„Aufkommensneutralität“ heißt für mich, dass wir in dieser Reform die Steuersätze nicht anfassen, dass die Steuersätze bleiben, wie sie sind. Und das Aufkommen ergibt sich dann durch die Zahl der Fälle. So ist die Linie.
Man hört da und dort davon - beispielsweise von Herrn Söder -, den Begriff „Familienunternehmen“ zu definieren, zu erklären, was ein Familienunternehmen ist. Wir werden das zwischen den Ländern diskutieren. Aber wenn wir auf so etwas hinsteuern, meine Damen und Herren, dann sind wir wieder vor dem Verfassungsgericht. Denn das lässt sich nicht verfassungsfest ausgestalten.
Es gibt viele Details, über die wir noch reden müssen und die sehr kompliziert sind, auch unter verwaltungstechnischen Gesichtspunkten: Wie kommen wir zu verlässlichen, gerichtsfesten Bewertungen beispielsweise von Verwaltungsvermögen? Wie machen wir das mit Schuldverrechnungen? - Es gibt viele Unterpunkte dazu.
Die Linie, die ich vorhin zu skizzieren versucht habe, ist, dass wir das Erbschaftsteuerrecht im Kern so lassen, wie es jetzt ist, aber an den Stellen nachbessern, an denen das Verfassungsgericht das gefordert hat.
Man hätte sich zwar auch eine grundsätzlicher angelegte Reform vorstellen können, aber ich denke, dem kann man jetzt nicht mehr folgen. Vor dem Hintergrund der Fristsetzung des Bundesverfassungsgerichts ist das unrealistisch. Es geht nur so, wie es jetzt auf die Schiene gesetzt ist.
Herr Minister Schneider, Sie haben sich zu den Steuersätzen geäußert. Aber dazu hat das Verfassungsgericht ja gar nichts gesagt, sondern es will die Ausnahmen, die einer Verschonung zugunsten von Arbeitsplätzen dienen, stärker formuliert haben. Und daher ist die Kernfrage: Wie gehen Sie mit dieser Problematik um? Wollen Sie, wie Herr Heere, die Ausnahmen so gestalten, dass Sie zu deutlich mehr Einnahmen kommen, oder wollen Sie die Ausnahmen so gestalten, dass Sie im Wesentlichen so weitermachen können wie bisher,
Ich verweise auf meine Ausführungen von vorhin. Daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln. Deswegen verstehe ich die Frage nicht. Die Steuersätze bleiben, wie sie sind, und das Aufkommen ergibt sich dann, wie eben dargelegt, durch den konkreten Vorgang.
Ob die Ausweitung oder die Veränderung der Freistellungsregelungen dazu führt, dass im nennenswerten Umfang zusätzliches Aufkommen entsteht, ist nach den bisherigen Erfahrungen durchaus anzuzweifeln. Schließlich reden wir hier über Betriebskosten nach unten, wo keine gewaltigen Vermögen vererbt werden. Und bei den ganz großen Vermögen gibt es nur sehr wenige Fälle. Es ist durchaus aufschlussreich, wenn man sich das einmal ansieht: Legt man als mögliche Grenze - das ist ja auch noch ein Punkt, der diskutiert wird - 100 Millionen Euro Vermögensübertragung zugrunde, dann waren das in den letzten Jahren - das Land Hessen hat das einmal durchgezählt - ganze zehn Fälle im Jahr.
Es ist also nicht so, dass das kleine, das mittlere Unternehmen in unserem Land von gewaltigen Vermögenstatbeständen geprägt ist. Allerdings reden wir natürlich auch über durchaus interessante Familienkonstruktionen. Sie kennen sie alle; ich will hier gar keine Namen nennen. Da muss man genauer hingucken. Das ist ja der zweite Ansatzpunkt des Verfassungsgerichts. Da muss etwas getan werden, und wir werden das so tun, wie ich das dargelegt habe.
Im Übrigen unterstelle ich, dass der Parteitag der Grünen darauf zielt, bei der nächsten Bundestagswahl eine andere Mehrheit und eine andere Steuerpolitik zu bekommen. Und das ist legitim.
(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Reinhold Hil- bers [CDU]: Das ist ja eine tolle Aus- sage! - Ulf Thiele [CDU]: Es geht da- rum, wie Sie sich im Bundesrat ver- halten dürfen oder nicht! - Glocke der Präsidentin)
auch. Das ist aber nicht Sache der Landesregierung. Ich habe hier die Linie der Landesregierung vertreten. Und die Linie der Landesregierung ist glasklar. Ich verweise auf die Pressemitteilung vom 17. Dezember, die Sie dankenswerterweise vorgelesen haben. Die gilt.
