Protocol of the Session on April 18, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es gibt 13 Länder, die sich auf 6 g festgelegt haben. Nordrhein-Westfalen hat, glaube ich, seit Februar 2012 eine Erhöhung auf 10 g vorgenom

men. In Schleswig-Holstein ist es noch im Schwange. Im Land Berlin gelten 10 g als obligatorische Einstellungsgrenze und 15 g als Grenze für eine fakultative Einstellung des Verfahrens.

Ich finde, es ist insbesondere bei Ländern mit einer gemeinsamen Landesgrenze skurril, wenn man mit derselben Menge Haschisch auf der einen Seite der Grenze mit einer Einstellung des Verfahrens rechnen kann, während auf der anderen Seite der Landesgrenze mit einem Strafbefehl oder Ähnlichem zu rechnen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist für die Betroffenen überhaupt nicht einsichtig und kann von niemandem gewollt sein. Das ist auch in Ihrem Entschließungsantrag angesprochen worden. So steht es auch im Koalitionsvertrag, und so wollen wir das auch machen.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Welche Obergrenze?)

Über diese Grenze müssen wir uns - so steht es im Koalitionsvertrag - sorgfältig Gedanken machen. Das ist nämlich nicht so einfach. Einerseits muss der Schwerpunkt der Strafverfolgung bei Betäubungsmitteldelikten auf der Verfolgung und Bestrafung der Händler liegen. Wir müssen es vermeiden, Konsumenten, bei denen die Gefahr der Weitergabe von Betäubungsmitteln an andere gering ist, unnötig zu kriminalisieren.

Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass der Umgang mit Betäubungsmitteln nicht deshalb strafbar ist, weil sich Menschen durch den Konsum von Betäubungsmitteln selbst schädigen. Das tun sie. Das machen sie auch mit anderen Mitteln. Das ist beklagenswert und bekämpfen wir im Rahmen der Prävention. Der Umgang mit Betäubungsmitteln ist deshalb strafbar, weil die Gefahr besteht, dass die Betäubungsmittel an andere Menschen weitergegeben werden. Das ist der strafrechtliche Ansatz.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

In den letzten Jahren wird von einigen Experten die Gefährlichkeit von Cannabis gerade für jugendliche Konsumenten zunehmend höher eingeschätzt. Neben kognitiven Beeinträchtigungen von Cannabiskonsumenten wird vor allen Dingen ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Auftreten von Psychosen und weiteren psychischen Störungen gesehen. Zugleich ist in den letzten Jahren eine zum Teil

dramatische Steigerung des Wirkstoffgehalts insbesondere bei Marihuana zu verzeichnen. Das führt insbesondere auch dazu, dass bei ohnehin schon psychisch Auffälligen durch den Genuss von Cannabis die Behandlung und die Diagnose von psychischen Erkrankungen erschwert werden. Weiter wird dadurch der Zugang zu solchen Erkrankten problematischer.

Der Anstieg des durchschnittlichen Wirkstoffgehalts von Marihuana hat in den letzten Jahren faktisch ohnehin schon zu einer Erhöhung der Grenze geführt. Es kommt eben nicht auf die GrammZahlen an. Deswegen ist, finde ich, die Überschrift Ihres Antrages irreführend. Vielmehr kommt es darauf an, was der einzelne Konsument tatsächlich in der Tasche hat, welche Problematik dies für ihn selbst bedeutet und ob diese Menge des Wirkstoffgehaltes tatsächlich die Vermutung nahelegt, dass er das an Dritte weitergibt. Das ist der Kern der Strafbarkeit. Ich stehe ja hier als Justizministerin.

Einen Moment bitte, Frau Justizministerin! Es wird von Herrn Kollegen Genthe eine Zwischenfrage gewünscht. Lassen Sie diese zu?

Ja.

Bitte, Herr Genthe!

Nach kurzem Zögern: Ja. - Danke schön.

Frau Ministerin, ich begrüße es, dass Sie sich für eine bundeseinheitliche Regelung in diesem Bereich einsetzen wollen, und stelle fest: In 13 Bundesländern liegt die Grenze, wenn ich mich nicht verrechnet habe, bei 6 g. Nur Ihre Parteikollegen in den entsprechenden Funktionen haben die Grenze angehoben. Ich möchte jetzt - Butter bei die Fische - gerne wissen: Mit welcher Grenze wollen Sie in die Diskussion gehen? Wie viel Gramm sind Ihrer Meinung nach zu akzeptieren?

(Beifall bei der FDP)

Bitte!

Danke für die Zwischenfrage; denn sie ist praktisch die Überleitung oder die Überschrift für meinen weiteren Vortrag.

Die Niedersächsische Landesregierung geht mit gar keiner Vorgabe da hinein. Damit kommen wir zu Ihrer nächsten Forderung nach einer Evaluierung. Wir meinen, es steht im Augenblick erst einmal an, das zu betrachten, was wir im Augenblick als Kenntnis haben. Davon haben wir eine ganze Menge.

Ich habe mich gestern im Übrigen mit Professor Pfeiffer getroffen, der angekündigt hat, dass eine eigene Untersuchung seines Instituts im August oder September vorliegen wird, sodass wir dann hier in Niedersachsen Gott sei Dank über ganz aktuelle Zahlen verfügen werden. Meines Erachtens steht da im Augenblick eine weitere Evaluierung nicht an.

