Protocol of the Session on August 18, 2016

Der Gesetzentwurf stellt also im Ergebnis alle Bereiche der Pflege auf eine zukunftsfeste Grundlage und wird deswegen von uns deutlich befürwortet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor.

Daher treten wir in die Abstimmung ein.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 17/5479 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Das ist die FDP-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? - Dann sind Sie mit großer Mehrheit dieser Ausschussempfehlung gefolgt.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 22: Abschließende Beratung: CO2-Reduktion, weniger Lärm und Vision Zero mit Tempo 30 - Modellversuche ermöglichen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5285 - Beschlus

sempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/6219

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Auch hierzu ist keine Berichterstattung vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Als Erste hat Frau Kollegin Susanne Menge, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben zusammen mit unserem Partner SPD einen ordentlichen Antrag vorgelegt, mit dem wir in Niedersachsen gleich mehrere Hausaufgaben auf einmal erfolgreich bewältigen wollen.

Ein Schwerpunkt in diesem Antrag zu Tempo 30 an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen schafft für die Menschen im Land die Möglichkeit, Lärm und gesundheitsschädliche Immissionen zu reduzieren, die Verkehrssicherheit signifikant zu erhöhen und die Wohn- und Lebensqualität deutlich zu verbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir bedauern, dass die CDU, die anfangs unseren Modellversuch unterstützte, dem Antrag nun doch wohl nicht zustimmen wird. Sie nehmen an, verehrte Damen und Herren, dass die Änderung der Straßenverkehrsordnung im Bund zu Tempo 30 im Oktober ausreichen wird. Tatsächlich ist es ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, das Tempo vor Schulen und Kindergärten drosseln zu können. Aber ist es nicht ein Irrtum, zu glauben, dass dieser wichtige Schritt absolut ausreichend ist?

Kinder und Jugendliche tummeln sich nicht nur vor ihren Einrichtungen. Sie machen sich auch auf den Weg dorthin, sie gehen zu Bushaltestellen, sie fahren mit dem Fahrrad, und sie gehen zu Fuß zur Grundschule. Hier klafft auch weiterhin eine eklatante Sicherheitslücke, wenn der tägliche Kindergarten- oder Schulweg an einer Hauptverkehrsstraße absolviert werden muss. Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, leiden - das hat die Ausschussdebatte zu diesem Antrag wieder einmal gezeigt - unter angewachsenen Scheuklappen,

(Jörg Bode [FDP]: Was?)

wenn es um das Thema Auto und Auf-dasGaspedal-Drücken geht. Einseitig schaut die FDP ausschließlich durch die Windschutzscheibe der ungeduldigen Autofahrenden, die auch in Zeiten des Umdenkens und Umgestaltens unserer Verkehrspolitik erwarten, alle müssten sich dem Primat der autofreundlichen Stadt unterordnen.

(Hermann Grupe [FDP]: Sollen wir rei- ten, oder was?)

Kommunen können sich freiwillig an diesem Modellversuch beteiligen. Sie können selbst entscheiden, welche ihrer selbstentwickelten Projekte sie realisieren wollen. Wer, geehrtes Haus, aus diesem Antrag den Vorwurf ableitet, wir wollten den Kommunen mit diesem Angebot Vorschriften machen, hat den Antrag eventuell nicht verstanden.

Die FDP lehnt es überdies ab, zusammen mit den Kommunen und den betroffenen Menschen vor Ort Lösungen zu finden. Frau König will keine Runden Tische. Die FDP ignoriert Fakten. Tempo 30 erhöht nachweislich die Verkehrssicherheit. Frau König behauptet trotzdem das Gegenteil. Und die FDP will Kommunen bei gefährlichen Abschnitten an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen zur Handlungsunfähigkeit verdonnern. Zitat Herr Bode: „Und dann eine Bundesstraße lahmzulegen, das geht so nicht!“

Ja - Achtung, Ironie! -, wo kommen wir nur hin, wenn uns die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen wichtiger sind als die Freiheit fürs Tempo?

Sehr geehrte Damen und Herren, unser Antrag ist weitsichtig und beinhaltet einen klugen und ganzheitlichen Ansatz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir werden dazu beitragen, dass die Kommunen und die betroffenen Menschen vor Ort die Chance bekommen, auf Emissionen, Lärm und Risiken durch Verkehr Einfluss zu nehmen. Konzepte für eine zukunftsfähige Mobilität mit Tempo 30 können zu einem Rückgang der Zahl der Verkehrsopfer um bis zu 42 % führen, wie internationale Studien zeigen. Das Umweltministerium verweist auf eine Untersuchung in der Schweiz, wonach statistisch von zehn angefahrenen Fußgängern neun Fußgänger bei Tempo 30, aber nur drei bei Tempo 50 überlebt haben.

Wer angesichts dieser Fakten die Steigerung der Sicherheit durch Tempo 30 leugnet, verhält sich

aus meiner Sicht zynisch und handelt eigentlich auch verantwortungslos.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist dabei im Übrigen völlig egal, mit welchem Auto und mit welchem Antrieb höhere Geschwindigkeiten gefahren werden. Der Korrelation von Geschwindigkeit und Risiko unterliegt auch ein Elektroauto.

