Aus meiner Sicht bedeutet das unterm Strich: Es gibt keinerlei Unterbeschäftigung des Landtages, und wir sollten uns alle gemeinsam davor hüten, den populistischen Vorurteilen gegenüber angeblich zu faulen Abgeordneten nachzukommen. Ich glaube, das wird niemandem in diesem Hohen Hause gerecht.
Eine grundsätzliche Beschränkung der Anzahl von Entschließungsanträgen, die in erster Beratung im Plenum diskutiert werden, ist keine Beschneidung von parlamentarischen Rechten. Ich glaube, so weit sind wir uns einig.
Jede Fraktion kann so viele Anträge einbringen, wie sie möchte. Teilweise gibt es dann eine erste Beratung in den Fachausschüssen. Das ist rechtlich wie politisch unbedenklich, und es ist auch völlig normal. Es ist sogar in der Geschäftsordnung so vorgesehen.
Ich verwahre mich auch gegen die wiederkehrende Behauptung, die politische Debatte könne nur durch die Beratung im Plenum bereichert werden. Sie wird möglicherweise insbesondere durch die Beratung im Plenum bereichert, aber das wird auch durch Debatten in Fachausschüssen, in Anhörungen, in Beratungen, bei Besuchen vor Ort, in Gesprächen mit Verbänden und Experten sowie in der Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern erreicht.
Letztlich muss man auch berücksichtigen, dass Entschließungsanträge laut § 39 der Geschäftsordnung grundsätzlich in einer Beratung behandelt werden sollen. Die Durchführung einer zweiten Beratung soll die Ausnahme sein. Man kann sich jetzt beherzt darüber streiten, ob das RegelAusnahme-Verhältnis bei mindestens zwei oder bei mindestens drei Anträgen gewahrt ist. Wenn
wir an die Geschäftsordnung heranwollen, dann müssen wir uns aber auch damit grundsätzlich auseinandersetzen. Derzeit steht in der Geschäftsordnung, dass der Landtag Entschließungsanträge in der Regel in einer Beratung behandelt. Das haben mir gemeinsam vorgegeben.
Im Rahmen der letzten Wahlperiode - Drucksache 16/73 - gab es eine Debatte zur Änderung der Geschäftsordnung. Dort steht im schriftlichen Bericht insbesondere der Hinweis:
„entgegengehalten, dass in der Vergangenheit letztlich doch kaum einmal mehr als zehn Entschließungsanträge pro Tagungsabschnitt miteinander hätten behandelt werden können.“
Alles andere wurde im Laufe des Verfahrens direkt überwiesen. Auch das sollten wir mit berücksichtigen.
Die Begründung Ihres Antrages steht dem Grundsatz in § 39 entgegen. Das ist somit ein Widerspruch. Wir werden gefordert sein, diesen Widerspruch im Zuge der anstehenden Beratungen miteinander aufzulösen. Auch das gehört zu einer ernsthaften Beratung mit dazu.
Vielen Dank, Herr Kollege Tonne. - Für eine Kurzintervention von 90 Sekunden hat der Kollege Nacke das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Tonne, ich will ausdrücklich auf das eingehen, was Sie zum Schluss gesagt haben. Sie haben auf die Geschäftsordnung verwiesen und sinngemäß zitiert, dass in der Vergangenheit kaum mehr als zehn Anträge tatsächlich zur ersten Beratung zugelassen worden seien.
In dieser Legislaturperiode haben wir seit der Wahl aber noch nicht ein einziges Mal zehn erste Beratungen im Plenum gehabt, sondern es gab kontinuierlich und durchgängig nur acht erste Beratun
gen, und zwar deshalb, weil - insbesondere auf Intervention von SPD und Grünen - gesagt wird: „Mehr als zwei Anträge pro Fraktion gibt es nicht!“, obwohl es laut Geschäftsordnung zehn seien könnten. Ich sagte gerade schon: Diese Regelung ist praktisch nicht „mitreformiert“ worden, weil man gar nicht darüber nachgedacht hat, dass sich diese Zahl an fünf Fraktionen orientiert.
Aber selbst im Februar, als wir genügend Zeit hatten - das ist für mich schon eine entscheidende Zäsur -, waren Sie nicht bereit zu sagen: Dann geben wir allen oder jeweils einzelnen Fraktionen die Möglichkeit und die Gelegenheit, die eingebrachten Anträge zu diskutieren. - Nein, wir waren stattdessen gezwungen, zwei Anträge zurückzuziehen und direkt zu überweisen, weil ansonsten das Aufstellen einer Tagesordnung nicht möglich gewesen wäre.
Diesen Zwang gibt die Geschäftsordnung nach derzeitiger Formulierung aus unserer Sicht nicht her. Schon allein deswegen ist an dieser Stelle ein Reformbedarf zwingend gegeben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nacke, bezogen auf das Zitat aus dem schriftlichen Bericht liegt ein Missverständnis vor. Wir haben zu 2008 erstmals die Begrenzung auf zwei Entschließungsanträge eingeführt. Der Hinweis der Regierungsfraktionen bezog sich auf die Zeit davor, als es diese Begrenzung nicht gab. Die Feststellung war, dass es damals trotz Nichtbegrenzung selten zu mehr als zehn Entschließungsanträgen pro Plenarwoche gekommen ist.
