Ich will ein zweites Beispiel nennen: Die Evaluierung der Haushaltsabgabe - also der ehemaligen Rundfunkgebühren - ist ein besonderes Thema, das gerade auch ganz extrem diskutiert wird. Herr Ministerpräsident Tillich hat sich dazu eingelassen, Frau Ministerpräsidentin Dreyer aus RheinlandPfalz auch. Die nehmen dieses Thema auf, sie greifen die Interessen auf. Es wäre auch Ihre Aufgabe, jetzt die Interessen des Landes Niedersachsen, der Niedersächsinnen und Niedersachsen, insbesondere auch der Unternehmen in unserer Region zu vertreten. Wir haben dazu einen Antrag gestellt. Wir hören nichts von Ihnen zu diesem Thema. Das ist schade. Auch das ist wichtige Vertretung in der Medienpolitik.
Muster 4: Politik in Kungelrunden. Wir mussten erleben, dass Sie, anstatt offen und transparent Ihre medienpolitischen Vorstellungen deutlich zu machen - auch darauf warten wir seit Langem; in diesem Jahr haben wir dort keine besonderen Erkenntnisse gewinnen können -, zu Kungelrunden einladen. Einmal mehr lädt die Staatskanzlei die Regierungsfraktionen zu Gesprächen ein, aber nicht die Oppositionsfraktionen. Sie wollen sich das nicht abgewöhnen, weil das Ihr Stil ist, in diesem Land zu regieren.
Heimlich, hinter verschlossenen Türen versuchen Sie, die unterschiedlichen Interessen der Regierungsfraktionen, der Regierungsparteien auszugleichen, um dann das abschließende Ergebnis wie Kai aus der Kiste springen zu lassen, ohne dass da noch etwas verhandelt werden kann, ohne dass da noch diskutiert werden kann - es sei denn, der Druck wird zu groß.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss abschließend festhalten: Herr Ministerpräsident Weil, im Herzen sind Sie kein Ministerpräsident. Im Herzen sind Sie Oberbürgermeister - „Oberbürgermeister für Niedersachsen“, wie es die Neue Osnabrücker Zeitung geschrieben hat. Das reicht eben nicht für die Erfordernisse dieses Landes.
Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Für die FDPFraktion hat nun Herr Dürr das Wort. Bitte! Für Sie beträgt die Restredezeit 5:34 Minuten.
(Petra Tiemann [SPD]: Das muss man nicht ausschöpfen! - Gegenruf von Anja Piel [GRÜNE]: Das ist jetzt aber ein frommer Wunsch!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das geht tatsächlich relativ knapp; denn wir müssen feststellen: Es gibt keine Medienpolitik dieser Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Weil, ich kann Ihnen das einmal anhand Ihres Koalitionsvertrages deutlich machen. Im Koalitionsvertrag steht:
„Die rot-grüne Koalition wird in Verhandlungen mit den anderen Bundesländern das Ziel verfolgen, bei der Besetzung der Rundfunk- und Verwaltungsräte sowie des Fernsehrats dem Prinzip der Staatsferne des Rundfunks stärker Geltung zu verschaffen.“
Wissen Sie was? - Die FDP-Fraktion hat eine Kleine Anfrage zu dem Thema gestellt. Sie haben das dankenswerterweise an so ziemlich 100 Verbände weitergeleitet, die Ihnen dann bei der Beantwortung geholfen haben.
Spannend fand ich die Antwort auf die Frage der Staatsferne, die Sie vollmundig im Koalitionsvertrag angekündigt haben. In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage steht auf Seite 3:
„Die Organisationsstruktur für den öffentlichrechtlichen Rundfunk sieht vor, dass die bei den jeweiligen Sendern eingerichteten plural besetzten Gremien die Aufsicht wahrnehmen. Die Landesregierung hat keine Veranlassung, diese Aufgabenverteilung in Frage zu stellen.“
Meine Damen und Herren, das zeigt mal wieder: Im Koalitionsvertrag das eine ankündigen, aber am Ende nicht handeln - das ist das Prinzip Ihrer Arbeit in der Staatskanzlei, Herr Ministerpräsident.
Das Gleiche gilt übrigens für das Thema „Entwicklung einer umfassenden Strategie Digitales Niedersachen“. Auf Seite 8 Ihres Koalitionsvertrages schreiben Sie zum Thema Medienpolitik:
„Die rot-grüne Koalition wird unter Berücksichtigung der vorgenannten Projekte die Legislaturperiode zur Entwicklung einer umfassenden Strategie ‚Digitales Niedersach
Ich habe seit dem Regierungswechsel im Februar nicht ein einziges Wort zum Thema „Digitales Niedersachsen“ von Ihnen gehört. Auch da, meine Damen und Herren, legen Sie die Hände in den Schoß. Auf diese umfassende Strategie warten wir bis heute.
