Darum, meine Damen und Herren, stehen wir als CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag zu dem in Berlin zwischen CDU, CSU und SPD gefundenen Kompromiss. Wir unterstützen die Bundesregierung darin, eine Regelung auf den Weg gebracht zu haben, die vielen Tausend jungen Menschen in Deutschland helfen wird. Das ist gute Politik für die Menschen in unserem Land!
Vorne weg, Herr Focke, die kurze Frage: Wovon träumen Sie eigentlich nachts, wenn Sie sagen, dass wir als SPD hier isoliert seien? - Drei Fraktionen sind für diesen Antrag. Die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe hat einstimmig empfohlen, diesen Antrag im Plenum unverändert zu verabschieden. Sie sagen aber, wir seien isoliert. Also wirklich, Herr Focke: Gucken Sie einmal in den Spiegel! Sie sind es, der isoliert ist, und nicht wir.
Der nächste Punkt ist: Natürlich streiten wir. Politik besteht, wenn man Koalitionsverträge schließt - das wissen Sie auch selbst -, natürlich aus Kompromissen. Das ist nun einmal ein Kompromiss. Ich hätte es am liebsten, wenn ab dem Jahr 2018 alle 40 000 - das ist übrigens auch Beschlusslage und wird auch heute breit getragen - ein für alle
Mal vom Optionszwang freigestellt würden. Ihre Partei aber ist es, die die 4 000 verbleibenden immer noch in die Geiselhaft des Optionszwangs nehmen will. Das muss auch einmal gesagt werden.
Uns dann vorzuwerfen, wir würden in dieser Hinsicht nicht ehrlich Politik betreiben, ist wirklich eine Unverschämtheit. Das sage ich Ihnen ganz offen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, ich muss Ihnen wirklich sagen: Ich kann immer noch nicht nachvollziehen - und das meine ich mit „Isolation“ -, wie es die SPD in Niedersachsen hinbekommt, dass die niedersächsischen Landtagsabgeordneten etwas anderes entscheiden als ihre Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag. Das ist doppelzüngig, was Sie hier machen!
(Beifall bei der CDU - Johanne Mod- der [SPD]: Vielleicht haben wir eine eigene Meinung! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Un- ruhe - Glocke der Präsidentin)
Ich sage Ihnen: Wie wollen Sie z. B. den Mitgliedern der Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe erklären, dass die SPD hier im Niedersächsischen Landtag so abstimmt, aber dort, wo das Gesetz gemacht wird, nämlich im Deutschen Bundestag, anders abstimmt. Das ist nicht in Ordnung, was Sie machen! Das ist nicht gradlinig!
Zu den verbleibenden 4 000, die Sie erwähnt haben, Herr Kollege: Das Gesetz beinhaltet auch eine Härtefallregelung. Das heißt, alle jungen Menschen, die nicht unter die Regelungen des Gesetzes fallen, können beim örtlichen Ausländeramt dann, wenn sie nachweisen können, dass sie in Deutschland die entsprechenden Verbindungen geschaffen haben, unbürokratisch die Doppelstaatigkeit beantragen. Das steht im Gesetz als Härtefallregelung. Damit ist so gut wie allen geholfen. Das sollten Sie akzeptieren, nicht aber Ihren Kolle
Vielen Dank, Herr Focke. - Für die Landesregierung hat nun das Wort Herr Innenminister Pistorius. Bitte!
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf für ein geändertes Staatsangehörigkeitsrecht in diesem Monat beschlossen. Er wird nun abschließend dem Bundesrat zugeleitet und voraussichtlich im September abschließend beraten.
Ich mache keinen Hehl daraus: Ich bedauere, dass der Gesetzentwurf die eingegangenen Änderungswünsche und Anregungen aus den Ländern nicht berücksichtigt. Ich mache auch kein Geheimnis daraus: Natürlich hätten bzw. haben wir uns gewünscht, dass Mehrstaatigkeit generell ermöglicht wird und dass das Optionsverfahren in der Konsequenz komplett entfällt.
