Protocol of the Session on September 16, 2016

Erstens. Unsere Schulen sind in die Jahre gekommen. Der Sanierungsstau ist himmelschreiend. Dazu gibt es neue Anforderungen im Ganztagsausbau, bei der Inklusion.

Nach einer Schätzung des Deutschen Instituts für Urbanistik von 2014 fehlen für Sanierung und Ausbau der Schulen bundesweit ungefähr 32 Milliarden Euro. Dabei gilt der Satz: Der dritte Pädagoge ist der Raum. - Dieser Satz stammt vom norditalienischen Erziehungswissenschaftler Loris Malaguzzi und meint, dass eine wertschätzende, anregende Umgebung Kreativität und Lernen fördert, sich aber auch positiv auf den Bereich der Lehrergesundheit - Stichwort „Schallschutz“ - auswirkt.

Zweitens: das Thema Digitalisierung. Dieses Stichwort beschreibt auch in der Bildungspolitik eine der wichtigsten Herausforderungen der kommenden Jahre. Digitale Kompetenz und digitale Exzellenz sind essentiell für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Digitalisierung als Querschnittsthema erfordert daher eine breit angelegte digitale Grundbildung, um eine digitale Spaltung im beruflichen wie im privaten Bereich zu verhindern.

Das Thema ist nicht nur auf die Schule zu begrenzen, sondern umfasst alle Bildungsprozesse. Wir werden uns sicherlich im Ausschuss darüber unterhalten und unterrichten lassen, welche Maßnahmen das Kultusministerium bzw. die Landesregierung hierzu bereits in die Wege geleitet hat und was geplant ist.

Aber, meine Damen und Herren, wir können das Thema mit Sicherheit nicht nur allein auf die Ausstattung mit der erforderlichen Hardware und diesbezügliche Finanzforderungen begrenzen. Es geht auch um Medienbildung und die Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule, Medienentwicklungsplanung, Prüfungsordnungen in der Lehrerausbildung, Qualifizierungsangebote für pädagogisches und nicht pädagogisches Personal, Aufbereitung von Unterrichtsmaterialien, Etablierung von Standards in der Hardwareausstattung.

(Zustimmung von Julia Willie Ham- burg [GRÜNE])

Mag diese Aufzählung auch unvollständig sein, so zeigt sie doch, wie umfassend wir diesem Thema nähertreten müssen.

Im Bildungsbereich gibt es noch viel mehr Dinge, die viel mehr Geld kosten und die zeigen, wie unsinnig das Kooperationsverbot ist. Hunderttausende Flüchtlingskinder kommen an unsere Schulen. Es fehlt an Lehrern, und die Gebäude sind marode. Der Bund darf die Länder wegen des Kooperationsverbots aber kaum finanziell unterstützen, selbst wenn die Länder in Geldnöten sind und der Bund zu zahlen bereit wäre.

Meine Damen, meine Herren, es wäre an der Zeit, die Bundesregierung grundsätzlich in die Lage zu versetzen, den Ländern bei der Bewältigung ihrer Bildungsaufgaben finanziell zu helfen, ohne sie, wie so oft befürchtet, gleich zu bevormunden und zu übermächtigen. An dieser Stelle kann ich nur die Forderung der SPD-Bundestagsfraktion nach einer nationalen Bildungsallianz unterstützen.

Die OECD hat uns gerade gestern ein weiteres Mal bescheinigt, dass das Ziel, 7 % des Bruttoinlandsprodukts für die Bildung auszugeben, weiterhin verfehlt wird. Aktuell liegt der Wert bei 4,2 % und damit unter dem Durchschnitt von 4,8 %.

(Jörg Hillmer [CDU]: Da müssen Sie mehr tun!)

Was bei der Forschung fast klappt, das Ziel, 3 % des Bruttoinlandsprodukts dafür zu investieren, sollte endlich auch im Bildungsbereich Realität werden.

(Ulf Thiele [CDU]: Sagen Sie das Ih- rem Finanzminister und Ihrer Kultus- ministerin!)

Wir brauchen einen nationalen Bildungspakt in Deutschland, durch den deutlich mehr in den Bildungsbereich investiert wird.

Mit der Abschaffung des Kooperationsverbots könnten finanzielle Hilfen des Bundes auch in den Schulbereich fließen. Es ist schön, dass die FDP dieses Ansinnen dem Grunde nach teilt. Und im Übrigen: Wir brauchen kein Kooperationsverbot, wir brauchen ein Kooperationsgebot!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jörg Hillmer [CDU]: Weg- laufen vor der Verantwortung!)

Vielen Dank. - Jetzt hat sich Julia Willie Hamburg, Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich der FDP und vor allem Ihnen, Herr Försterling, dafür danken, dass Sie es mit diesem Antrag geschafft haben, mit einem Federstrich den Paradigmenwechsel innerhalb der FDP einzuläuten.

Das Kooperationsverbot abzuschaffen, ist ein wichtiges Gebot. Es freut mich, dass Sie diesem jetzt endlich folgen. Mit 8,3 Milliarden an Bundesinvestitionen, die Sie hier fordern, kann wohl von Steuersenkungen in den nächsten Jahren auch für die FDP keine Rede mehr sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Der Staat hat 100 Milliarden an Mehreinnah- men!)

