Protocol of the Session on February 26, 2014

Zwei Fraktionen - für sie haben Frau Modder und Herr Limburg gesprochen - haben hier eine bestimmte Erwartungshaltung an einen Debattenredner mit der Bitte um Entschuldigung gerichtet.

Sie haben die Reden der Fraktionen der CDU und der FDP in der Erwiderung auf die Geschäftsordnungswortmeldung gehört.

Frau Modder, bleiben Sie bei Ihrem Antrag?

(Johanne Modder [SPD]: Ja!)

- Das ist so.

Meine Damen und Herren, dann lasse ich über den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf sofortige Einberufung des Ältestenrates abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer widerspricht diesem Antrag? - Ich stelle fest, das Erste war die Mehrheit.

Der Ältestenrat wird damit mit sofortigem Sitzungsbeginn - sagen wir einmal: um 10.45 Uhr, also in fünf Minuten, um eine kurze Pause des Besinnens zu haben - in den Raum 235 einberufen. Der Präsident wird diese Sitzung leiten.

Der Landtag setzt seine Sitzung später fort. Ich unterbreche sie aufgrund dieses Beschlusses auf unbestimmte Zeit, bis Sie durch ein Klingelzeichen zum Sitzungsbeginn gerufen werden.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung der Sitzung von 10.40 Uhr bis 11.25 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist 11.25 Uhr. Wir setzen, wie im Ältestenrat eben verabredet, die unterbrochene Plenarsitzung fort.

Ich kann Ihnen mitteilen, dass in der eben einberufenen Sondersitzung des Ältestenrats ein kurzer Protokollauszug über die streitigen Debattenbeiträge vorgelegen und es darüber eine Aussprache gegeben hat. - Das vorläufige Protokoll ist Ihnen allen nach den üblichen Bearbeitungszeiträumen demnächst zugänglich. - Im Ältestenrat hat es unterschiedliche Interpretationen des umstrittenen

Wortbeitrags und keine Einigung gegeben. Diese Feststellung teile ich Ihnen zunächst einmal mit.

Im Ältestenrat ist verabredet worden, dass wir jetzt in der Aktuellen Stunde Tagesordnungspunkt 2 c) in der Reihenfolge der Wortmeldungen fortsetzen, wozu wir jetzt kommen.

Als nächster Redner ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Limburg an der Reihe, dem ich das Wort erteile.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der teilweise heftigen und emotionalen Debatte - wir haben es gerade hier im Landtag wieder erlebt - rund um die Causa Edathy hat es eine Vielzahl sich teilweise widersprechender Mutmaßungen und Anschuldigungen gegeben. Herr Thümler hat diesen Anschuldigungen gerade eben neue hinzugefügt.

Herr Thümler, Sie haben der Niedersachsen-SPD erstens vorgeworfen, sie würde systematisch täuschen, vertuschen und sie habe kein Mitgefühl mit den Opfern gezeigt. Beides ist ausweislich des Redebeitrags von Herrn Tonne absurd, grotesk und falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist bedauerlich, dass Sie als Möchtegernspitzenkandidat nicht die Größe haben, sich hier dafür zu entschuldigen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zweitens haben Sie die Frage aufgeworfen, Herr Thümler, ob die niedersächsische Justiz die Frau Justizministerin eigentlich noch ernst nimmt. Das ist aus meiner Sicht überhaupt nicht die Frage. Ich habe überhaupt keine Veranlassung, daran zu zweifeln. Die Frage ist aber in der Tat, ob die niedersächsische Justiz Herrn Thümler mit seinen Einlassungen in den vergangenen Wochen und heute hier noch ernst nehmen kann, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Drittens hat der große Rechtspolitiker Herr Thümler hier gerade vom Rednerpult des Niedersächsischen Landtags, aus der Legislative heraus, der Staatsanwaltschaft Hinweise und Maßgaben mitgegeben, wie sie gefälligst vorzugehen hat. Herr Thümler, die Staatsanwaltschaft Hannover braucht

Ihre Ratschläge nicht. Lassen Sie endlich die Staatsanwaltschaft in Ruhe ihre Arbeit machen, Herr Kollege!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich betone: Bei allen öffentlichen Anschuldigungen und Unterstellungen handelt es sich zum größten Teil um Mutmaßungen.

Da ist z. B. der Vorwurf, der hier wiederholt worden ist, Sebastian Edathy habe doch mit Sicherheit einen Tippgeber aus den Reihen der Politik gehabt. Meine Damen und Herren, das kann so gewesen sein, möglich ist aber auch etwas anderes. Möglich ist, dass Herr Edathy nach den weltweiten Medienberichten Anfang November über die Zerschlagung des Kinderpornorings selbst auf die Idee gekommen ist, dass er als langjähriger Kunde in den Fokus der Ermittlungen kommen könnte.

Im Rechtsausschuss ist uns - im Übrigen durch den Herrn Staatssekretär; er war im Rechtsausschuss und hat selbstverständlich alle Fragen beantwortet - bestätigt worden, dass der Anwalt von Herrn Edathy erst Ende November, also lange nach der öffentlichen Berichterstattung, bei der Staatsanwaltschaft Hannover angefragt hat, ob dort gegen ihn ermittelt werde.

