Protocol of the Session on December 11, 2013

Mit dieser Vereinbarung wird ein Schlussstrich unter die Malaise einer Zukunftsindustrie gezogen. Wir haben jetzt die Chance, Offshore in Niedersachsen tatsächlich auszubauen, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Damit ist die Besprechung zu Punkt c beendet.

Ich eröffne die Besprechung zu:

d) Chlorhähnchen und Genfood demnächst auch auf unseren Tellern? Freihandelsabkommen gefährdet Verbraucherschutzstandards! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1007

Zu Wort gemeldet hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Staudte. Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Seit Juli 2013 verhandeln EU-Kommission und USA über ein Handels- und Investitionsabkommen mit dem sperrigen Namen „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, kurz TTIP. Es gibt erschreckende Hinweise darauf, was dort verhandelt wird. Ganz genau weiß man nicht, was zur Debatte steht. Denn abgesehen von den 600 zugelassenen Beratern der Großkonzerne - und der NSA natürlich - finden diese Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und auch unter Ausschluss des Europäischen Parlaments statt. Das ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die grüne Europafraktion hatte sich im Sommer gegen die Eröffnung dieser Verhandlungen ausgesprochen. Man muss auch jetzt kritisch hinterfragen, ob eigentlich weiterverhandelt werden kann, wenn im Raum steht, dass die NSA die EU-Delegation abhören könnte. Man muss sich das einmal bei anderen Verhandlungen vorstellen,

etwa wenn bei den Koalitionsgesprächen in Berlin herauskäme, dass das Willy-Brandt-Haus das Konrad-Adenauer-Haus abhört oder umgekehrt. Ich finde, man muss da wirklich ein ganz großes Fragezeichen machen.

(Björn Thümler [CDU]: Wer weiß, wer weiß!)

- Wir haben im Moment keine Hinweise darauf. Können Sie etwas zur Sache beitragen?

(Björn Thümler [CDU]: Nein!)

- Nein, okay.

(Björn Thümler [CDU]: Ich weiß es nicht! Ich schließe das nicht aus!)

Nun zurück zum Inhalt dieses Abkommens. Bei diesem sogenannten Freihandelsabkommen geht es nicht vor allem um den Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen, sondern um die Angleichung der Regelungen der jeweiligen Binnenmärkte der EU und der USA.

Das birgt natürlich ganz erhebliche Risiken, gerade für die Standards im Bereich Verbraucherschutz. Die USA kennen z. B. keine Kennzeichnung für genmanipulierte Lebensmittel. Das sind für die Amerikaner lediglich wissenschaftlich unbegründete Handelshemmnisse.

Auch das Haltbarmachen von Hähnchenfleisch mit Chlor ist in den USA erlaubt, in der EU glücklicherweise verboten. Wenn wir nun unsere Märkte für dieses Chlorfleisch öffnen würden, würde das unweigerlich dazu führen, dass auch in der EU gechlort werden dürfte, um eben Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen. Selbstverständlich würde das auch passieren; denn das Chloren ist nun einmal die billigere Variante, wenn man gegen Salmonellen etc. vorgehen möchte.

Gleiches gilt auch für den Einsatz von Hormonen in der Tiermast: in der EU verboten, in den USA erlaubt. Wir wollen in Deutschland und in Niedersachsen aber keine Chlorhähnchen, keine mit Hormonen vollgestopften Turbotiere, kein Fleisch von geklonten Schafen und keine Gentechnik. Wir können nicht zulassen, dass unsere zweifellos verbesserungswürdigen, aber gegenüber den USA dennoch sehr, sehr hohen Verbraucherschutzstandards auf dem Altar der Liberalisierung und der Globalisierung geopfert werden.

Wir fordern deswegen von der Bundesregierung, dass sie klar und deutlich zum Ausdruck bringt, dass es ohne Sicherung der europäischen Stan

dards im Bereich des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit kein Freihandelsabkommen geben kann, wie es letztendlich auch der Bundesrat schon im Juni gefordert hat, bevor die Verhandlungen begonnen haben.

Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit diesem Thema macht mir der Koalitionsvertrag auf Bundesebene durchaus Sorge. Da heißt es zum Thema Freihandelsabkommen, man werde auf den Erhalt der europäischen Standards Wert legen. Ich muss sagen: Die Formulierung „Wert legen“ könnte durchaus schärfer sein. Ich denke, wir müssen darauf bestehen, dass diese Standards so, wie sie jetzt sind, erhalten bleiben und dass man sich im Zweifel immer für die höheren Standards entscheidet.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Wir müssen auch gewährleisten können, dass sogenannte Investorstaatsklagen in diesem Abkommen definitiv ausgeschlossen werden. Es wäre quasi ein gefundenes Fressen für Genkonzerne wie Monsanto, wenn sie in Zukunft die Staaten vor private Schiedsstellen zerren, dort verklagen und immensen Schadensersatz eintreiben könnten.

Wir haben den Schwerpunkt unserer Aktuellen Stunde bewusst auf den Bereich Lebensmittelsicherheit gelegt. Ich will aber darauf hinweisen, dass das Gleiche auch für den ganzen Bereich der Sozialstandards gilt. Letztendlich würden die Errungenschaften des 20. Jahrhunderts im sozialen Bereich mit einem Schlag abgeräumt werden. Gleiches gilt auch für die Umweltstandards und für das Thema Datensicherheit. Da wird versucht, ganz elementare Bereiche aus dem gescheiterten ACTA-Abkommen durch die Hintertür wiederzubeleben.

