Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Ich danke Ihnen, dass ich die Gelegenheit bekomme, kurz das Wort zu ergreifen, um mich von Ihnen allen persönlich zu verabschieden.
Ich habe den Niedersächsischen Landtag auf eigenen Wunsch verlassen, um mich in den letzten zwei Monaten vor der Wahl zum Europäischen Parlament ganz der neuen politischen Herausforderung in Europa zu widmen.
16 Jahre lang hatte ich die Ehre, Abgeordneter in diesem Hohen Haus zu sein. Es waren spannende Jahre, es waren ereignisreiche Jahre, und es waren erfüllende Jahre - zehn Jahre davon in Regierungsverantwortung, sechs Jahre in der Opposition. Das eine ist noch schöner als das andere.
Ich möchte mich herzlich bedanken: zunächst bei den Menschen, die es möglich gemacht haben, dass ich diesem Landtag 16 Jahre lang angehören durfte, nämlich bei denjenigen, die mich 1998 über die Liste und 2003, 2008 und 2013 über die Direktwahl in meinem heimatlichen Wahlkreis ins Hohe Haus nach Hannover entsendet haben.
Ich möchte mich bei den Menschen in Hannover bedanken, mit denen ich 16 Jahre zusammenarbeiten durfte, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, die dafür Sorge tragen, dass hier stets alles reibungslos abläuft. Ich bedanke mich bei den Menschen, die die Landespolitik intensiv begleiten, bei den Vertretern der Medien, der Verbände und vielen anderen mehr, und natürlich ganz besonders bei den Abgeordneten in diesem Hohen Haus.
Man erlebt in diesen 16 Jahren sehr viel, und ich habe sehr, sehr viele positive Erfahrungen gesammelt, natürlich ganz besonders mit den Abgeordneten der eigenen Fraktion, weil man mit ihnen am meisten zusammenarbeitet. Vielen Dank für die Freundschaft und Unterstützung! Ein besonderer Dank gilt natürlich auch der FDP, mit der ich spätestens seit dem 20. Januar 2013 ein ganz besonders emotionales Verhältnis habe und haben werde. Aber ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen für viele gute kollegiale Erfahrungen - zum Teil auch hinter den Kulissen. Ich habe heute Morgen in dpa gelesen, dass ich im Rahmen meiner 16-jährigen Tätigkeit sieben Ordnungsrufe be
Für den Fall, dass ich zu Beginn meiner Tätigkeit hier - das war eine Sturm- und Drangphase, wie manche sagen - Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten und den Grünen zu nahe getreten sein sollte, bitte ich um Entschuldigung. Es war nicht meine Absicht. Mit Sigmar Gabriel, Wolfgang Jüttner und Rebecca Harms habe ich das auch schon lange geklärt.
Ich möchte abschließend sagen: Dieses Haus ist der zentrale Ort der demokratischen Willensbildung in Niedersachsen. Sie alle haben eine wichtige Aufgabe: ob Sie nun den Fraktionen angehören, die die Regierung tragen, oder den Fraktionen, die die Regierung nicht mittragen. Sie alle haben die Aufgabe, die Arbeit der Landesregierung zu kontrollieren. Sie alle haben die Aufgabe, Politik für die Menschen - für die wir das nämlich machen - transparent zu gestalten. Und Sie alle haben die Aufgabe, Landespolitik demokratisch zu legitimieren.
In diesem Haus wurde oft und leidenschaftlich um den richtigen Weg gerungen. Das war so, und das wird auch künftig so sein. Der Landtagspräsident hat gerade eben gute und richtige Worte zum Umgang miteinander gesagt, also dazu, wie es in diesem Haus am besten gehen sollte.