Aber es gibt natürlich Themen, bei denen man sich als Ministerpräsident, weil man normalerweise - jedenfalls steht das im Geschäftsverteilungsplan der Landesregierung - für die Medienpolitik originär zuständig ist, eigentlich auch mal bundespolitisch äußern müsste. Herr Kollege Nacke hat es vorhin zu Recht gesagt: Insbesondere bei der Debatte um die Mehreinnahmen und der Debatte um die Haushaltsabgabe ist von Ihnen überhaupt nichts zu hören.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um 1 Milliarde Euro an Mehreinnahmen. Herr Tillich hat sich in dieser Frage geäußert. Frau Dreyer hat sich zu dieser Frage geäußert. Andere Ministerpräsidenten haben es auch bereits gesagt. Die KEF hat bereits angekündigt, dass es dort erhebliche Mehreinnahmen geben wird. Von Ihnen, Herr Weil, ist in dieser Frage gar nichts zu hören. Ihnen ist es völlig egal, ob die Niedersächsinnen und Niedersachsen, ob die niedersächsischen Unternehmerinnen und Unternehmer dort viel Geld bezahlen. Ihnen sind die Interessen des Landes an dieser Stelle egal. Das ist Ihnen vorzuwerfen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Beitragsstabilität: Wie geht es weiter mit dem öffentlichen Rundfunk? Wie könnte eine Reform der Haushaltsabgabe aussehen? Was bedeutet in Zukunft noch das Thema Grundversorgung? - In allen diesen Debatten, die medienpolitische Relevanz haben, die insbesondere auch bundespolitische Relevanz haben, findet die Staatskanzlei, findet dieser Ministerpräsident nicht statt.
Mir ist deshalb jetzt auch klar, warum die Medienpolitik in Ihrem Koalitionsvertrag tatsächlich nur eine halbe Seite umfasst. Das ist übrigens schon mehr, als Sie hier in den ersten zehn Monaten
Nein, das Plenum, weil Sie nicht mehr reagieren. Die Gespräche werden ungehemmt weitergeführt. Deshalb unterbreche ich jetzt für etwas Ruhe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist mir auch klar, warum die Medienpolitik nur eine halbe Seite umfasst. Sie haben hier tatsächlich in den ersten zehn Monaten faktisch medienpolitisch nichts gesagt.
Klar ist auch - deswegen auch mein Appell an Sie, Herr Ministerpräsident -: Nicht nur Akten lesen! Das ist das eine und sicherlich wichtig. Aber das andere ist, sich darüber hinaus medienpolitisch in die Debatte einzubringen.
Das gilt gerade beim Thema Haushaltsabgabe. Die Haushaltsabgabe in der Form, wie wir sie zurzeit haben - wir hatten die Debatten über den Staatsvertrag in der vergangenen Wahlperiode hier im Plenum -, ist zum Teil ungerecht und wird auf jeden Fall noch einmal angepasst werden müssen.
Wenn es hohe Mehreinnahmen für die öffentlichrechtlichen Sender gibt, dann müssen diese über eine Beitragssenkung an die Beitragszahler zurückgegeben werden. Das wäre eine klare Ansage an alle Menschen in Niedersachsen. Die fehlt bisher aus der Staatskanzlei, meine Damen und Herren.
desmediengesetz angefasst und gesagt: Wir wollen mehr Wettbewerb, auch gerade vor Ort, beispielsweise im lokalen Bereich. - Wir haben den privaten lokalen Rundfunk in Niedersachsen zugelassen. Das war wegweisend. Da sind einige Fernsehsender entstanden. Da sind einige Rundfunksender entstanden. Da ist mehr Wettbewerb, mehr Vorortberichterstattung entstanden. Das war wirklich ein Schub.
Ich würde mich freuen, wenn diese Landesregierung auch solche Themen aufnimmt und sich überlegt, wie man das Landesmediengesetz weiterentwickelt, z. B. vor dem Hintergrund von Apple, Google und allen diesen Diensten, die weit über die Landesgrenzen hinausreichen. Aber auch dazu ist von Ihnen nichts zu hören.
Gleichwohl darf ich am Ende des Tages mit einem versöhnlichen Satz schließen. In einem Bereich zumindest ist bewiesenermaßen die Medienpolitik in der Staatskanzlei in guten Händen. Ihr Chef der Staatskanzlei konnte sich im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zwar nicht an viel erinnern, meine Damen und Herren, aber er konnte sich daran erinnern, dass er ferngesehen hat.
Vielen Dank, Herr Dürr. - Für die Landesregierung hat nun der Ministerpräsident das Wort. Bitte, Herr Weil!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön an die vorhergehenden Ausschussberatungen, in denen gerade dieser Einzelplan sehr, sehr intensiv beraten worden ist. Das ist ja ein Einzelplan - das ist bereits gesagt worden -, der rein quantitativ eher eine nachgeordnete Bedeutung im Landeshaushalt hat, politisch allerdings tatsächlich ein höheres Gewicht hat, was zwangsläufig daran liegt, dass die Staatskanzlei nun einmal die Aufgabe der politischen Gesamtkoordination hat.
Lassen Sie mich eingangs sagen, meine Damen und Herren: Das war so und bleibt so. Die Staatskanzlei ist auch nach dem Regierungswechsel das
Haus, in dem die Gesamtkoordination der Regierungsaktivitäten vorgenommen wird. Ich füge aber gerne auch hinzu: Mit einer neuen Landesregierung ist in wichtigen Bereichen tatsächlich auch ein neuer Kurs verbunden. Auch das schlägt sich in diesem Haushalt der Staatskanzlei für das nächste Jahr nieder,