Sie, Frau Lorberg, präsentieren ein wüstes Sammelsurium an Ideen und Forderungen, bei denen es schwerfällt, irgendeine Form von rotem oder, wie Sie vielleicht wollen, schwarzem Faden zu erkennen. Sie warnen in Überschrift und Einleitung effektheischend vor internationalem Terrorismus, um dann im Forderungsteil die Beibehaltung des Begriffs der öffentlichen Ordnung zu fordern. Meinen Sie das eigentlich ernst? Glauben Sie, dass sich der islamistische Terrorismus durch den Ordnungsbegriff in Niedersachsen aufhalten lässt? - Das ist doch abstrus, meine Damen und Herren!
Sie fordern schwammige und unbestimmte Maßnahmen, um Szenarien wie in Paris oder Bombay zu begegnen. Warum sagen Sie nicht, was Sie konkret wollen? Welche Waffen sollen hier in der Öffentlichkeit schussbereit getragen werden? Welche Panzerwagen sollen nach Meinung der CDU in unseren niedersächsischen Städten auffahren?
Verstecken Sie sich nicht hinter Allgemeinplätzen, Frau Lorberg! Bekennen Sie Farbe! Wer eine Militarisierung niedersächsischer Kommunen will, der soll es jetzt gerade vor der Kommunalwahl öffentlich sagen. In den USA - in Ferguson, in St. Paul und anderswo - sehen wir gerade, wohin eine Militarisierung der Polizei führen kann. Wollen Sie das hier? - Das kann nicht richtig sein! SPD und Grüne werden sich dem mit allen demokratischen Mitteln entgegenstellen.
Frau Lorberg, Sie sprechen im Entschließungsantrag von Bombay - nicht in einer spontanen Rede, sondern in einem vorbereiteten Entschließungsantrag mit der Unterschrift Ihres Fraktionsvorsitzenden, des Historikers Björn Thümler. Bombay ist der koloniale Name für „Mumbai“.
Spätestens seit 1996 heißt die Stadt auch offiziell - vorher aber de facto auch schon - „Mumbai“. Sie aber halten hier am kolonialen Begriff fest. Das ist geschichtsvergessen, arrogant, unsensibel! Das ist die CDU Niedersachsen im Jahr 2016!
- Wenn Sie das jetzt lächerlich und pingelig finden, Frau Lorberg, dann vergegenwärtigen Sie sich einmal, was hier los wäre, wenn ich Sankt Petersburg „Leningrad“ oder Chemnitz „Karl-Marx-Stadt“ nennen würde. Die GO-Debatte und Ihre Empörung wären uns allen sicher. Gehen Sie gefälligst seriös und sensibel mit anderen Städten und Ländern um, meine Damen und Herren!
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Editha Lorberg [CDU]: Sie soll- ten mal etwas zur Sicherheit sagen!)
Sie fordern Vorbereitung für Bundeswehreinsätze im Inneren wohlwissend, aber ignorierend, dass der Einsatz der Bundeswehr im Inland aus guten historischen Gründen nur in den sehr engen Grenzen des Grundgesetzes möglich ist. Aber diese Grenzen haben die CDU Niedersachsen auch früher selten gestört, wenn es um die Forderung nach mehr Härte ging. SPD und Grüne in Niedersachsen jedenfalls werden das Grundgesetz verteidigen und auf seine Einhaltung pochen.
Sie fordern pauschal und diffus mehr Videoüberwachung. Dazu ein Zitat des Bundesverfassungsgerichts, meine Damen und Herren:
„Verdachtslose Eingriffe mit großer Streubreite, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf.“
Mit anderen Worten: Man muss schon sehr gut begründen, warum man Millionen Menschen in Niedersachsen dauerhaft filmen lassen will, um vermeintlich irgendeine Kriminalität zu bekämpfen. Eine solche Begründung liefern Sie nicht im Ansatz. Ihre Forderung ist so, wie Sie sie erheben, verfassungswidrig, meine Damen und Herren.
Sie behaupten, Sie wollen einem Generalverdacht gegen die Polizei entgegentreten, den es überhaupt nicht gibt. Gleichzeitig stellen Sie die Menschen in Niedersachsen unter einen Generalverdacht und wollen sie filmen.
Im Antrag lehnen Sie die angeblichen Pläne ab, keinesfalls Moscheen zu kontrollieren. In einem Interview fordert der Kollege Adasch dazu eine gesetzliche Grundlage für Moscheekontrollen. Dazu Folgendes:
Zweitens. Es gibt eine gesetzliche Grundlage, im Verdachtsfall Moscheen zu kontrollieren, genauso wie jedes andere Gebäude auch. Dazu brauchen wir keine neue gesetzliche Grundlage, Herr Adasch. Und um unverdächtige Gläubige auf dem Weg zum Freitagsgebet zu kontrollieren und abzustempeln, wie es in Ihrer Regierungszeit üblich war, dafür gibt es in der Tat keine Grundlage. Die wollen wir auch nicht einführen - um das ganz klar zu sagen.