Diskurs ist eine notwendige Voraussetzung für die Demokratie. So sehr wir uns über viele Themen gestritten haben und auch weiterhin streiten werden - ob es Schulpolitik, Verkehrspolitik, Energiepolitik oder innere Sicherheit ist; Sie alle kennen die Themen; auch diese Woche wird das Ihre Arbeit ganz besonders beschäftigen -, bei einem Thema gab es in diesem Haus - erst recht in der Zusammensetzung, wie sie sich jetzt im Landtag darstellt, nämlich mit vier Fraktionen - ein hohes Maß an Einigkeit: Das ist die Europapolitik. Auch wenn wir in europapolitischen Details natürlich unterschiedlicher Auffassung sind - ob wir Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberale oder Grüne sind -, waren und sind wir uns darin einig, dass gerade wir in Niedersachsen ganz besonders von der europäischen Einigung profitieren. Die europäische Einigung ist und bleibt auch im 21. Jahrhundert das große Versprechen von Frieden, Freiheit, Wohlstand und sozialer Sicherheit in Europa.
Gerade in diesen doch nachdenklichen, besorgniserregenden Wochen mit Blick auf die Ereignisse in der Ukraine sollten wir zu jeder Zeit auch denjenigen in Deutschland, die der Europäischen Union kritisch gegenüberstehen - und wir alle wissen, dass manches in der EU besser gemacht werden muss -, immer wieder deutlich sagen: Europa ist die Antwort auf die Fehler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und hat die Lehren daraus gezogen. Ein einiges Europa ist die einzig richtige Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das ist mir ein ganz wichtiges Anliegen. Auch deshalb habe ich mich für eine neue Herausforderung entschieden.
Niedersachsen profitiert enorm von der EU. Wenn wir uns anschauen, wie viele Projekte in unserem Land dank der Strukturförderung umgesetzt werden konnten - ich hoffe, dass auch die neue Förderperiode erfolgreich umgesetzt wird; der Landwirtschaftsminister und die zuständige Staatssekretärin haben dazu gestern auch die Öffentlichkeit informiert -: Wir waren immer dann auch in Europa erfolgreich, wenn wir über Parteigrenzen hinweg zusammengestanden haben.
Ich erinnere an unseren gemeinsamen Kampf für den Erhalt des VW-Gesetzes, bei dem sich die Landespolitik zusammen mit der Bundespolitik, dem Unternehmen und dem Betriebsrat einig war, als wir geschlossen unsere Argumente gegenüber der Kommission vorgetragen haben. Letztlich waren wir auch im Rechtsstreit vor dem EuGH erfolgreich.
Und diese Einigkeit in der Europapolitik wünsche ich mir auch für die Zukunft. Wenn es um die wesentlichen Fragen der Entwicklung Niedersachsens geht - wir werden auch zukünftig nicht nur mit der Bundesregierung gut zusammenarbeiten müssen, sondern auch mit Kommission, Rat und Parlament -, dann müssen sich dieses Haus und die Landesregierung davon leiten lassen, dass wir, wenn wir gemeinsam geschlossen auftreten, auch gemeinsam stärker sind.
Wenn ich dazu, Herr Ministerpräsident, ab Juli einen Beitrag leisten kann, dann bin ich gerne dazu bereit, parteiübergreifend niedersächsische Interessen in Brüssel und Straßburg zu vertreten.
Ich wünsche meiner Nachfolge im Landtag, der Abgeordneten Aygül Özkan, viel Erfolg für die weitere Zeit. Und Ihnen allen wünsche ich im Sinne unseres Landes Niedersachsens viel Erfolg. Machen Sie es gut! Auf Wiedersehen!
(Starker, nicht enden wollender Beifall - Die Abgeordneten von CDU und FDP erheben sich von den Plätzen - Mitglieder aller Fraktionen sowie Mit- glieder der Landesregierung verab- schieden sich von David McAllister und überreichen Blumen sowie Prä- sente)
Ich wollte eigentlich im Namen des Hauses noch einige freundliche Anmerkungen machen. Dieser nachhaltige Applaus, die freundlichen Wünsche, die David McAllister begleiten, kommen von Herzen und machen deutlich: Das eine sind die Ämter, das andere sind die Lebensabschnitte. Wir haben hier 16 Jahre lang einen hervorragenden Parlamentarier in unterschiedlichen Funktionen erlebt, der als Mensch, als Persönlichkeit, als Parlamentarier uns alle beeindruckt und die Herzen aller gewonnen hat.
