und wir haben gleichzeitig die Kapazitäten in Friedland erhöht, indem wir Friedland zur Erstaufnahmeeinrichtung gemacht haben. Insofern, sehr geehrter Herr Minister, sind die Kapazitäten unter Schwarz-Gelb stabil geblieben und nicht abgesenkt worden, wie das von Ihnen hier immer wieder behauptet wird.
Zum Flüchtlingsgipfel bei Frau Bundeskanzlerin Merkel: Sie beschweren sich hier lauthals, dass es nicht zu strukturellen Verbesserungen gekommen ist. Dabei gibt es doch eine rot-grüne Ländermehrheit - und diese rot-grüne Ländermehrheit hat sich die strukturellen Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung eben durch zwei Einmalzahlungen von 500 Millionen Euro abkaufen lassen! Das ist doch die Wahrheit an dieser Stelle, und das muss man auch einmal deutlich sagen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Abschließend: CDU und FDP haben hier in diesem Hause klare, eindeutige und konkrete Vorschläge vorgelegt, wie wir die Situation der Kommunen finanziell und organisatorisch verbessern können und wie wir gleichzeitig die Situation der Flüchtlinge verbessern können. Unsere Vorschläge liegen vor. Der Ball liegt jetzt bei Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Pistorius.