Protocol of the Session on June 14, 2017

- Ich gebe Ihnen die Namen hinterher; die habe ich nicht hier. Ist das okay?

(Christian Dürr [FDP]: Gerne! Ich freue mich!)

Mit ihrem Antrag „Ich geb‘ Gas, ich will Spaß!“ stellt sich die FDP wieder einmal ins gesellschaftliche Abseits. Die Zivilgesellschaft, Autokonzerne, die Mobilitätsindustrie diskutieren längst das Konzept „Zukunft Mobilität“. Und dieses Konzept, werte FDP, ist ein Auftrag an uns, Veränderungen zu gestalten und einen Rahmen dafür zu bieten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Glocke des Präsidenten)

Wir, werte Abgeordnete, haben den Auftrag angenommen. Wir setzen uns mit diesen Konzepten und einer uns nachfolgenden Generation auseinander, die es mit den stürmischen Bewegungen im Rahmen von sich verändernder Mobilität zu tun hat.

Frau Kollegin, Sie haben auf die Uhr geschaut? Sprechen Sie bitte Ihren letzten Satz!

Kein moderner Mensch kann bei Ihrem Antrag mitgehen. Kein Mensch, der Paris als Auftrag begriffen hat, kann Ihren Antrag als zeitgemäß bezeichnen. Wir werden diesen Antrag ablehnen,

weil er überhaupt nicht in die Zeit passt, nicht modern ist und keine Chancen bietet.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Menge. - Für die CDUFraktion hat jetzt die Abgeordnete Anette Meyer zu Strohen das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Tempo 30 - Modellversuch des Landes Niedersachsen, am liebsten flächendeckend! Was zunächst mit Umweltschutz und Verkehrssicherheit begründet wurde, entpuppt sich mittlerweile nur noch als ein ideologisch geführter Kampf gegen Autofahrer.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Das Ergebnis dieser müßigen Diskussion - das wissen wir heute schon -: Unmengen von Gutachten, hohe Kosten und bürokratischer Aufwand. Dabei sind die umweltpolitischen Argumente wenig überzeugend. Vorhin wurde schon über Frankfurt gesprochen.

(Susanne Menge [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage - Christi- an Dürr [FDP]: Frau Menge möchte wissen, wo der Minister ist!)

Auch in Tempo-30-Bereichen in unserer Bundeshauptstadt wurde festgestellt, dass eine flächendeckende Temporeduzierung auf keinerlei Weise der Luftverbesserung dient.

Frau Meyer zu Strohen, Frau Kollegin Menge würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?

Ich würde gerne zu Ende ausführen.

Das dürfen Sie. Bitte!

Vergleichbare Messungen gab es auch in süddeutschen Städten. Dort wurden die Messungen übrigens von Hochschulen begleitet.

In Hamburg - das wissen Sie auch - haben wir mittlerweile mehr Tempo-30-Bereiche als Tempo50-Strecken. Allerdings kann auch hier die avisierte Luftverbesserung nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine Lärmminderung.

Diese - ich sage einmal - wirklich schon fast verkehrsfeindliche Politik, die hier betrieben wird, führt nicht nur zu Frust bei den Autofahrern, sondern ist auch eher umweltschädlich. Besonders im innerörtlichen Bereich führt das ständige Wechselspiel aus Halten, Anfahren und Beschleunigen des Fahrzeugs zu langen Standzeiten und in der Folge auch zu Emissionen von Schadstoffen und Lärm, Feinstaub und Rußpartikeln. Sie alle wissen, dass die Partikelfilter - und wir haben noch sehr viele Diesel-Fahrzeuge - ihre notwendige Arbeitstemperatur überhaupt nicht erreichen.

Doch anstatt die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, wird unverändert von irgendwelchen Modellversuchen geträumt, die wertvolle Haushaltsmittel vernichten, obwohl die Ergebnistendenz mit Blick auf die Feldversuche schon bekannt ist. Wir alle arbeiten daran, Schadstoffe und Lärm zu reduzieren, aber generell - und sogar bundesweit - die Fahrgeschwindigkeit auf 30 km/h zu reduzieren, ist im Hinblick auf Autoabgase und Verkehrslärm nicht der passende Rettungsring.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielmehr sollte die Verflüssigung des Verkehrs unser Ziel sein. Denn wir wissen doch alle, dass der Verkehr in den kommenden Jahren sogar noch zunehmen wird. Es wurde schon ausgeführt: Saubere Luft, Lärmreduzierung und Verkehrsfluss lassen sich auf einer Hautverkehrsstraße z. B. über eine Ampelschaltung auf eine „grüne Welle“ erreichen. Straßen wären dann auch das, was ihrer Zweckbestimmung entspricht: Verkehrswege und keine Standzonen!

Meine Damen und Herren, unser gemeinsames Ziel ist es doch auch, dass die Menschen den ÖPNV nutzen, um von A nach B zu gelangen.

(Beifall bei der CDU)

Wie wollen wir denn hier Akzeptanz und das oft zitierte Umsteigen von den Individualverkehrsmitteln auf den Bus erreichen? Wer benutzt denn einen Bus, wenn er weiß, er kommt nicht voran? Und die immensen Aufwendungen für verknüpfte Ampelschaltungen, die wir überall in den Städten haben, damit die Busse zügig vorankommen, wären dann ja auch zum Fenster hinausgeworfen.