Nun hätte ich ihm noch sagen wollen, dass er in der 14. Wahlperiode 56 Redebeiträge geliefert hat, in der 15. Wahlperiode 215 Redebeiträge. Die sieben Ordnungsrufe hatte er offenbar noch selbst im Gedächtnis. Das alles waren Dinge, die mildernde Umstände verdienen, und anderes mehr.
Gelegentlich wird ja gemutmaßt: Ist Mac weg? - Er geht politisch nach Brüssel, wenn die Wählerinnen und Wähler es denn so fügen. Aber auch in Brüssel gilt: Das Höchste, was du im Lande werden kannst, ist sowieso nur Niedersachse. - So gesehen, bleibt er einer von uns.
Wenn in einigen Jahren - da bin ich mir beinahe sicher, wie wir ihn so kennen - alle Menschen in Europa von Helsinki bis Lissabon und von Dublin bis Bukarest wissen, wo Bad Bederkesa liegt, ist alles gut gelaufen, letztendlich auch für Niedersachsen.
Wir wünschen David McAllister - er ist hier schon entfleucht und befindet sich auf neuen Wegen - alles Gute. Am Ende machen wir alle Politik für Niedersachsen.
- David, alles Gute. Und denke daran: Die in Brüssel müssen immer wissen, wo Bad Bederkesa liegt, nämlich in Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, wir tun hier unsere Arbeit, andere in Brüssel, wiederum andere auch für uns alle in Berlin, wie das in der Demokratie so geordnet ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind noch bei Tagesordnungspunkt 2: Feststellung eines Sitzverlustes gemäß Artikel 11 Abs. 2 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung i. V. m. § 8 Abs. 2 des Niedersächsischen Landeswahlgesetzes, Antrag des Präsidenten.
Ich komme noch einmal auf den vor wenigen Minuten festgestellten Sitzverlust zurück: Gemäß § 38 Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 des Landeswahlgesetzes hat die Landeswahlleiterin festgestellt, dass der frei gewordene Sitz auf Frau Aygül Özkan übergeht. Frau Özkan hat ihre Bereitschaft erklärt, das Landtagsmandat als Nachrückerin anzunehmen.
Liebe Aygül Özkan, ich begrüße Sie in unserer Mitte und wünsche Ihnen ein erfolgreiches Wirken zum Wohle des Landes. Sie sind uns ja eine vertraute Person.
Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir vier Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können.
Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde enthaltenen Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, natürlich auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.
- Ich darf darum bitten, dass die hier übliche Ruhe einkehrt und dass sich die Medien ein bisschen zurückziehen.
a) Drei Jahre Fukushima - Schrecken ohne Ende! Was lernen wir aus der andauernden Atomkatastrophe? - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1372
Dieser Antrag wird eingebracht und begründet von der Vorsitzenden der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Frau Piel. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch von der Grüne-Fraktion noch einmal alles Gute für den scheidenden David McAllister für seine Zeit in Straßburg und in Brüssel. Wir werden ihn beim Wort nehmen, was seinen überparteilichen Einsatz für niedersächsische Themen angeht. Und herzlich Willkommen Aygül Özkan.
Gestern berichtete die dpa, dass in der Atomruine von Fukushima erneut ein störanfälliges Filtersystem zur Beseitigung von radioaktiven Stoffen ausgefallen ist, und das nur wenige Stunden nach Wiederanfahren des Systems. Auch drei Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima ist die Lage vor Ort nicht unter Kontrolle. Drei Jahre Fukushima heißt: Drei Jahre Schrecken ohne Ende für alle Betroffenen.