Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf zwei Punkte eingehen, die der Kollege Heere genannt hat.
Stichwort Steuererhöhung. Wenn der Soli in der jetzigen Form über das Jahr 2019 hinausgeführt wird, dann ist er verfassungswidrig, und wenn er verfassungswidrig ist, dann muss er abgeschafft
werden. Wenn er aber abgeschafft wird, und Sie führen dann eine neue Ergänzungsabgabe, wofür auch immer, ein oder Sie erhöhen die Einkommensteuer, dann ist das natürlich eine Steuererhöhung.
Deswegen bleibt es dabei: Die Weiterführung des Solidaritätszuschlags, ganz gleich, in welcher Form, ist auf jeden Fall eine Steuererhöhung, meine Damen und Herren.
Zweitens haben Sie, als Sie den Kollegen Hilbers zitiert haben, das Stichwort kalte Progression in die Debatte eingeführt. Von der Abschaffung der kalten Progression ist in dieser Debatte überhaupt nicht mehr die Rede. Alle Argumente, die Sie, Herr Heere, vorgebracht haben, alle Argumente, die der Kollege Heymann vorgebracht hat, sprechen genauso auch gegen die Abschaffung der kalten Progression. Das heißt, das Versprechen, das Sie den Bürgerinnen und Bürgern in dieser Debatte gegeben haben, dass wir nämlich durch die Abschaffung der kalten Progression mehr Steuergerechtigkeit bekommen sollen, ist seit der heutigen Debatte ebenfalls obsolet.
Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Herr Kollege Heere möchte erwidern. Er hat die Gelegenheit für 90 Sekunden. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hilbers, das, was Sie gerade noch einmal dargestellt haben, ist sehr spannend. Sie haben gerade gesagt, es sei richtig, sich nach der Abschaffung des Soli neue Spielräume zu erarbeiten, um die genannten Zukunftsherausforderungen anzugehen. Genau das sagen wir die ganze Zeit. Der Vorschlag, den Soli in die Einkommensteuer zu integrieren, ist genau das: Der Soli wird abgeschafft, und im Rahmen der Einkommensteuer werden neue Spielräume erzeugt,
(Reinhold Hilbers [CDU]: Steuererhö- hung! - Christian Grascha [FDP]: Au- ßer, der Steuerzahler wird zusätzlich belastet!)
für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, für Infrastruktur, für Bildung. Das Thema Bildung nach vorn zu bringen, ist das Haupt- und Kerninteresse, das wir haben müssen. Das kann mit dieser Maßnahme zukunftsfähig ausfinanziert werden.
(Zuruf von der CDU: Nein, nein! Das muss man gleich dementieren! - Wei- tere Zurufe von der CDU - Christian Grascha [FDP]: Das würden wir auch schaffen, wenn wir Ihre Bürokratie nicht finanzieren müssten!)
Herr Grascha, das Thema der Steuererhöhung: Wenn die Belastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hinterher die gleiche ist wie vorher, wird das keiner als Steuererhöhung feststellen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Sie haben das versprochen! - Christian Dürr [FDP]: Doch! Ich schon!)
Jeder wird großes Verständnis dafür haben, dass Mittel, die ihm ohnehin nie zur Verfügung gestanden haben, in Zukunft für solche zukunftsfähigen Aufgaben wie Bildung ausgegeben werden können.
Genau dies ist der richtige Weg. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse - gerade wenn wir über den demografischen Wandel reden, besteht hier wirklich ein großes Problem, und das auch in Niedersachsen.
Hierfür über diese Maßnahme, eine zukunftsfähige Finanzierung zu haben, ist genau das Richtige. Diesen Weg werden wir weitergehen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Herr Hee- re, Sie haben das Finanzsystem nicht einmal verstanden!)
Das war eine Punktlandung bei 90 Sekunden. - Im Moment liegen aus dem Plenum keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung hat jetzt Herr Finanzminister Schneider das Wort. Bitte schön, Herr Minister!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Landauf, landab das große Soli-Theater der FDP. Sie sind eine Ein-Thema-Partei, und Sie bleiben eine Ein-Thema-Partei.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Ihre peinliche, herablassende Art nervt nur noch, Herr Minister! Sie ha- ben Ihren Zenit längst überschritten, Herr Schneider!)
