Protocol of the Session on August 17, 2016

Ich habe gewisse Befürchtungen. Wir wissen nicht, wie der nächste Landtag aussieht. Ich mag mir nicht vorstellen, dass innendrin zwei Gruppen von

Radikalen Rabatz machen, dass Pegida oder andere an der Scheibe stehen und die Antifa aus Göttingen, die möglicherweise mittlerweile ein Tätigkeitsfeld in Hannover entdeckt hat, uns die Demokratie erklärt. Und wenn etwas schiefgegangen ist, werden sie sagen: Wir wollten doch nur deeskalieren, aber die Polizei hat das nicht verstanden.

So darf es nicht kommen. Ich kann nur darum bitten: Lassen Sie es uns bitte bei den alten §§ 18 und 19, beim befriedeten Bezirk, belassen.

Danke schön.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jens Nacke [CDU]: Das ist aber natürlich schwierig für den Minister, wenn er es genauso sieht, aber nicht sagen darf!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Busemann. - Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf: Es geht doch noch!

(Heiterkeit bei der CDU)

Die nächste Wortmeldung kommt von Meta Janssen-Kucz, Bündnis 90/Die Grünen. Frau JanssenKucz, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon vor der Sommerpause wurde der Entwurf zur Änderung des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes kontrovers diskutiert, und es wurde ziemlich viel hineininterpretiert. Das hat der Aufschlag des Abgeordneten Bernd Busemann gerade noch einmal deutlich gemacht, der auch öffentlich meinte, die Demokratie könnte Schaden nehmen.

(Bernd Busemann [CDU]: Ja!)

Herr Busemann, ich gestehe zu - darüber haben wir heute auch gesprochen -: Wir haben eine geänderte Sicherheitslage zu verzeichnen.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist ja einmal etwas Neues!)

Aber wenn Sie sich die Stellungnahmen angeschaut haben, wissen Sie auch, dass die versammlungsrechtlichen Instrumentarien ausreichenden Schutz gewährleisten. So sieht es auch die Polizei. Von deren Seite kommt keine Kritik, sondern nur aus diesem Hause.

Ich finde, dass man sich einen Kopf machen muss: Was suggerieren wir eigentlich der Bevölkerung, wenn wir uns hier hinstellen und sagen: Wir brauchen die Bannmeile; wir haben sonst Angst?

(Jörg Hillmer [CDU]: Das hat er doch nicht gesagt! - Editha Lorberg [CDU]: Sie haben es nicht im Ansatz verstan- den!)

Ich bin genau wie Sie frei gewählte Abgeordnete, wie viele unserer ehrenamtlichen Kollegen und Kolleginnen in den kommunalen Parlamenten. Wir streiten für Demokratie und Freiheit. Wir haben unterschiedliche Positionen und Meinungen, und wir stellen uns den Bürgern. Auch unter ihnen sind nicht immer ganz angenehme Zeitgenossen. So erlebe ich es im Kreistag, und ich glaube, viele von uns. Daher sollten wir auch die Größe zu gleichem Recht wie in den kommunalen Parlamenten haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich finde immer noch, die Bannmeile ist ein antiquiertes Recht, das in einer parlamentarischen Demokratie definitiv nichts zu suchen hat. Wir müssen uns nicht verstecken, nicht in unserer Demokratie.

Frau Janssen-Kucz, ich darf Sie kurz unterbrechen. Der Kollege Focke möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Nein, das soll er hinterher machen.

Okay.

(Editha Lorberg [CDU]: Das möchten wir aber jetzt klären!)

- Nein, das möchte Frau Janssen-Kucz nicht.

(Editha Lorberg [CDU]: Ich denke, Sie wollen offen sein! Warum beantworten Sie dann keine Fragen? - Ulf Thiele [CDU]: Sie müssen immer mit dem Kopf durch die Wand! - Zuruf von der CDU: Sehr souverän!)

- Meine Damen und Herren, jeder Redner hat das Recht, eine Zwischenfrage zuzulassen oder nicht. Das gilt natürlich für alle.

Frau Janssen-Kucz möchte jetzt im Zusammenhang ausführen. - Bitte sehr!

Der Praxistest hier in diesem Raum hat es doch bewiesen und widerlegt Bedenken und Angstmacherei.

Ich möchte auch den Kollegen Jürgen Krogmann, jetzt Oberbürgermeister, damals rechtspolitischer Sprecher, zitieren, der damals auch gesagt hat, das sei antiquiert und auch verfassungsrechtlich problematisch.

