Protocol of the Session on June 9, 2016

Es wird ein einstufiges Referenzertragsmodell eingeführt, das vergleichbare Wettbewerbsbedingungen in ganz Deutschland schafft und Anreize für den Bau effizienter Anlagen an windhöffigen Standorten gewährleistet. Dieses Referenzertragsmodell ist deswegen für die nicht im Norden gelegenen Bundesländer so wichtig, weil inzwischen bundesweit ein großes Interesse an der damit verbundenen Wertschöpfung besteht. Es kam darauf an, gerade unter diesen Bedingungen auch die norddeutschen Interessen zu wahren.

Es wird eine Übergangsregelung für Anlagen geben, die bis Ende 2016 genehmigt werden und in 2017 oder 2018 in Betrieb gehen. Sie können noch die gesetzlich festgelegte Vergütung erhalten. Es soll aber verhindert werden, dass es in diesen beiden Jahren zu einem überproportionalen Zubau kommt, um noch die günstigeren Förderbedingungen mitzunehmen. Deswegen ist eine Einmaldegression bei der Förderhöhe von 5 % zum 1. Juni 2017 vorgesehen.

Um die Akteursvielfalt bei der Umsetzung der Energiewende zu erhalten, dürfen Bürgerenergieprojekte künftig unter erleichterten Bedingungen an Ausschreibungen teilnehmen. Sie benötigen keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ihrer Anlagen bei der Abgabe eines Gebots. Damit sollen ihre Vorlaufkosten reduziert werden. Das Risiko, den Zuschlag zu erhalten und das Projekt entsprechend realisieren zu können, bleibt gleichwohl erhalten.

Für Niedersachsen bedeutet das: Die Höhe des Zubaus - ich sagte: 2 800 MW und dann 2 900 MW - ist ein Kompromiss. Letztlich bleibt damit nach unserer Einschätzung ein angemessener weiterer Zubau auf einem hohen Niveau möglich. Die Planungssicherheit ist gewährleistet.

Bei der Einmaldegression hatte die Bundesregierung ursprünglich eine Reduzierung um 10 % vorgesehen. Das haben wir verhindert. Mit der jetzt vorgesehenen Regelung haben die Investoren deutlich mehr Zeit, sich auf geänderte Finanzierungsbedingungen einzustellen.

Wir haben uns auch frühzeitig für geeignete Regelungen zum Erhalt der Akteursvielfalt, insbesonde

re auch der Bürgerenergieprojekte, eingesetzt. Der Bund hat dieses Anliegen leider nur sehr vorsichtig aufgegriffen. Wir werden die ersten Ausschreibungsrunden genau verfolgen und beobachten, ob Bürgerenergieprojekte tatsächlich unter diesen neuen Bedingungen gerechte Chancen haben. Möglicherweise gibt es an dieser Stelle einen Bedarf zur Nachsteuerung.

Lassen Sie mich zu einem weiteren Bereich kommen, der für Niedersachsen besonders wichtig ist: die Windenergie auf See. Dabei ist wesentlich, dass die bisherigen Ausbauziele im Offshorebereich bestehen bleiben. Bis 2020 sollen 6,5 GW und bis 2030 15 GW installiert werden. - Das sind erst einmal nur Zahlen. Aber man kann im Grunde genommen sagen, dass künftig in Norddeutschland auf See mehr Strom produziert wird, als bislang von allen deutschen Atomkraftwerken erzeugt wurde. Das macht einen ganz wesentlichen Unterschied.

(Zustimmung von Gerald Heere [GRÜNE])

Um an dieser Stelle zu einem kontinuierlichen Ausbaupfad zu kommen, werden von 2021 an bis 2030 jährlich 730 MW ausgeschrieben. Warum ist das wichtig? - Das entspricht der Größenordnung von zwei Windparks pro Jahr, sodass die Industrie an dieser Stelle ebenfalls Planungssicherheit hat.

Der Systemwechsel hin zu Ausschreibungen erfolgt bei Offshore, anders als bei Onshore, wegen der langen Planungs- und Vorlaufzeiten zweistufig. Zunächst gibt es eine Übergangsphase bis 2024, in der Ausschreibung unter allen bestehenden Projekten statt, die in der Planung bereits vorangeschritten sind. Ab 2025 werden die Flächen durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie staatlich voruntersucht und dann zentral vorgeprüfte und geeignete Flächen bundesweit ausgeschrieben.

