Protocol of the Session on April 5, 2017

Dass der Steuerzahlerbund hier von einem Lottogewinn spricht, kann ich nur allzu gut verstehen. Dass allerdings einer Partei wie den Sozialdemokraten, die ja über eine Deckelung der Managergehälter spricht und Gerechtigkeitsfragen in den Vordergrund stellen will, angesichts dieser Zahl nicht das Herz blutet, wundert mich tatsächlich, meine Damen und Herren.

(Jörg Bode [FDP]: Mich wundert da gar nichts mehr!)

Es ist doch so: Wir haben in Niedersachsen eine sehr großzügige Regelung, die großzügigste Regelung unter allen Bundesländern. Hier besteht dringender Reformbedarf. Das ist nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage, sondern das ist auch eine finanzielle Frage. Deshalb muss dieser Reformbedarf dringend gedeckt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Grascha. - Für die SPD-Fraktion hat sich Bernd Lynack zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem von der FDP! Ich hätte mir an dieser Stelle eine Debatte gewünscht, die weniger populistisch geführt wird, eine Diskussion, die weniger spaltet und die auch keine Keile treibt, sondern etwas mehr auf Zusammenhalt abzielt.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, gerade in Zeiten wie diesen, in denen Populisten versuchen, einfache Antworten auf komplexe Sachverhalte zu geben, braucht es ein bisschen mehr als Populismus. Verkürzte Debatten zulasten derer, die auf der Grundlage unserer Verfassung demokratisch gewählt sind, finde ich sehr gefährlich. Das schadet nicht nur der Politik insgesamt, sondern befördert auch die Politikverdrossenheit.

(Christian Grascha [FDP]: Warum ha- ben Sie denn dann deren Amtszeit verkürzt?)

Aber der Reihe nach, Herr Grascha. Hauptverwaltungsbeamte werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt, und zwar direkt von den Bürgerinnen und Bürgern ihrer Gemeinden. Sie genießen hohes Ansehen und tragen eine enorme Verantwortung für das Funktionieren unseres Gemeinwesens vor Ort - 24 Stunden am Tag und an sieben Tagen in der Woche.

Was ist eine Bürgermeisterin, was ist ein Bürgermeister? Was ist eine Landrätin oder ein Landrat? - Sie sind nicht nur die Chefinnen und Chefs der Verwaltung und die obersten Repräsentantinnen und Repräsentanten, sondern sie sind auch Kümmerer, Motivatoren, Vordenker, Integrationslotsen, Finanzbeamte, Wirtschaftskapitäne, Streitschlichter, Wirtschaftsförderer, Anwälte und Botschafter unserer Kommunen.

Wir alle wissen, dass sich diese Liste noch lange fortsetzen lassen würde. Deshalb sage ich, dass wir für diesen Job unbedingt Menschen brauchen, die bereit sind, sich mit ihrer ganzen Kraft für unser demokratisches Gemeinwesen einzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Menschen, die dafür glühen, unser Zusammenleben zu gestalten. Dafür wollen wir natürlich auch die klügsten und die fähigsten Köpfe gewinnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Das geht aber nur, wenn wir diesen Menschen auch etwas bieten, wenn wir also auch künftig nicht nur die Fähigsten haben wollen, sondern auch noch weiter im Vor

feld unter den Fähigen eine Wahl haben wollen. Da ist eine Debatte über Kürzungen eher kontraproduktiv.

Ich kann mir übrigens bei bestem Willen nicht vorstellen, dass sich Menschen um dieses Amt bewerben, wenn sie das Ziel verfolgen, möglichst schnell und möglichst jung an Jahren in den Ruhestand zu kommen. Das finde ich absolut abwegig und völlig absurd.

(Zustimmung bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Aber wenn das so ist, dann kann man es ja ändern!)

Herr Grascha, Sie haben eben einen Fall geschildert, jetzt schildere ich auch einen. Ich kenne jemanden, der um die 40 Jahre alt ist und sich vor dem Hintergrund seiner existenziellen Verantwortung für seine Familie genau überlegt hat, ob er das Wagnis eingehen kann, sich um ein Mandat als Bürgermeister zu bewerben. Denn dahinter steckt ja noch ein bisschen mehr; Sie haben es geschildert. Das gilt für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister genauso wie für Handwerkerinnen und Handwerker.

