Inzwischen reden wir von über 2 000 Unternehmen. Nur wenige davon stehen im internationalen Wettbewerb. Können Sie mir erklären, wieso Wiesenhof oder McDonald’s dazugehören, und warum die gefährdet sein sollten,
Die Erneuerbaren wirken an der Strombörse kostensenkend, etwa 0,5 Cent pro kW/h. Davon profitieren allein die großen Unternehmen und die Energieversorger.
Warum hört man dazu von Ihnen eigentlich nichts, Herr Hocker? Sie haben ja gleich die Gelegenheit, etwas dazu zu sagen. Lassen Sie uns doch endlich auch die Vorteile gerecht verteilen.
Einen weiteren sinnvollen Vorschlag zur Senkung der Stromkosten haben Ministerpräsident Weil und Umweltminister Wenzel kürzlich gemacht: die Stromsteuer auf die Erneuerbaren zu erlassen. Als Verbrauchssteuer hat diese ohnehin keine regulierende Wirkung. Wenn man das machen würde, könnte der Strompreis um einen weiteren halben Cent gesenkt werden.
Meine Damen und Herren, das sind die Stellschrauben für bezahlbare Strompreise: Beschränkung der Befreiung von der EEG-Umlage und von den Netzentgelten - macht anderthalb Cent -, Berücksichtigung der strompreisdämpfenden Wirkung der Erneuerbaren - macht noch mal einen halben Cent -, Senkung der Stromsteuer um den Anteil der Erneuerbaren - noch mal ein halber Cent. Das alles sind faire, gerechte und vor allem sofort umsetzbare Vorschläge.
So könnten die Strompreise um rund 2,5 Cent sinken und zugleich - das ist der entscheidende Punkt - der Ausbau der Erneuerbaren und die Energiewende dynamisch bleiben. Das wäre nicht nur gut für die Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch für Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Niedersachsen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Bajus, es ist, wie ich finde, offensichtlich, welchen Effekt Sie sich von Ihrer Aktuellen Stunde erhoffen: Sie haben Angst, dass Sie bei der Strompreisdiskussion sozusagen in die Defensive geraten, und fürchten, dass Sie an die Wand gespielt werden. Deswegen reichen Sie schnell eine Aktuelle Stunde ein, die das Wort Strompreise in der Überschrift trägt, und glauben, damit die Deutungshoheit zu gewinnen.
Meine Damen und Herren, Sie hätten heute endlich mal das Übel wirklich bei der Wurzel packen können. Sie hätten etwas gegen die planwirtschaftlichen Strukturen sagen können, die sich bei der Energiewende abzeichnen. Sie hätten auch einmal benennen können, wo das Problem liegt, anstatt hier von Sozialtarifen zu schwadronieren. So gewinnt man nicht die Deutungshoheit.
Diese Betroffenheitsshow, die Sie hier abgeliefert haben, zeigt nur eines: Sie haben überhaupt kein Konzept, Sie haben keinen Plan, Sie sind komplett blank, Sie von den Grünen haben kein Papier, keinen Beschluss, um irgendetwas gegen die Strompreisentwicklung zu tun. Das war peinlich, Herr Bajus.
Sie wissen, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz jede Kilowattstunde Strom fördert, die eingespeist wird, egal, ob sie abgenommen und verbraucht wird oder nicht. Das ist eine Premiumsubvention, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deswegen weht mit dem Erneuerbare-EnergienGesetz auch ein Hauch von Planwirtschaft durch Niedersachsen und durch Deutschland, der sich quasi wie Mehltau auf die Innovationsfreude in unserem Land legt und immense soziale Verwerfungen nach sich zieht.
Ich nenne nur eine Zahl: Im Jahre 2011 hat es einen Rekord gegeben, und zwar den Rekord der verschickten Mahnungen wegen nicht bezahlter Stromrechnungen. 6 Millionen Mahnungen wurden an Menschen verschickt, die die Stromrechnung nicht mehr haben bezahlen können. Das zeigt eins: Die Energiewende so, wie Sie sie mit einem starren Vergütungssystem wie dem EEG auf den
Weg gebracht haben, führt zu immensen sozialen Verwerfungen. Das ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist eben nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder aus einkommensschwächeren Familien morgens eine warme Dusche haben können und abends, wenn sie nach Hause kommen, ihre Hausaufgaben in einer warmen Wohnung erledigen können.
Das sind die sozialen Verwerfungen, zu denen Ihr EEG geführt hat, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wer es sich leisten kann, Herr Bajus, schraubt sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach. Die Zeche zahlt die Allgemeinheit. - Wo bleibt da bitte sehr die soziale Gerechtigkeit?
