Protocol of the Session on July 23, 2014

2002 haben FDP und CDU einen katastrophalen Haushalt übernommen - Herr Schneider als damaliger Leiter der Staatskanzlei wird das noch wissen -: 2,95 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme.

Dieser Haushalt - der übrigens mit einem Fehlbetrag von 233 Millionen Euro abgeschlossen hatte, den wir dann auch noch zu decken hatten - hatte einen negativen Finanzierungssaldo von - man höre und staune! - 3,86 Milliarden Euro. Das war das höchste Haushaltsdefizit, das wir in Niedersachsen jemals hatten. Diese Bilanz haben wir vorgefunden.

Dann haben wir zehn Jahre lang engagiert aufgeräumt, ausgefegt und modernisiert.

(Detlef Tanke [SPD]: Schulden ge- macht!)

Wir haben die Nettokreditaufnahme um 80 % gesenkt - von 2,95 Milliarden Euro auf 620 Millionen Euro -, und wir haben das strukturelle Defizit auf 749 Millionen Euro im Jahr 2012 gesenkt; 2013 lag es nur noch bei 564 Millionen Euro. Herr Tanke, das müssen Sie einmal realisieren.

(Detlef Tanke [SPD]: Sie haben Re- kordschulden gemacht, Herr Kollege! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Die CDU-geführte Landesregierung hat in der mittelfristigen Finanzplanung gegenüber der ursprünglichen Planung der SPD 1,8 Milliarden Euro eingespart. Die Abschaffung der Bezirksregierungen und die damit einhergehende Streichung von 6 700 Stellen führte zu Einsparungen von 260 Millionen Euro, Veränderungen bei Leistungsgesetzen und die Streichung freiwilliger Leistungen führten zu Einsparungen von 500 Millionen Euro, und die Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie die Kürzung der Beihilfe - da haben wir unseren Beamtinnen und Beamten einiges zugemutet - führten zu Einsparungen von 600 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, das ist tatkräftige Politik. Das, was Sie machen, ist es nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit dem Doppelhaushalt 2012/2013 haben Sie glänzende finanzielle Verhältnisse geerbt.

(Renate Geuter [SPD]: Auch wenn man es wiederholt, wird es nicht rich- tiger!)

Der im Mai 2013 veröffentlichte Abschluss des Haushaltsjahres 2012 war außerordentlich positiv. Er endete nicht nur mit einem ausgeglichenen Ergebnis, sondern hat Ihnen auch erhebliche Spielräume eröffnet.

(Ina Korter [GRÜNE]: Und Sie haben gar keine Schulden gemacht?)

Die vorgesehene Nettokreditaufnahme von 720 Millionen Euro wurde nur in Höhe von 189 Millionen Euro in Anspruch genommen. Die Allgemeine Rücklage wurde in Höhe von 85 Millionen Euro verschont. Außerdem hatten Sie in den Personalausgaben Luft in Höhe von 140 Millionen Euro.

Herr Finanzminister, Sie haben Handlungsspielräume übernommen

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Richtig!)

- nicht Lasten, sondern Handlungsspielräume! - in Höhe von 310 Millionen Euro.

(Beifall bei der CDU)

Diese Handlungsspielräume haben wir Ihnen aufgrund einer richtigen Haushaltsführung hinterlassen. Sie allerdings haben dann angefangen, diese Reserven zu verfrühstücken.

Die rot-grüne Landesregierung konnte im Doppelhaushaltsjahr 2013 erheblich mehr Einnahmen verbuchen. Damit konnte sie mehr Ausgaben tätigen, ohne dafür zusätzliche Schulden zu machen.

Sie haben sich ein Sondervermögen von 120 Millionen Euro gegönnt, ohne die Schulden zu erhöhen. Sie haben 70 Millionen Euro für die Anhebung der Beamtenbesoldung zahlen können, ohne die Schulden zu erhöhen. Sie haben 30 Millionen Euro an Landesmitteln für die Flutopferhilfe gewähren können, ohne die Schulden zu erhöhen. Und Sie haben 92 Millionen Euro für sonstige Umschichtungen zur Verfügung gehabt.

Das alles haben Sie aus unserer Finanzplanung heraus finanzieren können, die Sie für unseriös und für zu eng gestrickt gehalten haben, um die Schuldenbremse einzuhalten.

Zudem haben Sie einen glänzenden Jahresabschluss 2013 vorlegen können. Gegenüber den Planungen haben Sie 2013 436 Millionen Euro mehr eingenommen.

Und: 220 Millionen Euro Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögenswerten haben Sie gar nicht erst eingebucht. Hätten Sie sie eingebucht, hätten Sie die Nettokreditaufnahme absenken können. Sie hätten, wie der Landesrechnungshof angemerkt hat, die Einnahmereste aus den Krediten absenken können. Aber nein! Weil Sie das über die HanBG regeln können, haben Sie das kurzerhand in das Jahr 2014 verschoben. Damit

haben Sie jetzt eine freie Finanzmasse, die durch nichts gebunden ist.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ferner haben Sie darauf verzichten können, 283 Millionen Euro aus der Allgemeinen Rücklage zu entnehmen. Sie haben sogar 56 Millionen Euro als Polster einstellen können. 38 Millionen Euro haben Sie aus der Versorgungsrücklage nicht benötigt. Diesen Betrag hätten Sie entnehmen können; Sie haben ihn nicht entnommen.

