Der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration empfiehlt Ihnen in der Drucksache 17/8698 einstimmig, den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen mit wenigen Änderungen anzunehmen. Der mitberatende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen hat sich dieser Empfehlung - ebenfalls einhellig - angeschlossen.
Der Gesetzentwurf wurde am 7. Juni 2017 direkt den Ausschüssen überwiesen. Schon am selben Tage wurde er - im Einvernehmen der Fraktionen - erstmals im Sozialausschuss behandelt und von einem Mitglied der SPD-Fraktion eingebracht. Der Ausschuss beschloss dazu ein schriftliches Anhörungsverfahren. Geäußert haben sich daraufhin drei Verbände, darunter auch die kommunalen Spitzenverbände.
Zu Beginn der abschließenden Beratung im Sozialausschuss haben Vertreter des Fachministeriums die beiden Anlässe für den Gesetzentwurf dargestellt.
Vor allem geht es dabei um einen Ausgleich für finanzielle Nachteile, die sich für die Sozialhilfeträger aus der Einführung des Bundesteilhabegesetzes ergeben. Hierzu haben die Ministerialvertreter den Umfang der Bundesleistungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erläutert. Außerdem geht es um die Klarstellung einer Zuständigkeit des Landesamts, die das Bundessozialgericht neuerdings in Zweifel zieht. Dadurch droht zahlreichen Leistungsverträgen des Landes die rechtliche Grundlage entzogen zu werden.
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sieht in erster Linie ergänzende landesrechtliche Vorschriften vor, mit denen ein vom Bund gegenüber den Ländern eingeführtes Erstattungsverfahren auf den kommunalen Bereich erstreckt werden soll. Dabei geht es um Erstattungen für Personen im Rentenalter und für nicht mehr erwerbsfähige Personen, soweit diese Personengruppen Eingliederungshilfe in stationären Einrichtungen erhalten. Hierfür hat
der Bund in § 136 des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs für die Jahre 2017 bis 2019 ein besonderes Erstattungsverfahren geregelt. Die dazu notwendigen Ausführungsbestimmungen sollen nun in § 12 des Landesgesetzes eingefügt werden.
Den zweiten Regelungsschwerpunkt des Gesetzentwurfs bildet eine zusätzliche Zuständigkeitsbestimmung in § 6 Abs. 7. Klargestellt wird dort nun, dass die Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers - also des Landes - auch den Abschluss von Vereinbarungen mit den Einrichtungen und Diensten umfasst, welche die Leistungen gegenüber den Betroffenen tatsächlich erbringen. Um für diesen Bereich Rechtssicherheit zu schaffen, muss die Klarstellung rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft treten (Artikel 2 Abs. 2). Rechtliche Bedenken gegen die Rückwirkung dieser Änderung sieht der Ausschuss nicht, weil sie lediglich das bisherige Verständnis des Landesrechts umschreibt.
Im Sozialausschuss bestand zwischen den Fraktionen Einigkeit darüber, dass die Verabschiedung des Gesetzentwurfs auch in Anbetracht des vorzeitigen Endes der 17. Wahlperiode dringlich ist; ebenso bestand Einvernehmen über die wenigen hierzu noch empfohlenen Änderungen.
Diese Änderungen bezwecken zum einen die noch etwas genauere Beschreibung des Erstattungs- und Meldeverfahrens mit den kommunalen Sozialhilfeträgern (§ 12 Abs. 2 und 5). Dabei war zu berücksichtigen, dass die örtlichen Träger im Heranziehungsverhältnis auch die Aufgaben des überörtlichen Trägers mit wahrnehmen und daher auch die Daten für die beiden unterschiedlichen Zuständigkeitsbereiche jeweils getrennt zu übermitteln haben. Dementsprechend muss auch die Weiterleitung der Bundeserstattungen durch das Land an die örtlichen Träger aufgegliedert werden, sodass die Bundeserstattungen bereits von den jeweiligen Aufwendungen des örtlichen Trägers im jeweiligen Zuständigkeitsbereich abgezogen werden, bevor die Abrechnung im Verhältnis zwischen Land und Kommunen im sogenannten Quotalen System stattfindet.
Außerdem werden noch einige redaktionelle Vereinfachungen des Gesetzestextes (§ 12 Abs. 6 und 7) vorgeschlagen, die hier nicht näher erläutert werden sollen.
