Insgesamt steht nicht einmal mehr die Hälfte der EEG-Umlage für die tatsächliche Förderung des ursprünglichen Ziels zur Verfügung. Da kommt noch etwas dazu: die Netzentgeltumlage, die Offshorehaftungsumlage und Teile der KWK-Umlage. Meine Damen und Herren, Sie ahnen es schon: Wer trägt die Lasten dafür? - Es sind wiederum die kleinen und mittleren Unternehmen, und es sind die Verbraucherinnen und Verbraucher. Auch hier haben wir einen Wildwuchs von Ausnahmen, die nicht der Sache dienen.
Die kostenbefreiten Teile der Industrie freuen sich natürlich: Verbraucher und KMU dürfen die Zeche zahlen. Die Verantwortung schieben wir mal eben dem Ökostrom in die Schuhe. - Meine Damen und Herren, so geht das nicht weiter. So machen Sie die Akzeptanz der Energiewende systematisch kaputt.
Dass da etwas nicht stimmt, merkt man auch andernorts längst. So bereitet die EU-Kommission wegen der zunehmend willkürlichen Befreiung ein
Beihilfeverfahren vor. Die Ausnahmen, die deutsche Unternehmen vor den Wettbewerbsnachteilen schützen sollten - deshalb hat sie der damalige Umweltminister Jürgen Trittin eingeführt -, sind bei Ihnen doch längst zum wettbewerbsverzerrenden Faktor degeneriert.
Wir brauchen daher umgehend eine klare und rechtssichere Definition, um Ausnahmen auf die Unternehmen zu begrenzen, die wirklich im internationalen Wettbewerb stehen und wirklich darunter leiden würden, wenn sie erhöhte Strompreise zahlen müssten. Gut, dass die CDU das heute immerhin erkennt. Wir erkennen an, dass Sie einen entsprechenden Passus in Ihren Antrag aufgenommen haben - spät, aber immerhin. Vielen Dank dafür! Hoffen wir, dass dieser Erkenntnis nun endlich Taten folgen! Sie sind ja nun im Bund von den Blockierern aus dem Wirtschaftsministerium befreit und können jetzt die Versäumnisse der letzten Jahre angehen. Wir wären in jedem Fall dabei.
Der quotenmodellfixierte Antrag der FDP führt aber zur Blockade. Diese Initiative schadet unserem Land und kann in Niedersachsen keine Zustimmung erfahren; dies haben wir auch schon gestern ausgeführt.
Der dringlichste Punkt, meine Damen und Herren, ist jetzt allerdings die soziale Gestaltung der Kostenverteilung. Hierzu steht in beiden Anträgen der Opposition nichts. Rot-Grün macht dagegen konkrete Vorschläge, wie der Strompreisanstieg gedämpft werden kann: Stromsteuer auf den Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien runter, Industrieprivilegien auf die Unternehmen beschränken, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen, einkommensschwache Haushalte praktisch unterstützen durch Energieberatung - Sie mögen sich darüber lustig machen, Herr Dr. Hocker; aber Know-how ist immer noch das Wichtigste, das wir in diesem Land haben -,
Förderung von Energiesparmaßnahmen und eine bessere Kooperation von Versorgern, Sozialbehörden und Wohnungsgesellschaften.
Ich komme zum letzten Satz. - Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie stehen beim Thema der sozialen Gestaltung der Strompreise blank da. Nutzen Sie die Chance, und unterstützen Sie unsere Initiative!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Bajus, ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass auch bei Ihnen angekommen ist, dass der Wahlkampf mittlerweile beendet ist. Deswegen bin ich erstaunt darüber, dass Sie hier eine Rede von sich geben, die den gegenteiligen Schluss zulässt, dass Sie dies also noch nicht so richtig realisiert haben. Ich hoffe, dass wir jetzt tatsächlich wieder über Inhalte sprechen können.
Ich glaube, dass die Förderung, wie sie das EEG über 20 Jahre garantiert, tatsächlich nicht mehr in diese Zeit passt. Sie passt nicht in eine soziale Marktwirtschaft. Sie passt nicht zum Prinzip des Wettbewerbs. Es ist ein System, in dem die Preise garantiert sind, egal ob die Nachfrage nach dem Gut überhaupt existiert. Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Eine Förderung über 20 Jahre passt nicht mehr in unsere schnelllebige Zeit. Deswegen müssen auch Sie sich irgendwann bewegen, meine Damen und Herren.
Wenn ich meinem Metzger - ja, ich gehe zum Metzger -, einem Handwerker in meinem Wahlkreis oder irgendwelchen anderen kleinen und mittelständischen Unternehmen erzähle, dass es ein Förderinstrument gibt, das über 20 Jahre hinweg einen Preis garantiert - egal wie viel von einer Sache produziert wird, egal ob es einen Abnehmer dafür gibt, egal ob es eine Nachfrage danach gibt -, dann zeigen sie mir regelmäßig den Vogel. Ich sage Ihnen: Genau das ist das Prinzip des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, und es muss entsprechend geändert werden, weil es komplett am Bedarf vorbeigeht.
