Ich will einmal fragen: Ist es Zufall, dass die Firma Neoskop knapp unter dem vom Wirtschaftsministerium, wie Sie im Ausschuss eingeräumt haben, intern festgelegten Budget von 200 000 Euro angeboten hat? Ist es ein Zufall, dass die knapp darunter gelegen haben? Übrigens fast 200 000 Euro, damit der teuerste Anbieter im Verfahren, wie Sie selbst zugeben, und im Vergleich zu fast allen anderen Bundesländern eine verschwindend geringe Anzahl an Zugriffen auf diese Website, meine Damen und Herren.
Sie, Herr Lies, sprechen davon, dass das kein Vorsatz war. Sie waren sich angeblich nicht bewusst, dass es ein vergaberechtlicher Verstoß war. Es wird doch auch in dem heute von der Presse, u. a. im Rundblick, aufgedeckten Fall eines ganz klar: Sie wollten, Ihre Staatssekretärin wollte in diesem Fall von Anfang an genau dieses Vergabeergebnis. Auch das ist mit dem heutigen Tag bewiesen, meine Damen und Herren.
Dabei ist eines klar: Die Hausspitze des Wirtschaftsministeriums hat diesen Rechtsverstoß ganz bewusst in Kauf genommen, damit der zuvor ausgewählte Anbieter am Ende auch den Zuschlag bekommt. Nicht das eigentlich zuständige Auswahlgremium, sondern die politische Spitze des Hauses hat die Entscheidung getroffen. Im Fall der Website hat sogar der teuerste Anbieter den Zuschlag bekommen.
Auch in Ergänzung dessen, was seit heute Morgen bekannt ist, im Fall der sogenannten SiebenStädte-Tour, hat die Vergabestelle Ihres eigenen Hauses - Sie sind die oberste Vergabebehörde in Niedersachsen - gegen diesen Zuschlag ausdrücklich geraten.
Sie wollten dieses Ergebnis. Ich will es noch einmal mit Deutlichkeit sagen: Das nennt man vor Gericht Vorsatz. Nichts anderes ist es gewesen, Herr Lies.
Ich frage Sie: Welches Vertrauen soll ein Mittelständler in ein faires Verfahren in Niedersachsen jetzt noch haben, der sich beim Land um einen öffentlichen Auftrag bewirbt? Das, was Sie, Herr Lies, hier abgeliefert haben, hat mehr und mehr den Anschein einer Bananenrepublik.
Deswegen will ich mich auch an Sie wenden, Herr Ministerpräsident. Als Regierungschef ist das jetzt auch Ihr Problem.
Herr Lies gilt als einer der letzten Minister in diesem Kabinett, der noch einigermaßen etwas kann. Aber seit heute ist klar - - -
Seit heute ist klar, meine Damen und Herren: Der Verstoß gegen Recht und Gesetz im Wirtschaftsministerium hatte System. Ich finde es schon spannend, dass Sie heute nicht in der Lage sind, vor diesem Hause zu erklären, dass der Fall der Sieben-Städte-Tour und der Fall Neoskop die einzigen Fälle im Wirtschaftsministerium waren.
(Gerd Ludwig Will [SPD]: Nein, da gab es noch welche von Herrn Bode! Sa- gen Sie ihm das doch einmal!)
Ich finde es sehr spannend, dass gerade die persönliche Verbindung von Neoskop und ihren Mitarbeitern zur Frau Staatssekretärin, die im Ausschuss öffentlich geworden ist, zur Folge hatte, dass die Homepage daniela-behrens.de mittlerweile vom Netz genommen worden ist. Ja, wenn da keine Verbindungen gewesen sind, dann frage ich: Warum musste man das machen? - Übrigens, Frau Behrens: Ihr Ortsverband wirbt nach wie vor mit dieser Homepage.
Ich will es in aller Klarheit sagen: Ihr Schweigen, Herr Ministerpräsident, ist für Sie als Regierungschef jetzt keine Option mehr.
Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. - Es hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Maaret Westphely das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was ist passiert? - Die öffentliche Darstellung des Standortmarketings im Internet musste auf neue Beine gestellt werden, damit sie ihren Zweck erfüllt, Niedersachsen so zu präsentieren, dass Unternehmen Entscheidungsgründe für die Ansiedlung hier finden.
Diese wichtige Aufgabe eng begleiten und Ergebnisverantwortung in dem Sinne übernehmen zu wollen, dass es eine hervorragende Internetseite wird, ist eigentlich eine gute Sache. Die Zugriffszahlen - das haben wir gehört - haben sich mehr
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der FDP: Und deswegen muss man sich nicht an Recht und Gesetz halten?)
Nur sind Vergaben in dieser Höhe - 180 000 Euro - gesetzlich strengstens geregelt. Vorabgespräche mit einzelnen Wettbewerbern, die über eine Markterkundung hinausgehen, gehen nicht so einfach.
(Jörg Hillmer [CDU]: Gehen überhaupt nicht! - Jens Nacke [CDU]: Gehen gar nicht! Jeder Bürgermeister muss das wissen!)
Der Fehler, weder den einen Wettbewerber aus dem Verfahren auszuschließen noch den anderen Wettbewerbern den Inhalt der Vorgespräche mitzuteilen, um deren Wettbewerbsnachteil auszugleichen sowie Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen, wurde von der Staatssekretärin des Wirtschaftsministeriums eingestanden. Es wurde dazu zügig und umfassend transparent Rede und Antwort gestanden. Dafür danke schön!
Ein Punkt, der hier mehrfach angesprochen wurde, ist die Frage der Bewertung der Qualität. Gerade bei kreativen und geistigen Aufträgen die Qualität eines Angebotes hoch zu bewerten, ist bei Ausschreibungen gar nicht unüblich. Das betrifft alle Ausschreibungen in diesem Bereich.
Was passiert bei einem Fehler in einem normalen Betrieb? - Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bekommt eine Abmahnung für das unerwünschte Verhalten und damit auch die Chance, künftig korrekt zu sein.
Die Staatssekretärin hat öffentlich dargelegt, was ihre Folgerungen aus den Fehlern sind: Sie wird künftig Distanz zu Vergabeverfahren halten und die operative und fachliche Arbeit den Fachreferaten überlassen.
Nach Rücktritt oder Freistellung zu rufen, kommt einer Kündigung gleich. Hier schießt die Opposition weit über das Ziel hinaus.
Lassen Sie uns die Verfahren im Ausschuss gründlich aufarbeiten - eine Aktenvorlage wurde uns vom Ministerium angekündigt; der Rechnungshof wird prüfen - und dann unsere Schlüsse ziehen! Die pauschalen Verurteilungen auf Grundlage von Spekulationen in dieser Sache, die Sie hier anstellen, sind wirklich nicht hilfreich.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Mausche- leien sind bei Ihnen üblich! - Jörg Hillmer [CDU]: Und Sie decken das auch noch! - Gegenruf von Helge Limburg [GRÜNE]: Hört doch mal mit diesen Unterstellungen auf!)
als es unter der alten Landesregierung der Fall war. Unter anderem werden Wirtschaftsfördermittel jetzt nach Scoringverfahren vergeben, und wir haben das Vergabegesetz geändert.
(Christian Dürr [FDP]: Welche Reden hätten wir von den Grünen gehört, wenn einer schwarz-gelben Landes- regierung das passiert wäre! Was hät- te Herr Wenzel gesagt!)
Das hatte seinen guten Grund. Ich möchte einmal daran erinnern, dass der Rechnungshof 2011 beklagt hatte, dass der Wirtschaftsminister von der FDP, toleriert durch die CDU, ganz bewusst gegen Förderkriterien der NBank verstieß, und das in großem Stil. Ich möchte einmal ein paar Überschriften aus dem Jahr 2011 vorlesen, die sich auf die regelwidrigen Praktiken des FDP-geführten Wirtschaftsministeriums bezogen:
In gleich mehreren Fällen hatte die NBank die Förderung von Unternehmen in Millionenhöhe aus guten Gründen abgelehnt, die dann der amtierende FDP-Minister gegen die NBank durchdrückte.