Schauen Sie sich doch einmal bei unseren Kollegen um. Schleswig-Holstein hat seit 16 Jahren keine Bannmeile mehr. Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen: keine Bannmeile.

(Björn Thümler [CDU]: Die haben ei- nen See davor gesetzt! Da kann kei- ner demonstrieren! In Sachsen fließt die Elbe davor! Auf der Elbe kann man nicht demonstrieren!)

Es ist kein Zwischenfall bekannt, dass die gewählten Parlamentarier an der Ausübung ihres Amtes gehindert wurden. Eine Herausforderung für unsere Demokratie sind die Rechtspopulisten und Rechtsextremisten, die in einigen Parlamenten vertreten sind. Ich denke, damit kann man ganz ruhig und souverän umgehen und die Bannmeile abschaffen.

Zu der Datenabfrage will ich hier nichts sagen. Ich will noch etwas zu dem geplanten Verbot paramilitärischen Auftretens in einer Versammlung sagen. So wird Gewaltbereitschaft vermittelt, und das muss ausdrücklich verboten werden. Wir alle wollen friedliche Versammlungen. Gerade die Gewerkschaften haben diese Ergänzung begrüßt. Sie haben aber auch angeregt, den Begriff „paramilitärisches Auftreten“ näher zu definieren. Ich finde, das sollten wir im Rahmen der Anhörung auch noch einmal diskutieren.

Liebe FDP, Ihre Aussage, dass mit dem Gesetz Demonstrationen von Krankenschwestern nicht mehr möglich seien, halte ich für Nonsens. Sie wollen doch nicht behaupten, dass in der heutigen Zeit Krankenschwestern in ihrer Dienstkleidung paramilitärisch wirken. Ich gehe davon aus, dass Sie alle mit mir einer Meinung sind, dass die Schwesterntracht definitiv nicht paramilitärisch ist.

Mit dem Vorhaben, Verstöße gegen das Vermummungsverbot nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, erhält die Polizei

definitiv mehr Handlungsspielraum, kann Kräfte konzentrieren und muss nicht auf jede Vermummung reagieren, als sei sie eine Straftat. Das entlastet die Polizei.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Aber sie kann unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit darüber entscheiden, ob eine Situation ihr Eingreifen erforderlich macht.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einfach ganz ruhig in die Beratungen und in die Anhörung des Ausschusses gehen. Ich denke, mit diesem Gesetzentwurf sind wir auf einem guten Weg und fördern die Demonstrationsfreundlichkeit und damit die Bürgernähe, und das steht jedem Parlamentarier gut an.

Danke schön.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Jetzt hat sich Jan-Christoph Oetjen, FDP-Fraktion, gemeldet. Bitte sehr, Herr Oetjen!

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn eine grundsätzliche Bemerkung machen.

Ich habe mich sehr gewundert, als die Landesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der eine Neuregelung des Bannmeilenbereichs vorsieht. Sehr geehrter Herr Minister, ich empfinde es als unangemessen, dass sich die Landesregierung in dieser Art in Angelegenheiten des Parlaments einmischt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich empfinde das als genauso unangemessen, als wenn die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vorlegen würde, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Die Tatsache, dass Ministerin Rundt vorhin als Zweite in die Aktuelle Stunde gegangen ist,

(Jörg Bode [FDP]: Die Stunde des Parlaments!)

was ich auch als sehr merkwürdig betrachte, auch wenn es ihr Recht ist, zeigt für mich - auch wenn Sie mich als pingelig empfinden -, dass möglicher

weise der Respekt dieser Landesregierung gegenüber dem Parlament ausbaufähig ist.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich bin dem Herrn Landtagspräsidenten sehr dankbar, dass er hier zur Bannmeile ausgeführt hat. Ich persönlich empfinde es als geschichtsvergessen, die Bannmeilenregelung, so wie sie heute besteht, aufheben zu wollen. Es ist ja nicht so, dass wir an dieser Stelle ein Demokratiedefizit haben; denn mit der Novelle des Versammlungsgesetzes haben wir ja sehr bewusst zugelassen, dass in dem sogenannten befriedeten Bezirk schon heute demonstriert werden kann. Schon heute, verehrte Kolleginnen und Kollegen, kann mit dem Einvernehmen des Herrn Präsidenten eine Versammlung zugelassen werden, und das findet ja auch statt.