Lieber Kollege Gerald Heere, ich habe mich ein bisschen geärgert, dass gleich reflexartig ein Nein mit dem Hinweis kam, Provider seien keine Hilfssheriffs. Ich glaube, dass wir im Kontext und im Lichte der aktuellen Diskussion auch diese Diskussion noch einmal ergebnisoffen werden führen müssen.
Sechstens. Vor dem Hintergrund, dass am Fall Edathy bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hannover nur ein ermittelnder Staatsanwalt gearbeitet hat, der übrigens zugleich Pressesprecher der Behörde war, fordern wir die Landesregierung auf, sicherzustellen, dass für Vorermittlungs- und Ermittlungsverfahren zu kinderpornografischen Delikten ausdrücklich immer ausreichend Fachstaatsanwaltschaft zur Verfügung stehen und diese Ermittlungen führen kann.
Meine Damen, meine Herren, lassen Sie uns alle aus dem Fall Edathy alle notwendigen Lehren ziehen! Wir müssen besser werden. Das gilt für das Strafrecht, das gilt für die Prävention, das gilt für den Opferschutz, das gilt für die Polizeiarbeit, und das gilt auch für die Arbeit der Staatsanwaltschaft.
Meine Damen und Herren, diese Debatte hier im Niedersächsischen Landtag werden wir nur glaubwürdig führen können, wenn wir auch die Diskussionen, die wir zu dem anderen Thema gestern und heute Morgen geführt haben, glaubwürdig führen: über die Frage der Aufklärung dieses einen Themas, nämlich einer offenkundigen Tat - ob strafbewehrt oder nicht - eines Bundestagsabgeordneten a. D. - Ich will als Reaktion auf das, was wir heute Morgen gehört haben, Ihnen, lieber Herr Tonne, an einer Stelle widersprechen. Ich glaube, dass das zum Thema „Glaubwürdigkeit dieses Parlaments“ in dieser Frage dazugehört. Das gilt übrigens auch für die Justizministerin. Jetzt zu sagen, es ist ausschließlich die Aufgabe der Justiz, das zu tun, greift zu kurz!
Ich mache das an einem Beispiel fest - da kann die Justiz nicht helfen, sondern da muss im Zweifel auch mit politischem Druck gearbeitet werden -: Das ist der ehemalige Innenminister Herr Bartling, der in einem Interview im NDR erklärt hat, er habe Kontakt zu Edathy gehabt, er könne bestätigen, es gebe einen Informanten,
und er wisse, wo Herr Edathy sich aufhält. - Ich finde, spätestens das muss in dieser Diskussion Anlass für uns alle sein, insbesondere für die, die einen engen Kontakt zu den handelnden Personen haben, einen Beitrag dazu zu leisten, dass a) Ross und Reiter genannt werden, nämlich wo Herr Edathy sich tatsächlich aufhält, um Einfluss auf ihn nehmen zu können, sich den Ermittlungsbehörden hier in Deutschland endlich zu stellen,
und b) gleichzeitig darauf zu dringen, dass der Informant, der hier seit Tagen den Landtag und die öffentliche Debatte bewegt, tatsächlich gefunden wird. Auch das gehört zu dieser Debatte dazu.
Wenn wir sie redlich führen wollen: Nehmen Sie diese Initiative auf! Greifen Sie sowohl in dem einen Fall politisch als auch in der anderen Frage, was den Opferschutz und die Strafrechtsverschärfungen angeht, unsere Initiative auf, und lassen Sie uns diese Diskussion hier gemeinsam und vernünftig führen!
Vielen Dank, Herr Thiele. - Wir sind jetzt am Ende der Beratung. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Vorgesehen ist die Überweisung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Vielen Dank. Ich habe niemanden gesehen, der dagegen sein kann, weil alle dafür waren. Damit ist die Überweisung jetzt beschlossen worden.
Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung: Kleine Betriebe nicht weiter belasten - Keine Gebührenfinanzierung bei der Lebensmittelüberwachung - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/1210
- Herr Grupe, eine Sekunde, weil, wie ich sehe, einige Damen und Herren den Saal verlassen möchten und wir deshalb eine besondere Unruhe haben. Ich gebe Ihnen gleich das Wort. - Herr Grupe, bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kontrolle muss sein - im Lebensmittelbereich, der ein äußerst sensibler Bereich ist, in jedem Falle. Die Unternehmen der deutschen Lebensmittelbranche stellen den Menschen eine bestmögliche Qualität mit größtmöglicher Sicherheit zur Verfügung. Das Sicherheitssystem setzt
sich zusammen aus umfangreichen Eigenkontrollen und einer wirkungsvollen amtlichen Überwachung. Die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft haben umfangreiche Maßnahmen der Qualitätssicherung und Eigenkontrolle entwickelt, die dem Verbraucher ein nie gekanntes Niveau der Lebensmittelqualität und -sicherheit bieten.