Was heißt das für Niedersachsen? - Wir hätten uns natürlich auch an dieser Stelle ein höheres jährliches Ausbauvolumen gewünscht, auch weil man damit natürlich immer noch weitere Kostensenkungspotenziale leichter realisieren kann. Der Zubau von 730 MW sichert aber ein entscheidendes Merkmal, nämlich dass es eine verlässliche und kontinuierliche Ausbauperspektive für die Offshorewirtschaft gibt und dass insbesondere damit der befürchtete Fadenriss vermieden werden kann. Wir setzen darauf, dass gerade an dieser Stelle künftig der Norden - wenn ich z. B. an Cuxhaven

und die Errichtung der Siemens-Fabrik dort denke - eine Technologieführerschaft entwickeln wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zur Biomasse: Es ist vereinbart worden, zwischen 2017 und 2019 jeweils 150 MW und in den Jahren 2020 bis 2022 jeweils 200 MW brutto pro Jahr auszuschreiben. Für Biomasseanlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 150 KW werden Ausschreibungen für Neuanlagen sowie - im Unterschied zu den anderen Technologien - auch für Bestandsanlagen eingeführt. Das ist eine Förderung, die effizienten Bestandsanlagen eine wirtschaftliche Anschlussperspektive eröffnet.

Was bedeutet das für Niedersachsen? - Biomasse bleibt ein wichtiger Bestandteil der erneuerbaren Energien. Effiziente Bestandsanlagen erhalten eine wirtschaftliche Perspektive, vor allen Dingen moderne Biomasseanlagen mit flexibler und systemdienlicher Fahrweise. Außerdem bleibt durch das festgelegte Ausbauvolumen ein moderater Zubau möglich.

Letztlich zur Solarenergie: Bei der Solarenergie ist ein erhöhtes jährliches Ausschreibungsvolumen von 600 MW für Freiflächenanlagen und große Dachanlagen vorgesehen. Kleinere Anlagen unter 750 kW werden auch künftig von Ausschreibungen befreit. Um mehr Wettbewerb und Kosteneffizienz bei den Ausschreibungen zu erreichen, wird eine Länderöffnungsklausel eingeführt. Damit werden die Länder ermächtigt, die Nutzung von Acker- und Grünflächen in bestimmten Gebieten zuzulassen.

Was heißt das für Niedersachsen? - Ein hinreichend hoher Zubau von PV-Anlagen bleibt weiterhin möglich. Das ist im Hinblick auf unser Landesziel wichtig, eine Energieversorgung bis 2050 nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien erreichen zu können.

Damit komme ich zur dritten Frage: Wie bewertet die Landesregierung die in den Bund-LänderGesprächen gefundenen Kompromisse, speziell die der Begrenzung auf 2 800 MW onshore?

Sie werden verstehen: Das war ein sehr umfassender Verhandlungsprozess mit vielen unterschiedlichen Fragestellungen und extrem unterschiedlichen Interessen, und zwar nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch innerhalb der Bundesländer, sodass es in der Tat schon erfreulich ist, dass wir zu einen gemeinsamen Ergebnis gekommen sind. Dieses Ergebnis ist aus Sicht der Landesregierung vertretbar und unter

stützungswürdig. Es ist, insbesondere bezogen auf die Ausbaumenge von zunächst 2 800 MW brutto - später 2 900 MW - Onshorewind, ein hart errungener Kompromiss gewesen, der aber in seiner Höhe - ich habe darauf hingewiesen - einen hinreichend hohen Zubau von Windenergie an Land deutschlandweit sicherstellt.

Bei der Höhe und den Auswirkungen für Niedersachsen darf ich noch auf folgenden Zusammenhang hinweisen: Um den Netzausbau mit dem Zubau der erneuerbaren Energien besser zu synchronisieren, sieht der Gesetzentwurf vor, eine sogenannte Netzausbauregion zu definieren. Damit soll insbesondere auch definiert werden, in welchen Bereichen möglicherweise Engpässe bestehen können und man zu einer Synchronisierung gelangt.

Für eine mögliche norddeutsche Ausbauregion, die insbesondere Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordhessen umfassen könnte, soll der Zubau der Windenergie vorübergehend auf 58 % des durchschnittlichen Zubaus der Jahre 2013 bis 2015 begrenzt werden. Das entspräche in der Summe für unsere Region in Norddeutschland, also im Kern Schleswig-Holstein und Niedersachsen, einer Menge von 920 MW jährlich.

Was hieße das? - In Niedersachsen hatten wir von 2013 bis 2015 einen durchschnittlichen Zubau von 475 MW jährlich. Wenn Sie beide Zahlen miteinander vergleichen - 920 und 475 - und wenn Sie sehen, dass im Kern das Thema zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein behandelt wird und wir weiterhin gute Standorte haben, die im Rahmen von Ausschreibungen weiterhin durchsetzungsfähig sind, dann werden Sie verstehen, dass ich zuversichtlich bin, dass wir auch im Rahmen dieser Maßnahme eines temporären Netzausbauregimes in Niedersachsen einen jährlichen Zubau in etwa auf dem Niveau der vergangenen Jahre weiterhin möglich gemacht haben.

