Denken wir einmal in Ihrer Argumentation weiter: Wenn wir jede Wahl abschaffen, bei der die Wahlbeteiligung nicht zufriedenstellend ist - was machen wir dann irgendwann? Werfen wir dann im Extremfall eine Münze zur Bestimmung der Bürgermeister?
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Mechthild Ross- Luttmann [CDU]: Das ist jetzt völlig unsachlich!)
Es gibt aktuell auch positive Beispiele. Ich möchte mit der Zustimmung des Präsidiums aus einem Spiegel-Online-Artikel vom 10. März 2013 zitieren. Die Überschrift lautet: „Stichwahl in Wiesbaden: SPD-Kandidat schlägt CDU-Oberbürgermeister“.
Noch einmal Gratulation an Sven Gerich nach Wiesbaden von hier aus! Dort lag die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl bei 34,1 %, vorher bei 33,6 %.
Das ist nicht zufriedenstellend, im Ganzen nicht. Da sind auch Sie und wir alle als Parteien gefragt, Menschen dazu zu motivieren, in der Politik, in Parteien und bei demokratischen Wahlen aktiv und passiv mitzumachen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: 34 %! Das ist doch erschre- ckend!)
Um die Argumentation der CDU-Fraktion zu verstehen und nachzuvollziehen, ist die folgende Information ganz wichtig - auch das steht in diesem netten Artikel -: „Jetzt“ - nämlich nach der Wahl in Wiesbaden - „sind in deutschen Großstädten nur noch vier CDU-OBs übrig.“ Tendenz negativ!
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Was hat das mit der Stichwahl zu tun?)
- Ich sage Ihnen gleich, was das damit zu tun hat. Das erklärt nämlich die Angst der CDU vor solchen Wahlen.
Liebe Freundinnen und Freunde, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, halb gezweifelt ist schon voll verloren.
(Ulf Thiele [CDU]: Das heißt im Um- kehrschluss: Sie machen das doch aus parteipolitischen Gründen!)
Sie müssen sich einfach den Städten öffnen, gerade den Großstädten. Sie müssen großstadttauglich und moderner werden und sich inhaltlich erneuern.
Wir haben wieder einen aktuellen Fall, nämlich Hannover. Da darf es natürlich nicht so laufen wie in Hannover mit dem Kandidatenkarussell, das es da gab. Erst hieß es, Aygül Özkan macht es. Dann war sogar Herr David McAllister kurz im Gespräch.
Aber was macht man in der größten Not und in einer schlimmen Situation? - Man ruft entweder einen Arzt, oder man nimmt sich einen Anwalt. So hat es die CDU in diesem Fall getan.
Ich bin ja nicht Ihr Wahlkampfberater; das geht mich auch nichts an. Aber ich kann Ihnen schon jetzt prophezeien: Mit solch einer Taktik hilft Ihnen auch die Abschaffung der Stichwahl nichts. Da geht gar nichts. Damit gewinnt man keinen Blumentopf, auch nicht in Hannover.
Jetzt kommt der Versuch, quasi über das Hintertürchen, ohne Stichwahl an der demokratischen Legitimation vorbei in das OB-Amt hineinzuschlängeln. Aber das wird mit uns nicht gehen!
Herr Kollege Onay, es liegt in der Natur der Sache, dass Sie nicht auf allen Seiten des Hauses mit den von Ihnen vertretenen Inhalten Begeisterungsstürme ausgelöst haben. Aber ich darf auch Ihnen zu Ihrer ersten Rede vor diesem Haus gratulieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einleitend eine Bemerkung machen, die mir als langjährigem Oberbürgermeister und Kommunalpolitiker auf den Nägeln brennt: Bei allem Verständnis für den Streit um die Frage „Stichwahl, ja oder nein?“ sollten wir uns nicht dazu versteigen, uns gegenseitig ein falsches oder unzureichendes Demokratieverständnis zu attestieren, weil der eine sie ablehnt und der andere sie will.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das war klar an den Koalitionspartner gerich- tet!)
In vielen Bundesländern wird unterschiedlich darüber diskutiert. Das ist legitim, das ist in Ordnung. Die rot-grüne Landesregierung und die Mehrheit der sie tragenden Fraktionen haben da eine andere Auffassung als die Opposition. Auch das ist normal und legitim. Lassen Sie uns also mit dem nötigen Respekt unter Demokraten sachlich darüber streiten, meine Damen und Herren!
Vor zweieinhalb Jahren haben die damaligen Regierungsfraktionen hier im Niedersächsischen Landtag einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Stichwahl eingebracht. Ich darf daran erinnern, dass sich zwei der drei kommunalen Spitzenverbände schon damals sehr eindeutig für die Beibehaltung der Stichwahl ausgesprochen haben. Übrigens hat keiner der beiden das Kostenargument bemüht, wenn ich das an dieser Stelle erwähnen darf. Keiner hat gesagt „Wir wollen sie behalten, obwohl sie Geld kostet“, sondern man hat gesagt, man wolle sie behalten, um die Legitimation einer Wahl zu stärken.
Der einzige Verband, der sich damals anders geäußert hat, war der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund. Er hat aber in den letzten Tagen in einem Schreiben an die Mitglieder mitgeteilt und mir zur Kenntnis gegeben, dass man keine grundlegenden Einwendungen gegen eine Wiedereinführung der Stichwahl hat und erheben wird. Von daher sind jetzt alle drei bei diesem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen im Boot. Ich finde, das ist sehr erfreulich, meine Damen und Herren.
Ich füge hinzu: Wenn dann auch noch der Bund der Steuerzahler in einer Pressemitteilung erklärt, dass er keine Einwände hat, weil er findet, dass mehr Demokratie auch ein bisschen kosten darf, dann, so finde ich, haben wir alle wichtigen Akteure im Boot.
siert wird, wie das Verfahren jetzt aufgestellt ist - in einem sehr beschleunigten Verfahren abgeschafft, mehr oder weniger innerhalb weniger Wochen. Die Spekulationen darüber will ich hier nicht aufgreifen; sie sind gerade in den Wortbeiträgen zum Ausdruck gebracht worden. Bereits damals haben die Fraktion der SPD und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Verlust bzw. die Schwächung der demokratischen Legitimation der Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten scharf kritisiert und angekündigt, diese Fehlentscheidung bei nächster Gelegenheit rückgängig zu machen. Diese Gelegenheit ist nun erfreulicherweise gekommen, meine Damen und Herren.
Deswegen freut sich die Landesregierung, insbesondere der Innenminister, sehr, dass sich diese Gelegenheit jetzt bietet. Mich freut besonders, dass es den Regierungsfraktionen so schnell gelungen ist, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Stichwahl in Niedersachsen wieder eingeführt werden kann. Meine Damen und Herren, das ist schnelle, effektive Arbeit von Regierungsfraktionen!
Damit wird - das ist schon deutlich geworden - bereits ein erstes Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Das ist gut, und das ist richtig.
Noch viel wichtiger ist aber, dass die demokratische Legitimation der Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten und damit die kommunale Demokratie in Niedersachsen ein Stück weit weiter gestärkt werden. Es ist schon in Erinnerung gerufen worden: Schon im vergangenen Jahr hat der jetzige Ministerpräsident für den Fall eines Regierungswechsels in Niedersachsen angekündigt, dass es bei der Neuwahl eines neuen Oberbürgermeisters oder einer neuen Oberbürgermeisterin in der Landeshauptstadt Hannover am 22. September dieses Jahres wieder eine Stichwahl geben soll.