Protocol of the Session on June 25, 2014

Ich bin sehr froh, dass das nicht mehr verfolgt wird, weil ich es immer für den falschen Weg gehalten habe, den einen zulasten des anderen auszuspielen. Vielmehr müssen wir die Dinge gemeinsam voranbringen. Aber diese politische Grundhaltung ist weiter gegeben. Als es genau um diese Fragen ging, hat die Kollegin Janssen-Kucz noch vor wenigen Monaten, muss man fast sagen - nein, es ist schon über zwei Jahre her, im Frühjahr 2012 -, im Hinblick auf die SPD gesagt:

„Wenn die SPD jetzt einen Masterplan Ems fordert, bleibt das nur eine politische Luftblase.“

Meine Damen und Herren, mit einer Stimme Mehrheit ein vor Ort so umstrittenes Vorhaben durchzusetzen und die Interessen der regionalen Umweltverbände zu berücksichtigen, ist politisch schwierig, wenn der Koalitionspartner eigentlich gar hinter diesem Projekt steht.

Deshalb sage ich: Das ist alles fragil. Ich hoffe, es gelingt, das bis zum Jahresende zu konkretisieren, damit eine Zukunftsperspektive für die Ems entsteht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Als Nächste hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Meta Janssen-Kucz gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit über 25 Jahren wird entlang der Unterems heftig um und für die Ems gestritten. Unbestritten ist mittlerweile, dass der Renaturierungsbedarf dringender denn je ist. In über 25 Jahren wurde die Unterems immer weiter vertieft, ausgebaggert, begradigt. Mittlerweile zahlt der Bund - und zahlen wir als Steuerzahler - zwischen 20 und 30 Millionen Euro im Jahr, um die sogenannten Unterhaltsbaggerungen sicherzustellen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Damit nicht genug: Vor jeder Auslieferung eines neuen Schiffes wird die Ems nicht nur ausgebaggert, sondern auch meterhoch aufgestaut - und das, obwohl an der Unterems bedeutende EUVogelschutzgebiete liegen.

Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass die Umweltverbände, verschiedene Initiativen vor Ort sowie wir Grüne über einen langen Zeitraum immer wieder die ernsthafte Prüfung der Verlagerung bzw. der Teilverlagerung der Werft ans seeschifftiefe Wasser gefordert haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das wäre ökologisch die beste Lösung gewesen.

In dem jahrzehntelangen Konflikt zwischen der Zerstörung der Ems und den wirtschaftlichen Belangen gab es immer wieder Lösungsansätze. Doch sie waren nicht gewollt, und sie wurden nicht verfolgt. Zwischenzeitlich gingen weitere flusstypische Lebensräume durch Uferbefestigung, durch Baggerung, durch Verschlickung verloren. Dem Fluss wurde im wahrsten Sinne des Wortes die Luft zum Atmen genommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bisher war es eine Auseinandersetzung zwischen David und Goliath - ich gehörte zu David -:

(Helge Limburg [GRÜNE]: Der ja am Ende gewonnen hat!)

auf der einen Seite die Streiter für den Lebensraum Ems, auf der anderen Seite die wirtschaftlichen Interessen der Werft, denen fast alles untergeordnet wurde. Wie aus dem Lehrbuch: Ökologie versus Ökonomie.

Meine Damen und Herren, jetzt haben wir eine andere Situation. Es gibt eine Absichtserklärung, in der alle Beteiligten, alle Interessensvertreter die Notwendigkeit anerkennen, dass die Gewässergüte verbessert und der Schlick verringert werden muss und dass beide Ziele gleichrangig nebeneinander stehen.

In der Absichtserklärung wurden Sofortmaßnahmen wie Tidespeicherbecken bei Herbrum als Pilotprojekt, Aufträge zur Untersuchung der Tidesteuerung des Emssperrwerks sowie eine Machbarkeitsstudie zum Einbau einer Sohlschwelle am Emssperrwerk vereinbart. Das sind drei Optionen aus einer Machbarkeitsstudie, die die Lenkungsgruppe Ems erarbeitet hat.

Diese Optionen, meine Damen und Herren, waren bisher geheim. Die kannten auch wir als Kreistagsmitglieder nicht.

(Ulf Thiele [CDU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Genau das werden wir ändern. Wir werden jetzt diesen Pfad verlassen und die Öffentlichkeit vor Ort intensiv informieren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das ist doch nicht zu glauben!)