Ich finde es bemerkenswert, dass Ihnen dieses Gebot wichtiger ist als das Kita-Gesetz - den Entschließungsantrag haben Sie im Kultusausschuss eingebracht -; denn offensichtlich ist für Sie besonders bedeutsam, dass dieser Paradigmenwechsel hier, in diesem Landtag, bekannt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen - wir haben darüber schon häufiger gesprochen - ist eine wichtige Aufgabe; denn gerade wir als Bundesland sind nicht mit genug Finanzmitteln ausgestattet, um unseren hoheitlichen Aufgaben gerade im Bereich der wichtigen Schul- und Bildungspolitik gerecht zu werden. Gleichzeitig ist eine Aufhebung des Kooperationsverbotes mehr als geboten. Unser Ministerpräsident Stephan Weil und unsere Kultusministerin Frauke Heiligenstadt haben das schon häufig sehr, sehr deutlich gemacht. Solange die Länder so schlecht ausgestattet sind, ist es wichtig, dass sich der Bund an dieser wichtigen Aufgabe beteiligt.

12 Milliarden Euro Überschuss - das titelte Anfang des Jahres das Bundesfinanzministerium - hat der Bund erwirtschaftet. Wenn wir jetzt mal rechnen, Herr Försterling: Wir haben 836 000 Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen. Das sind alleine in Niedersachsen 836 Millionen Euro Investitionen in die Digitalisierung. Wenn man den Königsteiner Schlüssel anwendet, sind das 8,3 Milliarden Euro,

die der Bund alleine für Digitalisierung bundesweit ausgeben soll.

Ich gucke mal in die Reihen der SPD und der Grünen; ich gucke aber auch unsere Kultusministerin an. Was könnten wir mit 836 Millionen Euro alleine im Bildungsbereich in Niedersachsen tun?

(Christian Grascha [FDP]: Sie nichts!)

400 Millionen Euro würde ein Kita-Gesetz nach den Standards von ver.di in Niedersachsen kosten.

(Christian Dürr [FDP]: Wann kommt das Kita-Gesetz eigentlich?)

Damit könnten wir die KiTa-Qualität und dabei auch gleichzeitig noch Tariferhöhungen in diesem Bereich voranbringen - mehr als überfällig.

400 Millionen Euro würde ein kostenloser Zugang zu den Kitas kosten.

(Christian Dürr [FDP]: Sie haben das KiTa-Gesetz doch versprochen! Wann kommt das denn? Mich fragen die El- tern dauernd!)

110 Millionen Euro würde es kosten, wenn wir noch mehr in die Schulsozialarbeit investieren, um an jede Schule einen Schulsozialarbeiter zu bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Aber Sie halten doch die Versprechen, Herr Scholing, oder? Oder nicht?)

150 Millionen Euro würde es kosten, wenn wir 100 % Ausstattung an den Ganztagsschulen ermöglichen würden.

Circa 80 Millionen Euro würde der kostenlose Schülertransport auch im Sek. II-Bereich für alle Schülerinnen und Schüler kosten.

Das alles sind Themen, bei denen es einen großen Bedarf gibt, sie voranzubringen. Wir haben angefangen, diese schrittweise voranzubringen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es verwundert an dieser Stelle nicht, Herr Försterling, dass auch die KMK zufällig gerade über das Thema Digitalisierung spricht und ein großes Maßnahmenpaket für den Dezember angekündigt hat. Ein Schelm, wer hier einen Zusammenhang damit vermutet, dass Sie sich nun auch auf dieses Thema draufsetzen. Natürlich haben Sie aber vollkommen Recht. Digitalisierung ist ein wichtiges

Thema. Gerade der Bereich der Sprachbildung für Geflüchtete, aber auch die Möglichkeit der Unterstützung der Pädagogik durch die Digitalisierung machen sehr deutlich, dass man sich diesem Thema widmen muss.

Eindeutig stellen sich aber diverse Fragen: Was ist z. B. mit der Monopolbildung, die potenziell durch so ein Thema vorangebracht werden kann? Was ist mit der Verwendung von Open Source? Ferner hatten Sie die soziale Verträglichkeit solcher Digitalisierungsvorhaben angesprochen. Auch die Frage, wie man den Unterricht gestaltet, wenn vielleicht alle nebenbei mit ihren Tablets arbeiten, dürfte zu klären sein.

Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. Vielleicht werden wir sogar gemeinsam eine gute Initiative voranbringen, wenn sie auf verlässlicheren Zahlen fußt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat sich Ulf Thiele gemeldet. Herr Thiele, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich will den Antrag der FDP mal in zwei Teile unterteilen: Der eine Teil ist Licht, der andere Teil ist Schatten.

Den hellen Teil hat Björn Försterling sehr intensiv und auch in weiten Teilen zutreffend charakterisiert. Unsere Schulen sind nicht in dem Zustand, in dem man sie sich wünschen würde. Unsere Schulen sind baulich - je nach der Leistungsfähigkeit der Kommunen sehr unterschiedlich - zum Teil marode, zum Teil sehr modern. Die jeweilige Lage ist im Land sehr verschieden. Da der Raum, in dem Kinder und Jugendliche unterrichtet werden, einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, wie der Lernerfolg ist, müssen wir etwas dafür tun, damit die Kommunen besser in die Lage versetzt werden, ihre Schulen baulich in Ordnung zu bringen.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

- Herr Thümler, vielen Dank.

(Zustimmung von Jens Nacke [CDU])