Wir haben unsere Rechtsauffassung klargemacht. Ich lade Sie noch einmal herzlich dazu ein, mit uns an dieser Stelle das Niedersächsische Schulgesetz deutlich zu präzisieren, weil es ja einheitliche Meinung hier im Haus ist, dass wir keine Vollverschleierung in den Schulen wollen, weil der Bildungsauftrag sonst nicht erfüllt werden kann. Also gehen Sie diesen Weg mit uns gemeinsam, aber versuchen Sie nicht, sich weiter aus der Sache herauszumanövrieren! Man kann von einer Landesregierung erwarten, dass sie eine klare Rechtsauffassung hat und, wenn sie eine klare Rechtsauffassung hat, diese dann auch umsetzt.
Vielen Dank, Herr Försterling. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Kollege Limburg, bitte.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Nacke, nur damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ihre ganze Kette von Pauschalvorwürfen gegen diese Landesregierung
und die sie tragenden Fraktionen weise ich aufs Schärfste zurück. Bei keinem der von Ihnen beschriebenen Fälle gab es auch nur im Ansatz einen vorsätzlichen Rechtsbruch.
Herr Nacke, das war im Land der Brüder Grimm ein ganz interessanter Beitrag aus Jens Nackes Märchenbuch. Es hatte aber mit der Realität in diesem Land nichts zu tun.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dieses Hohe Haus hat sich in der Tat in den vergangenen Monaten - das ist schon gesagt worden - sehr intensiv mit diesem einen Einzelfall aus Belm befasst. Klar ist, dass es niemand in diesem Haus gut oder normal findet, wenn eine Schülerin dauerhaft ihr Gesicht verdeckt, und klar ist auch, dass eine konstruktive Arbeit in der Lerngruppe massiv erschwert wird, wenn das so ist. Die Verschleierung ist ja auch - das hat der Kollege Tonne schon dargestellt - nicht einfach hingenommen worden. Es hat vielmehr zahlreiche Versuche gegeben, dieses Problem vor Ort zu lösen.
Aber darum geht es insbesondere Ihnen von der CDU ja gar nicht. Um das alles festzustellen, hätte man nicht diese wiederholten Plenardebatten, Fragestunden und anderes inszenieren müssen. Ihnen geht es darum, anhand eines Einzelfalls - darauf hat Herr Tonne zu Recht hingewiesen - eine politische Kampagne gegen diese Landesregierung zu inszenieren.
Und weil Ihnen in dieser Kampagne mangels Substanz die Instrumente ausgegangen sind, haben Sie jetzt die ganz große, grobschlächtige Keule herausgeholt und die Ministeranklage auf den Weg gebracht. Anhaltspunkte für einen vorsätzlichen Gesetzesverstoß gibt es allerdings nicht. Sie haben auch im Ausschuss keinen entsprechenden vorgebracht. Natürlich lehnen wir diesen Antrag ab.
Das eigentlich Traurige an diesem Sachverhalt ist aber, dass die CDU völlig skrupellos und völlig unkonstruktiv diese Kampagne auf dem Rücken der betroffenen Lehrerinnen und Lehrer, auf dem Rücken aller Schülerinnen und Schüler dieser Schule und auch auf dem Rücken des 15-jährigen Mädchens - so unverständlich und inakzeptabel wir ihr Verhalten auch finden mögen -, auf dem Rücken der Menschen vor Ort austrägt. Das ist politisch schäbig, meine Damen und Herren.
Sie müssen sich als CDU schon fragen lassen, ob es nicht in Wahrheit erst Ihre Kampagnen waren, die den Schulfrieden an dieser Schule in Belm gestört haben.
Ihre Kampagnen können auch nicht losgelöst von den anderen Kampagnen und Aktionen betrachtet werden. Sie selbst, Herr Nacke, haben es ja gerade in Ihrer Rede dargestellt: In Wahrheit ist das ein Baustein einer großen Kampagne, mit der Sie versuchen, bei den Menschen hier in Niedersachsen Angst zu schüren. Diese Kampagne fügt sich ein in den überhasteten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der in Wahrheit nur dem Zweck dient, die Unsicherheit im Land zu schüren, um den Boden für Ihren Wahlkampfschlager „Sicherheit“ zu bereiten.
