Es ist eben ein Unterschied, ob man sich beispielsweise als Landesregierung zu einer Beteiligung des VW-Konzerns an Suzuki äußert oder ob man sich mit den verantwortlichen Managern zu einer gemeinsamen Linie im größten Betrugsskandal der Automobilgeschichte abstimmt, insbesondere dann, wenn man diese Abstimmung mit Personen vornimmt, die selbst Gegenstand einer strafrechtlichen Verfolgung werden.
- Frau Modder, richtig problematisch wird es, wenn diesbezüglich eine Staatsanwaltschaft tätig wird, die man als Landesregierung selbst beaufsichtigen soll. Das ist eben ein Problem.
Herr Ministerpräsident, ich möchte nicht im Einzelnen thematisieren, wie Sie in der Krise agiert haben. Ich möchte auch nicht darüber diskutieren, ob die aus unserer Sicht festzustellenden Missgriffe insgesamt einen Rücktritt erforderlich gemacht hätten. Das muss an anderer Stelle geschehen. Diskutieren wir lieber über die Zukunft.
Da stelle ich leider fest: Bei der Frage, wie die wichtige Landesbeteiligung von VW zu steuern ist, trennen uns Welten. Nach meinem Eindruck haben Sie überhaupt nichts dazugelernt. Kein Eingeständnis, dass die personellen Ressourcen in der Landesregierung völlig unzureichend sind. Kein Eingeständnis, dass es völlig inakzeptabel ist, wenn die Landesregierung in einer solchen Krise von Anwälten beraten wird, die VW beauftragt und bezahlt hat. Nicht einmal das Eingeständnis, dass es überhaupt einen Interessenkonflikt geben kann.
In der aktuellen Ausgabe des Spiegel werden Sie interviewt, Herr Ministerpräsident, und reagieren auf die richtige Feststellung, dass die Funktionen von Aufsichtsrat und Ministerpräsident nicht immer kompatibel sind, ohne jede Einschränkung mit folgenden Worten -Zitat -: Das sehe ich anders. - Herr Ministerpräsident, diese Äußerung ist grotesk und geradezu lächerlich.
Wer hier mit uns wieder und wieder erlebt, wie Sie die dem Parlament geschuldeten Informationen mit Hinweis auf aktienrechtliche Verschwiegenheitspflichten verweigert haben, kann angesichts einer solchen Haltung nur mit dem Kopf schütteln.
Natürlich sind die Funktionen von Aufsichtsrat und Ministerpräsident nicht immer kompatibel. Das kann man doch nicht ernsthaft bestreiten. Wir jedenfalls haben erkannt: Die Steuerung der zwischen uns völlig unstreitigen Landesbeteiligung muss künftig anders geregelt werden.
Wir sollten endlich darüber reden, wie das geschehen kann. Die Ankündigung unseres Spitzenkandidaten Bernd Althusmann, künftig nur noch ein Aufsichtsratsmandat durch die Landesregierung zu besetzen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
In einem zweiten Schritt müssen wir darüber nachdenken, wie sich die Landesregierung wieder die Unabhängigkeit verschaffen kann, die man braucht, um die Landesbeteiligung glaubwürdig zu kontrollieren.
Schließlich sollten wir über eine Art Corporate Governance nachdenken, indem wir den Ordnungsrahmen festlegen, in dem die künftige Kooperation zwischen Landesregierung und VWKonzern festgelegt werden muss. Sie, Herr Ministerpräsident, sollten sich endlich dieser Diskussion stellen und nicht weiter beleidigt in der Ecke sitzen.
Indem Sie sich weiter dunklen Verschwörungstheorien hingeben - wir haben es eben wieder gehört -, kämpfen Sie um Ihr eigenes politisches Überleben. Mit Verantwortung für VW und seine Beschäftigten hat das leider gar nichts zu tun.
(Widerspruch bei der SPD - Wiard Siebels [SPD]: Abenteuerlich! Un- glaublich! - Zuruf von der SPD: Un- terstes Niveau!)
Deshalb: Verlassen Sie endlich Ihre Schmollecke, und stellen Sie sich der Diskussion um die Zukunft!
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von den GRÜNEN: Der Einzige, der in der Schmollecke sitzt, sind Sie, Herr Toepffer!)
Vielen Dank, Herr Toepffer. - Nunmehr spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Piel. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir über Verantwortung bei Volkswagen reden, dann reden wir natürlich auch über den Vorstand dieses Unternehmens: Matthias Müller, Karlheinz Blessing, Herbert Diess, ein paar andere Männer - und eine Frau: Hiltrud Werner. Acht Männer, eine Frau - das kennen wir von der Landesliste der FDP. Ich glaube, ihr arbeitet mit dem gleichen Schlüssel.
Diese Männer und diese Frau tragen eine Verantwortung, die sicher schwer wiegt, aber sie bekommen das auch gut entlohnt. Ein Vorstandsmitglied bei VW verdient ein Vielfaches dessen, was ein Mitarbeiter am Fließband verdient. Das ist bei großen Unternehmen zwar üblich, für die Menschen am Fließband und auf den Bürgersteigen und auch für uns hier in diesem Raum ist es dennoch kaum vorstellbar.
