Protocol of the Session on March 13, 2013

Herr Minister, ich darf Sie unterbrechen. Herr Kollege Bode möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu?

Von Exkollegen zu Kollegen?

(Zuruf: Was denn nun?)

- Nein, das macht doch keinen Sinn. Ehemalige Minister sollen nicht Minister fragen. Das gehört sich nicht. Das machen wir nicht. So viel Stil sollte man in diesem Haus haben, finde ich.

(Zurufe)

- Nein, das macht man nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht ist die Stilfrage auch die Frage, die Sie im Haus ganz vorneweg stellen sollten. Vielleicht sollten Sie einmal überlegen, ob Sie so, wie Sie sich heute Morgen schon benommen haben, diese Stilfrage wirklich erfüllen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU] meldet sich zu Wort)

- Jetzt hat er sich die Frage von Herrn Bode geholt.

(Heiterkeit)

Herr Minister, ich muss Sie jetzt fragen, ob Sie die Zwischenfrage von dem Kollegen Thiele zulassen?

Ich werde die Frage von Herrn Bode aus dem Mund von Herrn Thiele ebenfalls nicht zulassen.

(Björn Thümler [CDU]: Das zeigt, wie kleinkariert du bist! Das ist ganz klei- nes Karo!)

Ich möchte gerne meine Ausführungen fortsetzen. Wenn Sie aber am Ende der Ausführungen noch Fragen haben, stehe ich dafür sehr gerne zur Verfügung. Wir werden am Ende eine realistische Liste mit Projekten anmelden - vielleicht sollten Sie zuhören, damit Sie die richtigen Fragen stellen können -, ohne dass ich hier überhaupt von radikalen Streichungen reden will. Wir werden kein Projekt ohne die Beteiligung der betroffenen Landkreise und Kommunen streichen. Möglicherweise sind einige dabei, die gar nicht gewollt sind.

Betonen möchte ich folgenden Punkt: Vollkommen falsch wäre es - wie die abgewählte Landesregierung -, den Eindruck zu erwecken, als würden alle von uns angemeldeten Projekte am Ende verwirklicht. Das wird auch bis 2030 nicht der Fall sein, sondern mindestens 50 oder 100 Jahre dauern, je nachdem, wie weit diese Liste überhaupt abgearbeitet werden kann.

(Gabriela König [FDP]: Das haben wir in der Vergangenheit oft genug gese- hen!)

Das letzte Wort zu allen Vorhaben hat der Bund. Er wird bei der Prüfung sowohl finanzielle als auch verkehrspolitische Maßstäbe ansetzen. Die generelle Haltung der Landesregierung will ich aber nicht verschweigen: Erhalt und Sanierung des Bestandes gehen vor Neubau. Das ist eine große und wichtige Herausforderung. Lassen Sie mich die Zahlen noch einmal nennen: 500 Millionen Euro ist der geschätzte Bedarf für Ingenieurbauwerke - also Brücken und Bundesfernstraßen - in Niedersachsen.

(Gabriela König [FDP]: Das wissen wir!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen Sie, dass wir in Niedersachsen zukünftig Brücken für den Verkehr sperren müssen, die Logistik in diesem Land verkomplizieren und nicht mehr möglich machen können, weil Sie nicht bereit sind, in den Erhalt zu investieren? Das kann nicht Ihre Vorstellung sein. Stimmen Sie uns zu! Erhalt ist wichtig, und es muss investiert werden.

Herr Minister, von dem Kollegen Hilbers liegt ein Wunsch auf eine Zwischenfrage vor. Ich muss Sie

pflichtgemäß fragen, ob Sie diese Frage zulassen möchten.

Gerne am Ende meiner Ausführung. Ich glaube, dass ist jetzt wenig hilfreich. Meine Haltung zu den Autobahnprojekten ist klar und eindeutig.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ich sitze doch weit weg von Herrn Bode!)

Für mich sind die A 20 und die A 39 wichtige - ich betone: besonders wichtige - Projekte. Auch die E 233 habe ich bisher an jeder Stelle als notwendig dargestellt, und dabei werde ich auch bleiben.

(Ronald Schminke [SPD]: Auch die A 7!)

Mit der A 20 in Niedersachsen und der Weiterführung entlang der Ostseeküste in MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein und der geplanten Elbquerung in Glückstadt wird eine durchgängige Fernstraßenverbindung vom Baltikum bis zu den westeuropäischen Staaten entstehen. Eine Einbindung ins transeuropäische Netz macht die besondere Bedeutung dieser Strecke deutlich.

(Gabriela König [FDP]: Die A 26 fällt unter den Tisch!)

Neben der A 20 ist aus meiner Sicht auch der Neubau der A 39 von Lüneburg nach Wolfsburg mit rund 105 km ein ebenso wichtiges Infrastrukturvorhaben für Niedersachsen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Selbst bei optimistischer und optimaler Planung - ich habe vorhin die Zahlen der Abarbeitung genannt - ist es nicht möglich, allein aus Mitteln des Hauptbautitels vor 2018 damit zu beginnen. Die ehrliche Aussage ist es zu sagen, wann etwas möglich ist. Die unehrliche Aussage der Vergangenheit war es, mit Spatenstichen Leuten zu suggerieren, man würde mit Maßnahmen beginnen, die aber überhaupt nicht durchfinanziert sind. - So machen wir keine Verkehrspolitik für Niedersachsen.