Ich glaube, dass Sie den erneuerbaren Energien keinen Gefallen tun, wenn Sie sie dauerhaft an die süße Droge der Subvention gewöhnen. Eine Anschubfinanzierung, wie sie vor 13 Jahren mit dem EEG auf den Weg gebracht wurde, ist ja legitim. Aber dauerhaft einen Industriezweig an staatliche Fürsorge zu gewöhnen, ist noch nie erfolgreich gewesen: weder bei ganzen Branchen noch bei einzelnen Konzernen, bei der Steinkohlesubvention genauso wenig wie beim Holzmann-Konzern. Deswegen müssen die erneuerbaren Energien nach 13 Jahren endlich erwachsen werden. Sie müssen sich auch ohne Subventionen am Markt beweisen können, und dieser Zeitpunkt ist nach 13 Jahren gekommen.
Ich glaube, dass wir tatsächlich einen Systemwechsel benötigen und es nicht mehr ausreicht, wenn man einfach nur über die Förderung oder die Einspeisevergütung nachdenkt, und zwar aus zwei Gründen.
Zum einen glaube ich, die Politik ist der falsche Ratgeber, wenn es darum geht, Preise festzulegen. Meine Damen und Herren, auch die Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag können nicht absehen, welche Kostendegression, welche Lernkurveneffekte bei erneuerbaren Energien in den nächsten 20 Jahren eintreten, und können deswegen auch nicht abschätzen, welcher Preis für eine Kilowattstunde Strom - egal ob onshore oder offshore erzeugt, ob aus Biomasse und Geothermie - tatsächlich angemessen ist. Deswegen ist die Politik nicht die richtige Institution, um die Preise für 20 Jahre zu definieren. Ich sage Ihnen auch, dass Abgeordnete, die einen Preis festlegen, immer zum Spielball von Lobbyinteressen werden. Aber vor dem Hintergrund, dass Sie regelmäßig sechsstellige Spenden aus dieser Branche bekommen - mir ist schon klar, dass das Geld bei den Grünen ankommt -,
wundert es nicht, dass Sie gerne an der Fördersystematik des Erneuerbare-Energien-Gesetzes festhalten wollen.
Zum anderen ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz auch innovationsfeindlich; denn es fördert eben nur einen bestimmten Kreis von Technologien und nicht diejenigen, die uns tatsächlich helfen könnten, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Da geht es eben nicht alleine darum, dass der Strom erzeugt wird, sondern auch darum, dass er transportiert und gespeichert wer
den kann. Technologien, die da helfen könnten, schließt das EEG aber systematisch aus. Das ist innovationsfeindlich und führt nicht dazu, dass wir die Herausforderungen werden bewältigen können.
Solange der Strom nicht bedarfsgerecht produziert und gespeichert werden kann, gibt es so irrsinnige Situationen wie immer dann, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Dann haben wir die Situation, dass wir Strom aus Österreich zurückkaufen müssen, den wir vorher, als Wind geweht und die Sonne geschienen hat, dorthin abgegeben und dafür auch noch Geld bezahlt haben. Der normale Stromkunde wird durch dieses System vierfach zur Kasse gebeten: Das erste Mal bitten wir z. B. die Österreicher, uns den Strom abzunehmen, damit unsere Netze nicht in die Knie gehen, weil so viel Strom aus Wind und Sonne in den Netzen ist. Dann gibt es einen negativen Strompreis. Wenn wir Strom benötigen, kaufen wir ihn von den Österreichern zurück. Ein viertes Mal wird der Verbraucher zur Kasse gebeten, wenn er den Strom tatsächlich verbraucht. - Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Gegenteil von Effizienz; das ist Irrsinn. Dieser Irrsinn gründet auf der Fördersystematik des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, so wie Sie es auf den Weg gebracht haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, egal wer in Berlin in einigen Wochen oder Monaten regieren wird, er wird die Förderung der erneuerbaren Energien grundsätzlich reformieren müssen. Nach 13 Jahren müssen die erneuerbaren Energien endlich erwachsen werden und ohne Subventionen auskommen. Andernfalls, meine Damen und Herren, wird nur ein kleiner Teil dieser Gesellschaft von diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz profitieren: Es sind die Menschen mit Photovoltaikanlagen auf dem Dach und diejenigen, die eine Windkraftanlage betreiben. Aber die große Mehrheit muss eben draufzahlen. Meine Damen und Herren, sorgen Sie dafür, dass das Erneuerbare-EnergienGesetz nicht zum Spaltpilz unserer Gesellschaft wird!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Titel des Entschließungsantrags der Regierungsfraktionen bringt es eigentlich bereits auf den Punkt: Die Energiewende nicht ausbremsen. - Das ist sehr zutreffend, und zwar deswegen, weil es zum Ausdruck bringt, dass die Energiewende auf der Grundlage des EEG zwar ausgesprochen vital unterwegs ist, aber künstlich ausgebremst zu werden droht, wenn man den Einspeisevorrang und die festen Einspeisevergütungen aufgeben würde.