Sie fügt sich ein in die CDU-Kampagne gegen die von Christian Wulff auf den Weg gebrachten Verträge mit den islamischen Verbänden, die Sie schon lange vor dem Putschversuch in der Türkei abgelehnt und politisch bekämpft haben. Wir sehen überall dasselbe Muster: Die CDU schürt diffuse Ängste vor dem Islam oder Muslimen und hofft, daraus politisches Kapital zu schlagen. Das ist politisch absolut unverantwortlich, meine Damen und Herren.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das ist falsch! Das ist eine unfassbare Unterstellung! Das ist unglaublich!)
Die Menschen in Niedersachsen haben in der Tat Wichtigeres zu tun, als sich Monat für Monat, wie in diesem Hause, Herr Thiele, mit diesem einen Einzelfall zu beschäftigen.
Wir, Rot-Grün, wollen auch und gerade in diesen schwierigen Zeiten Brücken bauen, Gesprächsfäden nicht abreißen lassen und Menschen zusammenbringen. Dies alles leisten wir. Ihnen geht es darum, ein politisches Exempel zu statuieren. Dafür sind wir nicht zu haben.
Vielen Dank, Herr Limburg. - Es gibt nun eine Kurzintervention des Kollegen Nacke auf Ihre Ausführungen. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Limburg, vielleicht sollten Sie darüber nun wirklich doch einmal nachdenken, ob Sie tatsächlich inzwischen so weit gehen, dass Sie hier nahezu offen Rassismusvorwürfe gegen andere Fraktionen erheben. Ich weise das ausdrücklich zurück.
Ich sage Ihnen noch etwas: Wenn Sie so weitermachen - von Herrn Tonne erwarte ich nichts anderes, aber wir hatten einen sehr interessanten und intensiven Austausch -
und immer dann, wenn ein Problem hier im Parlament auf den Tisch kommt, sagen: „Dieses Problem besteht in Wirklichkeit gar nicht in der Form. Ihr wollt eine Kampagne gegen diese Landesregierung führen.“, negieren Sie damit natürlich jeden
Fakt ist aber, dass wir einen Untersuchungsausschuss zu einem Zeitpunkt eingesetzt haben, zu dem Sie gesagt haben, alles sei in bester Ordnung; das sei alles nur eine Kampagne. Inzwischen wissen wir aber, dass dieser Innenminister mittlerweile selber erhebliche Veränderungen eingeräumt hat - auch gegen den massiven Widerstand aus der Grünen-Partei und der GrünenFraktion -, weil es ein richtiger Weg ist und weil es besser geht.
Sie sagen, wir hätten eine Kampagne gegen den Islam-Vertrag gefahren. Das ist völliger Unsinn. Es war der Fraktionsvorsitzende der CDU, der mit einer Publikation überhaupt erst einmal eine sinnvolle Diskussion angeschoben hat. Sie haben den Islam-Vertrag inzwischen beerdigt. Warum denn wohl? Sie sind auf den Kurs der CDU eingeschwenkt. Sie können doch nicht in jedem Fall sagen: „Ja, die wollen da eine Kampagne führen.“ Hier liegt ein echtes, ernsthaftes Problem vor. Sie sagen erneut, der Schulfriede sei gestört. Jetzt soll er sogar durch uns gestört gewesen sein? Nein, der Ministerpräsident hat doch eingeräumt: An einer Schule, an der eine Schülerin einen Niqab tragen will, ist der Schulfrieden in dem Moment gestört. Deswegen ist dagegen vorzugehen.
Das ist der Sachverhalt, den Sie hier ausblenden. Solche Vorträge führen Sie nicht weiter. Die Wählerinnen und Wähler wissen sehr genau, was sie davon zu halten haben.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Nacke, nein, solche Vorträge wie Ihrer von vorhin und auch Ihrer jetzt führen weder Sie noch die CDU Niedersachsen und auch sonst niemanden in diesem Hause irgendwie weiter, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nein, ich habe Ihnen nicht Rassismus vorgeworfen.
Aber Sie müssen sich schon den Vorwurf gefallen lassen, dass Ihre Kampagne natürlich in irgendeiner Form Angst vor dem Islam schürt.
Sie müssen sich doch einmal anschauen, was in den Kommentarspalten und in den Leserbriefspalten los ist. Sie nehmen einen Einzelfall, und in der Art und Weise, wie Sie ihn hier wiederholt thematisieren und skandalisieren, suggerieren Sie doch den Menschen, hier stehe ein grundsätzlicher Kultur- und Werteverfall bevor. Das ist nicht der Fall.