Unser Modellversuch bietet den Gestaltungsrahmen für lebenswerte Wohnorte. Vielleicht ist urbanes Leben irgendwann sogar so lebenswert, dass weniger Menschen vor Abgasen und Lärm fliehen müssen, sich in ein Café setzen oder spazieren gehen mögen oder dass Kinder gefahrlos zu Fuß zur Schule gehen oder mit dem Fahrrad dorthin fahren können.

Unser Modellversuch impliziert darüber hinaus die wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung zu einigen Fragestellungen der dünnen Datenlage zum verkehrspolitischen Instrument Tempo 30. Wie das MU erwähnte, besteht vor allem bei den Luftschadstoffen und auch beim Lärm erheblicher Nachholbedarf.

(Glocke des Präsidenten)

Lassen Sie uns die Herausforderungen eines verkehrspolitischen Umdenkens annehmen! Sorgen wir dafür, dass der öffentliche Raum fairer unter den verschiedenen Verkehrsteilnehmern verteilt wird! Und lassen wir den Kommunen ihren Spielraum für die Gestaltung einer zukunftsfähigen Mobilität!

Nun können Sie nicht noch einmal anfangen. Ihre Redezeit ist dicke abgelaufen, Frau Kollegin.

Letzter Satz. - Stimmen Sie unserem Modellversuch im Interesse von mehr Lebensqualität, sozialem Miteinander, weniger Lärm und besserer Luft zu!.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt für die SPDFraktion der Abgeordnete Gerd Ludwig Will.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Titel des Antrags fasst die Zielsetzung eigentlich prägnant zusammen: Es geht um Modellversuche, es geht um mehr Tempo 30 und um wichtige verkehrspolitische Ziele, die wir vor Ort erreichen wollen. Durch eine Temporeduktion und eine Verstetigung des Verkehrsflusses geht der Energieverbrauch zurück. Gleichzeitig werden weniger Lärm, weniger Feinstaub und weniger klimaschädliche Abgase produziert. Insofern ist der Ansatz, den Kommunen zusätzliche planerische und verkehrssteuernde Optionen einzuräumen, ausdrücklich zu unterstützen.

Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und auch der Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz haben sich intensiv mit dem Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt und unterstützen nachdrücklich die Ziele, die mit diesem Antrag verfolgt werden.

Die inhaltliche Bewertung durch das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz unterstreicht die Wichtigkeit dieses Politikansatzes. § 47 d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verpflichtet die Gemeinden, Lärmaktionspläne aufzustellen. Die Absenkung der Geschwindigkeit von 50 auf 30 km/h ist vor Ort spürbar und messbar. Sie führt zu einer Reduzierung des Dauerschallpegels von 3 bis 5 Dezibel. Auch bei den Luftschadstoffen ist tendenziell eine leichte Abnahme der Luftschadstoffbelastungen festzuhalten; bei Feinstaub in erster Linie durch die geringere Verwirbelung. Bei der angestrebten Senkung von Stickoxiden ist die Verstetigung des Verkehrs entscheidend.

Bezüglich der Sicherheit im Straßenverkehr - wir hörten dazu eben schon einiges von Frau Menge - als einem weiteren wichtigen Faktor möchte ich beispielsweise auf eine Untersuchung aus der Schweiz hinweisen, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen reduzierter Geschwindigkeit und weniger schweren Verkehrsunfällen zeigt.

Meine Damen und Herren, wir betreten kein Neuland. Ich darf darauf hinweisen: Die Stadt Celle ist Vorreiter und hat das Tempo-30-Konzept bereits umfassend in ihrem Lärmaktionsplan umgesetzt.

(Jörg Bode [FDP]: Das ist aber kein gutes Beispiel!)

Es ist also machbar. - Vielleicht halten Sie sich nur nicht dran, Herr Bode. Kann ja sein.

Durch ein Interessenbekundungsverfahren wollen wir weitere Kommunen ermuntern, sich an den Modellversuchen zu beteiligen. Es geht um ein Angebot im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung, nicht aber um eine Anordnung. Der angestrebte Modellversuch, mit dem es ermöglicht wird, Menschen, Verkehr und Emissionen objektiv zu begleiten und das Verhalten und die Entwicklung zu beobachten, ist als Grundlage für ein vernünftiges ökologisches und ökonomisches Handeln unerlässlich.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hat bereits am 12. September 2013 Aussagen zur Umkehrung der Regelgeschwindigkeit beschlossen. Hierbei geht es darum, die Höchstgeschwindigkeiten innerorts den möglichen Gefährdungen anzupassen. Weiter heißt es in dem Beschluss des Verkehrssicherheitsrates - ich zitiere -:

„Im Sinne von Vision Zero müssen alle denkbaren Potenziale zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ausgeschöpft werden. Die Unfallschwere korreliert mit der Geschwindigkeit. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass durch eine abgesenkte Regelgeschwindigkeit die Unfallschwere und auch die Anzahl der Unfälle deutlich reduziert werden kann.

Gleichwohl muss dabei beachtet werden, dass die Verkehrsfunktion der jeweiligen Straße einer solchen Regelung entgegenstehen kann. Verlagerungseffekte auf andere Straßen mit den entsprechenden Nachteilen auf die Unfallentwicklung und ungünstige Emissionsentwicklungen wären denkbare negative Folgen.“

Im Ergebnis kommt der Verkehrssicherheitsrat zu folgendem Beschluss - ich zitiere erneut -: