Protocol of the Session on February 19, 2015

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Björn Försterling, FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beiträge der Kollegen von SPD und Grünen müssen in den Ohren der Eltern durchaus wie blanker Hohn klingen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Was passiert denn da? - Da bedankt sich Herr Scholing in seinem ersten Satz für die Eingabe des Petenten und sagt im zweiten: Na ja, trotzdem wissen wir besser, was gut ist für dein Kind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das nicht blanker Hohn ist, dann weiß ich auch nicht!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das zieht sich durch die gesamte Debatte um die Förderschule Lernen und auch die anderen Förderschulen. Ich will hier noch einmal deutlich machen, warum immer wieder sehr leicht von allen anderen Förderschulen gesprochen wird, weil in Ihrem Koalitionsvertrag nach wie vor steht, dass Sie mittelfristig alle Förderschulen in Niedersachsen auslaufen lassen wollen.

Wenn Sie nach zwei Jahren sagen, dass Ihr Koalitionsvertrag für das Regierungshandeln überhaupt keine Wirkung mehr hat, dann ist das gut. Dann können wir in vielen Teilen sehr gut damit leben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dann machen Sie auch den konsequenten Schritt, zu sagen: Die Förderschulen Lernen sollen weiterhin bestehen dürfen. - Denn darum geht es doch!

Was machen Sie mit diesem Schulgesetz? - Sie schreiben den Eltern künftig vor, dass Sie besser wissen, was die beste Schule für ihr Kind ist.

(Zuruf von Ministerin Frauke Heiligen- stadt)

- Ja, Frau Ministerin, das haben wir selbst mit beschlossen. Aber wir sind bereit, Fehler zuzugeben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Die Realität sieht doch so aus, dass sich viele Eltern das Fortbestehen einer Förderschule wünschen. Wenn Eltern ihre Kinder sogar in eine Förderschule einklagen, dann steht es der Politik gut an, dem Folge zu leisten und zu sagen: Ja, vielleicht habt ihr mehr Ahnung von euren Kindern, als es die Politik hat. - Aber das ist die Frage, ob man arrogant ist oder ob man nicht arrogant ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Kollege Försterling. - Kai Seefried von der CDU-Fraktion hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Björn Försterling hat es eben als Hohn gegenüber den Eltern beschrieben. Mir kam gleich dieser Gedanke, als der Kollege Scholing ans Rednerpult ging - lieber Herr Scholing, ich habe es hier am Rednerpult schon einmal gesagt, und Sie haben sich für diese Äußerung bedankt -: Sie sind ein so richtig schöner Umarmungspolitiker.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Da stellt man sich hierhin, umarmt erst einmal den Vater, bedankt sich. - Wir alle sind uns mit Sicherheit einig. Natürlich sind wir allen Eltern dankbar, die sich für ihre Kinder einsetzen. - Dann sagen Sie in Ihrer Umarmung weiter: Wir nehmen das ganz ernst! Wir nehmen das ganz ernst! Deswegen machen wir die Eingabe zu Material. Dann soll das in der weiteren Schulgesetzberatung behandelt werden.

Dann sagen Sie in allen weiteren Sätzen: Aber das alles steht sowieso schon vollkommen fest, genau wie es in Ihrem Entwurf steht. - Ich sehe sehr viele wackelnde Gesichter, die das verneinen. Aber dann kennen Sie alle Ihren Gesetzentwurf nicht.

Darin steht nun einmal, dass es die Förderschule Lernen ab 2017 im Sekundarbereich I nicht mehr geben wird. Sie wollen 160 Schulen in Niedersachsen kraft Gesetzes verbieten. Das haben Sie gerade eben mit Ihrem Beitrag unterschrieben und damit das Gegenteil von dem gesagt, was Sie zuvor gesagt haben, nämlich dass Sie das, was die Eltern als Petenten an den Landtag herantragen, ernst nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sind auch deshalb für „Berücksichtigung“, weil es genauso ist, wie es Björn Försterling, auch auf den Zwischenruf der Ministerin, unterstrichen hat: Natürlich stehen wir zu dem, was wir hier 2012 im Niedersächsischen Landtag beschlossen haben. Viele von uns sind dabei gewesen. Wir stehen zu der großen Verantwortung, die wir mit dieser Gesetzesänderung übernommen haben, dem entscheidenden Paradigmenwechsel, dass wir nicht mehr wollen, dass in Niedersachsen Eltern, die ein Kind mit einem festgestellten Förderbedarf - egal welchen Bereiches - haben, vor ein Gericht ziehen müssen, um Beschulung an einer allgemeinbildenden Schule einzuklagen. Genau zu diesem Paradigmenwechsel stehen wir.

Wir stehen auf der anderen Seite aber auch zur Wahlfreiheit für die Eltern, dafür, dass die Eltern entscheiden sollen, wo der beste Lern- und Förderort für ihr Kind ist. Wenn man, nachdem das jetzt anderthalb Jahre in Niedersachsen umgesetzt wird, feststellt, dass wir mit der Förderschule Lernen im Grundschulbereich einen Fehler gemacht haben, dann haben wir im Gegensatz zu Ihnen die Größe, diesen Fehler auch zu benennen und in Entschließungsanträgen zu fordern, das rückgängig zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Sagen Sie doch einfach, dass Sie keine Inklusion wollen!)

- Frau Modder, das ist das Gegenteil dessen, was Sie gerade behaupten, dass wir keine Inklusion wollen. Das ist genau das Gegenteil.

(Johanne Modder [SPD]: Sagen Sie, dass Sie keine Inklusion wollen!)

- Frau Modder, der entscheidende Unterschied ist: Wir wollen, dass die Inklusion gelingt. - Sie gelingt nur mit den Beteiligten und nicht gegen die Beteiligten.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Scholing hat auf die Online-Petition hingewiesen, und ich habe gerade noch einmal schnell nachgeschaut, wie es dort im Wortlaut heißt. Dort steht, dass die Förderschule Lernen abgeschafft werden soll. Dann kommt der Satz, den Sie vermutlich gemeint haben: Bald sollen weitere folgen. - So steht es in dieser Online-Petition.

Herr Scholing, wenn Sie meinen, dass es nicht Ihr Ziel ist, dass bald weitere Förderschulen folgen sollen, dann möchte ich Sie bitten, das hier vorne an diesem Rednerpult zu erklären und dafür auch die Verantwortung zu übernehmen.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Editha Lorberg [CDU]: Das ist doch eindeutig!)

Vielen Dank, Herr Seefried.- Es gibt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention nach § 77 GO LT. Das kennen Sie.

(Ulf Thiele [CDU]: Das geht hier doch nicht!)

- Natürlich geht das. Ich habe es gerade nachgeguckt, weil auch ich erst der Meinung war, dass es nicht geht. Aber es geht.

Sie haben das Wort, Herr Scholing, für eine Kurzintervention für anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit das kein geflügeltes Wort wird: Man darf sich bei Menschen, die dezidiert eine andere Meinung haben, durchaus bedanken. Das hat etwas mit Respekt zu tun, und nicht mit Verhohnepiepelung. Respekt, darum geht es mir.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich zitiere einfach einmal § 4 Abs. 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes: „In den öffentlichen Schulen werden Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam erzogen und unterrichtet.“ - Darum geht es. Das ist der Zielhorizont, an dem wir uns orientieren. Das wird ein mühsamer Weg sein, und wir stehen noch am Anfang dieses Weges. Aber es braucht klare Rahmenbedingungen, es braucht eine sinnvolle Ressourcensteuerung, und - das sage ich Ihnen jetzt einmal hier unter uns - das wird uns nicht gelingen, wenn

wir gerade in Bezug auf die Förderschule Lernen dauerhaft mit Parallelstrukturen arbeiten.

(Björn Försterling [FDP]: Die Förder- schulen kosten Sie zu viele Ressour- cen!)

- Herr Försterling, es wird uns auch aus inhaltlichen Gründen nicht gelingen. Dazu bräuchte ich aber mehr Zeit. Und diese Zeit, Herr Försterling, werden wir uns im Ausschuss bei der Beratung des Schulgesetzes nehmen.

(Widerspruch von Björn Försterling [FDP])

- Natürlich werden wir uns die Zeit nehmen. Wir haben gerade in der Mittagspause eine intensive Beratung beschlossen, und diese Beratung nehmen wir durchaus ernst.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Gucken Sie sich doch einmal den Zeitplan an! - Björn Försterling [FDP]: Sie wollen sparen!)

Vielen Dank, Herr Scholing. - Das war eine Kurzintervention auf die Ausführungen des Kollegen Seefried und nicht auf die des Kollegen Försterling.

Herr Seefried, Sie möchten antworten. Bitte schön!

(Unruhe)

- Eine Sekunde, Herr Kollege! - Meine Damen und Herren, hören Sie doch! Diese Debatten untereinander kann man vielleicht in einem ruhigen Gespräch in der Pause führen. Jetzt bringt uns das aber nicht voran. Lassen Sie uns die Behandlung der Petition sachgemäß beenden! Dazu gehört jetzt die Rede von Herrn Seefried. - Bitte schön!

Verehrter Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte direkt darauf eingehen.

Herr Scholing, Sie haben von den sicheren Rahmenbedingungen gesprochen, die man braucht, um diesen Weg zu begleiten. Natürlich braucht man sichere Rahmenbedingungen. Neben diesen sicheren Rahmenbedingungen brauchen wir aber auch Zeit und die entsprechende Ausstattung, damit das Ganze dann auch funktioniert und wir alle Beteiligten mitnehmen.