Protocol of the Session on November 22, 2016

Für diesen Tagesordnungspunkt sind uns vier Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie der Tagesordnung entnehmen können. Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.

Ich eröffne die Besprechung zu

a) Bundesautobahnen müssen Staatseigentum bleiben - Privatisierung der Fernstraßen verhindern - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 17/6936

Dazu hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Will um das Wort gebeten, das ich ihm erteile. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits im letzten Plenum hat Verkehrsminister Lies im Rahmen einer Dringlichen Anfrage deutlich gemacht, dass die bewährte Arbeit unserer Landesstraßenbaubehörde für die zukünftigen Aufgaben zum Erhalt und Ausbau der Infrastruktur im Land Niedersachsen unverzichtbar ist. Es geht dabei auch darum, weiterhin zügig und qualitativ gut zu planen, um die weiter aufwachsenden Mittel aus dem Bundesverkehrswegeplan in den nächsten Jahren auch in Niedersachsen einsetzen zu können.

Die gute Qualität der Arbeit unserer Landesbehörde hat sich vor einigen Wochen erst in der Bestätigung durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zur geplanten Elbquerung der Bundesautobahn 20 gezeigt. Es geht darum, in Zukunft das vorhandene Personal, soweit möglich,

für die Auftragsverwaltung bei der Planung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen weiter einzusetzen. Damit verhindern wir, dass der langwierige Um- und Aufbau einer neuen Bundesbehörde, der nach Ansicht aller Beteiligten Jahre dauern wird, die Planungen der Projekte unnötig verzögert. Ich darf in diesem Zusammenhang an die Auswirkungen der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung erinnern.

Meine Damen und Herren, gleichzeitig ist dieses Personal für die Landesinfrastruktur und die vertikale Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene unverzichtbar. Diese bewährte Zusammenarbeit, z. B. bei den Winterdiensten der Straßenmeistereien, darf nicht eingestellt werden. Deshalb ist es unverzichtbar, mehr qualifiziertes Personal für die wachsenden Aufgaben einzustellen, um den steigenden Herausforderungen in der Planung gerecht zu werden.

Wir wissen, dass die Überlegungen von Bundesfinanzminister Schäuble in Zukunft aber weitergehen. Bereits in unserem Antrag zu den Bundesfernstraßen vom 30. November 2015 haben wir uns zu Recht gegen eine mögliche Privatisierung des Fernstraßennetzes oder des Fernstraßenbaues ausgesprochen. Das Gleiche gilt auch für eine Bundesfernstraßengesellschaft, in der der Bau, der Erhalt, der Betrieb und die Finanzierung des Straßennetzes zukünftig konzentriert werden sollen. Auch hier müssen die Gesellschafteranteile beim Bund bleiben und dürfen nicht privatwirtschaftlichen Interessen ausgesetzt werden.

Wir sehen heute bei den Versuchen von Herrn Schäuble, wie wichtig das ist, und wir begrüßen ausdrücklich den Einsatz von Bundeswirtschaftsminister Gabriel, damit eine unkontrollierbare Privatisierung gestoppt wird.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir lehnen eine Privatisierung von Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen ab.

(Zustimmung von Heinrich Scholing [GRÜNE])

Wir wollen, dass der Bund das Eigentum an Straßen behält und Bundesvermögen an dieser Stelle nicht privatisiert wird.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mobilität ist ein wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge und darf

durch privatwirtschaftliche Einflüsse nicht infrage gestellt werden. Durch die Erfahrungen der geplanten bzw. vollzogenen Bahnprivatisierungen, ob in Deutschland, in England oder Lettland, sind wir hinreichend über die Folgen informiert und gewarnt. Ich erinnere an den völlig überhasteten und sinnlosen Verkauf z. B. der OHE durch Herrn Bode.

(Jörg Bode [FDP]: Stimmt gar nicht! Ich war das nicht!)

Wir müssen jetzt da aufräumen, Herr Bode! Sie werden das in den nächsten Monaten noch mitbekommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine Rückabwicklung kommt meistens teuer zu stehen, und viele unterlassene Investitionen im Sinne von langfristiger und nachhaltiger Sicherung der Netze müssen dann nachgeholt werden.

Herr Kollege Will, jetzt möchte Ihnen Herr Kollege Bode eine Zwischenfrage stellen - im Umkehrverhältnis zu vorhin.

Ich glaube, das führt uns an dieser Stelle nicht weiter.

(Jörg Bode [FDP]: Ich glaube aber schon! - Christian Grascha [FDP]: Erst etwas in den Raum stellen und dann keine Zwischenfragen zulassen! Un- terirdisch!)

Kritiker wie die Rechnungshöfe haben bei einer Reihe von Projekten bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften vor den Folgen für den Steuerzahler gewarnt. Am Ende bleiben Mehrkosten und eben keine Einsparungen. Die versprochene bzw. ausgehandelte Rendite kommt den Steuerzahler im Zweifel teuer zu stehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Will. - Es geht jetzt weiter mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Das Wort hat der Kollege Karl-Heinz Bley.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man wundert sich schon, warum die SPD gerade dieses Thema zum Gegenstand der Aktuellen Stunde macht. Die Privatisierung von Autobahnen ist weder aktuell, noch ist sie ein Thema.