Allein im Jahre 2011 hat die zusätzlich installierte Photovoltaikleistung dazu geführt, dass dem Fiskus 600 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen. 600 Millionen Euro! Ich spreche nur von der Leistung, die im Jahre 2011 installiert wurde. Ich spreche nicht über die Jahre 2010, 2009, 2008 usw. Ich spreche nicht von Windenergie. Ich spreche nur von Photovoltaikzubau in einem Jahr: 600 Millionen Euro! Sie müssen sich doch die Frage stellen, wie die Energiewende so zum Erfolg geführt werden kann. Sie machen keine Energiewende, sondern die größte Kapitalumverteilung seit dem Zweiten Weltkrieg zulasten derer, die sich ihr Einkommen mit ihrer Hände Arbeit erarbeiten müssen,
und zugunsten derjenigen, die sich einmal eine Photovoltaikanlage aufs Dach schrauben, sich dann zurücklehnen und darüber freuen können, wie ihr Vermögen wächst.
Meine Damen und Herren! Herr Bajus, Sie haben, obwohl sie neu in diesem Hause sind, die grüne Rhetorik schon sehr gut angenommen. Wenn ich mich früher mit dem ehemaligen Kollegen und jetzigen Minister Wenzel über diese Frage gestritten habe, dann kamen immer zwei Argumente. Das erste Argument war: Herr Hocker, Sie müssen aber doch einmal dagegenrechnen, welche Kosten bei der Nutzung der Kernenergie für die Allgemeinheit entstehen. - Keine Frage: Diese Kosten
gibt es. Aber ganz ehrlich: Es ist peinlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute, im Jahre 2013, die explodierenden Strompreise damit zu erläutern, dass wir die Kernenergie genutzt haben, die sich jetzt in Abwicklung befindet.
Das zweite Argument der Grünen, das Sie, Herr Bajus, soeben bemüht haben, ist die Befreiung der energieintensiven Unternehmen von der Ökostromumlage.
Keine Frage: Golfplätze und Imbissbuden müssen nicht befreit sein. Darüber müssen wir uns überhaupt nicht streiten. D’accord.
Aber, ganz ehrlich: Gucken Sie einmal nach Niedersachsen! Gucken Sie sich einmal die Situation z. B. der Dow in Stade an. An diesem Unternehmen hängen - auch bei den Zulieferern im Umland - Tausende und Abertausende Arbeitsplätze. Tausende und Abertausende Arbeitsplätze sind davon abhängig, dass das Unternehmen von der Ökostromumlage befreit ist. Fahren Sie nach Salzgitter zur Salzgitter AG! Da haben Sie auch prominente ehemalige Vertreter aus dem Unternehmen. Fahren Sie nach Wolfsburg zu VW! Gucken Sie sich einmal an, wie die Situation dort, vor Ort, ist! Wir sind abhängig von diesen Industrien, die in Niedersachsen ansässig sind und die im Wettbewerb mit Unternehmen aus dem Ausland stehen, wo die Strompreise nur die Hälfte betragen. Deswegen ist das richtig und deswegen stehen wir zu dieser Befreiung von der Ökostromumlage.
Wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen, dass Sie Ihre Fantasien von Planwirtschaft und von Ökodiktatur umsetzen können, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD und bei den GRÜNEN: Oh! - Glocke der Präsiden- tin)
Auch wenn es keiner gewesen sein will, meine sehr verehrten Damen und Herren: Grün regiert in Niedersachsen. Deswegen kommen Sie mit solchen lapidaren Erklärungen nicht mehr durch. Sie regieren jetzt! Jetzt müssen Sie endlich liefern, anstatt nur herumzuschwadronieren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank an die Fraktion der Grünen, dass sie zu diesem Thema einen Antrag für die Aktuelle Stunde eingebracht hat. Ich denke, dass es eine ganz eindeutige Diagnose dafür gibt, dass wir uns mit diesem wichtigen Thema befassen müssen. Diese Diagnose, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann nur lauten: totales Versagen des Bundeswirtschaftsministers Philipp Rösler.
Wenn die Bundesregierung in diesem Schneckentempo weitermacht, wird die Energiewende wahrscheinlich tatsächlich ein Jahrhundertprojekt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Frage der Netzsicherheit und Versorgungssicherheit führt bei vielen Unternehmen und vielen Bürgerinnen und Bürgern zu großer Unruhe. Diese Unsicherheiten hat letztendlich die schwarz-gelbe Bundesregierung zu verantworten. Dreieinhalb Jahre Versagen von Philipp Rösler! Völlig verlorene Zeit, wertvolle Zeit für die Energiewende, meine sehr verehrten Damen und Herren.