Protocol of the Session on January 21, 2011

Insofern ist die Initiative des Städtetages in diesem Punkt verständlich; schließlich vertritt er in erster Linie die Interessen seiner Mitglieder. Verantwortungsbewusste Landespolitik muss allerdings die Interessen des gesamten Landes im Blick haben und nach diesen Maßstäben Politik betreiben. Und dies schließt eben insbesondere den Blick auf die Finanzsituation des Landes mit ein, wonach auch der Landeshaushalt als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise hohe Finanzierungsdefizite zu verkraften hat. Insoweit ist die Finanzsituation des Landes leider keineswegs so, dass alle Wünsche, seien sie auch noch so nachvollziehbar, erfüllt werden können.

Über eines können Sie aber trotzdem sicher sein: Die Kommunen in Niedersachsen erhalten jederzeit die volle und notwendige Unterstützung des Landes. Die Landesregierung will gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen eine Verstetigung der kommunalen Einnahmen erreichen. Für die

Mitgliedschaft Niedersachsens in der Gemeindefinanzkommission ist die Position der Landesregierung klar vorgegeben: Die Landesregierung will die kommunale Selbstverwaltung sichern, verstetigen und nachhaltig stärken. Angesichts der grundlegenden Schwächen des kommunalen Finanzsystems bundesweit, wie mangelnde Stetigkeit der Steuereinnahmen und fortschreitender Zuwachs bei den Sozialleistungen, ist es dabei unabdingbar, dass die kommunale Einnahmebasis nachhaltig verstetigt und verbessert wird und die Kommunen auf der Ausgabenseite nachhaltig und wirksam entlastet werden.

Zu 3: Bei Gesetzgebungsvorhaben mit Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen berücksichtigt die Landesregierung im Bundesrat die kommunalen Interessen. Insbesondere gilt dies bei der Sozialpolitik, deren Beschlüsse erhebliche Auswirkungen auf die Ausgaben in den kommunalen Körperschaften haben. Die Landesregierung fordert hier seit Längerem eine stärkere Kostenbeteiligung des Bundes. Als Beispiel seien die Kosten der Unterkunft und Heizung im SGB II genannt. Hier verlangt die Landesregierung vom Bund, dass die gesetzlich garantierte Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro endlich erreicht wird. Der Bundesanteil an den Ausgaben darf nicht mehr nach den Bedarfsgemeinschaften, sondern muss endlich auf Grundlage der Kostenentwicklung berechnet werden. Dieses verhandeln wir mit dem Bund im Vermittlungsausschuss.

Als erfreuliches Beispiel nenne ich die Zusage von Bundesminister Schäuble für eine Kompensation des Ausgabenanstiegs der Kommunen bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Hier könnte endlich eine angemessene Bundesbeteiligung erreicht werden. Dies dürfte die niedersächsischen Kommunen um etwa 370 Millionen Euro entlasten. Dieses Angebot ist allerdings im Zusammenhang mit einem Gesamtpaket in der Gemeindefinanzkommission zu sehen.

Weitere Vorschläge zur Entlastung der Kommunen hat die Landesregierung in der Arbeitsgruppe „Standards“ der Gemeindefinanzkommission eingebracht. Bis zum Juni 2010 wurden insgesamt 216 Regelungen von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Standards“ zur Prüfung vorgeschlagen. Von diesen Vorschriften sind unter Zustimmung Niedersachsens immerhin 87 gesetzliche Standards der Gemeindefinanzkommission zur Weiterverfolgung, Beratung und vertieften Prüfung vorgelegt worden. Davon ist der Arbeits- und Sozialbe

reich mit 38 Handlungsempfehlungen betroffen. Jetzt ist der Bund aufgefordert, die Maßnahmen zur Entlastung der Kommunen zu prüfen und dann auch umzusetzen. Zur Mitte des Jahres erwarten wir einen entsprechenden Bericht der Bundesressorts. Die Landesregierung wird sich in der Kommission weiterhin nachdrücklich und konsequent dafür einsetzen, dass es im Ergebnis zu einer deutlichen Entlastung der kommunalen Seite kommt.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Nachfrage wird vom Kollegen Bachmann von der SPD-Fraktion gestellt.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie eben ausgeführt haben, Sie vertreten eine ganz klare Position für Niedersachsen in der Gemeindefinanzkommission, und vor dem Hintergrund, dass Sie die hier zu Recht in der letzten Zeit gestellten Kleinen und Dringlichen Anfragen zur dramatischen Finanzlage der Kommunen beantworten, frage ich Sie: Warum sind Sie nicht in der Lage, die Große Anfrage der SPD-Fraktion zu dieser Thematik, die Ihnen seit Wochen, ja seit Monaten vorliegt, zu beantworten, damit wir hier nicht nur Nachfragen stellen, sondern auch eine Debatte führen können?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der SPD-Fraktion enthält wirklich einen umfassenden Fragenkatalog. Um Ihnen die Datenbasis zu liefern, ist es notwendig, eine Datenerhebung auf der kommunalen Ebene zu veranlassen. Bevor wir nicht die Daten von der kommunalen Ebene haben, können wir die Antwort hier im Parlament natürlich nicht darstellen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wie lange dauert es noch?)