Eine sachliche Änderung empfiehlt der Ausschuss noch zu § 12 Abs. 6 Satz 3; hier hatten die kommunalen Spitzenverbände um eine Verlängerung der Meldefristen gebeten. Dem ist der Sozialausschuss teilweise gefolgt, indem er die Meldefristen
für die Jahre ab 2018 jeweils um eine Woche verlängert hat. Ein Vertreter des Fachministeriums hatte dies mit dem Hinweis befürwortet, dass sich auch in anderen Bundesländern die Fristen als knapp bemessen erwiesen hätten. Auch auf Bundesebene werde bereits eine Anpassung der dort geregelten Fristen erwogen. Eine weitere Fristverlängerung auf Landesebene ist nach Auskunft des Fachministeriums derzeit nicht möglich, weil die zuständige Landesbehörde die kommunalen Daten noch zusammenfassen muss, damit die Gesamtbeträge fristgerecht an den Bund übermittelt werden können.
Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass dieser Gesetzentwurf ohne allgemeine Aussprache verabschiedet werden soll. Ich frage erst einmal, ob es dazu Widerspruch gibt. - Das ist nicht der Fall.
Artikel 1. - Hier liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer möchte dieser folgen? - Gegenstimmen? - Die sehe ich nicht. - Enthaltungen? - Ebenfalls nicht.
Artikel 2. - Hierzu liegt ebenfalls eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Auch hier bitte ich um Zustimmung. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides gibt es nicht. Damit ist auch Artikel 2 genehmigt.
Wer dieser Fassung des Gesetzentwurfes in der Schlussabstimmung zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die gibt es nicht. Damit ist das Gesetz einmütig so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 10: Abschließende Beratung: Entwurf eines Niedersächsischen Ingenieurgesetzes (NIngG) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/8174 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/8699 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/8746 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/8749
In dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird zu § 6 Nr. 1 a des Gesetzentwurfs ein Abweichen von der Beschlussempfehlung angestrebt.
Wir kommen zur Beratung. Die erste Wortmeldung liegt mir von der Kollegin Maaret Westphely von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Bitte, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Neuerung des Niedersächsischen Ingenieurgesetzes, das die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung Ingenieur oder Ingenieurin regelt, ist nötig geworden, weil europarechtliche Vorgaben in Niedersachsen umgesetzt werden müssen. In weiten Teilen sind wir uns in den Ausschussberatungen einig gewesen. Nur in einer Frage kommen wir zu einer unterschiedlichen Bewertung, und zwar wie hoch der Anteil von Fächern wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik eines Studiums sein muss, um die geschützte Berufsbezeichnung Ingenieur tragen zu dürfen.
Die CDU meinte, dass der Anteil der sogenannten MINT-Fächer bei 70 % liegen soll. Nur die Agrar- und Wirtschaftsingenieure will sie von dieser Vorgabe befreien. Wir meinen aber, dass dieser Kompromiss für eine Befreiung nicht genug ist. Er bietet zu wenig Spielraum für die Weiterentwicklung der Ingenieurausbildung - gerade vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen der Wirtschaft wie Industrie 4.0, Elektromobilität oder Umweltschutz, auf die insbesondere die Fachhochschulen reagieren. Gerade aufgrund des Fachkräftemangels brauchen wir dringend viele Studierende in diesen Bereichen.
Kein Wunder ist es daher, dass nicht nur die Fach- und Hochschulen, sondern auch die Wirtschaftsverbände wie die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände gegen die gesetzliche Festschreibung der 70 % sind. Übrigens: Der BDA spricht für mehr als 1 Million beschäftigte Ingenieure im Bereich des Maschinenbaus, der Fahrzeugtechnik, Mechatronik, Energie- und Elektrotechnik von rund 1,66 Millionen Ingenieuren - im Gegensatz zur Ingenieurkammer, die gerade einmal für 44 000 Mitglieder spricht.
Was sehen wir heute? Die CDU schlägt einen einsamen Weg ein - gegen die Interessen der Studierenden, gegen die Interessen der Hochschulen, gegen die Interessen der Wirtschaft -, alleine um einer lautstarken und kleinen und für das Ingenieurwesen insgesamt nicht repräsentativen Minderheit einen Gefallen zu tun. Das können wir nicht verstehen, und unserer Meinung nach ist es auch falsch.
Alle anderen Bundesländer - außer Bremen - gehen übrigens den Weg, den wir Ihnen hier heute mit unserem Änderungsantrag noch einmal nahelegen wollen. Stimmen Sie ihm bitte zu! Es wird für Niedersachsen besser sein.
Vielen Dank, Frau Kollegin Westphely. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt Kollegin Annette Meyer zu Strohen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, wir denken europäisch. Ein guter Grund, bestehende Gesetze an die heutige Zeit anzupassen, und dazu gehört das Ingenieurgesetz. Die Umsetzung duldet auch keinen Aufschub mehr, da ja schon ein EU-Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden ist.
