Eingebracht wird dieser Gesetzentwurf für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von Herrn Kollegen Limburg. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Limburg. Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unserem Gesetzentwurf fordern wir, die bisherige Regelung im Gesetz über den Staatsgerichtshof, dass Frauen und Männer jeweils mindestens drei Mitglieder stellen sollen, zu ändern und die Anzahl auf „jeweils mindestens vier“ zu erhöhen. Außerdem fordern wir vor der Wahl die Durchführung einer öffentlichen Anhörung der Kandidatinnen und Kandidaten.
Erstens. Eine Erhöhung der Anzahl von derzeit drei auf jeweils vier der Mitglieder würde dem Gebot der geschlechtergerechten Parität nicht voll entsprechen. Das ist allerdings bei einem Neunergremium auch nicht möglich. Aber diese Regelung ist absolut angemessen und zeitgemäß. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind, gleiche Rechte und Pflichten in dieser Gesellschaft haben, aber faktisch in Gremien nicht gleichermaßen repräsentiert sind.
Meine Kollegin Twesten hat das heute Morgen bereits für den Bereich der Wirtschaft hervorgehoben. Was für Unternehmen richtig ist, das kann für
Meine Damen und Herren, wenn wir uns die niedersächsische Justiz anschauen, dann können wir doch nicht ernsthaft der Auffassung sein, dass die Tatsache, dass es bislang so wenige Frauen am Staatsgerichtshof gab, darauf zurückzuführen sein könnte, dass es zu wenig kompetente Juristinnen gäbe. In Niedersachsen gibt es auf allen Ebenen - in den Gerichten, in den Staatsanwaltschaften, in den Rechtsanwaltskanzleien und auch an den Hochschulen - sehr viele kompetente Juristinnen, aber diese große Vielzahl hat sich leider noch nicht entsprechend am Staatsgerichtshof widergespiegelt.
Meine Damen und Herren, im Grunde genommen müsste man sagen, dass diese Regelung über 50 Jahre zu spät kommt. Im Grunde genommen hätte man eine solche Regelung schon im Jahr 1949 nach der Verabschiedung des Grundgesetzes einführen müssen, als in Artikel 3 gleiche Rechte für Männer und Frauen festgelegt worden sind.
Zum zweiten Aspekt, zur öffentlichen Anhörung: Ich weiß aus Gesprächen auch aus dem letzten Jahr, als dieser Vorschlag bereits in den Medien öffentlich diskutiert worden ist, dass es viele Bedenken gibt.
Aber ich möchte zunächst einmal auf die Bundesebene und die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts verweisen.
Als es vor einigen Jahren um die Neubesetzung der Stelle des Vizepräsidenten gegangen ist, der dann später Präsident geworden ist - Herr Voßkuhle -, gab es eine monatelange breite öffentliche Debatte um den zunächst vorgeschlagenen Kandidaten Horst Dreier. Seine juristischen Positionen sind in der Öffentlichkeit diskutiert worden; verschiedene Positionen sind kritisiert worden.
Ich finde, dass diese Debatte alles in allem dem Gericht insgesamt gut getan hat, weil sie das höchste deutsche Gericht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gestellt hat, weil sie den Blick auf verschiedene Meinungen, juristische Meinungen,
Lehrmeinungen, wissenschaftliche Meinungen, gerichtet hat, die sich in Urteilen widerspiegeln können. Letztendlich hat sie auch dazu geführt, dass mit Andreas Voßkuhle ein, wie ich finde, sehr kompetenter und sehr fähiger Präsident des höchsten deutschen Gerichtes gewählt worden ist.
Diese öffentliche Debatte aber, meine Damen und Herren, war nicht institutionell vorgegeben, sondern sie hat sich letztendlich zufällig und mit Unterstützung der Medien aus bekannt gewordenen Gesprächen und internen Vorschlägen entwickelt.
Wir Grüne sind der Auffassung, dass wir es nicht dem Zufall überlassen sollten, zu wie viel Transparenz und wie viel öffentlicher Debatte es bei der Besetzung eines Verfassungsorgans in Niedersachsen kommt.
Wenn Bedenken hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung bestehen, z. B. dass das sozusagen in eine Art Tribunal umgewandelt werden könnte, wie wir das aus US-amerikanischen Anhörungsverfahren bei der Besetzung des dortigen Supreme Court kennen, dann sage ich: Wir können gerne über die Ausformung und die Details reden. Aber wir sollten gemeinsam dafür eintreten, dass das Verfassungsorgan Staatsgerichtshof in einem öffentlichen, transparenten Verfahren besetzt wird und dass die Öffentlichkeit frühzeitig Kenntnis von den Qualifikationen und Fähigkeiten der zukünftigen Richterinnen und Richter hat.
