Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir in diesem Hause schon des Öfteren über das Durchstechen von Ermittlungsergebnissen bzw. über Warnungen an Beschuldigte sprechen und diskutieren mussten, frage ich die Landesregierung, welche konkreten Maßnahmen sie zu ergreifen beabsichtigt, um dieses Durchstechen zukünftig zu verhindern.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Petra Tiemann [SPD]: Herr Genthe, das ist noch nicht einmal für Sie an- gemessen! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Können Sie das konkretisieren?)
Herr Kollege Dr. Genthe, ich darf Sie darauf hinweisen, dass nach der Geschäftsordnung Zusatzfragen, durch deren Inhalt der Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet wird oder die
Alle Bediensteten des Landes Niedersachsen, insbesondere die Beamten, haben eine Verschwiegenheitspflicht. Darauf muss man sich verlassen und auch verlassen können. Wir haben wegen des Verdachts, der in der Presse geäußert wurde, dass der Bericht des Landeskriminalamtes in der Sache aus dem Bereich der Justiz weitergeleitet worden sein könnte, von allen denjenigen, die in meinem Geschäftsbereich Zugang zu diesem Bericht hatten, eine ausdrückliche Erklärung abverlangt, dass dieser Bericht nicht weitergegeben wurde.
Bis auf eine Person, die sich in Mexiko befindet - oder in Brasilien, da will ich jetzt nichts Falsches sagen, aber jedenfalls ist sie im Augenblick für eine solche Erklärung nicht erreichbar -, haben die elf, die erreichbar sind, eine solche Erklärung abgegeben. Das bedeutet, jeder weiß, dass er, wenn er eine solche Information weiterleitet - so wie im Fall des LKA werden wir fortfahren -, seinen Job, seine Möglichkeit, für das Land Niedersachsen zu arbeiten, verliert, wenn er in diesem Maße gegen seine Dienstpflichten verstößt.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt der Kollege Adasch. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass Sie eben aus dem Schreiben des Bundeswahlleiters zitiert haben, das mit „13. Februar“ datiert ist, und die Durchsuchungen schon am 10. Februar stattgefunden haben, als die Staatsanwaltschaft noch gar nichts von dem Schreiben des Bundeswahlleiters wissen konnte, frage ich konkret, wie das Bundesrecht bei Verlust bzw. Rückgabe eines Sitzes aussieht und wann konkret die Immunität erlischt. Wir erwarten jetzt wirklich einmal eine konkrete Aussage.
Vielen Dank, Herr Kollege Adasch. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, es antwortet Frau Ministerin Niewisch-Lennartz, und nur sie.
Im Grundsatz ist es nicht so, dass Immunität und Mandat immer im Gleichschritt miteinander sind. Es gibt auch eine Immunität, die endet, bevor das Mandat endet.
Wir haben allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass es hier in diesem Zeitpunkt eine solche Trennung geben könnte. Deswegen kommt es auf die Beendigung des Mandats an.
Den Gang der Handlung, um von einem Mandatsverzicht zu einer endgültigen Beendigung des Mandats zu kommen, habe ich, glaube ich, schon mitgeteilt. Ich habe den Zettel, auf dem die Paragrafen stehen, nicht noch einmal mitgebracht. Aber der Gang der Handlung ist: Die Erklärung erfolgt gegenüber einem Notar. Sie geht beim Herrn Bundestagspräsidenten ein. Der muss eine Bestätigung fertigen. Diese Bestätigung muss allerdings, um wirksam zu werden, nicht erst demjenigen zugehen, der aus dem Bundestag ausscheidet, sondern da reicht jede - auch informelle - Erklärung aus. Also auch durch eine Erklärung des Herrn Bundestagspräsidenten informeller Art gegenüber dem Bundeswahlleiter - durch einen Anruf; auch telefonisch ist das möglich -
kann diese Bestätigung des Herrn Bundestagspräsidenten wirksam werden. Wann das gewesen ist, liebe Frau Ross-Luttmann, kann ich Ihnen nicht sagen. Wirksam nach außen wird der Mandatsverzicht durch die entsprechende Veröffentlichung im Bundesanzeiger.