(Unruhe - Jens Nacke [CDU]: Wo ha- ben Sie das denn gesehen? - Gabrie- la König [FDP]: Ich kann mich wirklich nur wundern! - Reinhold Hilbers [CDU]: Wie war das in Soltau mit dem Finanzamt? - Jens Nacke [CDU]: Herrn Will müssen Sie das mal erklä- ren! Der hat eben gesagt, wir hätten nichts gebaut!)

Vielleicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es an dieser Stelle auch einmal notwendig, Ihnen den weiteren Ablauf zu erklären.

Die Kabinettsinformation am 18. Dezember 2012 - die, wie ich bereits erwähnt habe, den falschen Eindruck erweckt hat, eine Liste sei beim Bundesverkehrsministerium angemeldet worden - war der erste Schritt. Jetzt steht im Wirtschaftsministerium die Überprüfung der 65 noch zu überprüfenden Vorhaben an. Das wird von uns abgearbeitet. Vor der Sommerpause werde ich das Kabinett über die abschließende Liste unterrichten. Diese wird dann auch - übrigens wieder öffentlich - ins Internet gestellt. Die Meldung der Projekte ans BMVBS wird bis September 2013 über eine webbasierte Datenbank erfolgen. Das ist also auch für alle zugänglich.

Bis Ende 2013 werden wir eine landesinterne Plausibilisierung mit Vergleichsdaten zur Bundesbewertung aufstellen. Ich will Ihnen einmal den Entscheidungshorizont darstellen, der Ihnen nicht bewusst ist:

(Gabriela König [FDP]: Die süddeut- schen Bundesländer werden sich freuen! Die konnten schon früh genug zugreifen!)

In den Jahren 2014/2015 wird die Bewertungsphase des Bundes einsetzen. Der Referentenentwurf ist für 2015/2016 geplant. Er wird 2016 in Berlin durch Kabinettsbeschluss in den Bundestag eingebracht, sodass quasi erst nach der Verabschiedung im Bundestag - deswegen ist das auch der richtige Begriff - der Bedarfsplan für Bundesfernstraßen vorliegt. Das zeigt, über welchen Zeithorizont wir verfügen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich könnte noch eine Menge zur Frage der Entflechtungsmittel sagen. Ich glaube aber, dass Herr Will bereits alles dazu gesagt hat. Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung am Schluss.

(Ronald Schminke [SPD]: Wir wollen noch was zur A 7 hören! - Gabriela König [FDP]: Die A 7 fällt unter den Tisch, wie alles andere auch!)

Wie Sie sehen und, glaube ich, auch an den Ausführungen deutlich erkennen konnten, wäre Ihr Antrag, meine Damen und Herren, nicht notwendig

gewesen. Aber er stört auch nicht, solange von Niedersachsen ein deutliches Signal an den Bund ausgeht und Störfeuer und Hiobsbotschaften, wie sie bisher von Ihrer Seite gekommen sind, uns bei der Entscheidung, die in Berlin getroffen wird, nicht schaden. Bitte achten Sie darauf im Sinne der niedersächsischen Infrastruktur. Ich glaube, dass ist Ihnen in den letzten Wochen etwas abhanden gekommen.

Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die CDU-Fraktion hat noch eine Restredezeit von 1:56 Minuten. Da der Herr Minister die für die Landesregierung vorgesehene Redezeit um rund 9 Minuten überzogen hat, erteile ich dem Kollegen Bley, der sich zu Wort gemeldet hat, aus Gründen der Fairness nicht nur das Wort für die Restredezeit, sondern runde sie auf 6 Minuten auf. Zudem erteile ich Herrn Bode, der auch ergänzende Redezeit in Anspruch nehmen will, 3 Minuten. In dieser Reihenfolge, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Lies, ich glaube, Sie sind nicht so weit von der Vernunft entfernt, dass wir uns nicht doch irgendwann auf ein ordentliches Ergebnis einigen.

(Unruhe - Johanne Modder [SPD]: Sehen Sie! Warum dann immer so di- cke Backen machen? - Jens Nacke [CDU]: Die Grünen halten nur auf!)

Weswegen sind wir überhaupt tätig? - Gott sei Dank gibt es Medien. Wenn wir etwas in den Medien lesen und das parlamentarisch nicht aufgreifen, dann haben wir etwas versäumt. Das, was Sie und die Grünen zum Ausdruck gebracht haben, gibt uns genügend Anlass, tätig zu werden. Aber auch die Bevölkerung hat große Sorgen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen haben wir gesagt: Keiner traut diesem Braten. Vielleicht kennen Sie die Ems-Zeitung vom 12. März. Die Kollegen im Emsland oder in Meppen schreiben, dass sich die Grünen wegen der E 233 an den Minister Lies wenden. Sie sehen das kritisch und stellen das Kosten-Nutzen-Verhältnis in Frage. Deswegen haben wir - mit Sicherheit

nicht unberechtigt - Sorge, dass der Minister einknicken könnte. Gestern war in der Presse zu lesen: „Entscheidung über Küstenautobahn fällt erst 2015.“ Minister Lies macht die A 20 von der Zustimmung der Grünen und von der Finanzierung des Bundes abhängig. Das ist ja das, was wir mit Sorge sehen. Hauen Sie auf den Tisch, Herr Lies, wenn Sie dafür sind, wie Sie soeben gesagt haben, und überlassen Sie das nicht den Grünen, die möglicherweise lieber auf die Schiene setzen! Hier haben Sie gesagt, Herr Lies: Die 65 Vorhaben müssen erst geprüft werden. Wir werden die Liste zusammenstreichen. - Das ist die Liste, die Sie zusammenstreichen wollen.