Meine Damen und Herren, dass die Förder- und Anreizsysteme des EEG funktionieren, das zeigt sich an der Ausbaugeschwindigkeit der regenerativen Energieerzeugung in Deutschland und insbesondere in Niedersachsen. Nach Branchenprognosen können die erneuerbaren Energien in Deutschland bereits im Jahr 2020 mit 48 % knapp die Hälfte des gesamten deutschen Strombedarfs decken. Niedersachsen liegt heute mit einem Anteil von fast 40 % des niedersächsischen Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien bereits deutlich über dem Bundesdurchschnitt, der 25 % beträgt.
Im Jahr 2020 können wir in Niedersachsen voraussichtlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien produzieren, als wir Strom insgesamt in Niedersachsen verbrauchen. Für die gesamte Bundesrepublik geht Bundesumweltminister Altmaier für das Jahr 2020 demgegenüber von einem Ökostromanteil von lediglich 40 % aus. Diese Unterschiede im Zuwachs, diese Differenzen in der Ausbaudynamik, meine Damen und Herren, machen deutlich, dass Niedersachsen das Potenzial hat, Energieland Nummer eins in Deutschland zu werden. Der Schlüssel dafür ist Windenergie.
Meine Damen und Herren, daran wird doch deutlich, dass die Energiewende zwischen Niedersachsen und dem Bund zu einer echten Win-Win-Situation führen kann. Niedersachsen stabilisiert die Energiewende in Deutschland mit günstigem und dauerhaft verfügbarem Strom, insbesondere aus Onshore- und Offshorewindkraftanlagen. Niedersachsen profitiert wirtschaftlich durch regionale Wertschöpfung, durch wirtschaftliches Wachstum und durch Arbeitsplatzgewinne. Darum muss für
Niedersachsen, gerade auch in wirtschaftlicher Hinsicht, gelten: Die Energiewende nicht ausbremsen. - Im Gegenteil: Wir müssen darauf drängen, dass die Netze ausgebaut werden und den Strom in den Süden transportieren können. Denn industrielle Produktion siedelt sich dort an, wo Strom zuverlässig und preiswert zur Verfügung steht.
Darum ist natürlich auch der zweite Teil der Antragsüberschrift - „Strompreisanstieg wirksam dämpfen“ - gleichermaßen bedeutsam. Aber es geht eben nicht um „irgendwie dämpfen“, nicht darum, mal eben festzustellen, dass das mit der Energiewende so ernst nun auch nicht gemeint gewesen sei und dass man da mal den Fuß vom Gas nehmen und den Strom lieber wieder mit alten Braunkohlemeilern erzeugen könne. - Erfreulicherweise redet hier noch niemand über eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten. Aber das ist eigentlich eine logische Fortsetzung dieser Argumentationskette. - Nein, meine Damen und Herren, es geht nicht um „irgendwie dämpfen“, es geht um konkrete Maßnahmen, und vor allem geht es um eine Verbesserung der Organisationsleistung. Es darf nie wieder passieren, dass ein Windpark - wie Riffgatt - mit 30 Anlagen fertiggestellt wird, aber seine 108 MW Nennleistung nicht an Land transportiert werden können, weil der Netzbetreiber die Leitungen nicht fertig gekriegt hat.
Diese Organisationsmängel sind die tatsächlichen Kostentreiber dieser Energiewende und des Strompreises. Das sind Organisationsmängel, meine Damen und Herren, die wir uns nicht leisten dürfen.
(Zustimmung bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das ist der Kostentreiber? Das meinen Sie nicht im Ernst!)
Die Rechnung für die Investitionen, die dann wegen Organisationsmängeln keinen Ertrag bringen, zahlt nämlich der Stromkunde.
Es gibt weitere Bereiche, in denen wir den Strompreis systemkonform dämpfen können. Wenn wir die Ausnahmen von der EEG-Umlage auf Unternehmen beschränken, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen, und nicht auf Versicherungskonzerne, Lebensmitteldiscounter oder Schnellrestaurantketten ausdehnen und wenn wir die Stromsteuer im Umfang der eingespeisten
Das muss sich die Bundesregierung mittlerweile nicht nur von diesem Plenum sagen lassen. Das muss sie sich mittlerweile auch von der Internationalen Energieagentur sagen lassen, die Deutschland in ihrem Länderbericht 2013 völlig zutreffend Folgendes ins Stammbuch schreibt - Zitat -:
„Die Kostenauswirkungen des EEG müssen im Kontext der allgemeinen Entwicklung im Energiesektor bewertet werden. Der jüngste Strompreisanstieg bereitet vor allem Haushalten mit geringem Einkommen Schwierigkeiten, wohingegen Großverbraucher von der Umlage weniger betroffen sind und zugleich in den Genuss der durch die erneuerbaren Energien herbeigeführten Senkung der Großhandelstarife kommen. Zudem erhöht sich die Energiearmut auch durch den starken Anstieg der Kosten fossiler Brennstoffe.“