- Im März können wir die Daten vorlegen und dann hier im Parlament darüber debattieren.

(Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Frage wird von Frau Kollegin Geuter von der SPD-Fraktion gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Bemerkungen in der Denkschrift des Städtetages, wonach der finanzpolitische Dialog zwischen der Landesregierung und den Kommunen völlig unterentwickelt sei

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist doch nicht wahr!)

- ich zitiere aus der Denkschrift, Herr Rolfes! -, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Positionierung der Landesregierung auf Bundesebene zu kommunalrelevanten Fragen der Steuerpolitik, frage ich die Landesregierung: Wird die Landesregierung künftig vor einer Zustimmung im Bundesrat zu Steuersenkungen die kommunalen Spitzenverbände in anderer Form als bisher konsultieren?

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ja schon am Mittwoch dargestellt, dass sich die Landesregierung in einem sehr intensiven Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden befindet.

Diese Denkschrift ist von Kämmerern aus verschiedenen Städten erarbeitet worden. In dieser Arbeitsgruppe ist die Idee geboren, zu einem regelmäßigen Austausch zwischen Land und Kommunen darüber zu kommen, wie die Finanzsituation aussieht und wie sie sich in der Zukunft entwickeln wird. Es ist uns Ende des Jahres mitgeteilt worden, dass dieser Wunsch besteht. Daher haben wir für den, ich glaube, 8. Februar eine Sitzung anberaumt, in der die Staatssekretärinnen aus dem Finanzministerium und aus dem Innenministerium zusammen mit dem Städtetag - ich meine, aber auch mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden - genau dies beraten werden.

Darüber hinaus ist vereinbart worden, dass in dem Zusammenhang auch regelmäßig Treffen mit dem Ministerpräsidenten stattfinden. Ein solches Treffen ist für danach vorgesehen und auf April terminiert worden.

Sie sehen also, dass das, was in dieser Denkschrift dargestellt worden ist, sofort aufgegriffen

worden ist. Natürlich dauert es eine gewisse Zeit, bis eine solche Denkschrift gedruckt und verteilt worden ist. Aber die Termine waren schon vor der Drucklegung vereinbart.

Die nächste Frage wird vom Kollegen Adler von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gleich zwei Fragen an die Landesregierung, speziell natürlich an den Herrn Innenminister.

In der von diesem eben so lobend erwähnten Denkschrift des Niedersächsischen Städtetages heißt es, dass die Landesverfassung um eine Schutzbestimmung ergänzt werden sollte, die eine definierte finanzielle Mindestausstattung der Kommunen vorsieht. Wie steht die Landesregierung zu diesem Vorschlag? Haben wir demnächst mit einem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Landesverfassung zu rechnen? - Das war die erste Frage.

Die zweite Frage: Der Niedersächsische Städtetag fordert in seiner Denkschrift die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer, also die Ausdehnung auf Selbstständige und Freiberufler. Was spricht denn gegen diese Idee, wenn man bedenkt, dass ja auch für Freiberufler mit geringem unternehmerischen Gewinn die gleichen Freibeträge wie für Kleingewerbeunternehmer gelten würden und die Gewerbesteuer auch noch steuermindernd bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden kann, was ja unter dem Strich zu einer Verschiebung des Gesamtsteueraufkommens von Bund, Ländern und Gemeinden zugunsten der Gemeinden führen würde?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur ersten Frage: Der Staatsgerichtshof hat klar festgelegt, dass die Verteilungssymmetrie verfassungsgemäß ist. Das hat zumindest den Städtetag bewogen, zu sagen: Dann müssen wir die Verfassung in dem Sinne ändern, dass das gesamte Geld erst einmal den Kommunen zur Aufgabendeckung zur Verfügung gestellt wird, und

das, was übrig bleibt, kann dann vom Land ausgegeben werden. - Ich kann durchaus verstehen, dass man so etwas fordert, wenn man Vertreter einer kommunalen Ebene ist. Dass das aber auch nicht im Sinne der Kommunen wäre, können Sie sich anhand des folgenden Beispiels selber ausmalen.

In der Bildungspolitik sind die Kommunen für den Ausbau der Schulen, d. h. für die Gebäude zuständig, und das Land ist, wie wir vorhin in einer beeindruckenden Diskussion aufgrund einer Anfrage gesehen haben, für das Personal zuständig. Würde das Geld zum größten Teil den Kommunen gegeben werden, dann könnten natürlich hervorragende Gebäude geschaffen werden. Aber anschließend hätte das Land nicht das Geld, insbesondere in einer Wirtschaftskrise nicht, um genügend Lehrerinnen und Lehrer in diese Gebäude zu schicken und eine vernünftige Unterrichtsversorgung sicherzustellen.