Moment, bitte, Frau Ministerin! - Frau Kollegin Ross-Luttmann, die CDU-Fraktion hat noch die Möglichkeit, Zusatzfragen zu stellen. Damit die Ministerin sich konzentrieren kann,
wäre es sinnvoll, dass sie hier nicht auf Fragen aus dem Plenum, auf Zuruf reagieren muss. - Und das müssen Sie, Frau Ministerin, übrigens auch nicht.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Eben nicht! Sie haben gesagt, Sie wissen es nicht!)
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Frau Kollegin Schröder-Ehlers. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung noch einmal zum Beweisverwertungsverbot, das Sie vorhin angesprochen haben. Ist es richtig, dass unabhängig von der Frage des Verlustes der Immunität keine Auswirkungen auf die Beweisverwertung bestehen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war, ehrlich gesagt, selbst von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überrascht, der sagt, dass ein solches Beweisverwertungsverbot nur dann vorliegt, wenn die Staatsanwaltschaft vorsätzlich die Regelungen der Immunität missachtet hat. Begründung dafür ist, dass das Immunitätsrecht kein Recht des einzelnen Bundestagsabgeordneten - und auch entsprechend nicht des Land
tags - ist. Das Immunitätsrecht ist ein Recht des Deutschen Bundestags insgesamt - oder des Niedersächsischen Landtages. Es ist ein Abwehrrecht, dass niemand Einzelner aus dem Kreis des Landtages oder des Bundestages durch Verfolgung daran gehindert wird, sein Mandat auszuüben, es sei denn, der Bundestag selbst hat die Tür dazu geöffnet. Das ist ein ungemein wichtiges und zentrales Recht,
das zu beachten für mich selbstverständliche Voraussetzung jeder Tätigkeit ist - sei es die Staatsanwaltschaft, seien es Gerichte. Ich möchte wirklich nicht den Anhauch von Zweifeln aufkommen lassen, wie wichtig mir das persönlich ist.
Deswegen, Frau Ross-Luttmann, ist es auch nicht so, dass wir jetzt die Hände in den Schoß legen und sagen: Na ja, es steht im Bundesanzeiger, dann wird es schon richtig sein.
- Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Bis wir eine andere Auskunft haben, dass es anders ist - und zwar vom Herrn Bundestagspräsidenten; der ist dafür zuständig -, bis wir eine andere Auskunft vom Herrn Bundestagspräsidenten haben,
(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Das hätte die Staatsanwaltschaft vorher prüfen müssen! - Gegenruf von Jo- hanne Modder [SPD]: Hören Sie doch auf dazwischenzufragen!)
müssen wir diese Veröffentlichung im Bundesanzeiger unseren Entscheidungen und unserer Beurteilung zugrunde legen,
- Liebe Frau Ross-Luttmann, wir können unsere Einschätzung der Rechtslage und auch nicht Ihre Einschätzung der Rechtslage an die Stelle der rechtlichen Bewertung durch den Herrn Bundestagspräsidenten setzen. Die äußert sich in der
Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Wir dringen darauf und klären gerade den Umstand, ob das rechtlich anders zu bewerten ist. Bis das nicht geschehen ist, bis wir keine andere Äußerung haben - nicht eines Pressesprechers, sondern des Herrn Bundestagspräsidenten -, müssen wir von dem ausgehen, was er selbst gesagt hat.
(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Mechthild Ross-Lutt- mann [CDU]: Das ist doch gar nicht bestätigt! Die Staatsanwaltschaft hätte das überprüfen müssen!)
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage für die FDP-Fraktion stellt Herr Kollege Dr. Birkner. Bitte!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Vor dem Hintergrund, dass in den Medien hinreichend über den Abschlussbericht des LKA berichtet wurde und bisher dem Landtag und dem zuständigen Ausschuss die Einsichtnahme in diesen Bericht verweigert wurde, frage ich Sie, ob und, wenn ja, wann dieser Bericht nun endlich - gegebenenfalls auch vertraulich - dem Landtagsausschuss zur Verfügung gestellt wird, damit er seinen Kontrollaufgaben auch tatsächlich nachkommen kann und nicht weiter im Prinzip darauf angewiesen ist, das zu kommentieren oder in den Blick zu nehmen, was ohnehin schon in der Presse steht.