Protocol of the Session on February 1, 2017

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Becker. - Jetzt hat die FDPFraktion das Wort, und zwar der Kollege JanChristoph Oetjen.

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Beim Thema innere Sicherheit weiß die rot-grüne Koalition hier in Niedersachsen gar nicht mehr, wohin sie laufen soll.

(Zuruf von der SPD: Vorwärts!)

Nachdem Sie nach einer sehr langen Zeit endlich eines der Kernanliegen dieser Koalition eingebracht haben, nämlich das neue Polizeigesetz - das zukünftige Gefahrenabwehrgesetz -,

(Angelika Jahns [CDU]: Ist es schon wieder veraltet!)

ist es schon wieder veraltet. Sagen Sie mal, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen: Wird Ihnen bei so vielen Rollen, die Sie rückwärts machen, eigentlich überhaupt nicht schwindelig?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich sage ganz ehrlich: Ich bin froh, dass Sie die eine oder andere Änderung, die Sie über den Entwurf zum Gefahrenabwehrgesetz in den Landtag eingebracht haben, zurücknehmen. Was Sie bei

spielsweise zum Thema temporäre Videoüberwachung, z. B. für den Weihnachtsmarkt, das Maschseefest oder ähnliche Großveranstaltungen, vorschlagen und was aus unserer Sicht auch sinnvoll ist, ist nach dem bisherigen SOG möglich. Das heißt, was Sie jetzt ändern, korrigiert nur, was Sie als Fehleinschätzung zuvor mit Ihrem eigenen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Insofern ist es ganz interessant, was sich alles bewegt, insbesondere mit Blick auf den grünen Koalitionspartner. Sie haben sich im Deal gegen die Fußfessel das Informationsfreiheitsgesetz eingekauft, dessen Entwurf ja so kompliziert ist, dass es in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich nicht mehr beschlossen wird. Mal gucken, was Ihre Basis am Ende dazu sagt!

(Beifall bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Wieso? Ist das eine Andro- hung von Blockade?)

Gerade wenn wir die Fußfessel in den Blick nehmen, so glaube ich, dass sie eine sinnvolle Ergänzung sein kann, verehrte Kolleginnen und Kollegen, aber eben nur eine Ergänzung! Natürlich wird sie am Ende nach dem Beschluss eines Richters eingesetzt, der einen entsprechenden Antrag unabhängig prüft. Das ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Aber das löst das Problem mit den Gefährdern nicht. Wir müssen doch nicht nur dafür sorgen, dass potenziell terroristisch tätige Menschen in unserem Land eine Fußfessel bekommen, sondern dass sie von unseren Sicherheitsbehörden tatsächlich im Auge behalten werden. Die Fußfessel darf später nicht dazu dienen, dass wir zu einer Scheinsicherheit in dieser Frage kommen.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen ist es auch wichtig, dass Sie von Ihrem Vorhaben abrücken, die Höchstdauer des Unterbindungsgewahrsams von zehn auf vier Tage zu kürzen. Die zehn Tage sind aus meiner Sicht ein durchaus angemessener Zeitraum. Ich sage auch, dass eine Ausweitung aus meiner Sicht nicht notwendig ist. Aber die Kürzung, die Rot-Grün von zehn auf vier Tage vornehmen will, ist aus meiner

Sicht der völlig falsche Weg, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Natürlich muss man Sicherheitslagen angemessen analysieren, sehr geehrter Herr Kollege Becker. Aber schauen wir uns das Thema Einbruchkriminalität an! Sie analysieren seit mittlerweile zweieinhalb Jahren. Seit zweieinhalb Jahren sagen CDU und FDP hier in diesem Haus, dass beim Thema Einbruchkriminalität etwas passieren muss. Wir bringen Anträge in diesen Landtag ein. Und was passiert? - Gar nichts, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Analyse ist gut, aber irgendwann sollte man sich auch bewegen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen,

(Zustimmung bei der CDU)

und dabei sind Sie viel zu langsam!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Sie sind in der Frage der inneren Sicherheit nicht handlungsfähig, sondern zögerlich. Und das, meine Damen und Herren, ist gefährlich für unser Land.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Jetzt hat Frau Kollegin Meta Janssen-Kucz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Oetjen, wir haben ja schon eine Anhörung zum Entwurf zur Änderung des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes durchgeführt. Es wird Änderungen geben. Weitere sind auf dem Weg. Ich glaube, dann können wir in eine sehr intensive Debatte zum Gefahrenabwehrgesetz einsteigen, das, wie ich glaube, auf einem sehr guten Weg ist. Damit werden wir Neuland betreten und bundesweit Vorreiter sein. Wir waren die Ersten, die das BKA-Urteil in einen solchen Gesetzentwurf eingearbeitet haben, und haben nicht, liebe Frau Jahns, wie das Bundeskabinett erst heute mit einem halben Jahr Verspätung etwas Überarbeitetes vorgelegt.

