Protocol of the Session on October 26, 2016

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Schöngerechnet!)

Mit diesem Ergebnis wird die positive finanzielle Entwicklung unseres Landes Niedersachsen nachhaltig unterstützt. Auf Grundlage der derzeit erkennbaren Finanzentwicklung bietet sich die Möglichkeit, auch im neuen Jahrzehnt weiter gezielt in Zukunftsaufgaben zu investieren. Deswegen können wir mit diesem Ergebnis meines Erachtens alles in allem sehr zufrieden sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist uns dabei gelungen, eine sogenannte Forschungs-Bundesergänzungszuweisung durchzusetzen, die allein für Niedersachsen mit einem Betrag von über 60 Millionen Euro im Jahr verbunden sein wird. Das ist ein Ausgleich für die seit

langer Zeit unterdurchschnittliche Finanzierung von Forschungseinrichtungen durch den Bund in unserem Bundesland. Darüber hinaus wird die Förderabgabe auf Erdöl und Erdgas nur noch mit einem Drittel in die Finanzkraftberechnung einbezogen. Allein für diese beiden Regelungen ist schon eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Aber auch diese Grundgesetzänderung ist vereinbart worden.

Dies durchgesetzt zu haben, hat ein angemessenes Verhandlungsergebnis für Niedersachsen erst möglich gemacht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn ich unter das alles einen Strich ziehe, lautet mein Fazit: Es ist gelungen, einen gordischen Knoten durchzuschlagen. Es ist überdies gelungen, die positive Finanzentwicklung unseres Landes weiter nachhaltig zu befördern. Niedersachsen kann deswegen dem Kompromiss zum Länderfinanzausgleich guten Gewissens zustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus sind auf Forderung des Bundes aber noch weitere Neuregelungen im BundLänder-Verhältnis jenseits der Finanzbeziehungen erörtert worden. Dabei gibt es Licht und Schatten.

Positiv ist hervorzuheben, dass der Bund künftig durch eine Änderung des Grundgesetzes in die Lage versetzt wird, wichtige Investitionen in den Ländern mitzufinanzieren. Dabei geht es insbesondere auch um Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur und damit um einen Bereich, der bislang dem sogenannten Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in Bildungsfragen unterliegt.

Dieses Verbot ist nach meiner festen Überzeugung insgesamt ganz und gar falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Gegenteil: Es gibt nach meiner Überzeugung unter den derzeitigen Bedingungen kaum eine wichtigere gesamtstaatliche Aufgabe als die Förderung und Qualifizierung von jungen Leuten in unserem Land.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen begrüße ich es sehr, dass zumindest eine große Bresche in das Kooperationsverbot hineingeschlagen worden ist. Das sollte uns aber nicht daran hindern, weiter für eine vollständige Aufhebung des Kooperationsverbotes einzutreten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In negativer Hinsicht ist dagegen die Forderung des Bundes hervorzuheben, künftig eine Infrastrukturgesellschaft im Bereich der Bundesfernstraßen zu errichten und anstelle der bisherigen Auftragsverwaltung durch die Länder künftig selbst die Planung, den Bau und die Unterhaltung der Bundesfernstraßen vorzunehmen. Diese Absicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, lehnt die Landesregierung ab.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Was tun Sie denn konkret dafür, Herr Weil, um das umzusetzen?)

Ich kann nicht erkennen, welche Vorteile mit einer solchen Regelung verbunden sein sollen. Umgekehrt zeichnen sich für mich deutlich erkennbare Nachteile ab, insbesondere der Aufbau einer überflüssigen Doppelstruktur von Bundes- und Landesstraßenbauverwaltung. Bis zur Abfahrt einer Bundesautobahn wird also künftig der Bund und danach werden die Länder planen und bauen. Es liegt für mich auf der Hand, dass es dabei nicht zu optimalen Ergebnissen kommen kann, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Niedersachsen gehört deswegen zu einer Minderheit von Ländern, die eine abweichende Auffassung zu Protokoll gegeben haben. Ich bin sicher, zu dieser Frage wird es noch viele Diskussionen geben. Wir stehen vor einem außergewöhnlich umfangreichen Gesetzgebungsvorhaben, das nach meiner Einschätzung das gesamte erste Halbjahr des nächsten Jahres in Anspruch nehmen wird. Die Landesregierung und Niedersachsen insgesamt werden dafür werben, die Pläne des Bundes noch einmal kritisch zu hinterfragen. Wir sind der festen Auffassung, es sollte bei einer Bundesauftragsverwaltung im Straßenbau bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das hat dieser Landtag sogar beschlos- sen! Ich frage mich, warum Sie das Gegenteil machen, Herr Weil!)

Meine Damen und Herren, es gibt darüber hinaus noch weitere, kleinere Beratungsergebnisse, auf die ich an dieser Stelle verweisen will.

Was bleibt nach alledem als Fazit? - Ich glaube, es ist entscheidend, dass es nach einem wirklich jahrelangen erbitterten und unseligen Streit zwischen Bund und Ländern, aber auch zwischen den Ländern gelungen ist, diesen Streit zu beenden. Das ist ein hoher Wert an sich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gerade in der aktuellen Situation ist es meines Erachtens wichtig, dass die Repräsentanten unseres Staates auf den unterschiedlichen Ebenen ihre Handlungsfähigkeit und auch ihre Kompromissfähigkeit demonstrieren und gemeinsame Regelungen finden. Das ist hier gelungen, und zwar zum Wohle aller Beteiligten. Deswegen haben sich die intensiven und auch anstrengenden Beratungen letzten Endes gelohnt.

