Protocol of the Session on June 26, 2014

Ebenfalls Geburtstag hat die leider krankheitsbedingt immer noch abwesende Abgeordnete Julia Willie Hamburg.

(Beifall)

Ich wünsche beiden im Namen des ganzen Hauses insbesondere Gesundheit und Wohlergehen für das vor ihnen liegende neue Lebensjahr.

Ich darf hinzufügen, dass wir berechtigte Hoffung haben, dass Frau Hamburg demnächst wieder in unsere Runde, in dieses Haus zurückkehrt.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 18 - Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Ich will schon jetzt einen besonderen Hinweis geben: Da sich die Zeit, in der wir in diesem Plenarsaal tagen, dem Ende nähert - im Juli werden wir zum letzten Mal hier tagen -, besteht seitens der Presse Bedarf an einem schönen Foto, am besten

von uns allen. Ich wäre dankbar, wenn hier gegen 12 Uhr eine hohe Anwesenheit bzw. Vollzähligkeit gegeben wäre; denn dann wird der sitzungsleitende Präsident Sie bitten, kurz aufzustehen und sich umzudrehen, damit von der Pressetribüne ein schönes Foto vom Parlament und von den Parlamentariern geschossen werden kann. Bis 12 Uhr können Sie sich also noch in jeder Hinsicht fit machen.

Meine Damen und Herren, die heutige Sitzung soll - nach dem für die Tagesordnung beschlossenen Plan - gegen 18.10 Uhr enden. Ich setze alle Hoffnung in Sie, dass aus „18.10 Uhr“ „spätestens 17.45 Uhr“ wird.

(Beifall)

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Rakow mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Finanzminister Peter-Jürgen Schneider bis ca. 16 Uhr und Frau Sozialministerin Cornelia Rundt ab 11 Uhr, von der Fraktion der SPD Frau Kathrin Wahlmann, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Julia Willie Hamburg und von der Fraktion der FDP Frau Almuth von BelowNeufeldt. Von der Fraktion der CDU sind alle wohlbehalten vorhanden.

(Heiterkeit)

Danke schön, Frau Rakow. - Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 18: Dringliche Anfragen

Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise - wie üblich - darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich gehe nun über zu

a) Wie viele Dienstwagenaffären hat die Regierung Weil? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/1653

Diese Anfrage wird vom Kollegen Jens Nacke eingebracht. Herr Kollege Nacke, Sie haben das Wort. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion richtet folgende Dringliche Anfrage an die Regierung:

Wie viele Dienstwagenaffären hat die Regierung Weil?

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung schrieb am 31. März 2014 unter der Überschrift „Die Paschedag-Lektion“: „Verlasse Dich nicht darauf, dass Deine Untergebenen Dich notfalls vor einem schweren Fehler bewahren. Sie erwarten, dass Du kleine Hinweise ausreichend würdigst! Udo Paschedag wollte unbedingt einen Audi A8 als Dienstwagen - obwohl die Autorichtlinie des Landes für ihn maximal einen A6 vorsah.“ Im Artikel heißt es ferner: „Wenige Wochen später war Paschedag abgelöst, gestürzt über eine Krise, die sich wegen des Verstoßes gegen ein paar ungeschriebene Regeln so zugespitzt hatte.“

Die Zeitung Neues Deutschland berichtete am 8. April 2014 unter der Überschrift „Ein Audi A6 mal eben auf Rezept - Niedersachsen hat ein neues Dienstwagenproblem“: „Déjà-vu in Niedersachsen: Noch ist die Affäre um den Audi A8 des ehemaligen Agrar-Staatssekretärs Udo Paschedag nicht vergessen. Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) hatte den grünen Spitzenbeamten gefeuert, war doch dessen Bestellung des Autos, das er wegen seines Rückenleidens haben wollte, nicht klar als Ausnahme genehmigt worden. Nun will der Landesbeauftragte für die Region Braunschweig, Matthias Wunderling-Weilbier (SPD), in den Genuss eines Ausnahme-Dienstwagens kommen. Wieder geht es um einen höherklassigen Audi.“

Am 10. Mai 2014 berichtete die Neue Presse unter der Überschrift „Untreue. Chef der Landesschulbehörde unter Verdacht“: „Als Ulrich Dempwolf am vergangenen Mittwoch zu seinem Dienst als Leiter der Landesschulbehörde kam, erwartete ihn eine faustdicke Überraschung. An diesem Tag melde

ten sich bei ihm Ermittler von Staatsanwaltschaft und Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Lüneburg. Es geht um den Verdacht, dass Dempwolf den Dienstwagen seiner Behörde für private Zwecke veruntreut hat - ein Vorwurf, den Dempwolf in diesem Moment das erste Mal hörte.“