(Christian Grascha [FDP]: Wenn sie mal gewählt werden, gilt das für sie nicht mehr!)

Rückkehrrechte in den Beruf, wie wir Abgeordnete sie haben - den Vergleich haben Sie ja aufzumachen versucht -, gibt es für Hauptverwaltungsbeamte nämlich nicht. Landrätinnen und Landräte sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister müssen ihren Status als Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit gegebenenfalls aufgeben. Werden sie abgewählt - und da hinkt der Vergleich, den Sie vorhin gewählt haben -, haben sie keinen Anspruch auf Arbeitslosenversicherung. Der Fall, den Sie geschildert haben, hat mich wirklich sehr bewegt, aber der Vergleich hinkt absolut.

(Christian Grascha [FDP]: Ich habe Übergangsgeld vorgeschlagen!)

Anders als in der Privatwirtschaft, Herr Grascha, hat eine Vertragsverlängerung oft überhaupt nichts mit Bewährung oder Fleiß zu tun. Das wissen wir als Politikerinnen und Politiker alle ganz genau. Oft genug sind nämlich auch die Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten den politischen Großwetterlagen ausgesetzt. Diesen Umständen müssen wir offen Rechnung tragen, und sicherlich müssen wir sie auch von Zeit zu Zeit hinterfragen. Aber bitte, Herr Grascha, nicht mit Populismus, sondern in ernsthaften Debatten.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten bei der Kommunalwahl im vergangen Jahr hat, denke ich, allen Parteien deutlich gezeigt, dass die Bewerberinnen und Bewerber nicht gerade Schlange stehen. Wir haben uns schon vor Jahren auch bei uns in Niedersachsen aus guten Gründen für eine Direktwahl der Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten ausgesprochen.

(Jörg Bode [FDP]: Auch das war schon ein Fehler!)

Wir müssen dieses demokratische Anliegen aber auch mit Leben füllen - auch wenn Sie das für einen Fehler halten, Herr Bode - und dafür sorgen, dass wir eine echte Wahl haben, eine Wahl zwischen unterschiedlichen Professionen und eine Wahl zwischen jünger und älter. Dafür brauchen wir Kandidatinnen und Kandidaten mitten aus unserer Gesellschaft.

Wollen Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Nein. - Bitte schön! Sie müssen dann auch zum Schluss kommen.

Herr Grascha, wir haben aber auch die Verpflichtung, diese Menschen nicht alleinzulassen, wenn sie über Jahre mehr als nur ihre Pflicht und Schuldigkeit getan und sich für uns eingebracht haben. Ich denke, dass uns die möglichen Einzelfälle, die Sie mit Ihrer Die-da-oben-Debatte und mit ihrer Anfrage im Dezember des vergangenen Jahres zu suggerieren versucht haben, an dieser Stelle nicht weiterbringen.

Herr Grascha, Sie haben in der Kommunalwahlkampagne Ihrer Partei dafür geworben, dass Deutschland vor Ort entschieden wird. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die Landrätinnen und Landräte hatten Sie dabei sicherlich nicht auf dem Schirm.

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Lynack. - Jetzt hat sich Belit Onay für Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Aufgrund der aktuellen Berichterstattung ist die Altersversorgung von Hauptverwaltungsbeamten in der Diskussion. Ich freue mich darüber, dass wir heute darüber sprechen können. Insbesondere ist dabei die lebenslange Pension in die Kritik geraten, die Hauptverwaltungsbeamte unabhängig von ihrem Alter erhalten, wenn sie aus ihrem Amt scheiden. Die konkreten Zahlen, die uns das Ministerium auch auf Ihre Anfrage hin vorgelegt hat, geben ein gutes Bild ab und zeigen, wie die Lage ist: 650 Personen, die als Wahlbeamte in der B-Besoldung waren, werden jetzt im Ruhestand versorgt. 82 % waren bei Versorgungsbeginn 65 - das haben Sie ja schon gesagt, Herr Grascha - und 11 % jünger als 50 Jahre. 2015 lag der gezahlte Betrag bei 33,5 Millionen Euro.