Insgesamt haben Sie also 541 Millionen Euro aus geplanten Einnahmen aus Vermögensveräußerungen, aus Rücklagenentnahmen und aus sonstigen Dingen der Rücklage zuführen können. Das ist ein Polster von 597 Millionen Euro, meine Damen und Herren.

Das ist die Ausgangslage, die Sie vorgefunden haben. Aber trotz dieser Ausgangslange fühlen Sie sich immer noch zu kraftlos und zu mutlos, um einen entschiedenen Konsolidierungskurs zu fahren.

(Zuruf von Renate Geuter [SPD])

Die 220 Millionen Euro und die 597 Millionen Euro bilden einen Puffer von 817 Millionen Euro. Und das, Frau Geuter, sind in der Tat paradiesische Zustände! Ich wiederhole meinen Beitrag von heute Morgen: Sie haben paradiesische Zustände von uns übernommen und können damit nicht umgehen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In der Steuerschätzung vom Mai 2014 wird ebenfalls eine weitere positive Entwicklung aufgezeigt. Sie betrachten das alles als viel zu optimistisch, buchen aber mit diesen Zahlen. Gegenwärtig haben Sie der Steuerschätzung zufolge die Möglichkeit, im Zeitraum von 2014 bis 2017 bei den Steuereinnahmen 171 Millionen Euro Mehreinnahmen in die Kasse zu bekommen. Gegenüber den Steuereinnahmeplanungen der CDU-geführten Landesregierung in der mittelfristigen Finanzplanung 2012 bis 2016 betragen allein die kumulierten Steuermehreinnahmen 540 Millionen Euro. Um diesen Betrag stehen Sie also besser da, als es damals angenommen worden ist, weil wir damals den Worst Case geschätzt haben. Das sind für 2014 53 Millionen Euro, für 2015 226 Millionen Euro und für 2016 261 Millionen Euro. Zusammen sind das 540 Millionen Euro.

Ferner haben Sie erhebliche Einsparungen bei den Zinsen. Auch das kann ich Ihnen jährlich vorrechnen: Wenn Sie die Mipla 2013 bis 2017 mit der Mipla 2012 bis 2016 - also mit unserer letzten - vergleichen, kommen Sie bei den Zinsausgaben auf eine Entlastung von 704 Millionen über diese Jahre, nämlich 237 Millionen, 212 Millionen und 255 Millionen Euro.

Das sind Zustände, die es Ihnen ermöglichen sollten, nun endgültig mit dem Schuldenabbau anzufangen und diese Spielräume für Konsolidierungen zu nutzen.

Ich frage Sie, Herr Schneider: Wenn Sie vor dem Hintergrund dieser Zahlen nicht anfangen wollen zu konsolidieren, wann wollen Sie es dann tun? Die gesamte Haushaltsentlastung im Zeitraum 2014 bis 2016 beträgt 1,2 Milliarden Euro, wenn ich alles zusammenrechne, was ich Ihnen eben vorgetragen habe, nämlich Steuermehreinnahmen und Zinsminderausgaben kumuliert.

Nutzen Sie die Chance! Wenn Sie jetzt nicht anfangen wollen, wann wollen Sie dann anfangen? Sie werden im rundblick vom 22. Juli zitiert - ich lese vor -:

„Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, mit dem vorhandenen Geld auszukommen. Wenn es alle ist, muss man eben Grenzen einziehen. Das ist wie in jedem privaten Haushalt.“

Herr Finanzminister, dann machen Sie es doch auch! Dann fangen Sie doch damit an! Äußern Sie sich nicht einerseits so und bringen andererseits Mehrausgaben auf den Weg!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Renate Geuter [SPD]: Sie for- dern doch immer weitere Ausgaben!)

- Frau Geuter, Sie handeln unambitioniert. Wenn Sie in den nächsten Jahren die Nettokreditaufnahme um jeweils 120 Millionen Euro absenken wollen, dann sind das kleine Trippelschritte. Wir haben mit 250 Millionen Euro je Jahr mutige Schritte gemacht.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Wir haben jede Mehreinnahme - ich erinnere an die 855 Millionen Euro - genutzt, um die Nettokreditaufnahme abzusenken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Senken Sie doch jetzt mithilfe dieser Spielräume die Nettokreditaufnahme ab, anstatt eine Kriegs

kasse anzulegen, die Sie für Wahlkampfzeiten benutzen wollen!

Dann ist der Rechnungshof Ihnen auf die Spur gekommen. Die einzige Antwort, die Sie darauf haben, ist nicht, endlich auf diese Kreditaufnahmen zu verzichten. Nein! Die einzige Antwort ist, das Recht zurechtzubiegen, damit Sie weiter Ihre Verschuldung nutzen und Schuldenpolitik machen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unser letzter Appell, den ich hier an Sie richten will: Nutzen Sie wenigstens diese 220 Millionen Euro, die in der Kasse sind, die Sie aus der NORD/LB-Transaktion, die nicht in den Abschluss des letzten Jahres gekommen ist, frei haben! Nutzen Sie wenigstens diese Summe, um die Nettokreditaufnahme abzusenken; denn sonst haben Sie auch noch die für die Kriegskasse! Und eines Tages werden Sie erklären müssen, was alles Sie damit vorhaben. Fangen Sie endlich an zu konsolidieren! Hören Sie auf, diese Verschuldungspolitik fortzusetzen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Brinkmann das Wort. Bitte!