Protocol of the Session on April 18, 2013

Die Landesregierung stellt dabei die verbindliche Form der Raumordnung und damit auch das Landes-Raumordnungsprogramm nicht infrage, sieht aber den Bedarf, dieses um teilräumliche Entwicklungskonzepte zu ergänzen und diese wiederum stärker mit Förderkonzepten im Zusammenhang mit EU-Mitteln zu verzahnen. Hierfür soll das Landesentwicklungsprogramm eine Scharnierfunktion übernehmen.

Die Landesregierung wird das Landes-Raumordnungsprogramm in seiner jetzigen Form kurzfristig zunächst in den Punkten ändern, die sie nicht mittragen kann. Das gilt z. B. für die festgelegten Vorranggebiete für den Torfabbau, aber z. B. auch für die Festlegung von Gorleben als Vorranggebiet für die Entsorgung radioaktiver Abfälle.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Änderungsverfahren zum Landes-Raumordnungsprogramm soll in Kürze mit der Bekanntgabe der Planungsabsichten eingeleitet werden und sich auf die Streichung der eben genannten Festlegungen sowie auf weitere einzelne Punkte beziehen, die im Vorfeld der Arbeiten an einem Landesentwicklungsprogramm entschieden werden können.

Zur zweiten Frage: Die Neuausrichtung der EUFörderung soll sicherstellen, dass die EU-Mittel künftig dort eingesetzt werden, wo sie am drin

gendsten gebraucht werden und wo sie zugleich die größtmögliche Wirkung entfalten; denn gerade bei knappen Budgets müssen Synergien zwischen den Fonds noch besser herausgearbeitet und Parallelstrukturen unbedingt vermieden werden.

Im Zuge der Regierungsübernahme ist bekanntlich in der Staatskanzlei die Position einer Staatssekretärin für die Aufgabenfelder Regionale Landesentwicklung und Koordination der EU-Förderung neu geschaffen worden, um diese Problemlage zielgerichtet und ressortübergreifend bearbeiten zu können. Damit haben wir bereits wichtige Strukturveränderungen eingeleitet. Der neuen Abteilung 4 in der Staatskanzlei mit dem Namen Regionale Landesentwicklung und EU-Förderung bekommt dabei eine Schlüsselfunktion zu. Hier soll die Koordination von EFRE, ESF und ELER mit der Landesentwicklung zusammengeführt und in eine gemeinsame Strategie eingebettet werden. Durch diesen Ansatz besitzen das Land, seine Regionen und Kommunen künftig ein Instrumentarium, das es in dieser Form in Niedersachsen bislang noch nicht gegeben hat.

Zur dritten Frage: Ein Handlungskonzept, das die unterschiedlichen Anforderungen der niedersächsischen Teilräume aufgreift und ein darauf zugeschnittenes Förderinstrumentarium entwickelt, liegt jetzt, keine zwei Monate nach Regierungsübernahme, noch nicht vor. Es soll in den nächsten Monaten erarbeitet werden.

(Jens Nacke [CDU]: Na dann mal los!)

Wie ich ausgeführt habe, arbeiten wir derzeit daran, die entsprechenden Arbeitsstrukturen aufzubauen. Gerade weil hier ein deutliches Planungsdefizit vorhanden ist und die Konzepte gemeinsam mit den Akteuren in den Regionen erarbeitet werden sollen, können deswegen auch noch keine konkreten Angaben zu Kosten gemacht werden. In einem Punkt bin ich mir allerdings sehr sicher: Der Nutzen dieser Strategie wird für das Land, wird insgesamt sehr, sehr groß sein!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wollen insbesondere erstmalig zu einer engen Verzahnung von Regionalentwicklung und EU-Förderung kommen. Wir wollen dadurch bisher ungenutzte Synergieeffekte heben und die EU-Förderung zu einem echten Instrument der regionalen Entwicklung aufwerten. Diese Aufwertung und Neuausrichtung der EU-Förderung sichert dann der regionalen Landesentwicklung ein auf Jahre

hinaus stabiles finanzielles Fundament, ohne den Haushalt des Landes zusätzlich zu belasten. Ich freue mich sehr, dass insbesondere die zustimmenden, befürwortenden Reaktionen aus dem Bereich der kommunalen Spitzenverbände zeigen, dass dieser neue Politikansatz in den Regionen begrüßt wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Da gibt es sehr unterschiedliche Auffas- sungen!)

Danke schön, Herr Ministerpräsident. - Es ist auch hier Gelegenheit für Zusatzfragen gegeben. Es beginnt für die Fraktion der SPD die Kollegin Immacolata Glosemeyer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie stehen die kommunalen Spitzenverbände zu der von der Landesregierung angekündigten systematischen Vernetzung von EU-Strukturpolitik und Landesentwicklung?

(Angelika Jahns [CDU]: Das hat er ge- rade eben gesagt! Da hast du nicht zugehört!)

Danke schön. - Herr Ministerpräsident!

Frau Glosemeyer, ich bin in der vergangenen Woche in Visselhövede beim Niedersächsischen Landkreistag gewesen

(Norbert Böhlke [CDU]: Ich auch!)

- dann können Sie es bestätigen -

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ja, dass Sie da waren! - Heiterkeit bei der CDU)

und habe mich sehr gefreut, dass dieser Ansatz einer integrierten Regionalpolitik von dem Spitzenverband der niedersächsischen Landkreise sehr begrüßt worden ist, weil das auch dort in der Vergangenheit offenbar als ein Defizit empfunden worden ist.