(Christian Grascha [FDP]: Für Lynack sind das ja Einzelfälle!)

Deshalb kann man meines Erachtens ganz gut darüber diskutieren. Das sollte man unaufgeregt, an der Sache orientiert und möglichst ohne eine unnötige Neiddebatte machen.

Rot-Grün hat in dieser Legislaturperiode schon einiges auf den Weg gebracht, um unsere Kommunen zukunfts- und zeitgemäß aufzustellen - für mehr Transparenz, mehr Bürgerinnen- und Bürgernähe, mehr Gleichstellung und mehr Wirtschaftsstärke.

In unseren Kommunen kommt den Hauptverwaltungsbeamten eine Schlüsselfunktion zu. Auch hier hat Rot-Grün wichtige Veränderungen auf den Weg gebracht, wie z. B. die Anhebung der Altersgrenze für Kandidatinnen und Kandidaten und die Anpassung der Amtsperiode an die Kommunalparlamente.

(Jörg Bode [FDP]: Das war falsch! - Christian Grascha [FDP]: Das ist eine Schwächung gewesen!)

In diesem Zusammenhang kann man auch über eine Weiterentwicklung des Besoldungssystems sprechen und insbesondere über eine mögliche Modernisierung der Vorruhestandsbezüge nachdenken. Der Hinweis von Herrn Lynack dazu ist

ausdrücklich richtig. Das muss im Einklang mit anderen Regelungen sein, auch mit der verkürzten Amtszeit, die ich eben schon angesprochen habe.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Die kann man wieder verlängern!)

Die aktuelle Regelung sorgt gerade wegen der jung ausgeschiedenen Hauptverwaltungsbeamten für Diskussionen. In anderen Bundesländern gibt es andere Regelungen. Bayern fordert eine Mindestamtszeit von z. B. 10 Jahren, NRW von mindestens 8 Jahren, Baden-Württemberg sogar regelmäßig von mehr als 12 Jahren - da ist es etwas differenzierter. Hessen fordert eine Dienstzeit von 8 Jahren und ein Alter von mindestens 55 Jahren.

In einer solchen Diskussion sollte nicht der Eindruck von raffgierigen Bürgermeistern oder Politikerinnen und Politikern erweckt werden. Das hat Herr Lynack schon sehr richtig gesagt:

(Christian Grascha [FDP]: Das hat keiner gesagt!)

- Das hat keiner gesagt, das unterstelle ich gar nicht. Das ist aber häufig gerade bei solchen finanziell wichtigen Diskussionen ein Beigeschmack, der entstehen kann.

Wie gesagt, viele Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamte entscheiden sich nicht wegen des Geldes, sondern wegen der emotionalen Bindung an die Kommunen und ganz viel Tatendrang und Idealismus für diesen Job.

Ein Ausscheiden für fünf Jahre aus dem Arbeitsleben für eine wichtige politische Aufgabe ist eine wichtige Entscheidung und ein hohes finanzielles und wirtschaftliches Risiko. Dafür haben wir hier im Landtag eine gewisse Empathie. In keinem anderen Bereich kennt man das, dass ein Betrieb allen nach fünf Jahren kündigt und sich alle dann noch einmal neu bewerben müssen. Insofern gibt es Schwierigkeiten, die uns durchaus bekannt sind.

Gleichzeitig gibt es mit dem Rückkehrrecht - das war ein richtiges Stichwort und ein Hinweis - auch Unterschiede. Das heißt: Es gibt eine Vielzahl von Modellen, über die man diskutieren könnte und vielleicht auch müsste: Kann eine Anpassung an Regelungen wie in anderen Bundesländern, unter Umständen mit bestimmten Altersgrenzen, sinnvoll sein oder eine andere Staffelung oder eine Anpassung analog zum Abgeordnetengesetz, wie wir es hier haben - die Schwierigkeit dabei habe ich schon zur Sprache gebracht -, vielleicht auch ana