Das eigentlich wirklich Fatale in diesem ganzen Bereich ist: Jede Bestimmung, die einmal beschlossen ist, könnte nur geändert werden, wenn alle Unterzeichnerstaaten zustimmen würden. Es ist quasi ein irreversibles Abkommen. Le Monde diplomatique spricht nicht umsonst von einer Art Staatsstreich.

Ich denke, wir brauchen hier ganz klare Bedingungen. Es dürfen keine Geheimverhandlungen geführt werden, an denen Verbraucherschützer und Verbände nicht beteiligt sind und an deren Ende ein Ergebnis verkündet wird, das das tägliche Leben von Bürgerinnen und Bürgern massiv beeinträchtigt.

Die europäischen Standards in den Bereichen Lebensmittelsicherheit und Umweltschutz müssen auch weiterhin gewährleistet sein und dürfen nicht von Konzernen vor private Schiedsstellen gezerrt werden können.

Uns Grünen ist es wichtig, dass dieses Signal insbesondere vom Agrarland Niedersachsen ausgeht, noch bevor die neue Bundesregierung an den Start geht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. - Für die SPDFraktion hat nun Herr Kollege Schminke das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei den Verhandlungen über ein Transatlantisches Freihandelsabkommen geht es in hohem Maße auch um Verbraucherrechte und um die Angleichung von Standards; denn hier soll mit der Wirtschaftskraft von fast 22 Billionen Euro durch Europa und die USA die größte Freihandelszone der Welt geschaffen werden. Das birgt natürlich Gefahren. Darum lehnen wir das zwar nicht grundsätzlich ab, aber formulieren wir natürlich unsere Ansprüche sehr konkret.

Meine Damen und Herren, wir sollten den Bürgerinnen und Bürgern schon die immensen Gefahren aufzeigen, die in fast allen Bereichen auf die Verbraucher zukommen. Wir müssen höllisch aufpassen, dass die in Europa gültigen Sozial-, Umwelt-, Verbraucherschutz-, Lebensmittel-, Gesundheits-, Datenschutz- und Industriestandards auch erhalten bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns stört massiv, dass die Bürger rechts und links des Atlantiks ausgesperrt sind. Lediglich 600 offizielle Berater von Großunternehmen haben Zugang zu Entscheidungsträgern und zu Dokumenten. Das kann nicht so bleiben. Dahin müssen wir auch kommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wollen mitbestimmen; denn es geht um Lebensmittel- und Produktsicherheit, Energieversorgung, Emissionshandel, Klimapolitik, Rohstoffe, Internetrechte, Datenschutz - in Europa übrigens ein Grundrecht -, das Recht auf Privatsphäre, Sicherheits-, Umwelt- und Gesundheitsregeln, Rech

te von Biounternehmen gegenüber Großkonzernen wie z. B. Monsanto - davon hat man ja schon viel gehört - sowie die Verwendung von genveränderten Produkten. Es geht um die Zulassung von chlorbehandeltem Hühnerfleisch. Meine Kollegin hat das gerade ausgeführt. Die Geflügelwirtschaft schreit übrigens um Hilfe. Ich bin gespannt, wie die CDU damit umgeht. Diesen Fall hatten wir bisher noch nicht. Das ist auch neu.

Es geht auch mal wieder, meine Damen und Herren, um Finanzstrukturen, Kapitalverkehr und Investitionspartnerschaften sowie um Sonderklagerechte für Großkonzerne, die wir so natürlich auch nicht hinnehmen wollen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das sind unsere Themen. Da lassen wir uns nicht einfach aussperren oder den Mund verbieten. An diese Themen müssen wir heran! Es geht um die Rechte mündiger Verbraucher. Wir müssen jetzt Offenheit und Beteiligung einfordern. Sonst werden wir am Ende in Sack und Tüten verkauft.

Wir brauchen Regeln. Ohne Regeln funktioniert das alles nicht. Sonst führt der Freihandel zur menschen- und umweltfeindlichen Deregulierung.

Wir wollen kein Genfood, kein Hormonfleisch und kein Sozialdumping. Den mühsam erkämpften ökologischen Fortschritt der letzten Jahrzehnte lassen wir uns nicht im Handstreich durch profitorientierte Großkonzerne wegnehmen.

Rot-Grün hat mit der Drucksache 17/458 einen Antrag formuliert, in dem das Land Niedersachsen aufgefordert wird, gegenüber der Bundesregierung massiv tätig zu werden. Dieser Antrag findet auch - so ist zu hören - die Zustimmung von CDU und FDP. Ich finde das gut. Denn jetzt sind wir alle gefragt, meine Damen und Herren. Auch Gewerkschaften, NGOs, Umweltschützer und Politiker in allen europäischen Parlamenten müssen das Thema Freihandel und die geplante transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft jetzt nicht nur hier und heute, sondern auch ständig europäisch diskutieren.

(Zustimmung bei der SPD)

Eine Freihandelszone zwischen der EU und den USA haben wir doch faktisch eigentlich schon. Die Zölle spielen mit durchschnittlich 2,25 % keine nennenswerte Rolle mehr. Das ist alles nur vorge

schoben. Es geht wie immer um knallharte Geschäftsinteressen internationaler Großkonzerne.

Unser Anspruch ist, ein demokratisches Verfahren, die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Parlamente und ein hohes Maß an Transparenz für die Verbraucher zu schaffen.

Verehrte GroKo-Freunde, auch in Berlin müssen wir - - -

(Björn Thümler [CDU]: Wie bitte?)

- GroKo-Freunde.

(Björn Thümler [CDU]: Was ist das?)