Ich habe mich auch deswegen darüber gefreut, weil die Ausgangssituation der einzelnen Landkreise - Herr Nacke hat es eben angesprochen -

durchaus unterschiedlich ist. Die einen, insbesondere im Westen unseres Landes, sind auf der Überholspur und die anderen, insbesondere im Süden und im Südosten unseres Landes, haben Sorge, den Anschluss zu verlieren.

Mir liegt daran, an dieser Stelle deutlich zu machen, dass wir maßgeschneiderte Konzepte für alle Teile unseres Landes entwickeln müssen. Vor allen Dingen aber - das füge ich hinzu - müssen wir darauf achten, dass große Teile des Landes wieder Entwicklungsperspektiven erhalten. Das ist eine ausgesprochen schwierige Aufgabe. Da jedoch das Problembewusstsein bei den kommunalen Spitzenverbänden ausgesprochen groß ist - was Wunder; denn gerade die Landräte und Bürgermeister spüren die Probleme besonders hautnah -, gehe ich davon aus, dass wir bei ihnen auf eine sehr große Kooperationsbereitschaft stoßen. Umgekehrt sind wir fest entschlossen, diesen neuen Ansatz auch in sehr enger Zusammenarbeit mit den Kommunen und anderen regionalen Akteuren umzusetzen; denn wir sind uns bewusst: Gerade an dieser Stelle wäre eine Politik par ordre du mufti seitens des Landes kontraproduktiv und würde niemandem helfen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Ministerpräsident. - Die nächste Frage kommt ebenfalls von der SPD-Fraktion. Herr Kollege Marcus Bosse!

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Warum bedarf es überhaupt teilräumlicher Entwicklungskonzepte?

Herr Ministerpräsident Weil, bitte sehr!

Wir alle führen in unseren Reden aus guten Gründen immer wieder aus, dass Niedersachsen von der Vielfalt seiner Regionen lebt. Das führt dazu, dass wir in den unterschiedlichen Teilen unseres Landes auch sehr unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen vorfinden, sowohl was das ökonomische Potenzial angeht, als auch was beispielsweise die demografische Entwicklung angeht. Deswegen ist es in einem so unterschiedlich strukturierten Land wie Niedersachsen meines Erach

tens eigentlich unmöglich, gewissermaßen das ganze Land über einen Kamm zu scheren. Wir haben im Westen und Nordwesten nun einmal gänzlich andere Ausgangssituationen, als wir sie im Süden und Osten vorfinden. Um es an einem Beispiel zu sagen: Die maritime Wirtschaft mit ihren Entwicklungspotenzialen findet natürlich an der Küste statt, während das Zentrum der Automobilindustrie in anderen Teilen Niedersachsens liegt.

(Jens Nacke [CDU]: Und das wollen Sie ändern?)

Das ist ein klitzekleines Beispiel dafür.

Schwieriger wird es in den Bereichen, die derzeit um ihre Perspektiven ringen. Das lässt sich nur sehr konkret bezogen auf die einzelnen Regionen regeln. Ich habe übrigens in der Vorbereitung festgestellt, dass das kein Gedanke ist, der von uns erfunden worden ist, sondern der in etlichen anderen Bundesländern, z. B. in Nordrhein-Westfalen, schon jetzt der rote Faden der Landesstrukturpolitik ist. Ich finde, der gesunde Menschenverstand spricht dafür, und daran wollen wir uns ja insgesamt orientieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Christian Dürr für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass die Antwort der Landesregierung auf die Dringliche Anfrage der FDP-Fraktion recht vage war - weil ausgeführt worden ist, dass man zunächst einmal Arbeitskreise und Strukturen aufbauen will, um später andere Arbeitsstrukturen zu definieren -,

(Wiard Siebels [SPD]: Solche Bewer- tungen möchten wir nicht hören!)

frage ich die Landesregierung - weil auf der anderen Seite die Ankündigung des Spitzenkandidaten der SPD in Niedersachsen im Landtagswahlkampf sehr präzise war, nämlich dass man landesweit Landesbeauftragte einsetzen will -: Welche Landesbeauftragten sind geplant, auch namentlich, hat die Landesregierung darüber schon Kenntnisse?

(Heiterkeit bei der SPD - Helge Lim- burg [GRÜNE]: Wollen Sie sich be- werben, Herr Kollege?)

Mit welchen Aufgaben sollen diese Landesbeauftragten ausgestattet werden, und wie sollen diese Landesbeauftragten vergütet werden?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Das wa- ren mindestens zwei Fragen!)

Danke schön. Herr Kollege Dürr, ich bin mit mir selbst nicht ganz einig, ob das tatsächlich ein sehr langer Hauptsatz mit etlichen Nebensätzen war, aber ich lasse es einmal als eine zusammenhängende Frage durchgehen. Man könnte auch die Auffassung vertreten, dass es zwei Fragen waren.

(Björn Thümler [CDU]: Mindestens! - Ronald Schminke [SPD]: Fünf!)

Zur Orthografie des wunderbaren Satzes sehen wir uns nachher das Protokoll an.

Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

Ich habe den Kollegen Dürr schon verstanden.

(Christian Dürr [FDP]: Danke schön!)