Ich freue mich, sagen zu können: Die Ergebnisse werden dazu beitragen, dass wir in Niedersachsen auch nach dem Jahr 2020 weiter zielstrebig und erfolgreich an der Entwicklung unseres Landes arbeiten können.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Unterrichtung, leicht aufgerundet, 16 Minuten gedauert hat. Nach unseren Gepflogenheiten erhalten für die nun folgende Aussprache die beiden großen Fraktionen die gleiche Redezeit und die beiden nicht ganz so großen Fraktionen die Hälfte dieser Redezeit. Es ergeben sich also folgende Redezeiten: Die Fraktion der CDU und die Fraktion der SPD bekommen jeweils 16 Minuten, und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion der FDP bekommen jeweils 8 Minuten.

Es folgt als nächster Redner für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Reinhold Hilbers. Bitte sehr, Herr Hilbers!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, das war ein mäßiger Vortrag für ein mäßiges Ergebnis. Begeisterung sieht anders aus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch und Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der große Wurf ist Ihnen nicht gelungen. Schauen Sie nur in die einschlägigen Tageszeitungen! Dann stellen Sie fest, dass allenthalben davon die Rede ist, dass die Regelungen eine Schwächung des Föderalismus bedeuten und keine Leistungsanreize setzen, um eigene Einnahmen in den Ländern zu forcieren. In den Landeskassen bleiben von 1 Euro jeweils nur 10 Cent übrig. Das haben Sie nicht behoben. Es war auch der Anspruch verkündet worden, mehr Transparenz in das Finanzausgleichssystem zu bringen. Auch damit sind Sie gescheitert.

Den gordischen Knoten, Herr Ministerpräsident, haben Sie am Ende nur durchschlagen können, weil der Bund Ihnen bei der Beteiligung an Finanzmitteln ganz erheblich entgegengekommen ist. Dafür haben die Länder aber weitreichende Kompetenzverschiebungen zugunsten des Bundes und zulasten der Länder in Kauf nehmen müssen.

Herr Ministerpräsident, selbstbewusster Föderalismus besteht darin, dass die Länder untereinander den horizontalen Finanzausgleich stärken, sprich: die Finanzbeziehungen untereinander ausgleichen. Dazu kann ich nur sagen: Fehlanzeige! - Sie haben das Instrument zwischen den Ländern zu einem Instrument der Alimentation vom Bund zu den Ländern gemacht. Die Länder hängen zukünftig am Tropf des Bundes, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Das stellt die Zeitung Die Welt zu Recht fest. Dort heißt es – ich zitiere –:

„Der Bund zahlt also die Zeche. Aber die Länder berappen dafür einen hohen politischen Preis. Denn den Geldsegen gibt es natürlich nicht umsonst. Im Gegenzug müssen die Bundesländer Kompetenzen abgeben.“

Die FAZ schreibt in ihrem Bericht:

„Der ohnehin blutleere Föderalismus in Deutschland wird... dahinsiechen.“

Meine Damen und Herren, die Länder und auch Sie, Herr Ministerpräsident, haben es versäumt, den Föderalismus zu stärken und die Aufgabenverantwortung und die Finanzverantwortung in den Ländern stärker zusammenzuführen, Sie haben es

versäumt, die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen grundsätzlich neu zu regeln, und Sie haben es versäumt, für mehr Transparenz zu sorgen.

Richtig wäre es gewesen, mehr Anreizfunktionen zu setzen, die eigenen Einnahmen und die eigene Wirtschaftskraft in den Ländern zu stärken, die Mischfinanzierungen abzubauen, mehr Transparenz zu schaffen und auch mehr Wettbewerb unter den Bundesländern zu initiieren, statt Gleichmacherei zu organisieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gerade Letzteres, Herr Ministerpräsident, nämlich ein wirklicher Wettbewerbsföderalismus mit einer eingehenden Stärkung der Autonomie der Länder, hätte dem Staatswesen gutgetan. Das stellen wir an den Fragen fest, die hier diskutiert werden. Aber dafür sind Sie nicht. Und weil diese Finanzausgleichsregelung das eben nicht tut, hat Herr Finanzminister Schäuble sie immer bekämpft.

Sie, Herr Ministerpräsident, haben nicht die Kraft dazu, eigene Einnahmen zu generieren und eigene Anreize zu setzen, beispielsweise mit Zuschlagsrechten auf die Steuern für die Länder und mit Freiheit für die Erbringung der eigenen Aufgaben in Verantwortung der Länder. Stattdessen haben Sie es umgedreht. Sie wollen keinen wirklichen Wettbewerbsföderalismus, weil Sie mit Ihrer Landespolitik einem Wettbewerbsföderalismus nicht standhalten wollen und nicht standhalten können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben das System des Finanzausgleichs auf den Kopf gestellt. Sie haben die letzte Stufe, die eigentlich dazu da war, die Feinheiten im bisherigen System auszutarieren, jetzt als Grundstufe nach oben gezogen und zum grundsätzlichen Ausgleichsmechanismus erklärt. Sie organisieren den Finanzausgleich aus Bundesmitteln.

Herr Ministerpräsident, Sie haben davon gesprochen, wie schwierig die Lage war. Sie sind meines Erachtens zwischen die Mühlsteine der Interessen geraten. Auf der einen Seite standen Bayern und Hessen, die Verfassungsklage eingereicht haben. Auf der anderen Seite saßen die Haushaltsnotlageländer. Außerdem saßen Sie bei Ihrer Kollegin aus NRW am Tisch, die unbedingt die Umsatzsteuervorwegverteilung aufgeben und selbstbewusst wollte, dass NRW Zahlerland bleibt.