Das ist für mich ein anschauliches Beispiel dafür, dass man in einem Boot sitzt. Also: Beide Aufgaben müssen erledigt werden, und beide Aufgaben müssen vernünftig finanziert werden. Deshalb hat der Grundgesetz- bzw. auch der Verfassungsgesetzgeber in Niedersachsen vor rund 60 Jahren sehr weise entschieden und die bekannte Verteilungssymmetrie in die Verfassung geschrieben. Insofern ist es nicht Aufgabe der Landesregierung und, wie ich meine, auch nicht Aufgabe der überwiegenden Zahl der Parlamentarier, diese weise Entscheidung in irgendeiner Weise zu korrigieren. Diese Verteilungssymmetrie ist sinnvoll und hat sich in der Praxis bewährt.

Sie haben mit der Gemeindefinanzreform, d. h. der Ausweitung der Gewerbesteuer auf Selbstständige und andere Bereiche, einen zweiten Punkt angesprochen. Das ist das Kommunalmodell, das in der Gemeindefinanzkommission gerechnet wird. Dies ist ein Modell von zwei Modellen. Das andere Modell ist das Modell der Regierungsfraktionen, das die Abschaffung der Gewerbesteuer vorsieht. Ich hatte schon am Mittwoch dargestellt, dass wir in Niedersachsen noch ein weiteres Modell rechnen, das eine Beteiligung an der Lohnsteuer vorsieht.

Ich habe hier von Anfang an die Haltung der Landesregierung dargestellt: Man darf sich in keinerlei Hinsicht einem Denkverbot unterwerfen, sondern man muss sich zunächst einmal die Auswirkungen sehr genau anschauen. Ich bin Kommunalminister des Landes Niedersachsen und schaue mir natürlich gemeindescharf die Auswirkungen insbeson

dere auf die niedersächsischen Kommunen an. Wenn diese Zahlen vorliegen, wird sich die Landesregierung eine Meinung bilden. Sie können sich vorstellen, dass ich großes Interesse daran habe, dass es mindestens zu einer Verstetigung der Einnahmen kommt.

Die nächste Frage wird von Frau Kollegin Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass wir am 20. Januar 2011 in dem regierungsnahen rundblick lesen konnten, dass die Gespräche zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs seit über einem Jahr stagnieren, frage ich die Landesregierung: Welche Ursachen haben denn dazu geführt, dass diese so wichtigen Gespräche schon so lange nicht mehr geführt werden?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss eine Datenbasis haben, um die Gespräche zu führen. Das LSKN ist im Moment dabei, diese Datenbasis zu erheben. Sobald die Daten vorliegen, werden die Termine wahrgenommen. Den grundsätzlichen Termin hinsichtlich der Erörterung der Finanzbeziehungen zwischen Kommunen und Land habe ich Ihnen ja schon genannt. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, war es der 8. Februar.

Die nächste Zusatzfrage kommt vom Herrn Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Gemeindefinanzreform wird auch die Überlegung diskutiert, den Kommunen zur Entlastung im Sozialbereich größere Gestaltungsmöglichkeiten, etwa Pauschalierungsmöglichkeiten bei den Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger, einzuräumen. Meine Frage ist: Wie soll eine Entlastung bei den Kommunen erreicht wer

den, ohne dass dies zulasten der Hartz-IV-Empfänger geht, bei denen es, wie wir im Moment diskutieren, eher um eine Erhöhung der Leistungen und nicht um eine weitere Reduzierung geht?

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich auch Mitglied in der Verhandlungsgruppe des Vermittlungsausschusses zu Hartz IV bzw. zu SGB II und SGB XII bin, kann ich Ihnen sagen, dass wir in dieser Verhandlungsgruppe genau diese Frage spiegelbildlich mit analysieren und diskutieren, weil uns klar ist, dass man die Gemeindefinanzkommission und das, was bei uns besprochen und beschlossen wird, nicht losgelöst voneinander sehen kann, sondern im Zusammenhang sehen muss. Da wir aber noch kein Ergebnis haben, kann man dazu noch nichts Näheres sagen.

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird vom Kollegen Humke von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Herr Schünemann, vor dem Hintergrund Ihrer vorherigen Aussagen zu einer Stärkung und Verstetigung der kommunalen Einnahmen, vor dem Hintergrund Ihrer Beschreibung, dass der Zukunftsvertrag ein ganzheitliches Konzept sei, und vor dem Hintergrund Ihrer Information, dass bisher 20 Kommunen Mittel beantragt bzw. entsprechende Beschlüsse herbeigeführt haben, interessiert mich, in welcher Größenordnung bisher Mittel beantragt worden sind. Zum anderen interessiert mich die Größenordnung des Gesamtvolumens der bisher abgeflossenen Mittel.