War nach Ansicht der Landesregierung nicht spätestens dann Eile geboten, nachdem am 14. November 2013 die ersten Medien umfangreich über die Fahndungsergebnisse in Kanada berichteten und nachdem Ende November 2013 der Rechtsanwalt von Sebastian Edathy begann, Staatsanwaltschaften und LKA nach dem Verfahrenstand zu befragen?
Hintergrund für das Zuwarten war zum einen - so hat es Herr Fröhlich in der Pressekonferenz geäußert - der Umstand, dass gerade durch die Pressemitteilung zu dem Verfahren „Spade“ die Staatsanwaltschaft fest damit rechnete, dass dies auch Herrn Edathy als Information erreicht hatte und er, da er ja selbst wusste, dass er dort in diesem Verfahren bei dieser Firma Bestellungen vorgenommen hatte, in dem Augenblick auch damit rechnen musste, dass Ermittlungen gegen ihn aufgenommen werden würden.
Zum anderen liegt es daran, dass man die anderen gleichgelagerten Verfahren abwarten wollte, um die Verfahren im Gleichschritt abzuarbeiten. Weder ein Bonus noch ein Malus für Herrn Edathy.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Er sollte die Beweise vernichten kön- nen!)
Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage kommt ebenfalls von der Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Ulf Thiele noch einmal, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Justizministerin gestern in der Aktuellen Stunde sagte, sie sehe keine grundsätzlichen Fehler bei der Staatsanwaltschaft Hannover im Ermittlungsverfahren Edathy, frage ich die Landesregierung: Wie bewerten Sie, dass laut dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich die Entscheidung zur Eröffnung des Ermittlungsverfahrens am 28. Januar 2014 getroffen wurde, das Fertigen des Schreibens an den Bundestagspräsidenten zur Anzeige des Ermittlungsverfahrens aber dann bis zum 6. Februar, also neun Tage, benötigte, und das vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie selbst gerade gesagt haben, dass die Staatsanwaltschaft davon ausgehen musste, dass er aus der Berichterstattung über das Ermittlungsverfahren in Kanada über diese Sachverhalte im Detail informiert und alarmiert gewesen sein könnte?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die internen Abläufe zwischen dem 28. Januar 2014 und dem 6. Februar 2014 kann ich Ihnen im Einzelnen nicht darlegen. Es handelte sich ja um Entscheidungen, die für sämtliche Verfahren gleichlautend getroffen werden sollten.
(Jens Nacke [CDU]: Sie haben damit nichts zu tun? Sie haben keine Ver- antwortung? „Ich weiß von nichts!“?)
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Was machen Sie im Ministerium den gan- zen Tag? - Gegenrufe von der SPD - Das ist unverschämt! - Ich würde mich schämen!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Leitende Oberstaatsanwalt Fröhlich in der Pressekonferenz erklärt hat, dass er fassungslos darüber sei, dass breite Teile der Polizei und der Innenministerien sich mit dem Fall beschäftigt hätten, bevor die Justiz überhaupt in den Besitz der Strafakte gekommen sei, und vor dem Hintergrund, dass offensichtlich Bestandteile des Ermittlungsverfahrens der Öffentlichkeit aus den Akten bekannt geworden sind - in einem Detaillierungsgrad, der erstaunlich ist -, frage ich, was eigentlich der Innenminister Pistorius Mitte Oktober dann unternommen hat, um die Vertraulichkeit des Verfahrens tatsächlich sicherzustellen, nachdem ihm ja klar gewesen sein musste, dass das vom BKA über das LKA bis zur PI Nienburg gegangen ist und niemandem aufgefallen war, dass es sich um den Abgeordneten Edathy handelt, nachdem ihm also klar gewesen sein muss, da ist mit einer mangelnden Sensibilität vorgegangen. Was hat er in dem Moment dann getan, um die Vertraulichkeit sicherzustellen, und mit wem hat er dann eigentlich in welcher Weise über dieses Verfahren gesprochen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Birkner, wie schon mehrfach in der Öffentlichkeit ausgeführt und gestern auch von der Justizministerin in ihrer Stellungnahme in der Aktuellen Stunde dargelegt, bin ich Ende Oktober, in der zweiten Oktoberhälfte vom Polizeipräsidenten über den Umstand informiert worden, den Sie gerade noch einmal dargestellt hatten, nämlich dass es ein bundesweites Ermittlungsverfahren gibt, in das auch Herr Edathy involviert sein könnte. Weitere Einzelheiten sind nicht mitgeteilt worden, und ich habe auch nach keinen weiteren Einzelheiten gefragt, weil es gar nicht meine Aufgabe ist, mich um Ermittlungsverfahren der Polizei zu kümmern, wenn ich darauf hinweisen darf. - Erste Bemerkung.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Natür- lich nicht! - Jörg Hillmer [CDU]: Wes- sen Aufgabe ist es?)