Anstatt nun Geld in weitere sinnfreie Tempo-30Versuche zu stecken, sollten wir besser alle verfügbaren Technologien nutzen, um dem Ziel, Emissionen zu reduzieren, näher zu kommen.

(Jörg Bode [FDP]: Genau!)

Zum Beispiel, indem wir mehr Geld für die Erprobung von Elektro- oder gasbetriebenen Bussen geben.

(Martin Bäumer [CDU]: Bravo!)

Gestern wurde gesagt, Brennstoffzellen sollen weiterentwickelt werden. All das sind Möglichkeiten, in die wir Geld hineingeben können.

Wir sollten nicht vergessen, dass wir bereits erste Versuche in der Entwicklung von alternativen Antriebsquellen, die energiesparender und umweltfreundlicher sind, zu verzeichnen haben. So sind bereits nachhaltige, synthetische Kraftstoffe entwickelt worden, die erdölunabhängig, schwefel- und benzolfrei sind. Daran ist übrigens eine Firma aus Werlte beteiligt. Das wären auch sinnvolle Versuchsfelder, die gute und umsetzbare Ergebnisse versprechen.

Wie nun ein generelles Tempolimit zu einer nennenswerten Steigerung der Verkehrssicherheit beitragen soll - das wurde hier vorhin von den Grünen ausgeführt - erschließt sich ebenfalls nicht. Wir haben heute die Möglichkeit, Spielstraßen, verkehrsberuhigte Zonen, Fußgängerzonen und separate Fuß- und Radwege auszuweisen. Damit haben unsere Kommunen wirkungsvolle strategische und planerische Instrumente in den Händen. Mit diesen Mitteln können sie den Verkehr lenken, steuern und ihn da, wo es erforderlich ist, auch entschleunigen. Wir haben auch Zebrastreifen, Fußgängerampeln, Fahrbahneinengungen und Überquerungshilfen, all das können wir anwenden. Ebenso können die Kommunen vor sensiblen Bereichen wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern etc. Tempo-30-Zonen einrichten. Diese Maßnahmen dienen der Verkehrssicherheit und schützen insbesondere unsere schwächeren Verkehrsteilnehmer.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist selbstverständlich, dass die CDU-Fraktion alle zweckführenden und sinnvollen Maßnahmen unterstützt und fördert. Die Entscheidung, wo eine Tempo-30-Zone sinnvoll ist als Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit von allen Verkehrsteilnehmer, lässt sich doch am besten durch die

Entscheidungsträger vor Ort in den Städten und Kommunen treffen

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Axel Brammer [SPD]: So ist das doch auch geplant!)

und nicht durch ambitionierte Minister hier in Hannover.

Nachdem die Tempo-30-Regelung schon keinen nennenswerten Positiveffekt auf die Umwelt und die Sicherheit hat, wird es durch sie auch noch zu einer zusätzlichen Belastung für die Unternehmen und ihre Arbeitnehmer kommen. Welche Auswirkungen hat es auf Handel, Gewerbe und Dienstleistungen, wenn der Verkehr aus den Innenstädten verdrängt wird?

Wird Park and Ride noch den gewünschten Nutzen erreichen, wenn die Busse keine termingerechte Fahrt mehr bieten oder im Stau stecken bleiben?

Das Einkaufen in den betroffenen Städten und Gemeinden wird zunehmend unattraktiv. Das Problem, dass die Kunden mittlerweile auch eine Alternative zum Einkaufen in der Stadt haben, ist doch allen bekannt: unseren Internethandel. Geht es uns nicht allen auch um die Unterstützung des stationären Handelns in unseren Heimatgemeinden?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Genau!)

Dieses Modellprojekt schlägt jedenfalls eine andere Richtung ein. Die Menschen, die pünktlich an ihrem Arbeitsplatz sein müssen, suchen natürlich Alternativstrecken mit ihren Fahrzeugen und bringen damit die Luft- und Lärmbelastung in andere Lebensbereiche.

Wir lösen also keineswegs das Problem, sondern es wird nur vervielfacht und ausgeweitet. Und viele Straßen müssten dann auch noch umgebaut werden, damit sie für die Verkehrsteilnehmer unattraktiv werden, und der Verkehr verlagert sich eventuell in andere, bislang unbeeinträchtigte Wohngebiete.

Ihr Vorhaben richtet sich daher nicht nur gegen die Verkehrsteilnehmer, sondern hat auch Auswirkungen auf die städtische Wirtschaft und ist gleichfalls arbeitnehmerunfreundlich. Schon jetzt wissen wir: Auf weitere Modellversuche können wir verzichten. Damit erreichen wir nichts, und die Aktion führt an dem notwendigerweise zu erreichenden Ziel, Emissionen zu reduzieren, vorbei. Die flächendeckende Zone 30 ist ein Vorhaben, von dem man

auf jeden Fall sagen kann, dass dieser doch wohl eher blinde Aktionismus viele Kosten erzeugen wird, darunter auch Folgekosten, die noch nicht abzuschätzen sind.

Wir werden dem FDP-Antrag zustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)