Insgesamt - ich sagte es - waren es schwierige Diskussionen, die sehr von unterschiedlichen Interessen gekennzeichnet waren. Ich glaube, letztlich ist es gelungen, für Niedersachsen gut vertretbare Regelungen durchzusetzen. Somit kann ich am Ende feststellen: Niedersachsen ist und bleibt das Windenergieland Nummer eins in Deutschland.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Die erste Zusatzfrage für die FDP-Fraktion stellt der Kollege Dr. Hocker.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, herzlichen Dank für die umfangreiche Beantwortung unserer Anfrage.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie soeben sozusagen den Ausbaupfad und die Volumina für die verschiedenen Energieträger, wie es sich in den nächsten Jahren entwickeln soll, beschrieben haben, würde ich gerne von Ihnen und der Landesregierung wissen, ob der Schwerpunkt der Landesregierung in den kommenden Jahren darauf liegen wird, den Zubau zu befördern, oder darauf, Verantwortung für die Netzsituation bundesweit zu übernehmen, und welche Schwerpunkte Sie dabei setzen werden. Also interessiert mich Ihre Antwort auf die Frage „Zubau oder Netzausbau?“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hocker. - Für die Landesregierung antwortet Herr Umweltminister Wenzel. Bitte!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Hocker, das ist keine Frage des Entwederoder, sondern beides ist dringend notwendig.

(Jörg Bode [FDP]: Beides gleichzei- tig?)

Wir setzen alles daran, die Netze auszubauen, die in der Planungsverantwortung des Landes liegen. Wir sind darauf angewiesen, dass die Betreiber rechtzeitig die notwendigen Unterlagen vorlegen. Wir drängen auch beim Bund darauf, dass die 3 500 km Hochspannungsgleichstromübertragungsnetze, die in der Verantwortung der Bundesnetzagentur liegen, ebenfalls beschleunigt ausgebaut und hier Strukturen geschaffen werden, die es ermöglichen, möglichst frühzeitig mögliche Hindernisse bei der Planung zu erkennen, und die Aktivitäten länderübergreifend zu unterstützen. Insofern hoffe ich, dass es gelingt, die Planungen

des Bundes gegenüber den jetzt bekanntgewordenen Zahlen noch zu beschleunigen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Wenzel. - Die erste Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt Herr Kollege Bäumer. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Umweltminister Wenzel wird in einer Pressemitteilung von gestern mit folgenden Worten zitiert:

„Bayern sollte jetzt endlich auch bei SuedLink seinen großen Worten Taten folgen lassen und aktiv dazu beitragen, dass diese Stromautobahn schnellstmöglich realisiert werden kann. Alles andere sind billige Ablenkungsmanöver.“

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung, was sie beabsichtigt, um die nötige Akzeptanz für den Bau der Leitungen bei den Landeigentümern, die durch die Erdverkabelung massiv betroffen sein werden, zu erzielen.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: In Bay- ern! - Helge Limburg [GRÜNE]: Ste- fan, was machst du denn in Bayern?)

Vielen Dank. - Bitte, Herr Minister Wenzel!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Bäumer, die Leitung, die Sie angesprochen haben, die SuedLinkLeitung, liegt in der Planungsverantwortung des Bundes, der nach längerer Diskussion insbesondere mit dem Freistaat Bayern entschieden hat, diese Leitung vorrangig in Erdverkabelungstechnik auszuführen. Die Leitung wird benötigt, um beispielsweise insbesondere Strom aus Schleswig-Holstein nach Süden abzuführen. Wir sind insofern Transitland. Gleichwohl ist uns im Interesse des Gesamtgelingens der Energiewende daran gelegen, dass dieser Ausbau so schnell wie möglich vonstatten geht, um die Redispatch-Kosten nicht unnötig anwachsen zu lassen. Wir werden den Bund mit unseren Mitteln bestmöglich unterstützen. Die Pla

nungsverantwortung liegt aber beim Bund. Wenn es sich herausstellt, dass es bei dem von Ihnen angesprochenen Thema noch Herausforderungen gibt, die zu bewältigen sind, dann wäre auch dafür der Bund der erste Ansprechpartner. Wir legen aber Wert darauf, dass alle Planungsträger - also auch die Länder, die Übertragungsnetzbetreiber, aber auch die Spitzenverbände und sonstige Akteure, die zum Gelingen beitragen - regelmäßig in Projektstatusgespräche eingebunden werden. Dabei sind dann natürlich auch die Grundstückseigentümer ganz wichtige Partner, um das am Ende zu bewerkstelligen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Die nächste Zusatzfrage stellt für die FDP-Fraktion Herr Kollege Dr. Hocker.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir in diesem Hohen Hause seit vielen Monaten das lange angekündigte Klimaschutzgesetz diskutieren, würde ich von der Landesregierung gerne wissen, welche Auswirkungen der Konsens, der jetzt in Berlin geschlossen wurde, auf Ihre Bestrebungen hat, dieses Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen.

Danke.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut!)