Ich will außerdem auf den Umstand hinweisen, meine Damen und Herren, dass sich die Zeitspanne, die Sie als „lange Zeitspanne“ beschreiben, die man gebraucht hat, um zu erkennen, um was und um wen es hier geht, tatsächlich, wenn meine Informationen richtig sind, auf maximal 24 Stunden beläuft: vom Eingang der Informationen aus dem BKA beim LKA, Weitergabe vom LKA an die örtlichen Behörden, Blick in die Liste jeweils vor Ort, Reaktion PI Nienburg an das LKA - „da steht ein Bundestagsabgeordneter auf der Liste“ -, Weitergabe an das BKA und dann die entsprechenden weiteren Schritte. Das alles hat sich innerhalb von 24 Stunden abgespielt.
Ich hatte zu dem Zeitpunkt überhaupt keinen Anlass anzunehmen - und habe ihn bis heute nicht -, dass die Polizei in Niedersachsen sich nicht an Recht und Gesetz hält und sich insbesondere nicht an die ihr obliegenden Dienstpflichten - und dazu gehören die Geheimhaltungspflichten - hält. Dazu habe ich nicht den geringsten Anlass, meine Damen und Herren!
Und ich füge hinzu: Herr Dr. Birkner, ich finde es ein bisschen skurril - wenn ich das mal so sagen darf -, dass eine Partei, die bis vor einem Jahr noch selbst in der Regierungsverantwortung stand, die Polizei unter einen derartigen Generalverdacht stellt, als dass es notwendig wäre, irgendwelche vertraulichen Maßnahmen anzuordnen.
(Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Wer hat das gesagt? - Christi- an Dürr [FDP]: Er hat doch Herrn Fröhlich zitiert! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
- Meine Damen und Herren, Sie haben mir die Frage gestellt, was ich unternommen habe. Es gab gar keine Veranlassung, die Vertraulichkeit in besonderer Weise zu sichern.
Es gibt doch klare Regelungen für die Polizei zur Dienstpflicht und zur Geheimhaltung. Es gibt überhaupt keine Veranlassung, die infrage zu stellen,
schon gar nicht prophylaktisch. Auch für mich gab es diese Veranlassung nicht, meine Damen und Herren.
Ich würde ja gerne, aber die Aufregung scheint größer zu sein als das Interesse an der Wahrheit. Lassen Sie mich doch einfach - - -
Es gab keine Veranlassung, meine Damen und Herren, der Polizei zu misstrauen. Und jeder Anruf des Ministers - - -
- Ich sage doch gar nicht, dass Sie das sagen. Ich sage, dass ich keine Veranlassung gesehen habe - Punkt. Hören Sie doch einfach zu!
(Christian Dürr [FDP]: Sie haben ge- sagt, wir hätten einen Generalver- dacht! - Jens Nacke [CDU]: Das ist ja ein Amtsversagen!)
Ich habe keine Veranlassung gesehen, irgendjemanden anzuhalten, die Vertraulichkeit und die Geheimhaltungspflichten einzuhalten. Dazu gab es keine Veranlassung, und sie gibt es nicht. Es gibt bis heute keinen Anhaltspunkt dafür, aus welcher Quelle die Information - wenn es überhaupt eine gegeben hat - an Herrn Edathy gekommen ist.
Deswegen, meine Damen und Herren, ist es völlig eindeutig: Die Polizei verhält sich rechtstreu, übrigens genauso wie diese Landesregierung.