Bewiesen ist bislang lediglich, dass der damalige Bundesinnenminister, Herr Friedrich, bekanntlich ein Mitglied der CSU, Herrn Gabriel über die Causa Edathy informiert hat. Die Konsequenzen daraus hat Herr Friedrich ja mit seinem Rücktritt ziehen müssen. Die Konsequenzen hat auch die Staatsanwaltschaft gezogen, indem sie heute Ermittlungen gegen Ihren frühren Bundesinnenminister eingeleitet hat, meine Damen und Herren.

Klar ist in der Tat auch - auch das ist schon öffentlich gesagt worden -, dass der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius bereits Ende Oktober von der Angelegenheit erfuhr, und zwar auf dem ganz normalen Dienstweg, nämlich durch eine Mitteilung des zuständigen Polizeipräsidenten an ihn als Dienstvorgesetzten. Dies alles wurde im Übrigen durch eine Mitteilung von Herrn Pistorius selbst öffentlich.

Ich kann da weder Vertuschung noch irgendeinen Ansatz eines Skandals erkennen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, die CDU Niedersachsens hat - Herr Thümler hat es gerade eben wieder getan - allen Ernstes gefordert, die Frau Justizministerin möge der Staatsanwaltschaft Hannover das Verfahren Edathy entziehen und einer anderen Staatsanwaltschaft zuweisen. Die Grundlage für diese Forderung bleibt trotz Ihrer Beiträge heute völlig im Dunkeln.

Es ist ja nicht so, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Arbeit einer Staatsanwaltschaft im kontrollfreien Raum stattfände. Die Hausdurchsuchung bei Herrn Edathy ist von einem Gericht angeordnet worden. Diese und die Pressekonferenz des leitenden Oberstaatsanwalts sind gegenwärtig Gegenstand einer Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle. Das ist das ordnungsgemäße und vorgesehene Verfahren. Auch Sie von der CDU sollten doch Vertrauen in die Generalstaatsanwaltschaft und diese Prüfung haben und diese Prüfung erst einmal abwarten, bevor Sie hier mit voreiliger Lautsprecherei auftreten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Schließlich kritisieren Sie, dass die Frau Justizministerin am vergangenen Freitag keine Zeit in ihrem Terminkalender gefunden hat, um auf eine Einladung, die wohl am Donnerstagnachmittag - also wenige Stunden vorher - erfolgte, nach Berlin zu eilen, um dort genau das zu erklären, was sie in der Öffentlichkeit und was ihr Staatssekretär im Rechtsausschuss des Niedersächsischen Landtags in öffentlicher Sitzung erklärt haben.

Lieber Herr Kollege Nacke, dass Sie daraus schlussfolgern, es müsse irgendetwas zu verbergen geben, ist wieder einmal abwegig und grotesk. Das ist offensichtlich von Ihnen bereits im Vorfeld konstruiert und mit Ihrem Parteikollegen Bosbach abgesprochen worden. In dieser Woche wird jemand aus dem Justizministerium nach Berlin fahren und selbstverständlich - genau wie hier im Landtagsrechtsausschuss - alle offenen Fragen klären.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es bleibt festzuhalten, meine Damen und Herren: Die Landtagsopposition konstruiert Skandale der Niedersächsischen Landesregierung, weil sie offensichtlich inhaltlich an deren Arbeit überhaupt nichts auszusetzen hat. Zumindest in diesem letz

ten Punkt besteht Einigkeit in diesem Hohen Hause.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Tonne.

(Zurufe: Limburg!)

- Entschuldigung, Herr Kollege Limburg! Mir liegt hier noch eine Wortmeldung vor, und deshalb habe ich das eben in Gedanken falsch gelesen. Ich bitte um Entschuldigung.

Das Wort hat jetzt für die Landesregierung die Justizministerin Frau Niewisch-Lennartz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte Sie über die wesentlichen Verfahrensschritte in dem Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy unterrichten.

Seit dem Jahr 2010 ist in Kanada ein umfangreiches Ermittlungsverfahren um Kinderpornografie geführt worden. Dort wurden Besteller aus fast 100 Staaten ermittelt, darunter 800 mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland.

Das BKA hat dieses Material ab Juni 2012 aufgearbeitet. Am 15. Oktober 2013 wurden die 16 Landeskriminalämter dann um Erkenntnisabfragen zu den Bestellern ersucht. Die PI Nienburg wies am gleichen Tage das BKA auf den Abgeordnetenstatus der Person Edathy hin und informierte den Polizeipräsidenten Kruse. Dieser informierte fernmündlich den Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport, Herrn Boris Pistorius.

Am 5. November 2013 erreichte der Vorgang Edathy über die Generalstaatsanwaltschaft Celle die Staatsanwaltschaft Hannover. Diese führte den Vorgang zunächst als Vorermittlungsverfahren, in dem geprüft wird, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Das Bundeskriminalamt hatte das von Herrn Edathy in Kanada bestellte Material - für sich genommen - noch nicht als tatbestandlich gewertet.

Ein Anfangsverdacht ist Bedingung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Diese Schwelle schützt die Bürgerinnen und Bürger vor Strafverfolgungsmaßnahmen, die nur auf Vermutungen beruhen. Sie ist in unserem Rechtsstaat deswegen