Mein Dank gilt daher zunächst einmal den Verbänden, den Hochschulen und den sonstigen Institutionen, die sich trotz der kurzen Frist konstruktiv an dem Gesetzgebungsverfahren beteiligt haben. Anlass für diese Neufassung sind insbesondere zwei Richtlinien: die sogenannte Berufsanerkennungsrichtlinie und die Flüchtlingsrichtlinie. Erklärtes Ziel ist es, die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen wesentlich zu vereinfachen und diese auch in Niedersachsen anzuerkennen und zuzulassen.
Wenn man es also insgesamt betrachtet, haben wir damit einen wichtigen Meilenstein zur Förderung der beruflichen Mobilität in Europa markiert.
Dieser Gesetzentwurf schafft Klarheit und Rechtssicherheit in vielen Punkten. Ich will dazu gar nicht alle Neuregelungen aufführen.
Der Gesetzentwurf betrifft alle Ingenieurinnen und Ingenieure in unserem Bundesland, die planend und beratend für uns tätig sind. Der Kernpunkt der Änderung betrifft - darauf bezieht sich auch Ihr Änderungsantrag - die Frage, wer letztlich die Berufsbezeichnung „Ingenieurin“ oder „Ingenieur“ führen darf. Daher ist auch der thematische Schwerpunkt der Stellungnahmen der Kammern und aller existierenden aktiven Berufsverbände - und das sind viele - die Regelung in § 6, nämlich die Regelung zum Führen der Berufsbezeichnung „Ingenieurin oder Ingenieur“. Darin wird der prozentuale Anteil der MINT-Fächer an der Fachrichtung, die zum Führen dieser Berufsbezeichnung berechtigt, festgeschrieben.
In der ersten Fassung des Gesetzentwurfs war der Begriff „überwiegend“ vorgesehen. Meine Damen und Herren, „überwiegend“ hatten wir bisher nicht. An den Hochschulen und Universitäten liegt der MINT-Anteil in den klassischen Ingenieurstudiengängen überall bei 70 %, zum Teil sogar bei 80 %. Und ich muss Sie korrigieren: In Sachsen ist ein Anteil von sogar 80 % der MINT-Fächer festgeschrieben. Nicht nur Bremen, sondern auch Sachsen hat also 80 % festgeschrieben.
Leider unterscheiden sich unsere Auffassungen an der Stelle. Wir als CDU sagen: Warum sollen wir den Anteil, der jetzt schon vorhanden ist, auf „mindestens 50 %“ herunterziehen? Wir sollten bei dem bleiben, was wir schon haben. Genau deshalb haben die Ingenieurkammer und alle Verbände intensiv darum gebeten, den Anteil von 70 % festzuschreiben.
Ich sage auch: Wir brauchen diesen Anteil, um die Qualität des Ingenieurberufs auf Dauer zu erhalten. Das erwartet auch der Verbraucher. Wenn ein Ingenieur etwas für uns plant, dann müssen wir uns darauf verlassen können, dass er auch eine entsprechende Qualifikation hat.
Daher bekennen wir als CDU uns im Gegensatz zu SPD und Grünen, wie wir nun sehen, zu einem MINT-Anteil von mindestens 70 %. Das ist auch im Interesse der zukünftig planenden und beratenden Ingenieure wichtig für sie. Denn fundiertes Fachwissen bedeutet Zukunftsfähigkeit und Zukunftsfestigkeit dieses wichtigen Berufsstandes.
Gerade heute im globalen Wettbewerb werden Ingenieurinnen und Ingenieure gebraucht, die genau diesen beruflichen Anforderungen genügen. Daher benötigen sie eine entsprechende hochka
rätige Ausbildung. Übrigens würde die niedersächsische Ingenieurausbildung, wenn wir diesen Anteil nicht gesetzlich festschreiben würden, klar hinter die europäischen Mindeststandards zurückfallen. Denn auf europäischer Ebene ist dieser Anteil entsprechend festgeschrieben. Wir hätten dann gegenüber der europäischen Ebene also einen Nachteil.
Noch kurz zu der Frage, warum wir das Agrar- und Wirtschaftsingenieurwesen von dieser Regelung ausgenommen haben: In diesem Bereich liegen oft Doppelqualifizierungen vor. Bei den Wirtschaftsingenieuren gibt es einen hohen VWL-Anteil und bei den Agraringenieuren Qualifizierungen im Pflanzen- oder Tierzuchtbereich. Diese Sparten sind also schon lange - grenzübergreifend - nach den Anforderungen des europäischen Auslandes ausgerichtet.
Ich denke, meine Damen und Herren, mit dieser Novellierung des Ingenieurgesetzes stellen wir wichtige Weichen für eine gesicherte Zukunft. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen würden. Ihren Änderungsantrag lehnen wir ab.