Und schon - wir haben es gerade gehört - fürchten die Oppositionsfraktionen den Frontalangriff auf die Gymnasien. Da muss ich mich nur wundern.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wenn Sie die Gleichbehandlung von Gesamtschulen und Gymnasien schon als Frontalangriff verstehen,
- Herr Försterling spricht sogar davon, dass die Axt an die Gymnasien angelegt wird; die Axt nehmen wir nur, wenn wir Feuerholz machen, aber nicht bei Schulformen; ich weiß nicht, welches Verständnis Sie haben -, dann scheinen Sie unglaubliche Angst davor zu haben, dass den Gymnasien aus den Gesamtschulen Konkurrenz erwachsen könnte und dass sie der nicht gewachsen sind. Das wundert mich allerdings.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Ich habe da mehr Vertrauen in die Entscheidungen unserer Schulträger. Ich habe offensichtlich auch mehr Vertrauen als Sie, Herr Försterling und Herr Seefried, in die Reformfähigkeit unserer Gymnasien. In Zukunft - Sie sind doch immer für Wettbewerb - werden immer stärker die besten Schulen die Eltern, Schülerinnen und Schüler durch Qualität überzeugen müssen.
Ich bin beim letzten Satz. - Mehr Qualität, mehr Gerechtigkeit - das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, und das setzen wir jetzt um.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Korter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Korter, gegen das beschleunigte Verfahren hinsichtlich Artikel 1 Ihres Gesetzentwurfs hat niemand etwas. Das habe ich auch deutlich gemacht. Wir haben jedoch etwas dagegen, dass Sie in Artikel 2 dieses Gesetzentewurfs im beschleunigten Verfahren die Zügigkeiten absenken wollen, ohne darüber öffentlich zu diskutieren.
In der Tat habe ich auch kein Problem damit, dass Sie diesen Gesetzentwurf als Fraktionen eingebracht haben. Ich habe ein Problem damit, dass wir im Kultusausschuss immer darauf gedrungen haben, eine öffentliche Verbandsanhörung durchzuführen, und Sie das den über 30 Bildungsverbänden in diesem Land nicht zugestehen wollen. Das ist der Unterschied. Das ist auch der Unterschied, warum Sie nur von Dialog reden, ihn aber nicht pflegen.
Dann sprechen Sie davon, dass im Wettbewerb gleiche Rahmenbedingungen gelten sollen. Sie stimmen mir doch sicherlich darin zu - darauf hätte sich auch meine Zwischenfrage bezogen -, dass man für eine dreizügige Gesamtschule nach Ihrem Entwurf weniger Schüler braucht als für eine Oberschule mit einem gymnasialen Zweig im Nachweis. Darin stimmen Sie mir sicherlich zu. Wie können Sie dann von gleichen Voraussetzungen reden?
In der Tat, das Gymnasium wird sich gegen die Gesamtschulen wehren können - davon gehe ich fest aus -, aber nicht unter der Prämisse, die sich abzeichnet, dass Sie Gesamtschulen bevorzugen wollen. Wenn Sie sagen, dass Gymnasien dasselbe Recht haben, mit der gleichen Ausstattung wie Gesamtschulen schon ab dem nächsten Schuljahr Ganztagsschulen zu werden, dann wäre das in der Tat ein erster Schritt zu gleichen Rahmenbedin
gungen. Aber ich glaube, dass Sie sich nicht trauen, diesen Schritt zu tun, weil sie wissen, dass die Gymnasien dann bessere Chancen haben als die Gesamtschulen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Korter, Sie haben sehr stark der Gesamtschule auf dem Lande das Wort geredet. Das deckt sich genau mit dem, was die Ministerin neulich in etwa so formuliert hat: Jedes Kind soll die Schule besuchen können, die es gerne besuchen möchte. - Ich gehe davon aus, dass sie dabei sicherlich auch an die Gesamtschulen gedacht hat, vielleicht sogar vorrangig.
Schauen wir uns einmal die Situation auf dem Lande an. Wir sprechen nicht davon, dass wir in einer Stadt fünf, sieben oder acht Gymnasien haben, die teilweise aus den Nähten platzen, wo eine Gesamtschule mehr oder weniger nicht ins Gewicht fällt, ja sogar die Schullandschaft bereichern kann. Denken Sie daran, dass wir zu CDU-Zeiten sehr viele Gesamtschulgründungen zugelassen haben.
Was aber ist, wenn es ein Gymnasium, das zweizügig ist und die Dreizügigkeit häufig nicht schafft, und eine Oberschule gibt, die zweizügig oder mit Mühe und Not dreizügig ist, und Sie dann eine, vielleicht vierzügige Gesamtschule gründen? - Ich sage Ihnen: Dann ist die Oberschule weg, und das Gymnasium ist auch weg.