Aber kommen wir doch zu Ihrem Antrag zurück!

Ich sage: Die erste Seite kann man ziemlich vergessen. Das ist eine Beschreibung, wie wir sie kennen. Der Kollege hat sie das letzte Mal als postfaktische Politikdebatte beschrieben. Aber so scheint es ja zu funktionieren. Heute hatten wir ein paar Beispiele dafür, dass die Wahrheit nicht unbedingt eine Rolle spielt und dass man alles vermengt.

Heute haben Sie sich, finde ich, dankenswerterweise zurückgehalten. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass man einen klaren Faktenscheck macht und nicht alles durcheinanderwirft, dass man differenziert und dass man sorgfältige und gründliche Analysen betreibt, bevor man eine Schlussfolgerung in ein Gesetz umsetzt.

Sie haben bis jetzt Politik nach dem Motto „Hauptsache, es macht Stimmung, und es kracht“ gemacht. Das entspricht scheinbar Ihrer gefühlten Wirklichkeit. Manchmal erinnert mich das - auch die Anhörung letzte Woche - an die „alternativen Fakten“ der US-Regierung unter Trump. Es zeigt gewisse Parallelen.

Ich glaube, es gibt auch in Ihren eigenen Reihen ein Beispiel aus jüngster Zeit. Ich denke dabei an die Äußerung Ihres Landesvorsitzenden nach dem terroristischen Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin und die damit verbundene Verunsicherung der Bevölkerung und in den Sicherheitsbehörden, die Ihr Landesvorsitzender auf den Weg gebracht hat.

(Jörg Hillmer [CDU]: Die habt doch Ihr ausgelöst!)

Er meinte, jetzt auch noch Kommissar spielen zu können. Am Ende hat er die Polizei, vor allem einen Polizisten, in die Bredouille gebracht, und selbst wurde er auch noch ins LKA vorgeladen.

Ich frage mich wirklich: Wie wollen Sie mit diesem Vorsitzenden das notwendige Vertrauensverhältnis zu den Sicherheitsbehörden in Niedersachsen jemals wiederherstellen?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig! - Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ihr Aufschlag in Sachen innere Sicherheit war in den letzten Wochen doch ziemlich von Pleiten, Pech und Pannen gekennzeichnet. Irgendwie verheddern Sie sich im politischen Gestrüpp.

Herr Schünemann hat heute Morgen von seinem Kompass gesprochen. Herr Schünemann, ich glaube, Ihre Kompassnadel im Bereich der inneren Sicherheit, auf die Sie heute Morgen so hingewiesen haben, ist definitiv nicht richtig eingestellt. Sie befinden sich auf einem ziemlichen Irrweg und irrlichtern herum.

Ihnen fällt nämlich nichts mehr ein, als nach immer mehr Datenspeicherung, TKÜ, Videokameras, Abschiebungen und, und, und zu schreien.

(Angelika Jahns [CDU]: Das machen Sie doch jetzt auch!)

Sie merken aber gar nicht, dass Sie sehr konsequent an den Grundpfeilern unserer Demokratie und des Rechtsstaates rütteln.

Ich glaube - und das ist in den letzten Jahren mehr als deutlich geworden -, Rot-Grün bringt in Sachen innere Sicherheit, Gefahrenabwehr und Prävention viel auf den Weg, aber wir machen es mit Augenmaß, so wie es sich in einem Rechtsstaat gehört.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Wir haben sehr differenzierte Maßnahmen im Bereich Prävention und Aussteigerhilfe, und vor allem haben wir in Personal und in die technische Aufstockung der Sicherheitsbehörden investiert. Ich finde, auch das Gefahrenabwehrgesetz macht deutlich, dass wir dort auf dem richtigen Weg sind.

(Angelika Jahns [CDU]: Mal sehen, was noch kommt!)

Wir reden nicht, wir handeln - konsequent und rechtsstaatlich, mit Augenmaß und ohne Scharfmacherei.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Mir liegt jetzt die Wortmeldung der Landesregierung vor. Das Wort hat Herr Innenminister Boris Pistorius.