Meine Damen und Herren, es ist außer Frage, dass daneben auch eine sehr wirkungsvolle amtliche Kontrolle notwendig ist. Niemand ist davor gefeit, dass es zu Unfällen kommt, dass es zu Fehlern kommt und in Einzelfällen leider auch zu kriminellen Handlungen in diesem Bereich kommt. Deswegen müssen wir hier alle Maßnahmen ergreifen.
Meine Damen und Herren, für ein Unternehmen würde es den absoluten Super-GAU darstellen, wenn es von einem Lebensmittelskandal betroffen wäre.
Herr Grupe, ich muss Sie um Unterbrechung bitten. - Meine Damen und Herren, wenn Sie den Saal verlassen möchten, dann ist das gar kein Problem, dann müssen Sie das nur tun. Sonst stören Sie hier den Redner und auch den Debattenverlauf. Also ich bitte jetzt herzlich, hier zuzuhören. Das ist natürlich nach so einer emotionalen Debatte ganz schwierig. Aber diese Debatte ist auch emotional und auch wichtig. - Also, Herr Grupe, ich würde sagen, wir machen es jetzt so, dass alle ganz ruhig sind und Ihnen zuhören und Sie ganz alleine das Wort haben.
Vielen Dank, Herr Präsident. In der Tat misst die Bevölkerung diesem Punkt eine sehr hohe Bedeutung zu. Es freut uns sehr, dass dieser Bereich der Lebensmittel in den Fokus der Diskussionen gerückt ist. Deswegen sollten auch wir versuchen, zu diesen Themenbereichen eine möglichst sachliche Diskussion zu führen.
Meine Damen und Herren, ich habe gerade noch einmal betont: Ein Lebensmittelskandal ist der Super-GAU, der ein Unternehmen treffen kann. Das ist nachhaltig die schlimmste Geschäftsschädigung, die nur passieren kann. Deswegen gibt es ein sehr, sehr hohes Eigeninteresse der ganzen
Branche, in diesem Bereich möglichst von Dingen verschont zu bleiben, die die Qualität des Produktes infrage stellen könnten.
Wir haben einen Fachminister, der schon mehrfach die Eigenkontrolle als nicht zielführend und als nicht wirkungsvoll bezeichnet hat
und der sagt, die amtliche Kontrolle müsse deutlich ausgeweitet werden. Er will hierfür Personal einstellen und will zusätzliche Maßnahmen in Auftrag geben.
Meine Damen und Herren, die Branche fühlt sich durch diese Äußerungen an den Pranger gestellt. Herr Minister Meyer hat jüngst in der agrarzeitung vom 21. Februar 2014 gesagt, das System der Eigenkontrolle der Agrar- und Ernährungswirtschaft habe versagt. Dies wird von der Branche in aller Form zurückgewiesen.
Meine Damen und Herren, in der Praxis ist das Gegenteil der Fall. Die Aflatoxin-Belastung, die sicherlich hinsichtlich der Gefährdung der gravierendste Fall war, ist bei einer Kontrolle in einer Molkerei entdeckt worden, wie wir es seit Jahrzehnten kennen. Als staatliches Handeln einsetzte, als das Handeln dieser Landesregierung einsetzte, ist im Ergebnis dabei herausgekommen, dass der Aflatoxin-Mais wieder im Futtermittel und damit in der Nahrungskette gelandet ist, meine Damen und Herren.
Die überwiegende Anzahl aller Ungereimtheiten und aller Skandale wird durch Eigenkontrolle aufgedeckt. Deswegen ist es unakzeptabel, dass dies von Mitgliedern dieser Landesregierung immer wieder in Misskredit gebracht wird.
Herr Ministerpräsident, wenn ich einen kurzen Moment Ihre Aufmerksamkeit haben dürfte! - Sie haben ein völlig anderes Wording, wie man auf Neudeutsch sagt, gegenüber der Agrarbranche. Das möchte ich Ihnen hier ausdrücklich bescheinigen.
Sie bieten uns, der Landwirtschaft, dem Agrargewerbe, einen offenen, konstruktiven Dialog an. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Sie das auch sehr ernst meinen.
Das alles, Herr Ministerpräsident, hilft uns natürlich sehr wenig, wenn von Ihrem Fachminister immer wieder das Gegenteil kommt und wenn sich eine gesamte Branche von dieser Landesregierung an den Pranger gestellt und diskriminiert fühlt.
„Ein erkennbarer Beitrag zu mehr Lebens- und Futtermittelsicherheit wird durch das Vorgehen der Niedersächsischen Landesregierung nicht geleistet. Vielmehr wird durch deren öffentliche Erklärungen der Eindruck der pauschalen Diskriminierung der Futtermittelunternehmen verstärkt.“
„Wer behauptet, über die Gebührenordnung werde der Verbraucherschutz gestärkt, täuscht den Verbraucher.
„Das niedersächsische Bäckerhandwerk lehnt eine Gebührenfinanzierung der staatlichen Lebensmittelkontrollen strikt ab.“