Nun zu der Argumentation, der Schulträger vor Ort wisse das am besten. Wenn ich das schon höre! Wer ist denn der Schulträger? - Der Schulträger wird durch den Landkreis repräsentiert, allerdings nicht durch eine statische Verwaltung, sondern durch mehr oder weniger zufällige politische Mehrheiten, die sich alle fünf Jahre ändern.
Dann setzen Sie mit möglichen politischen Mehrheiten ein solches Gymnasium auf Dauer aufs Spiel. Sie beenden es sogar; denn fünf Jahre später kann man es nicht einfach wieder neu gründen. Das ist das Fatale an diesem Gesetzentwurf.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bertholdes-Sandrock, ich bin schon erstaunt, wie wenig Sie den kommunalen Schulträgern zutrauen. Und wenn Sie das Ergebnis der verfassungsrechtlich abgesicherten Kommunalwahlen dann auch noch als „zufällige politische Mehrheiten“ bezeichnen, kann ich mich darüber nur entsetzt äußern.
Ich weiß nicht, in was für einem Kreistag Sie agieren. Ich habe eigentlich andere Vorstellungen vom Kreistag in Lüchow-Dannenberg.
Nun komme ich zu den Fragen von Herrn Försterling. Oberschulen mit einem Gymnasialzweig und dreizügige Gesamtschulen werden zu ihrer Einrichtung annähernd gleiche Schülerzahlen brauchen.
Wenn sie dann auch noch gebundene Ganztagsschulen sind - die Oberschulen dürfen das sein -, gelten annähernd gleiche Bedingungen. In Zukunft werden sich Schulträger entscheiden können - und wir trauen ihnen durchaus kluge Entscheidungen zu -, ob sie eine Oberschule mit Gymnasialzweig einrichten wollen oder ob sie gleich eine Gesamtschule einrichten, wenn sie ein entsprechendes Konzept vorlegen und die Schülerzahlen nachweisen können.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen hat die Verbesserung der Bildungsqualität und die Sicherstellung der Bildungsgerechtigkeit in Niedersachsen zum Ziel. Dabei spielt die Gesamtschule sicherlich auch eine wichtige Rolle. Viele Eltern wünschen sich, den Bildungsweg ihrer Kinder so lange wie möglich offenzulassen. Dies beweisen die hohen Anmeldezahlen an den Integrierten Gesamtschulen in den vergangenen Jahren in Niedersachsen. Bei diesen Gesamtschulen überstiegen die Anmeldezahlen häufig die Aufnahmekapazitäten, sodass viele Schülerinnen und Schüler keinen Schulplatz an einer Gesamtschule gefunden haben und gezwungenermaßen auf eine andere Schulform ausweichen mussten.
Die Integrierte Gesamtschule bietet die Möglichkeit, die individuellen Bildungswege ihrer Schülerinnen und Schüler ohne frühzeitige Festlegung entwicklungsbezogen zu gestalten. Mit ihrem spezifischen Ganztagsangebot erhalten die Schülerinnen und Schüler ein fach- und leistungsbezogenes Schulangebot, das ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten fördert und herausfordert.
Meine Damen und Herren, die Schulzeit muss der Entwicklung eigenständiger und selbstbewusster Persönlichkeiten gerecht werden. Deshalb ist es - neben den organisatorischen Änderungsvorschlägen, die in den letzten Wortbeiträgen sehr intensiv diskutiert worden sind - eine gute und vernünftige Entscheidung, den Stress, den das Abitur nach 12 Jahren bei vielen Schülerinnen und Schülern erzeugt, wieder aus den Integrierten Gesamtschulen und den nach Schuljahrgängen gegliederten Kooperativen Gesamtschulen herauszunehmen. Wir wollen bei diesen Gesamtschulen wieder das Abitur nach 13 Schuljahren einführen. Die Gründe hierfür ergeben sich auch aus dem Bildungsauftrag der Gesamtschulen selbst.
Im Übrigen ist es interessant, dass sich in der Debatte, die bisher zu diesem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen geführt worden ist, die Red
nerinnen und Redner der CDU und der FDP ausschließlich zu der Frage der Zügigkeit von Gesamtschulen geäußert haben. Zu der Frage der Dauer des Abiturs an diesen Gesamtschulen haben sie nicht eine Silbe gesagt.
Schließlich ist der Grund, aus dem eine Änderung des Schulgesetzes, also eine gesetzliche Änderung, die wir hier in diesem Haus diskutieren müssen, notwendig ist, die Änderung der Schulzeit, nicht die Änderung der Zügigkeit. Die Zügigkeit hätten wir ganz normal auch über eine Verordnung ändern können, meine sehr verehrten Damen und Herren.