Sie fordern ein Handlungs- und Präventionskonzept gegen Islamismus. Ihnen, Frau Lorberg, ist entgangen, dass Rot-Grün das längst auf den Weg gebracht hat. Vielleicht wäre es auch an dieser Stelle besser, mal wieder in den Dialog mit den muslimischen Verbänden einzutreten. Dann wüssten Sie, was so passiert im Land.
Sie fordern die Beibehaltung der Bannmeile. Wie Sie das auch hier wieder in den Kontext gegen den internationalen Terrorismus stellen können, erschließt sich mir nicht. Ich kann nicht erkennen, wie die Bannmeile irgendeinen Terroristen abhalten soll.
Sie fordern pauschal eine Bekämpfung der Einbruchskriminalität, ohne auch nur eine einzige konkrete Maßnahme zu nennen. Das ist keine Politik. Das ist Phrasendrescherei - und nicht einmal gute, meine Damen und Herren.
Sie behaupten, Belästigungen hätten insbesondere durch Männer mit Migrationshintergrund zugenommen. Damit suggerieren Sie wieder einmal, dass Machotum und Sexismus erst mit der Zuwanderung importiert werden würden. Um es klar zu sagen: Jeglicher Sexismus muss bekämpft werden, auch wenn er seine Wurzeln in anderen Kulturkreisen oder wo auch immer hat. Aber zu suggerieren, der Sexismus sei eine Spezialität von Migranten, ist realitätsfremd, wirklichkeitsfremd, ignorant und blind gegenüber der deutschen Realität im Jahr 2016.
Was Ihr Antrag nicht hat, ist eine Begründung. Das wiederum ist verständlich. Einen solchen Haufen Unfug kann man nicht begründen.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen einen guten Rat: Ziehen Sie Ihren Antrag noch heute zurück, ehe noch mehr Menschen davon Kenntnis erlangen, was Sie hier aufgeschrieben haben!
Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Wir fahren jetzt in der Rednerliste fort. Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Becker das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will mit dem Titel des Antrags beginnen: „… die Landesregierung muss endlich umdenken!“ Was für eine Anmaßung, meine Damen und Herren!
Meine Damen und Herren, ich will das hier deutlich sagen: Die innere Sicherheit ist ein wesentlicher Schwerpunkt dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen. Wir tun alles Erforderliche, um die bereits gute Aktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden weiter auszubauen.
Aber genau da, meine Damen und Herren von der CDU und liebe Frau Lorberg, liegt offensichtlich der Kern Ihres Problems. Die Kennzahlen bestätigen nämlich exakt diesen hohen Stellenwert, den wir der inneren Sicherheit beimessen.
In den vergangenen zehn Jahren ist die Gesamtzahl der Straftaten gegenüber dem Jahr 2006 um 5,8 % zurückgegangen. Die Zahl der Kriminalitätsopfer ist in dieser Zeit zum dritten Mal in Folge auf den insgesamt niedrigsten Stand gesunken: von ca. 101 000 auf ca. 94 000. Die Aufklärungsquote ist in den vergangenen zehn Jahren von 55,5 % auf 61,17 % gestiegen. Der bundesweite Durchschnitt liegt deutlich niedriger, nämlich bei ca. 55 %. Liebe Frau Lorberg, das sind Fakten. Das Ganze ist sowohl ein historisch hoher Wert, aber auch ein Beleg dafür, dass die niedersächsische Polizei absolut leistungsfähig ist
Meine Damen und Herren von der CDU, das bleibt auch dann richtig, wenn Sie die Entwicklung der Wohnungseinbrüche isoliert aus dem Gesamtzusammenhang herausreißen und behaupten, dort würden die Fallzahlen steigen.
Auch hier gilt, dass in Niedersachsen die Aufklärungsquote von Wohnungseinbrüchen im Spitzenbereich und deutlich über dem Durchschnitt der anderen Bundesländer liegt, und zwar mit 21 bis 22 % gegenüber 15 bis 16 % des Durchschnitts der Länder. Damit hat Niedersachsen eine um 50 % höhere Aufklärungsquote beim Einbruchsdiebstahl als der Durchschnitt der anderen Länder, liebe Frau Lorberg. Meine Damen und Herren, da haben doch eigentlich wir alle etwas gewonnen - wir alle, die wir hier sicher in diesem Land leben. Aber zugestanden, das gilt natürlich nur sehr eingeschränkt, wenn man als Opposition parteipolitisch von dem Thema Sicherheit profitieren möchte.