(Lachen bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Was? - Weitere Zurufe von der SPD)

Bereits am 14. November, also vor mehr als einer Woche, meldete z. B. tagesschau.de, die Autobahnen blieben unveräußerlicher Besitz des Bundes. Dies bestätigen sowohl das Finanz- als auch das Wirtschafts- und das Verkehrsministerium.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja! Dank der SPD!)

Eine Privatisierung der rund 13 000 km Autobahnen ist in Deutschland damit vom Tisch.

(Johanne Modder [SPD]: Nein, eben nicht!)

Es fragt sich also, warum die SPD dieses Thema an dieser Stelle so prominent zur Sprache bringt, wie das bei der Rede von Herrn Will deutlich wurde. Entweder ist Ihnen nichts eingefallen - das wäre bedauerlich; aber bei Ihrem Regierungsstil hat man häufiger den Eindruck, dass Ihnen nichts einfällt -,

(Johanne Modder [SPD]: Und die Op- position schläft oder liest keine Zei- tung!)

oder Sie wollen mit diesem Thema von einem größeren Problemen ablenken, von dem Problem nämlich, dass sich Herr Ministerpräsident Weil bei der Einigung zu den Bund-Länder-Finanzen die leistungsfähige niedersächsische Straßenbauverwaltung quasi hat abkaufen lassen -

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Das sagt der Richtige!)

gegen eine butterweich formulierte und wenig zielführende Protokollnotiz.

Die Einigung zum Bund-Länder-Finanzausgleich ist für Niedersachsen nicht vorteilhaft. Bei dessen Neuregelung schneidet Niedersachsen denkbar schlecht ab. Niedersachsen profitiert von allen Bundesländern am wenigsten. Gemessen an der Größe und der Bedeutung des Landes Niedersachsen, sind wir Verlierer des neuen Finanzausgleichs. So erhält Niedersachsen ab 2020 umge

rechnet 76 Euro zusätzlich pro Einwohner und ist damit bundesweit Schlusslicht.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Thema ver- fehlt!)

Finanzschwache Länder, wie Bremen oder das Saarland, erhalten 732 Euro bzw. 493 Euro pro Einwohner, Bayern 106 Euro.

Anstatt für einen wirklichen Wettbewerbsföderalismus und eine Stärkung der Länderautonomie zu sorgen, hat der Ministerpräsident eine Schwächung des Föderalismus ausgehandelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es werden keine Leistungsanreize gesetzt, um die Finanzkraft der Länder zu stärken. Die Bundesländer sind künftig Kostgänger des Bundes und müssen dafür zahlreiche Kompetenzen an Berlin abtreten.

Unsere Straßenbauverwaltungen sind in Sorge: Was wird, was geschieht mit den Straßenbauverwaltungen, mit den Aufgaben, aber auch mit den Menschen, die dort arbeiten? - Das Wappentier an der Haustür wird kleiner. Das Niedersachsen-Ross hatten wir bisher. Wir werden in Zukunft eventuell den Bundesadler als Wappen haben. Das wäre vielleicht noch zu verkraften. Beide Schilder gingen auch noch. Aber es kann auch so ausgehen, dass wir ein Türschild haben, dem zufolge wir in Niedersachsen nicht mehr zuständig sind. - Das hat die Landesregierung in Berlin verhandelt!

Dass die Bundesfernstraßen-Auftragsverwaltung künftig vom Bund übernommen wird, müsste eigentlich jeder überzeugte Föderalist - das sind wir als Landtagsabgeordnete sozusagen von Berufs wegen - ehrlich bedauern.

Meine Damen und Herren, während Ministerpräsident Weil auch das als Verhandlungserfolg verkauft, beklagt Wirtschaftsminister Olaf Lies bereits eine drohende Stagnation von niedersächsischen Straßen- und Planungsarbeiten. Deutlicher kann man als Landesregierung seine eigene Position in der Öffentlichkeit nicht infrage stellen. Deutlicher kann man auch nicht dokumentieren, dass die als Erfolg gepriesene Neuregelung des Bund-LänderFinanzausgleichs für Niedersachsen tatsächlich ein Misserfolg ist.

Um von diesem offensichtlichen Misserfolg abzulenken, wird mit der angeblich drohenden Privatisierung von Bundesfernstraßen ein Thema gesucht, das in Wirklichkeit gar keines ist.

(Johanne Modder [SPD]: Herr Kolle- ge, Sie sollten sich einmal erkundi- gen!)

Um es an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich zu sagen: Die Privatisierung der Bundesfernstraßen steht nicht an. Das Schreckgespenst, welches Sie hier an die Wand malen wollen, gibt es nicht.