Protocol of the Session on August 17, 2016

Eine weitere Bemerkung kann ich mir zum Schluss nicht verkneifen: Rot-Grün will Anmelder von Demonstrationen genau durchleuchten. Wie denn das, wenn Sie nicht einmal den Namen wissen? Hier sollen Polizei und Verfassungsschutz eingebunden werden - schon seltsam; denn den Verfassungsschutz wollten Sie ja sogar abschaffen, wenn ich mich recht erinnere.

Zu Ihrem Vorhaben, die Bannmeile abzuschaffen, wird gleich der Landtagspräsident sprechen. Dieses Vorhaben ist ein weiterer Beweis für Ihr gestörtes Verhältnis zur inneren Sicherheit dieses Landes.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Pistorius, das ist keine Sicherheitspolitik der ruhigen Hand; das ist eine AntiSicherheitspolitik.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Versammlungsfreiheit wird mit diesem Gesetz nicht gestärkt, sondern unsere Polizei wird geschwächt. Moderne Sicherheitspolitik sieht anders aus.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Jahns. - Frau Jahns hat es eben schon für die CDU-Fraktion angekündigt: Ich möchte eine zweite Wortmeldung in der Reihe der Wortmeldungen der CDU-Fraktion zu Beginn dieser Debatte aufrufen. Der Kollege Bernd Busemann hat sich zu Wort gemeldet. Er hat eine Restredezeit von 5:49 Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist vielleicht nicht der Zeitpunkt für leidenschaftliche Debatten, aber vielleicht doch der Zeitpunkt für einige nachdenkliche Worte.

Heute Morgen, zu Beginn der Regierungserklärung, hat der Herr Ministerpräsident den Befund vermittelt, dass neuerdings Ängste in der Bevölkerung aufgetaucht sind, dass Unsicherheiten aufgetaucht sind, dass etwas passieren muss und wir aufmerksam sein müssen. - So weit hat er recht.

Nun ist es so - und das nicht nur durch die jüngsten Ereignisse -, dass wir eine veränderte Sicherheitslage und ein verändertes Sicherheitsempfinden in Deutschland haben. Das wird von Bayern bis Berlin, von Kiel bis Nordrhein-Westfalen so empfunden. Alle sehen das so. Mit Forderungen, aktiven Maßnahmen, Gesetzesvorschlägen usw. gehen alle in eine bestimmte Richtung und sagen: Wir müssen genauer hingucken; wir brauchen mehr rechtliche und technische Möglichkeiten; wir müssen mehr Polizei haben; wir müssen vielleicht sogar die Bundeswehr da und dort einbinden. Manche Vorschläge schießen auch übers Ziel hinaus; da muss man Sorge haben, dass das noch mit dem Rechtsstaat und der Demokratie vereinbar ist. Aber das geht alles aus guten Gründen in eine bestimmte Richtung.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Nur in einem Bundesland, meine Damen und Herren, scheint das ein bisschen in eine andere Richtung zu gehen. Sie haben offenbar eine völlig andere Einschätzung von der Lage, und der Rezeptekasten, den Sie dabeihaben, ist, glaube ich, auch nicht optimal zur Behebung der Probleme.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nur zur allgemeinen Betrachtung ein Hinweis: Ich habe schon den Eindruck, dass innerhalb der Koalition ein gewisser Dissens besteht. Herr Innenminister, Herr Polizeiminister - Sie werden das bestä

tigen oder auch nicht -, Ihnen sind in gewisser Hinsicht offenbar Fesseln angelegt, das zu tun, was Sie selber meinen, tun zu müssen. Wir nehmen das hier zur Kenntnis; es ist so, wie es ist.

Herr Kollege Becker, Sie haben vorhin in Ihrer Rede das Stichwort „Stigmatisierung“ eingebracht. Passen Sie auf, dass nicht zu viele Bürgerinnen und Bürger bei dem, was wir hier gemeinsam machen, stigmatisiert werden, und am Ende Schutz bei den falschen Truppen im Lande suchen. Das müssen wir auch bedenken bei dem, was wir hier machen.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie können sich sicherlich vorstellen, dass ich mich zum Komplex „befriedeter Bezirk“ gemeldet habe - früher einmal „Bannmeile“ genannt. Das klingt ja auch schlimm - Bann. Das erinnert so an das Mittelalter: Papst, Kaiser; wenn der Bann dich traf, dann warst du vernichtet. - Das will wohl niemand haben.

Die Bannmeile hat ihren Ursprung in der Weimarer Republik, als Parlamente nicht ungestört tagen konnten, als Parlamentarier nicht ungestört ihrer Arbeit nachgehen konnten. Deswegen haben die Parlamente nach dem Krieg auch gesagt: Wir brauchen so etwas wie ein Bannmeilengesetz, einen Schutz unseres demokratischen Betriebes und der dort Handelnden.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Damals war es auch richtig! Aber die Polizei war eine andere!)