- Herr Kollege Thiele, Sie wissen das sehr genau.

Meine Damen und Herren, das ist ein erster Schritt. Es ist das erste Mal, dass es einer Landesregierung gelungen ist, alle auf eine neue Art, auf eine neue Basis der Zusammenarbeit zu verständigen. Ich glaube, nur Rot-Grün war und ist in der Lage, die unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Sie haben recht: Das ist noch lange kein Masterplan. Für den geplanten Masterplan 2050 müssen jetzt zeitnah die ersten tragfähigen, belastbaren Verträge geschlossen werden. Das wird der Kraft

akt bis zum Jahresende, damit das keine Luftblase wird.

Auf der Grundlage der Absichtserklärung wird es ein hartes, zähes Ringen geben. Das bedeutet massive Zumutungen für alle Seite. Man muss einander Vertrauen entgegenbringen - und nicht Unterstellungen, mit denen der Kollege Ulf Thiele hier und heute schon wieder angefangen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es gibt nicht die Lösung. Es gibt ein Maßnahmebündel. Wir alle wissen nicht, welche Maßnahme welchen Anteil daran hat, die Gewässergüte nachhaltig zu verbessern, um der Ems wieder die Luft zum Atmen zu geben und die Schlickzufuhr zu verringern.

Die unterschiedlichen Akteure brauchen einen langen Atem für dieses Generationenprojekt und ein langes und gutes Management, um die geplanten Meilensteine auf den Weg zu bringen. Um das Vertragsverletzungsverfahren abzuwehren, müssen wir der EU deutlich machen, dass wir uns wirklich aktiv bemühen, den Zustand der Ems zu verbessern, dass das ernst gemeint ist. Das erfordert Fakten.

(Glocke des Präsidenten)

Noch einen Satz: Wir Grüne unterstützen den europäischen Naturschutz. Dazu gehört auch die Sicherung der FFH-Gebiete Unterems und Außenems. Das darf nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Meine Damen und Herren, wir werden einen hohen Preis für die Versäumnisse der letzten 20 Jahre zahlen. Aber besser spät als nie! Unterstützen Sie uns bei der Rettung der Ems!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Janssen-Kucz. - Es hat sich nunmehr für die Landesregierung der Ministerpräsident zu Wort gemeldet. Herr Weil, Sie haben das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Probleme an der Ems sind in den letzten Jahren zunehmend größer geworden.

Wir haben auf der einen Seite eine sehr erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung, die natürlich gerade auch die Ems als Wasserstraße noch einmal betont hat. Für diesen Erfolg steht symbolisch die Meyer Werft in Papenburg, die in einer schwierigen Marktlage erfolgreich immer mehr und immer größere Schiffsbauten akquiriert hat. Wir alle haben die imposanten Bilder vor Augen. Ich sage deutlich: Auf dieses Unternehmen, das 3 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Beschäftigung bietet und das indirekt viele Tausend Arbeitsplätze in der Region sichert, sind wir in Niedersachsen stolz.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Auf der anderen Seite ist die Gewässerqualität der Ems anhaltend schlecht. Mehrere Monate im Jahr, muss man sagen, ist der Unterlauf des Flusses tot. Deswegen nimmt es nicht wunder, dass der Druck der Gerichte und der EU-Kommission immer stärker geworden ist. Machen wir uns doch nichts vor! Die EU-Kommission hat Gründe dafür, dass sie die Situation an der Ems ins Visier genommen hat. Diese Gründe dürfen wir nicht länger ignorieren. Wir schneiden uns damit ins eigene Fleisch.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was war zehn Jahre lang die Reaktion der Landespolitik? Was ist geschehen? - Nichts! Es ist nichts geschehen. Man hat die Situation laufen lassen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das stimmt doch nicht, Herr Ministerpräsident!)

Vor diesem Hintergrund meine ich, dass vonseiten der Union und der FDP in dieser Frage eigentlich nur eine Reaktion derzeit angemessen wäre: Schweigen. Betretenes Schweigen stände Ihnen gut zu Gesicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Birkner zu?

Nein.

(Ulf Thiele [CDU]: So weit kommt es noch, Herr Ministerpräsident! Wir las- sen uns doch von Ihnen den Mund nicht verbieten!)