Am 31. Mai 2014 berichtete die Nordwest-Zeitung unter der Überschrift „Ex-Polizeichef soll aus Dienst entfernt werden“: „Neue Verdachtsmomente gegen den früheren Inspektionsleiter von Wilhelmshaven/Friesland. Dem Leitenden Polizeidirektor Hans-Henning von Dincklage werden Unregelmäßigkeiten bei der Nutzung von Dienstfahrzeugen vorgeworfen. Auch Steuervorwürfe werden überprüft. Der ehemalige Polizeichef der Inspektion Wilhelmshaven/Friesland soll vollständig aus dem Dienst ausscheiden. Das bestätigte am Freitag eine Sprecherin der Polizeidirektion Oldenburg auf Anfrage der NWZ. Gegen Hans-Henning von Dincklage, der bereits im April 2013 seines Amtes in Wilhelmshaven enthoben wurde, seien im Verlaufe der staatsanwaltlichen Ermittlungen neue Erkenntnisse bekannt geworden, ergänzte die Sprecherin, ohne weitere Einzelheiten mitzuteilen. Nach Informationen der NWZ geht es dabei nicht mehr nur um den Vorwurf, dass der Leitende Polizeidirektor in erheblichem Umfang dienstliche Fahrzeuge einschließlich Fahrer missbräuchlich genutzt haben soll. Jetzt haben die Ermittler offenbar zusätzlich entsprechende Hinweise überprüft, nach denen von Dincklage darüber hinaus die ihm vorgeworfenen Missbrauchsfahrten in einem Dienstwagen noch von der privaten Steuer als angebliche Dienstfahrten im Privatwagen abgesetzt haben soll.“

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete am 11. Juni 2014 unter der Überschrift „Staatsanwalt in Hannover geht gegen die Handwerkskammer vor“: „In der Dienstwagenaffäre der Handwerkskammer Hannover hat die Staatsanwaltschaft am Dienstag Unterlagen in den Räumen der Kammer beschlagnahmt. Sie beschuldigt Hauptgeschäftsführer Jens-Paul Ernsting und Ehrenpräsident Walter Heitmüller der Untreue zulasten der Mitglieder. ,Es besteht der Verdacht, dass unzulässige Privatfahrten mit einem Dienstwagen verschleiert wurden’, sagte Staatsanwältin Kathrin Söfker.“ In dem Artikel heißt es ferner: „Im Vordergrund der Ermittlungen steht der Verdacht, dass sich Heitmüller und Ernsting mit einem S-KlasseMercedes, der ausschließlich für dienstliche Zwecke genutzt werden durfte, zu privaten Terminen

haben fahren lassen - etwa zu Mitgliedertreffen der Rotarier.“

Es gibt Hinweise darauf, dass es ähnliche Verdachtsfälle in weiteren Landesbehörden bzw. der Aufsicht des Landes unterliegenden Einrichtungen geben soll.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie viele und welche staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren und/oder Disziplinarverfahren gibt es zurzeit in Niedersachsen wegen des Verdachts auf Straftaten und/oder Dienstvergehen im Zusammenhang mit der Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen durch Bedienstete des Landes bzw. durch Bedienstete von Einrichtungen, die der Aufsicht des Landes unterliegen?

2. In wie vielen und welchen Fällen bestanden oder bestehen Verdachtsmomente bzw. Anhaltspunkte hinsichtlich einer gegen die Kfz-Richtlinie des Landes verstoßenden bzw. sonst rechtswidrigen Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen durch Bedienstete des Landes bzw. Bedienstete von Einrichtungen, die der Aufsicht des Landes unterliegen - insbesondere hinsichtlich einer Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen zu privaten Zwecken, wie z. B. für Fahrten von der Wohnung bzw. dem Bahnhof zur Dienststelle oder für Fahrten zu Mitgliedertreffen bzw. Veranstaltungen von Serviceclubs?

3. In wie vielen und welchen Fällen, in denen Verdachtsmomente bzw. Anhaltspunkte für eine gegen die Kfz-Richtlinie des Landes verstoßende oder sonst rechtswidrige Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen durch Bedienstete des Landes bzw. von der Aufsicht des Landes unterstehenden Einrichtungen bestanden oder bestehen, ist bislang kein Disziplinarverfahren eingeleitet und/oder keine Strafanzeige/kein Strafantrag gestellt worden?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Pistorius. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um gleich zu Beginn auf die von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, gewählte Überschrift der Dringlichen Anfrage einzugehen und die Spannung ein wenig

wegzunehmen: Bei den festgestellten Sachverhalten liegen die Tatzeiträume weit überwiegend vor 2013 und fallen somit in die Zeit Ihrer Regierungsverantwortung. Interessanter ist daher eigentlich die Frage: Wie viele Dienstwagenaffären hatte die Regierung McAllister?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die derzeitige Landesregierung steht vielmehr für eine konsequente Aufklärung. Sie wird auch zukünftig Anhalts- und Verdachtspunkten äußerst sorgfältig nachgehen.

