Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe jetzt anwesende Frau Staatssekretärin Honé! Es war Donnerstag vergangener Woche, 10 Uhr: Ca. 200 Personen hatten sich im Oldenburger Landtag versammelt, um Herrn Bernhard Ellberg, den langjährigen Leiter des LGLN Oldenburg, in die verdiente Altersteilzeit zu verabschieden: Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter, Landräte, Bürgermeister, Vertreterinnen und Vertreter anderer Behörden, Menschen eben, die Verantwortung tragen für eine Region in
Niedersachsen und die das tun konnten, weil CDU- und FDP-geführte Landesregierungen ganz bewusst Aufgaben der Landesverwaltung in Niedersachsen dezentralisiert, Verantwortung und Kompetenzen delegiert und damit erhebliche regionalökonomische Effekte ausgelöst haben.
Meine Damen und Herren, wir wollen diese wichtigen Kompetenzzentren in der Fläche erhalten. Wir wollen, dass 3 200 hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin die Kommunen u. a. bei der Einwerbung von EU-Fördergeldern, bei der Dorferneuerung oder auch bei der Flurbereinigung unterstützen. Wir wollen einen kompetenten Dienstleister für Geoinformation in der Fläche erhalten, und das 14-mal in Niedersachsen mit Leitungsfunktionen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es mit einer Landesregierung zu tun, die diese Kompetenz der Fläche entziehen will und in die vier Ämter für Regionale Landesentwicklung verlagern wird. Wir haben es mit einer Landesregierung zu tun, die einen falschen räumlichen Zuschnitt gewählt hat. Deutlich wird das durch eine Aussage eines Unternehmers aus dem Landkreis Diepholz, der gesagt hat - nachzulesen im Weser-Kurier - „Von Twistringen aus gesehen ist Hildesheim eher Peripherie“.
Meine Damen und Herren, Regionalentwicklung aus einem Guss ist so nicht mehr möglich. Das Chaos der Zuständigkeiten ist schlimm. Ich nenne Ihnen auch ein Beispiel. Dieses Beispiel ist Verden. Verden war einst Standort einer Regionaldirektion unter eigenständiger Führung. Jetzt wird es zerschlagen. Das Amt für Landesentwicklung wird dem Landesbeauftragten in Lüneburg unterstellt. Das Katasteramt wird mit dem Katasteramt Sulingen zusammengeführt und fällt damit in den Verwaltungsbezirk Leine-Weser.
Ich nenne Ihnen ein anderes Beispiel. Gleich zwei Landesbeauftragte sind für Südniedersachsen zuständig. Deswegen richtet die Staatskanzlei ein zusätzliches Projektbüro „Südniedersachsen“ ein, wahrscheinlich um die beiden Landesbeauftragten, Herrn Wunderling-Weilbier und Frau Beckmann, zu koordinieren, oder, wie die Staatskanzlei es zu formulieren wagt, um das strategische Controlling über die Arbeit des Büros zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Chaos allenthalben. Das löste nicht nur am 19. Juni in Oldenburg nur noch Kopfschütteln aus.
Herr Ministerpräsident, es ist schon spannend, wenn Sie nicht genug Mumm haben, dieses Gesetz selber einzubringen, wenn Sie nicht den Mumm haben, sich selber zu erklären.
Übrigens: Nach meinem Kenntnisstand, lieber Herr Kollege Siebels, hat Frau Honé z. B. darauf gedrängt, in die Fraktion zu kommen - und hat dann die Termine abgesagt. Wahrlich: Wir weinen nicht, wenn sie nicht kommt, aber wir halten es für einen Affront gegenüber dem Parlament und dem Parlamentarismus, wenn weiter so verfahren würde.
Meine Damen und Herren, kommen wir noch einmal zu Hildesheim. In Hildesheim müssen allein über 5 Millionen Euro für zusätzliche Mieten aufgebracht werden. In der Dorferneuerung, liebe Kolleginnen und Kollegen, würden damit nach Erfahrungswerten bis zu 40 Millionen Euro an Investitionen ausgelöst werden. Das wäre Strukturförderung für Südniedersachsen, wie wir sie uns in der CDU vorstellen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich gestehe Ihnen gerne zu, dass auch Sie nicht alle Regionen in Niedersachsen kennen können. Ich freue mich, dass Sie den Menschen aber auch sagen, dass Sie zuhören wollen. Nur: Zuhören allein reicht nicht. Agieren Sie! Handeln Sie! Greifen Sie auf, was andere Menschen Ihnen sagen! Und vor allen Dingen: Greifen Sie auf, was am 19. Juni im Oldenburger Landtag wirklich Thema war!
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist so beschlossen.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 17/1566 folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/824 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen liegen nicht vor. Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 6 und 7 auf, die vereinbarungsgemäß zusammen behandelt werden sollen:
Tagesordnungspunkt 6: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP - Drs. 17/1572 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 17/1633
Tagesordnungspunkt 7: Erste (abschließende) Beratung: Änderung der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1630 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP - Drucksache 17/1670
Zu Tagesordnungspunkt 7 weise ich bereits jetzt darauf hin, dass die einbringenden Fraktionen im Ältestenrat angekündigt haben zu beantragen, dass zu diesem Tagesordnungspunkt heute auch
gleich die zweite Beratung durchgeführt werden soll. Die damit zusammenhängenden Verfahrensfragen klären wir im Anschluss an die erste Beratung.
