Protocol of the Session on February 20, 2013

Sie werden mich sicherlich noch bei anderen Punkten aus der Ruhe bringen, aber mit so etwas eher nicht.

Die Abschaffung der Studiengebühren ist im Übrigen kein Geschenk; ich habe das ganz oft auf Podiumsdiskussionen so gehört. Ein Studium ist heute auch ohne die antiquierten Gebühren, die wir in Niedersachsen noch erheben, eine enorme Investition für junge Menschen. Und sie ist für die jungen Menschen sehr viel schwerer zu schultern, die nicht aus wohlhabenden Elternhäusern kommen.

Wir machen keine Geschenke, sondern wir machen den Weg frei für eine gerechtere Bildungspolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich bin sehr froh, dass wir mit unserem Koalitionspartner keine weitere Strukturdebatte zur Schullandschaft führen, sondern uns vielmehr der Frage widmen, wie der Eltern- und Schülerwille ernster genommen werden kann. Das heißt aus unserer Sicht, dass wir Integrierte Gesamtschulen da ermöglichen, wo sie gewünscht sind, und dass der Besuch einer Integrierten Gesamtschule nicht länger das Privileg von Kindern in Städten wie Göttingen, Hannover und Oldenburg bleibt,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

sondern dass er auch den Kindern möglich ist, die tief im Emsland, in Ostfriesland oder im Harz wohnen und nicht so schnell in die Städte kommen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Birkner, ich habe Sie im Wahlkampf kennengelernt. Ehrlich: Ich hätte Ihnen ein bisschen mehr zugetraut als diese billige Plattitüde, dass Kretschmann Lehrerstellen gestrichen hat.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Hat er!)

Sie wissen genauso gut wie ich, dass das schon Herr Mappus beschlossen hat. Es ist lustig, dass Sie sich an der Stelle so vertun.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Das ist nicht gut für den Blutdruck in der Opposition!

Wir wollen unsere Schul- und Bildungslandschaft insgesamt inklusiver machen. Das heißt, dass Kinder und Jugendliche entsprechend ihrer unterschiedlichen Begabung gefördert werden können. Ich glaube, Herr Birkner, das ist auch keine Bildungsromantik. Sprechen Sie mal mit den Eltern von Kindern mit Behinderungen! Die wären, glaube ich, nicht damit einverstanden, wenn Sie hier von Bildungsromantik sprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zusammenhalt - und ich bin froh, dass wir diesen Titel für unseren Koalitionsvertrag gewählt haben; denn er ist zeitgemäß - kann nur dann entstehen, wenn Menschen gleiche Chancen haben. Ich habe mich gestern auch sehr gefreut, dass der neu gewählte Landtagspräsident Bernd Busemann in seiner Eröffnungsrede angemahnt hat, dass dieses Parlament, dass die Politik in diesem Land eine Verantwortung dafür trägt, das Miteinander mit Einwanderinnen und Einwandern im Land zu verbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich habe mich außerdem sehr gefreut, dass einer der beiden jüngsten Abgeordneten mit türkischer Herkunft uns schon durch die erste Sitzung des Landtages geleitet hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist wirklich gelebte Beteiligung und ein wunderbares Signal für eine neue Willkommenskultur, die sich auch Herr Busemann wünscht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Diese Landesregierung hat dieser Frage aus denselben Überlegungen eine hohe Priorität eingeräumt. Das Ziel eines weltoffenen Niedersachsens mit mehr Vielfalt und Teilhabe steht ganz vorne in unserem Vertrag.

Und wir machen Ernst damit, indem wir das Amt einer Integrationsbeauftragten schaffen, die bei allen Entscheidungen und Maßnahmen auf die Umsetzung dieser Ziele schauen wird. Genauso werden wir die Integrationskommission stärken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich wünsche mir in diesem Zusammenhang, dass wir auch glaubwürdig sind. Denn es wäre ein gutes Zeichen, wenn wir im Landtag nicht nur die obersten Würdenträger der beiden christlichen Konfessionen begrüßen, sondern endlich auch die Würdenträger des Islams und des Judentums. Das würden sie auch sehr begrüßen, glaube ich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir werden deshalb auch mit den Vertretern der zweitgrößten Glaubensrichtung in Niedersachsen, den muslimischen Verbänden, einen Staatsvertrag schließen.

Aber es geht nicht nur um eine Erleichterung der Einwanderung, um verbesserte Teilhabe und mehr Vielfalt, es geht auch und gerade um mehr Humanität in der Flüchtlings- und Asylpolitik. Wir wollen einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel gegenüber der Politik des ehemaligen Abschiebeministers Schünemann erreichen.

(Starker, anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Diese Änderung - Sie haben uns vorhin ja immer vorgeworfen, wir hätten keine Konzepte - wird im besten Sinne radikal sein. Wir wollen eine von Grund auf andere Haltung zu den verfolgten und bedrohten Menschen einnehmen und in diesem Geist auch zukünftig für sie einstehen.

Ganz konkret - weil Sie vorhin immer nach Konkretisierungen gefragt haben - werden wir endlich Gesundheitsvorsorge auch für Menschen ohne Papiere gewährleisten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir werden die entwürdigende Wertgutscheinzuteilung durch Bargeldauszahlungen ersetzen

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

und uns für eine Aufhebung der Residenzpflicht einsetzen. Wir werden auch für ein humanitäres Bleiberecht kämpfen und dafür die Härtefallkommission grundlegend reformieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dies alles, meine Damen und Herren, ist im Übrigen nicht nur gut für die Einwanderinnen und Einwanderer und die Flüchtlinge in Niedersachsen;

Würde und ordentlicher Umgang miteinander tun, glaube ich, uns allen in Niedersachsen gut.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch frauenpolitisch waren die letzten zehn Jahre in Niedersachsen kein Gewinn. Ich bin dankbar, dass die Frauenpolitik eben schon angesprochen wurde, obwohl ich ein wenig überrascht war, Herr Birkner.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Die FDP als Frauenpartei ist in der Tat unge- wöhnlich!)

- Ich komme gleich noch zur FDP. Ich habe ja die Zahlen hier auf dem Tisch. Ich fand es mutig. Aber wir kommen gleich noch dazu.

Nicht nur die Rechte von Frauen wurden vernachlässigt, auch die Erwerbschancen haben sich drastisch verschlechtert.

(Christian Dürr [FDP]: Versprochen und gebrochen!)

Im Niedriglohnsektor - Ihr Lieben, das ist wirklich keine Freude - arbeiten heute anteilig mehr Frauen als Männer. - Diese Frauen wählen zum Teil sicherlich auch Ihre Partei. - Im Hinblick auf das Armutsrisiko von Frauen ist das eine ganz schlechte Entwicklung, die wir zurückholen müssen.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde auch an anderer Stelle nicht ausreichend gefördert. Aktuell fehlen uns noch immer rund 20 000 Kindergartenplätze im Land. CDU und FDP haben sich nicht für gleichen Lohn eingesetzt,

(Björn Thümler [CDU]: Falsch!)

es gab keine Initiativen für eine Quote für Vorstände und Aufsichtsräte.

(Christian Grascha [FDP]: Richtig!)

Das muss sich ändern.