- Ja, damals, lieber Herr Kollege. Aber leider ist „damals“ vielleicht bald wieder. Das übersehen Sie möglicherweise.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Herr Präsi- dent, Sie müssen doch sehen, dass sich die Polizei weiterentwickelt hat!)

- Ganz ruhig, Herr Limburg!

Diese Bannmeilengesetze wurden dann bundesweit zum Teil abgeschafft oder anders benannt. Es gibt eine hoch interessante Debatte aus den 90erJahren - einige ältere Parlamentskollegen können sich noch daran erinnern. Damals wollten wir die Bannmeile nicht mehr so weiträumig gelten lassen; wir haben zu der Formulierung „befriedeter Bezirk“ gefunden und wollten auch zum Ausdruck zu bringen - und zwar aus guten Gründen, die ich gleich ausführe -, dass mit der Demonstrations- und Versammlungsfreiheit ein paar Meter vor dem Eingang

des Landtages Schluss ist, nämlich - wenn ich das mal so sagen darf - an der Ecke „Klickmühle“, am Außenbereich des Holzmarktes und jenseits der Leine.

Mein Gott! Dieser befriedete Bezirk darf doch wohl aus guten Gründen bleiben; da bricht die Demokratie doch nicht zusammen, wenn das so bleibt, wie es ist!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben doch alle miteinander das Ohr am Volke. Ich bin seit 1994 hier; zwei Kollegen sind seit 1986 hier. Nirgendwo, bei keiner Versammlung, bei keinem privaten Gespräch im Lande, kommen die Bürger an und sagen: Um Gottes willen, schafft den befriedeten Bezirk ab; das ist zur Rettung der Demokratie erforderlich!

Die einzige Gruppe, die das dann und wann wieder ins politische Geschäft einbringt - pardon! -, sind die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen.

(Jörg Bode [FDP]: Genauso ist ist!)

Das ist ein Stück persönliche Befindlichkeit; die mögen Sie ja auch so haben. Aber es sind hier auch noch ein paar andere beteiligt.

Jetzt will ich zu den sachlichen Gründen für einen befriedeten Bereich kommen. Es geht auch um die Freiheit bei der Ausübung des Mandats im Parlament.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das heißt, die Zuwegungen für Abgeordnete - hin und her - müssen doch frei sein. Und bei einer knappen Mehrheit wäre ich auch daran interessiert, dass jeder Abgeordnete rechtzeitig zur Abstimmung kommt und nicht durch eine Demo aufgehalten wird.

Es geht aber auch um die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Sicherheitskräfte, insbesondere der Polizei. Es geht auch um die Frage des Hausrechtes. Wollen wir das alles aufheben und sagen - darüber war ich etwas verblüfft -: „Wenn Pegida vor dem Landtag demonstriert, dann muss ich das aushalten.“? Ob Pegida oder andere - eine Demonstration ist nicht erst dann eine richtige Demonstration, wenn die Demonstranten auf der Treppe mit der Nase an der Scheibe stehen. Das geht nicht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben Schutzinteressen der Mitarbeiter und auch unserer Sicherheitskräfte zu wahren. Wir müssen auch die Abläufe gewährleisten.

Und ich sage Ihnen noch eines: Wir haben mit Ihrem großen verdienstvollen Einsatz einmal den inklusiven Landtag beschlossen - Drucksache 17/465. Der Landtag soll inklusiv sein. Meine Damen und Herren, gerade auch Menschen mit Behinderungen müssen freien Zugang haben. Für viel Geld - über eine halbe Million Euro - werden wir beim Landtagsumbau einen Fahrstuhl in den Portikus einbauen, damit das geht. Hat eine Demo dann Vorrang? Soll das dann nicht mehr gelten? - Ich bitte darum, das auch von Rechts wegen einmal zu beachten.

Es gibt also viele Gründe, die dafür sprechen, bei dem befriedeten Bereich zu bleiben.

Herr Innenminister, Herr Polizeiminister, wer ist denn der Dumme bei dem ganzen Geschehen? Das sind am Ende, wenn das nicht sauber abgegrenzt ist und doch eskaliert, die armen Polizeibeamten, die dazwischenstehen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die brauchen dann ganz schnell eine Hotline zum Polizeipräsidenten oder Minister, um zu fragen, was sie denn tun sollen. Die sitzen dann sozusagen mit dem Rücken an der Scheibe und sind der Gefahr ausgesetzt.

Ich meine, wir sollten hier miteinander einiges an Ungemach - ich sage es einmal vorsichtig - vermeiden und es bei dem guten alten befriedeten Bezirk belassen. Die Bevölkerung wird diese Auffassung mit uns teilen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen.

Herr Abgeordneter Busemann!

Ich komme zum Ende.

Bitte!

Ich habe gewisse Befürchtungen. Wir wissen nicht, wie der nächste Landtag aussieht. Ich mag mir nicht vorstellen, dass innendrin zwei Gruppen von