Noch eines möchte ich betonen: Dieser Gesetzentwurf ist ausdrücklich keine Kritik an den derzeitigen Richterinnen und Richtern im Staatsgerichtshof - ausdrücklich nicht. Aber, meine Damen und Herren, wir sollten es doch nicht so weit kommen lassen, dass es Anlass zu Kritik an den gewählten Kandidatinnen und Kandidaten gibt, und dann erst nachträglich eine solche Regelung einführen. So lange sollten wir doch nicht warten. Wir sollten frühzeitig die Möglichkeit der Öffentlichkeitsbeteiligung in diesem Besetzungsverfahren schaffen.
Ein allerletzter Punkt zum zeitlichen Ablauf der Beratungen: Wir konnten den Medien entnehmen, dass gegenwärtig ein Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Staatsgerichtshofgesetzes in Arbeit ist, der sich gerade in der Verbandsanhörung befindet. Wir halten es für sinnvoll, dass beide Gesetzentwürfe gemeinsam im Land
Zu den im Gesetzentwurf der Landesregierung vorgeschlagenen Regelungen - lassen Sie mich so viel schon vorwegnehmen - kann ich so weit meine Zustimmung signalisieren - sie sind ja auf Anregung des Staatsgerichtshofes von der Landesregierung aufgenommen worden -, sofern im konkreten Gesetzgebungsverfahren keine Überraschungen auf uns warten; da kann man ja nie ganz sicher sein. Aber nach dem, was der Presse zu entnehmen war, kann ich für meine Fraktion dazu Zustimmung signalisieren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Einführung einer verbindlichen Frauenquote in Aufsichtsräten ist zurzeit in aller Munde; darüber haben wir schon heute Morgen diskutiert. Es gibt Zoff im Kabinett zwischen zwei Ministerinnen,
Die Empfehlung, auf freiwillige Selbstverpflichtung zu setzen, hat leider nicht den gewünschten Erfolg. Die börsennotierten Unternehmen hatten zehn Jahre Zeit, den Frauenanteil in den Aufsichtsräten zu erhöhen. Gäbe es die Bemühungen auf Arbeitnehmerseite, den Frauenanteil zu erhöhen, nicht, läge der Frauenanteil in den Aufsichtsräten bei 4 % bis 5 %. Deutschland ist, was die Gleichberechtigung der Frau angeht, leider europäisches Schlusslicht.
Um frauenpolitisch etwas zu bewegen, braucht es demzufolge mehr als nur eine Bundeskanzlerin. Aber Herr Rickert hat uns heute Morgen ja erklärt,
Wie sieht es in unserer Justiz aus? - Frauen haben die besseren Schul- und Universitätsabschlüsse. 51 % der Hochschulabsolventen sind weiblich. Das Jurastudium ist beliebt - so beliebt, dass Rudolf Wassermann schon vor Jahren beklagte, dass es eine Verweiblichung der Justiz gibt. Die Ausrede, dass es keine geeigneten Frauen gebe, ist gerade im Bereich der Justiz nicht glaubwürdig.
Wie sieht es in unserem höchsten Verfassungsorgan in Niedersachsen aus, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Der Niedersächsische Staatsgerichtshof erfüllt zwar inzwischen die Mindestquote der Geschlechter, die bei drei Frauen liegt. Von einer annähernden Parität sind wir in diesem neunköpfigen Gremium jedoch noch immer weit entfernt. Also wird die SPD gerne dem Gesetzentwurf der Grünen in diesem Punkte zustimmen, der eine Aufstockung der Quote mit dem Ziel von mindestens vier weiblichen Mitgliedern fordert.
Meine Damen und Herren, im zweiten Teil des Gesetzentwurfes geht es um das Wahlverfahren zum Staatsgerichtshof. Die Bündnis-90-Grünen, lieber Kollege Limburg, sind der Meinung, dass das Auswahl- und Besetzungsverfahren intransparent sei. Sie schlagen deshalb eine öffentliche Anhörung durch den Ausschuss vor.
Diesen Weg möchten wir nicht mitgehen. Die Unabhängigkeit der dritten Gewalt ist ein hohes Gut, meine Damen und Herren. Die Nominierungen sind bisher ohne öffentliches Parteiengezänk ausgekommen, und das ist gut so.
Eine öffentliche Diskussion über die Besetzung dieser hohen Richterämter, wie sie z. B. in den USA üblich ist, halten wir für nicht erstrebenswert, liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch wenn Sie, Kollege Limburg, das Beispiel des Verfassungsgerichts anführen. Das ist eine sehr zweischneidige Sache. Wir erleben es gerade bei der Diskussion um Peter Müller. Ob das immer so wünschenswert ist, ist wirklich eine andere Frage.