Zu der Intervention der Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün im Ältestenrat und der Situation im Februar: Das, was Sie einfordern, kann faktisch so nicht stattfinden. Man kann nicht nach der Ablauf der Einbringungsfrist für Entschließungsanträge im Ältestenrat sagen: Jetzt nehmen wir aber mehr auf die Tagesordnung!
Wir haben uns zum Februar-Plenum daran gehalten und als rot-grüne Koalitionäre vier Entschließungsanträge eingebracht. Damit hätten wir es vom Zufall abhängig gemacht, ob man mehr einbringen kann oder nicht. Das hat mit einer Gleichbehandlung untereinander nichts zu tun.
Wenn man das gewollt hätte, hätte man es auch vor Ablauf der Einbringungsfrist für Entschließungsanträge anmerken müssen - sonst gäben wir die Beratungsabfolgen und die Frage, was auf die Tagesordnung kommt, der Beliebigkeit preis. Das können wir nicht tun. Deswegen ist es an dieser Stelle nur konsequent, auch im Februar bei der vereinbarten Regelung zu bleiben.
Wir kommen damit zur Ausschussüberweisung. Wie eben schon einmal von mir bemerkt, soll der Ältestenrat federführend und der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mitberatend mit der Beratung betraut werden. Wer das unterstützt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke, das ist nach der Geschäftsordnung ausreichend unterstützt, und so wird verfahren.
Meine Damen und Herren, bevor ich gleich die beiden letzten Tagesordnungspunkte vor der Mittagspause, nämlich die Punkte 6 und 7, gemeinsam aufrufe, darf ich Ihnen Folgendes mitteilen: Wir sind im Moment noch 30 Minuten im Verzug - also deutlich weniger als eine Stunde wie noch vorhin. Da das Präsidium des Landtages während der Mittagspause zu einer Sitzung zusammenkommt und wir dafür mindestens 90 Minuten brauchen, darf ich ankündigen, dass wir wahrscheinlich - wenn alles normal verläuft - gegen 13.30 Uhr in die Mittagspause eintreten werden und um 15 Uhr - also 20 Minuten später als geplant - die Nachmittagssitzung eröffnet wird. - Andere Anträge oder Vorschläge der Parlamentarischen Geschäftsführer liegen nicht vor.
Tagesordnungspunkt 6: Abschließende Beratung: Wider die „Un-Ordnungspolitik“ aus Unkenntnis - Gut funktionierende Finanzmärkte sind unverzichtbar! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/446 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 17/1348
Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung: Finanztransaktionssteuer einführen - Initiative für verstärkte Zusammenarbeit ist erster konkreter Schritt für eine globale Umsetzung - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1328
Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen empfiehlt Ihnen, den Antrag unter Tagesordnungspunkt 6 abzulehnen.
Nach der bisher geübten Praxis haben zunächst zur Einbringung des Antrags unter Tagesordnungspunkt 7 die antragstellenden Fraktionen das Wort, in diesem Fall der Kollege Holger Heymann. Danach erhält zur zweiten Beratung des Antrags unter Tagesordnungspunkt 7 die antragstellende Fraktion der FDP das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eingangs mit einem kurzen Rückblick beginnen: Vor mehreren Hundert Jahren gab es auf dieser Welt nur wenige Kutschen, die auf wenigen Straßen geringe Distanzen zurückgelegt haben. Damals brauchte man keine Straßenverkehrsordnung. Heute gibt es aufgrund des technologischen Fortschritts viele Autos, viele Straßen, und man kann große Distanzen zurücklegen. Wir haben uns daraufhin eine Straßenverkehrsordnung gegeben.
Früher gab es auch keine Flugzeuge, sodass man auf Regeln für die internationale Luftfahrt verzichten konnte - heute nicht mehr.
Und es gab früher auch keinen Strom, sodass sich unsere Vorfahren Gedanken zur Einführung von Gesetzen zur Stromversorgung sparen konnten.
Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie wissen, worauf ich hinaus möchte. Vor 100 Jahren gab es nämlich auch noch keine durch Computertechnologie und verstärkte Globalisierung verkomplizierten Finanzmärkte, und es gab weiß Gott auch kein Speed-Trading - heute aber schon.
Meine Damen und Herren, das heißt doch, dass wir hier etwas ändern müssen. Das hat sich bereits bei der ersten Beratung des von der FDP-Fraktion eingebrachten Antrags zur Verhinderung einer Finanztransaktionssteuer gezeigt. Es hat sich aber auch gezeigt, dass die Vernunft und die Realität eine andere Sprache sprechen.
Ich freue mich sehr darüber, dass es die FDP ist, die uns heute wieder Gelegenheit gibt, über dieses äußerst wichtige Thema zu debattieren. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie diesen damals eingebrachten Antrag heute noch immer so vehement unterstützen wollen, wo doch das Regierungshandeln sowohl auf europäischer Ebene als auch auf Bundesebene zeigt, wie eine sinnvolle Ausgestaltung einer Finanztransaktionssteuer vorangehen kann.
Und noch mehr: Meine Damen und Herren, es gibt heute bereits zehn weitere EU-Länder, darunter auch Länder wie Frankreich und Italien, die sich an der Einführung beteiligen wollen. Daher müsste es doch eigentlich auch Ihr Ziel sein, dieses Instrument möglichst auf breiter, internationaler Basis zu implementieren.