Vielen Dank, Herr Minister. - Zusätzliche Redezeit erhält zunächst Herr Bode für anderthalb Minuten. - Herr Hilbers, ich habe Ihre Wortmeldung gesehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Schneider, dass Sie die Frage des Kollegen Hilbers nicht verstanden haben, ist ja genau das Problem. Es geht nicht darum, wie Sie beim Steuersatz agieren wollen - das ist überhaupt nicht angesprochen worden -, sondern es geht darum, ob das gilt, was Frau Geuter hier gesagt hat, nämlich dass es auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei fast keiner Regelungen Änderungsbedarf gibt. Das betrifft die Familienunternehmen mit im Schnitt sieben Beschäftigten, die ich hier erwähnt habe. Wird man da wieder eine Verschonungsregelung haben, nach der der Betriebsübergang möglich ist, ohne dass das Unternehmen aufgegeben wird?
Das haben Sie hier nicht gesagt. Wird es für diese kleinen und mittleren Unternehmen, für den Mittelstand, für die Familienunternehmen von der Landesregierung in Niedersachsen Unterstützung geben, oder wird es das nicht? Wollen Sie hier die Belastungen erhöhen - wie der Kollege Heere das in seinem Antrag auch tatsächlich schreibt -, oder wollen Sie das nicht? Wollen Sie, dass diese Unternehmen auch in Niedersachsen schnell weiter investieren, oder nicht?
Wir wollen also eine klare Aussage zu den Verschonungsregelungen für den Betriebsübergang bei kleinen, mittleren Unternehmen, bei den familiengeführten Unternehmen in Niedersachsen. Die erwarten wir. Sagen Sie endlich, was die Landesregierung wirklich will, und täuschen Sie nicht alle!
(Beifall bei der FDP - Renate Geuter [SPD]: Sie hätten einmal zuhören sol- len! - Weitere Zurufe von der SPD)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister Schneider, wenn Sie Herrn Heere unterstellen, auf eine andere Mehrheit zu setzen, dann unterstreichen Sie damit ja, dass Sie im Augenblick im Bund nicht das tun können, was Sie eigentlich tun wollen,
nämlich eine massive Steuererhöhung im Bereich Vermögensteuer und Erbschaftsteuer in Angriff zu nehmen. - Vielen Dank für diese klare Aussage! Dann wissen die Menschen im Land wenigstens Bescheid.
Zweitens. Das Verfassungsgericht hat klare Vorgaben gemacht und einen großen Ermessensspielraum zugelassen, wie man - das hat es ausdrücklich betont - Arbeitsplätze sichern kann. Jetzt geht es doch darum, ob Sie diese Punkte - z. B. bei größeren Familienunternehmen die Angemessenheit dieser Regelung zu prüfen oder bei Unternehmen unter 20 Mitarbeitern darauf faktisch zu verzichten - so ausgestalten wollen, dass diese Unternehmen zukünftig überwiegend in die Steuerpflicht fallen,
oder ob Sie das Ermessen so ausüben, dass sie zukünftig überwiegend nicht in die Steuerpflicht fallen. Darauf sind Sie die Antwort schuldig geblieben, Herr Minister.
Im Übrigen: Während Sie glauben, dass Herr Heere hier Formulierungen für die Situation in fünf Jahren fasst, glaube ich, dass Herr Heere gar nicht so weit im Voraus denkt. Herr Heere macht vielmehr etwas, was Ihnen gar nicht recht sein kann: Er will nämlich über einen Parteitagsbeschluss festlegen lassen, dass Sie zwar heute dorthin fah
ren können, dass Sie sich aber in der nächsten Sitzung des Bundesrats zu dem Thema brav enthalten müssen, weil sich Rot und Grün hier im Hause nicht einig sind - sodass Sie deswegen mittelständische Unternehmen nicht schützen können. Das, Herr Minister, ist der Punkt.
Das macht wieder einmal deutlich, dass Sie in dieser Koalition nicht nur in Fragen der Infrastruktur, der Flüchtlingspolitik und der inneren Sicherheit - Verfassungsschutz -, sondern auch in finanzpolitischen Fragen meilenweit auseinanderliegen, meine Damen und Herren.
Nun hat das Wort, ebenfalls für anderthalb Minuten, Herr Kollege Heere, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hilbers, ich kann ja ein Stück weit verstehen, dass Sie sich aufregen, weil Sie hier im Hause nicht den Einfluss auf die niedersächsische Politik haben, den Sie gern hätten.