Mit dem gemeinsamen Änderungsantrag aller Fraktionen des Hauses sollen im einleitenden Satzteil die Worte „mit Wirkung vom 1. September 2014“ eingefügt werden, damit die „papierlosen Beratungen“ nicht sofort, sondern erst zum Ende der parlamentarischen Sommerpause in Kraft treten.
Wir kommen zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Stefan Siemer von der CDUFraktion. Herr Dr. Siemer, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Änderungen des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes oder der Geschäftsordnung des Landtags sind häufig nur etwas für Eingeweihte. Deshalb erlauben Sie mir, dass ich zu Beginn meiner Ausführungen auf eine aktuelle Handywerbung eingehe - die haben Sie wahrscheinlich alle schon im Fernsehen gesehen -, in der den Nutzern von Handys gezeigt wird, dass sie mit den modernen Mobiltelefonen Daten jederzeit abrufen können, ihre privaten Daten auch im Urlaub zur Verfügung haben, in alle Programme gehen können, und dies alles sehr schnell. Die wesentlichen Argumente der Netzbetreiber sind: Jeder kann jederzeit und überall auf seine Daten und auf andere Informationen zugreifen. Natürlich stehen bei solchen Werbeclips private Daten im Vordergrund. Aber ich kann Ihnen versichern, dass in der Wirtschaft geschäftliche Daten heutzutage genauso, in dieser Qualität ausgetauscht werden.
In der Werbung gehen einige Anbieter sogar so weit, dass sie den Nutzern versprechen, jedes Jahr ein neues Smartphone unter den neiderfüllten Blicken der Freunde auspacken zu dürfen. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern - die Presse ist gerade nicht hier, aber eine bekannte große deutsche Zeitung mit Standort in Hannover hatte das ja thematisiert -: Wir Abgeordnete werden im Zuge dieses Gesetzes nicht jedes Jahr ein neues Tablet bestellen und unter den neiderfüllten Blicken der Presse auspacken.
In einer anderen hannoverschen Zeitung hieß es heute, dass die niedersächsischen Abgeordneten bodenständig und schnörkellos sind. Genau das spiegelt sich auch in diesem Gesetzesvorschlag wider.
Wenn man das Niedersächsische Abgeordnetengesetz oder die Geschäftsordnung des Landtags liest, kann man den Eindruck gewinnen, dass in unserer Telefonanlage gerade erst das Tastentelefon eingeführt wurde und es erst jetzt keine Wählscheiben mehr gibt oder dass unsere PCs noch mit Dampf bzw. mit Floppy-Disks betrieben werden.
Nunmehr passen wir das Abgeordnetengesetz und die Geschäftsordnung an diejenigen Mobilitätsanforderungen an, die für viele Privatnutzer selbstverständlich sind. Wir werden mobile Geräte für die mandatsbezogene Nutzung einführen. Jeder kann auch mit seinem eigenen mobilen Gerät Zugang zum Landtagsintranet bekommen. Und wer die mobilen Geräte nicht nutzen möchte, kann weiterhin auf einen stationären PC zugreifen.
Die Landtagsdrucksachen - lassen Sie mich für die Öffentlichkeit sagen: wir bekommen im Jahr weit über 1 000 Drucksachen, über eine Legislaturperiode oft 5 000 bis 6 000 - wird es für diejenigen, die die mobilen Geräte nutzen, grundsätzlich nicht mehr in Papierform geben. Bei Bedarf, etwa in Ausschusssitzungen, kann man sie jedoch an dezentralen Druckern abrufen.
Diese Mobilität entspricht dem Zug der Zeit. Wir vollziehen das hier lediglich nach. Das Ganze ist aber auch deswegen notwendig, weil wir bald unseren doch recht geräumigen Plenarsaal verlassen werden und in unserem beengten Übergangsplenarsaal diese Papierberge nicht mehr zu bewältigen sind. Damit sind wir auf die papierlose Beratung mithilfe von Tablets angewiesen.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Hinweis geben. Ich war vor Kurzem in den Niederlanden und habe dort - ich will hier keine Werbung für einen bestimmte Anbieter machen - in einem amerikanischen Schnellrestaurant gegessen. Dort hatte ich auch als ein Gast, der nur einen Hamburger verspeist hat, selbstverständlich Zugang zum WLAN. Wir werden auch hier im Landtag ein WLAN bekommen, zunächst im Plenarsaal und in den Sitzungsräumen. Weil es vor der Renovierung des Plenarsaals noch nicht überall zur Verfügung stehen wird, hinken wir dem Standard von Fastfood-Restaurants noch einige Zeit hinterher.
Sie sehen, wir sind auch weiterhin bodenständig und schnörkellos. Wir bescheiden uns hier mit einem zunächst etwas vorsichtigen Ausbau. Des