Sie haben den Menschen viele Male Steuersenkungen versprochen - herausgekommen ist lediglich die sogenannte Mövenpick-Steuer, das Herabsetzen des Steuersatzes für Hoteliers. Das ist Ihre politische Leistung.
(Christian Grascha [FDP]: Sie be- schimpfen uns! - Christian Dürr [FDP]: Arrogant und peinlich sind Sie, Herr Minister! Machen Sie erst einmal Ih- ren Krawattenknopf zu, bevor Sie hier reden! Pure Arroganz ist das! - Ge- genrufe von der SPD)
Zur Sache und vorweg: Der Solidaritätszuschlag ist ausgestaltet als Ergänzungsabgabe nach Artikel 106 GG und ist damit nicht befristet. Nur der Deutsche Bundestag kann den Soli per Beschluss beenden. Automatisch passiert da erst einmal gar nichts. Die Frage der Verfassungswidrigkeit ist im Übrigen auch nicht mit dem Jahr 2019 verbunden, sondern mit dem Wegfall der ursprünglichen Definition.
(Christian Grascha [FDP]: Ich denke, Sie führen die Verhandlungen über den Solidarpakt! - Dr. Gero Hocker [FDP]: Was machen Sie eigentlich die ganze Zeit?)
Gleichwohl bin auch ich der Auffassung - das wissen Sie -, dass man das Ganze in Verbindung mit den Bund-Länder-Finanzbeziehungen regeln sollte. Die Ergänzungsabgabe ist nicht dazu da, einen dauerhaften Finanzbedarf zu decken.
(Christian Grascha [FDP]: Ich denke, wir sind gar nicht zuständig! Dann brauchen Sie auch keine Gespräche zu führen! - Gegenruf von Helge Lim- burg [GRÜNE]: Hören Sie doch ein- mal zu, Herr Kollege Grascha! Er er- klärt es Ihnen schon noch!)
Ich darf das aufgreifen. - Meine Damen und Herren, wenn ein Redner darauf hinweist, dass die Zwischenrufe und die Zwischenbemerkungen irgendwann zur Last werden und es schwer wird, die Rede ordnungsgemäß zu halten, dann greift das Präsidium ein.
Ich habe insbesondere an die erste Bank der FDP die Bitte: Halten Sie sich ein Stück weit zurück! Das war wirklich störend. Auch Sie, Herr Dürr, möchte ich insoweit ansprechen. Sie haben - das wissen Sie - nach der Geschäftsordnung die Gelegenheit, nach der Landesregierung jederzeit das Wort zu ergreifen. Wenn Sie etwas mitzuteilen haben, machen Sie davon Gebrauch, aber bitte keine dauernden Zwischenrufe bei den Reden! Halten Sie sich bitte zurück!
Es ist, wie gesagt, ein Beschluss des Deutschen Bundestages notwendig, wenn diese Ergänzungsabgabe fallen soll. Das kann auch über das Jahr 2019 hinausgehen.
nahmslos dazu erklärt, den Soli in gewandelter Form - genauer gesagt: das Aufkommen des Soli - zu erhalten.
Herr Heymann hat ausgiebig die Bundeskanzlerin zitiert. Ihre Aussage - ich zitiere auch noch einmal -, dass wir auf jeden Fall auch nach dem Auslaufen des Solidarpakts auf die Einnahmen aus dem Solidarzuschlag angewiesen sein werden, spiegelt die Einschätzung aller bedeutsamen politischen Kräfte der Republik wider.
Ich halte an meinem Vorschlag fest, den ich im Übrigen im Mai letzten Jahres schon gemacht habe, die Integration in die Steuertarife vorzusehen und bei dieser Gelegenheit die kalte Progression mit anzugehen. Dass das im Ergebnis natürlich - mathematisch korrekt - eine Steuersenkung und keine Steuererhöhung ist, ist hier ausgeführt worden. Das verbleibende Volumen würde dann nach dem Grundgesetz auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt, in etwa nach dem gleichen Schema, wie es zurzeit auch verteilt wird. Das SoliAufkommen ging im letzten Jahr etwa zu 50 % in den Osten, an Bundesländer, und 50 % hat der Bund kassiert.