Wir werden mit dem, was wir dazu schon haben - Sie selbst haben sich auf vorhandene Quellen bzw. Untersuchungen bezogen -, zusammen mit den neuen Erkenntnissen aus der Studie des Instituts von Herrn Pfeiffer in eine Diskussion auf Bundesebene gehen und darin versuchen zu bestimmen, was das richtige Mittel ist, um eine Grenze festzulegen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Herr Pfeiffer hat sich festgelegt!)

- Herr Pfeiffer hat sich nicht festgelegt, sondern er macht im Augenblick eine Untersuchung. Bei dieser Untersuchung wird etwas wissenschaftlich Fundiertes herauskommen, das wir dann unserer eigenen Positionierung zugrunde legen wollen.

Wenn Sie mit der Bekämpfung des Cannabiskonsums eine verschärfte Strafverfolgung meinen, dann muss man meiner Meinung nach differenzieren. Wir müssen die Strafverfolgung auf diejenigen konzentrieren, die mit Drogen, insbesondere harten Drogen, Handel treiben, schwere Schuld auf sich laden und angemessen zu bestrafen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Soweit es sich um Konsumenten handelt, ist die Strafwürdigkeit des Verhaltens rational zu justieren. Im Übrigen dürfen wir den Einfluss der Strafverfolgung auf den Drogenkonsum einer Gesellschaft auch nicht überschätzen. Das müssen wir im Blick behalten; denn das ist eigentlich das, was wir damit erreichen wollen.

Lassen Sie mich zum Schluss einen Punkt hervorheben, der mir wichtig zu sein scheint. Wir können es uns als Politik in diesem sensiblen Bereich nicht leisten, die drogenpolitische Diskussion auf eine Grammzahl zu reduzieren, bis zu der die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung eines Drogendelikts absehen kann. Dafür sind die Fragen zu kompliziert, insbesondere die Zusammenhänge mit dem Wirkstoffgehalt. Sie sind zu komplex, sie sind zu wichtig. Deswegen freue ich mich in Zukunft auf eine konstruktive und sachorientierte Diskussion über dieses Thema.

Danke schön.

(Starker, anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Ich erteile Herrn Böhlke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, dass wir nunmehr nach ausführlicher Beratung zu der festen Entscheidung gekommen sind, dass diese Thematik federführend der Sozial- und Gesundheitsausschuss aufnehmen soll. Als mitberatende Ausschüsse sind vorgesehen der Innenausschuss und der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wir würden uns freuen, wenn wir hier schon einmal die ersten Weichen mit breiter Zustimmung stellen würden.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Böhlke. - Seitens der CDU-Fraktion ist beantragt worden, den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration mit dem Antrag federführend zu befassen. Der Ältestenrat hatte ursprünglich anders beschlossen.

Zunächst lasse ich über den Beschluss des Ältestenrates abstimmen, als federführenden Ausschuss den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen vorzusehen. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Dem ist nicht gefolgt worden.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag, mit der federführenden Beratung des Antrags den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Ge

sundheit und Migration zu beauftragen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist in großem Konsens so beschlossen worden.

Mitberatend tätig werden soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen.

Damit können wir die Beratung dieses Tagesordnungspunktes abschließen.

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung: Aktionärsrechte stärken! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/72

Zur Einbringung hat sich Herr Kollege Dirk Toepffer für die CDU-Fraktion gemeldet. Bitte, Herr Toepffer, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben hier in diesem Plenum schon oft über den Mindestlohn diskutiert. Deshalb bedaure ich ein wenig, dass jetzt der Herr Wirtschaftsminister nicht anwesend ist, der sich in der Vergangenheit immer sehr leidenschaftlich an den Diskussionen über dieses Thema beteiligt hat. Das, worüber wir jetzt diskutieren, nämlich die Begrenzung von Managergehältern, ist eigentlich die andere Seite der Medaille. Mindestlöhne und Bezüge von Topmanagern - zwei Seiten einer Medaille.

Beim Mindestlohn geht es nur vordergründig um die Sicherstellung des Lebensunterhalts. Dank Ihrer meiner Meinung nach sehr eindrucksvollen Ausführungen im letzten Plenarabschnitt, Herr Kollege Schremmer, ist deutlich geworden, um welche Beträge beim Mindestlohn gestritten wird. Wenn jemand früher 7,50 Euro bekommen hat und jetzt 8,50 Euro bekommt, dann hat er 160 Euro mehr im Monat und insgesamt vielleicht 1 520 Euro brutto. Das ist immer noch sehr wenig, um den Lebensunterhalt einer Familie sicherzustellen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

In der Tat gibt es neben diesem ökonomischen Aspekt bei der Gehaltsfindung noch einen zweiten Aspekt. Dieser Aspekt hat etwas mit menschlicher Würde und Anstand zu tun. Der zweite Aspekt

neben der Ökonomie ist die Wertbestimmung menschlicher Arbeit durch Geld. So ist es ja leider in unserem Land. Man muss einfach einmal feststellen, dass wir den Wert menschlicher Arbeit allzu oft anhand der Bezahlung definieren. Dann kommt man zu dem abenteuerlichen Ergebnis, dass z. B. der Handel mit Derivaten oder mit Aktienleeroptionen wichtiger ist als die Pflege von Mitmenschen oder Sozialarbeit.

Ich stelle fest, dass diese Wertermittlung des eigenen Einkommens allzu oft nicht nur durch eine Betrachtung des eigenen Einkommens stattfindet, sondern der Wert des eigenen Einkommens wird meistens dadurch bestimmt, dass man sich das Einkommen der anderen anguckt. Dann muss man den Blick auf das Ende der anderen Skala werfen. Dann stellt man Folgendes fest: Zumindest gefühlt ist die Entwicklung weitgehend nicht mehr gerecht.