Meine Damen und Herren, ein Blick in Duden zeigt, was eine „Option“ ist: Eine Option ist eine Wahlmöglichkeit. Was ist dann eine Optionspflicht? - Eine Optionspflicht ist demnach die Pflicht, zwischen mehreren Dingen zu wählen. Allein an diesem verwirrenden Begriffsknoten sieht man schon, wie dieses diffuse, verworrene und eigentlich mehr vom politischen Kompromiss als von sonst irgendetwas getragene Modell seinerzeit zustande gekommen ist.
Meine Damen und Herren, es gibt aber auf der Bundesebene nun einmal andere Mehrheitsverhältnisse als in diesem Hohen Haus, und deshalb sind auch andere Kompromisse erforderlich. An die Verhandlungen kann ich mich gut erinnern. Ich erinnere auch daran, dass CDU und CSU auf Bundesebene am liebsten unverändert an der ursprünglichen Fassung des Optionsverfahrens festgehalten hätten.
Dementsprechend war auch der ursprüngliche Vorentwurf des zuständigen Bundesministeriums sehr restriktiv gehalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße vor diesem Hintergrund sehr, was wir von der Ausgangsposition aus, von der wir kamen, erreichen konnten. Nach dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf entfällt die Optionspflicht für mehr als 90 % der Betroffenen. Damit können wir wirklich sehr vielen Menschen aus ihrer Klemme helfen. Es müssen sich danach weniger als 10 % der Betroffenen für die eine und gegen die andere Staatsangehörigkeit entscheiden.
Lassen Sie mich auch sagen, meine Damen und Herren: Man sollte den Kompromiss, der nunmehr erreicht wurde, nicht kleinreden. Er ist gegenüber dem, was zunächst geplant war und von der CDUSeite gefordert wurde, wogegen wir anargumentieren mussten, ein sehr, sehr großer Schritt in die richtige Richtung.
Meine Damen und Herren, wir sollten nun dafür sorgen, dass das Gesetz unverzüglich in Kraft tritt und dann schnell umgesetzt wird. Je später das neue Gesetz wirksam wird, desto mehr Deutsche verlieren schließlich ihre Staatsangehörigkeit aufgrund der jetzt noch geltenden Regelungen. Das müssen wir verhindern!
Meine Damen und Herren, das Thema ist damit natürlich noch nicht erledigt. Der Gesetzentwurf enthält schließlich noch nicht alles, was wünschenswert wäre und was teilweise in dem vorliegenden Entschließungsantrag angesprochen wird.
Lieber Herr Focke, ich weiß ja, worauf Ihre Zwischenfrage im Zweifel abzielt. Meine Damen und Herren, lieber Herr Focke, wir sind nicht isoliert - wir sind die Speerspitze,
und zwar deshalb, weil wir ein anderes Politikverständnis haben. Wir verstehen unter Politik, dass Erreichtes immer wieder daraufhin überprüft werden muss, ob es besser gemacht werden kann.
Und wenn ein Kompromiss auf Bundesebene zu einem Ergebnis führt, mit dem man vorübergehend - das betone ich - und erst einmal leben kann, dann ist es Aufgabe von politisch Gestaltenden, sich darüber Gedanken zu machen, wie man dieses Ergebnis verbessern kann. Genau darauf zielt unsere politische Initiative ab: immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Ablehnung von Mehrstaatigkeit anachronistisch ist und in den Mülleimer der Geschichte gehört, meine Damen und Herren.
Unser Ziel bleibt weiterhin - um das noch abschließend zu sagen - eine Regelung für Altfälle, also für die Menschen, die in der Vergangenheit die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben. Auch diese Betroffenen sollen so wenig wie möglich mit Vorlagepflichten belastet werden.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, nachdem Sie gesagt haben, dass der Gesetzentwurf, der ein Kompromiss ist, jetzt vorliegt und schnell in Kraft treten soll, frage ich Sie: Wie wird Niedersachsen im Bundesrat dazu abstimmen?