Meine Damen und Herren, die Beschaffung und die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen sind in der am 11. Mai 2012 neu gefassten und am 11. Juni 2012 in Kraft getretenen Kfz-Richtlinie des Landes geregelt. Bis zur Neufassung galten für die Beschaffung von Dienstkraftfahrzeugen Kaufpreisgrenzen. Für die in Nr. 2 der bisherigen Kfz-Richtlinie vom 4. Oktober 2002 aufgeführten Personen konnten Dienstkraftfahrzeuge innerhalb dieser Kaufpreisgrenzen beschafft werden. Die übrigen Dienstkraftfahrzeuge waren in der für den Dienstbetrieb unabweisbar notwendigen Anzahl und Ausführung zu beschaffen.

Die Neufassung der Kfz-Richtlinie vom 11. Mai 2012 sieht für die Beschaffung von Dienstkraftfahrzeugen Fahrzeugklassen gemäß der Einteilung in Fahrzeugklassen durch das Kraftfahrtbundesamt unter Aufführung der Berechtigten vor. Danach wird nach Nr. 2.2 der Richtlinie als unbedingt erforderliche Aufführung anerkannt: für die Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten sowie die Ministerinnen und Minister zur alleinigen und uneingeschränkten Benutzung für sämtliche Dienstfahrten je ein Fahrzeug der „Oberklasse“, z. B. ein Audi A8, für die Präsidentin oder den Präsidenten des Staatsgerichtshofs, die Präsidentin oder den Präsidenten des Landesrechnungshofs, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre zur alleinigen und uneingeschränkten Nutzung für sämtliche Dienstfahrten je ein Fahrzeug der „oberen Mittelklasse“, z. B. ein Audi A6.

Für die übrigen zu beschaffenden Dienstkraftfahrzeuge sind die „Oberklasse“ und die „obere Mittelklasse“ - wie eben beschrieben - ausgeschlossen.

Hinsichtlich der privaten Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen ist durch die Neufassung der Kfz

Richtlinie keine inhaltliche Abweichung gegenüber der alten Fassung eingetreten.

Die vorstehend genannten Personen dürfen nach Nr. 6 der Kfz-Richtlinie Dienstkraftfahrzeuge für Privatfahrten innerhalb des Bundesgebiets einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Dienststätte nutzen. Bei der Nutzung für Privatfahrten außerhalb des Bundesgebiets ist eine kilometerbezogene Entschädigung zu zahlen.

Für regelmäßige Fahrten zwischen Wohnung und Dienststätte dürfen Dienstkraftfahrzeuge genutzt werden von der Oberfinanzpräsidentin oder dem Oberfinanzpräsidenten, der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landespräsidiums für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz - so hieß das früher - und der Verfassungsschutzpräsidentin oder dem Verfassungsschutzpräsidenten sowie den Behördenleiterinnen und Behördenleitern in besonders begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung der zuständigen Obersten Landesbehörde und schließlich von Schwerbehinderten, deren Behinderung die Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel oder das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht zumutbar erscheinen lässt.

Nach Nr. 14 der Kfz-Richtlinie können für besondere Bereiche die zuständigen Obersten Landesbehörden mit Zustimmung des Finanzministeriums abweichende Regelungen treffen. Soweit eine Ausnahme nicht erteilt wurde, sind abweichende Nutzungen von Dienstkraftfahrzeugen unzulässig.

Die missbräuchliche Nutzung von Dienstfahrzeugen kann straf- und natürlich auch disziplinarrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen. Für die Einleitung und die Durchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist nach § 152 Abs. 2 StPO mindestens der Anfangsverdacht einer Straftat erforderlich. Der Anfangsverdacht muss insoweit auf konkreten Tatsachen beruhen.

Erfolgt eine unzulässige Nutzung des Dienstkraftfahrzeugs für Privatfahrten oder erfolgt die Nutzung ohne Vorliegen der erforderlichen Einwilligung der zuständigen Obersten Landesbehörde, kann der Tatbestand der Untreue gemäß § 266 Strafgesetzbuch erfüllt sein.

Gemäß § 18 Abs. 1 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes hat die Disziplinarbehörde ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen - es sei denn, ein Maßnahmeverbot steht entgegen oder eine Disziplinarmaßnahme erscheint nicht ange