Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bode, es wird wegen des Verstoßes gegen die Meldeauflage nach ihm gesucht.
(Johanne Modder [SPD]: Ja, so ist es! - Jörg Bode [FDP]: Fahnden Sie nach jedem, der gegen die Meldeauflagen verstößt? - Zuruf von der CDU: Was machen Sie denn, wenn Sie ihn fin- den?)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass Sie gerade ausgeführt haben, dass Sie Ahmed A. jetzt wegen des Verstoßes gegen die Meldeauflagen suchen, er vorher, als die Observationsmaßnahmen durchgeführt sind, aber ja nicht gegen Meldeauflagen verstoßen hatte, sondern als Gefährder eingestuft wurde, von dem man besser wissen sollte, wo er sich befindet, frage ich die Landesregierung: Tragen Sie denn die politische Verantwortung dafür, dass entschieden wurde, die Observationsmaßnahmen einzustellen und daher Ahmed A. die Möglichkeit gegeben wurde, gegen die Meldeauflagen zu verstoßen und sich aus dem Staub zu machen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es gern noch einmal versuchen: Bei der Auferlegung einer Meldeauflage geht es um Gefahrenabwehrrecht gegen Gefährder - so in dem Fall - oder aus anderen Gründen. Es ist ein klarer Rahmen, in dem wir uns bewegen, und ich bin wirklich ein bisschen enttäuscht, dass die FDP das nicht auf dem Schirm zu haben scheint. Wir können nicht jeden, der als Gefährder eingestuft wird, einfach so festsetzen
Wir reden über einen Gefährder, und wenn der Gefährder eingestuft wird - egal, von welcher Behörde -, dann versucht man, ihn im Auge zu behalten, und vor allen Dingen spricht man ihn nach Terrorlagen an. Das ist geschehen, bei vielen anderen auch. Das ist ein ganz normaler Vorgang.
Er hat sich der Meldeauflage entzogen - das wissen wir -, er wird gesucht. Es gibt bislang - soweit ich weiß - kein Strafverfahren, kein Ermittlungsverfahren gegen ihn. Von daher gibt es keine Grundlage für irgendwelche weitergehenden Maßnahmen.
(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Sie tragen nicht die politische Verantwortung?)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, Ihre Verwunderung über die FDP - wenn ich das vorwegschicken darf - kann ich noch nicht so ganz nachvollziehen, weil wir uns in der Sache zu diesem Fall noch gar nicht geäußert haben, da wir nämlich noch gar keine Informationen haben. Denn diese Landesregierung verweigert uns ja permanent Auskunft darüber, was wir eigentlich wissen wollen.
Dies vorweggeschickt, frage ich die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass Sie ausgeführt haben, Herr Minister, dass nach Ahmed A. mit Hochdruck gefahndet wird: Was ist denn die konkrete Konsequenz, wenn Sie seinen Aufenthaltsort ermittelt haben? Was wollen Sie denn dann tun? - Denn Sie haben ja ausgeführt, Haftgründe liegen nicht vor. Wie geht es denn dann weiter? Was passiert also, wenn Sie den Aufenthaltsort ermittelt haben?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sobald das geschehen ist, wird der Aufenthalt entsprechend ermittelt und festgestellt, und dann wird ein Verfahren nach Ordnungswidrigkeitengesetz wegen Verletzung der Meldeauflage eingeleitet. So ist die Rechtslage.
Zweite Bemerkung, weil Sie ja wiederholt die Behauptung aufstellen, die Landesregierung verweigere die Antworten auf die Fragen, die Sie stellen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat mit Schreiben vom 12. und 13. September unter Bezugnahme auf das Schreiben des BMI vom 27. Juni 2016 keine Zustimmung zur Weitergabe von Informationen im Fall Ahmed A. gegeben. Zur Begründung wird in dem BMI-Schreiben aufgeführt, dass die Informationen Gegenstand laufender Arbeiten der Sicherheitsbehörden seien. Die Unterrichtung ziele damit auf eine geschäftsbegleitende Kontrolle. Laufende Vorgänge unterliegen jedoch dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung und werden deshalb nicht vorgelegt. Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich grundsätzlich nur auf abgeschlossene Vorgänge.