Das gilt übrigens auch andersherum: Die Manager bei VW haben wenig Bezüge zur Situation der Angestellten. Sie haben keine Zukunfts- und Geldsorgen. Sie wissen auch nicht, wie es ist, nachts das Fenster nicht aufmachen zu können, weil es draußen zu laut und die Luft zu dreckig ist. Sie bekommen auch selten zu spüren, wie dreckig die Abgase der Autos wirklich sind, die sie als sauber verkauft haben.
Aber dennoch: Das Versagen der VW-Führung macht mich wütend. Ich frage mich, warum sich Manager der großen Autokonzerne über Jahre zusammensetzen und sich in solchen Runden auf Regelverstöße einigen, die die Branche als Ganzes von jeder Innovation abschneiden. - Herr Toepffer, nur zu Ihrer Erinnerung: Das ist nicht in der Zeit von Olaf Lies und Stephan Weil passiert, sondern in Ihrer Regierungszeit.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Wann hat denn Herr Toepffer regiert?)
Warum ordnet man Unmögliches an und ignoriert konsequent die Bedenken und Warnungen kluger Ingenieure, und das über Jahre? Wieso setzt man auf diese Weise die Arbeitsplätze, die Zukunft des Unternehmens und die Gesundheit der Menschen aufs Spiel, anstatt Antriebe und Mobilität weiterzuentwickeln? - Vielleicht lässt sich dieses Versagen irgendwie erklären. Entschuldigen lässt es sich nicht.
Die Manager haben verantwortungslos gehandelt. Für die Folgen dieses Versagens bezahlen viele mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes oder mit ihrer Gesundheit.
Meine Damen und Herren, in Niedersachsen haben nicht allein die Vorstände im Unternehmen Verantwortung, und das ist auch gut so. Die Menschen in Niedersachsen - die Angestellten, die Familien, die Jungen und die Alten - haben eine politische Vertretung: uns - das Parlament -, aber auch die Landesregierung.
Diese rot-grüne Koalition nimmt die Verantwortung an. Dieser Ministerpräsident hat inmitten des Dieselskandals und kürzlich beim Dieselgipfel Positionen bezogen und Forderungen gestellt: Er hat die Teilnahme der Umweltverbände am Dieselgipfel gefordert. Er hat die technische Nachrüstung zur Diskussion gestellt. Für viele ist das unbequem. Aber ich sage Ihnen: Genau diese Unbequemlichkeit wünschen wir uns von unserem Ministerpräsidenten, weil es die richtige Unbequemlichkeit in der richtigen Zeit ist. Vielen Dank, Stephan Weil!
Ganz unabhängig davon treibt uns als Grüne das Thema „saubere Luft“ um. Wir wollen die blaue Plakette in den Innenstädten. Wir wollen mehr öffentlichen Nahverkehr, mehr Radverkehr, einen verträglichen Autoverkehr in den Innenstädten. Wir wollen von den Unternehmen, dass sie endlich auf alternative Antriebstechniken umsteigen.
Spätestens im Jahr 2030 müssen die Unternehmen so weit sein. Zur Energiewende gehört aus unserer Sicht zwingend auch die Mobilitätswende.
- Herr Thümler, vielleicht hören Sie einmal einen Moment zu! Wir sind mit dieser Forderung nämlich seit diesen Tagen gar nicht mehr alleine. Verblüfft musste ich am Montag feststellen, dass die Kanzlerin gerade ansetzt, uns links zu überholen,
mit ihrem SUPERillu-Interview an uns allen vorbeizurauschen: an Ihnen, Herr Toepffer, an Herrn Dobrindt. - Man kann gar nicht so schnell gucken. Plötzlich soll die Deadline beim Verbrennungsmotor zugelassen werden. Großartig!
Herr Thümler, wie sehen Sie das eigentlich? Haben Sie darüber mit ihr telefoniert? Wussten Sie, was Frau Merkel im Köcher hat? Können Sie uns sagen, ob die CDU uns jetzt mit einem Stichdatum unterbieten wird? Wird es einen Sonderparteitag der CDU in Hannover geben, der mit großer Mehrheit beschließt, unser Datum noch zu unterbieten?
- Ich brauche kein Taschentuch, Herr Thümler, wirklich nicht. Aber vielleicht sind Sie ja ein bisschen traurig, weil die Kanzlerin darüber nicht mit Ihnen gesprochen hat. Oder ist das am Ende wieder nur ein strategisches Manöver? Ereilt Merkels Mobilitätswende das gleiche Schicksal wie die Transaktionssteuer oder die Verhinderung der Dobrindt-Maut?
Meine Damen und Herren, Ankündigungen sind noch keine Politik. Wir brauchen echte Lösungen für echte Menschen. Unsere Angestellten bei VW müssen sich darauf verlassen können, dass das Unternehmen nicht havariert, sondern gesteuert wird.
Das haben die Mitarbeiter von VW nämlich verdient. Ihnen von CDU und FDP traue ich diese Verantwortung, ehrlich gesagt, nicht zu.
Ein letztes Wort an Sie, Herr Bode. Sie glauben ja schließlich, Manager bekommen das am besten alleine hin - die Leute, die den Karren in den Dreck gefahren haben. Verantwortungsvolle Politik übernehmen am besten wir. Ich will, dass wir eines Tages zurückschauen und sagen können: Das Krisenjahr 2017 war eine Zäsur. VW hat die Kurve erfolgreich gekriegt, und Niedersachsen profitiert