Niedersachsen ist an die fehlende Zustimmung - das sage ich noch einmal in aller Deutlichkeit - zur Weitergabe aus zwei rechtlichen Gründen gebunden. Anderenfalls würden wir uns rechtswidrig verhalten, meine Damen und Herren, ob Ihnen das gefällt oder nicht. Ich bitte Sie herzlich, das endlich zur Kenntnis zu nehmen und nicht immer wieder den Eindruck zu erwecken, wir würden aus eigener Herrlichkeit die Aussage bzw. die Antwort auf Ihre Fragen verweigern. Das ist schlicht nicht wahr.
Zu den beiden rechtlichen Gründen: Nach der von der IMK beschlossenen Richtlinie für die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Landesbehörden für Verfassungsschutz vom 31. Dezember 2012 dürfen Informationen, die von einer anderen Verfassungsschutzbehörde übermittelt werden, nur dann anderen Stellen vorgelegt werden, wenn die informationsgebende Verfassungsschutzbehörde zustimmt. Unter „andere Stellen“ sind auch parlamentarische Kontrollorgane und ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu fassen. Dieses Verfahren wird seit Jahren bei den zahlreichen Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen u. a. zum NSU
auf Bundes- und Landesebene und auch bei Aktenvorlagen an parlamentarische Kontrollorgane praktiziert.
Der zweite rechtliche Grund, warum wir an die fehlende Zustimmung bei der Weitergabe gebunden sind: Mit dem neuen Bundesverfassungsschutzgesetz ist in § 6 Abs. 1 eine gegenseitige Unterrichtungspflicht festgestellt worden. In § 6 Abs. 1 Satz 2 des gleichen Gesetzes ist geregelt, dass übermittelte Daten nur mit Zustimmung der übermittelnden Behörde an Stellen außerhalb des Verfassungsschutzes übermittelt werden dürfen.
(Jörg Bode [FDP]: Das ist unglaublich! - Gegenruf von Petra Tiemann [SPD]: Doch, das tun Sie fortwährend! Fort- während! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist eine Frechheit!)
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ihre Arro- ganz, die Sie gegenüber dem Parla- ment an den Tag legen, ist bezeich- nend!)
Herr Dr. Birkner, ich wehre mich namens meiner Mitarbeiterinnen und meiner Mitarbeiter dagegen, dass ständig der Vorwurf erhoben wird, wir würden aus eigener Willkür irgendwelche Fragen nicht beantworten.
Ich versuche gerade, Ihnen das zu erläutern, und Sie hören wieder nicht zu. Das ist beschämend, meine Damen und Herren!
Und dann will ich Ihnen noch etwas sagen. Eine Bewertung, ob vom BMI oder vom Bundesamt für Verfassungsschutz die Zustimmung zu Recht versagt wird oder nicht und ob dementsprechend die Zustimmungsverweigerung beachtet werden muss oder nicht, steht Niedersachsen nicht zu. Würde
Niedersachsen entgegen der Zustimmungsverweigerung Informationen anderer Verfassungsschutzbehörden weitergeben, hätte dies eine nachhaltige Störung des Informationsaustausches - und das wollen Sie ganz bestimmt nicht; das weiß ich -
zwischen der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde und anderen Verfassungsschutzbehörden unmittelbar zur Folge. Es wäre dann zu erwarten, dass Niedersachsen von den anderen Verfassungsschutzbehörden keine Informationen mehr erhielte. Dies ist aber für eine erfolgreiche Aufgabenwahrnehmung unabdingbar. Ohne die Information anderer Verfassungsschutzbehörden könnte der niedersächsische Verfassungsschutz seinen Auftrag, die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu schützen, nicht ausreichend erfüllen. Dadurch besteht die Gefahr, dass dem Wohl des Landes Niedersachsen Nachteile zugefügt werden, und dies wiederum stellt für die Niedersächsische Landesregierung einen Verweigerungsgrund nach Artikel 24 Abs. 3 der Verfassung dar. Die fehlende Zustimmung zur Informationsweitergabe ist demzufolge ein Verweigerungsgrund nach Artikel 24 Abs. 3.
Vielen Dank, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage der Kollege Nacke. Bitte!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie gerade ausgeführt haben, das sei ein Verweigerungsgrund gegenüber dem Parlament, und dem Umstand, dass zu anderer Zeit, als man das positiv darstellen konnte, dem Parlament berichtet wurde und offensichtlich auch den Journalisten gegenüber Auskünfte erteilt werden, stellt sich schon die Frage, warum diese Information gegenüber dem Parlament nun willkürlich verweigert wird.