Protocol of the Session on January 20, 2011

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Schwarz von der SPD-Fraktion hat um eine Kurzintervention zu dem Beitrag von Frau Mundlos gebeten. Herr Schwarz, Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Mundlos, es geht nicht darum, dass hier irgendjemand die Pflege schlechtredet. Dort wird eine klasse Arbeit gemacht. Aber die Pflegesituation schönzureden, so wie Sie es getan haben, ist auch neben der Spur.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Es sind doch nicht unsere Zahlen. Es sind der Pflegealarm der Caritas, der Hilfeschrei der Arbeiterwohlfahrt, der Aufschrei der Diakonie. Alle weisen darauf hin: Sie bekommen keine Fachkräfte mehr. Alle weisen darauf hin, dass bei ihnen Einrichtungen in die Insolvenz gegangen sind. Ich habe auf die Zahl hingewiesen. Alle Träger sagen: Reden Sie doch nicht über drohenden Pflegenotstand, wir sind mittendrin, uns fehlen 30 000 Leute! - Das können Sie doch nicht ignorieren! Das ist Fakt in der Szene! Das müssen wir zu korrigieren versuchen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Die können das! Im Ignorieren sind die gut!)

Ich will hier gar nicht darauf eingehen, welche Streichungen diese Regierung in den letzten Jahren vorgenommen hat. Sie haben es seit 2007 noch nicht einmal geschafft, die Zuständigkeit für das Heimgesetz in einen Gesetzestext zu fassen.

Sie haben den Beschluss des Landtags angesprochen. Dazu muss ich sagen: Die eigenen Regierungsfraktionen bringen im Juni 2009 einen Entschließungsantrag ein. Ihr eigener Antrag, der Dringlichkeit hat, bleibt aber erst einmal ein Dreivierteljahr liegen. Am 18. Februar 2010 wird er dann endlich beschlossen. In diesem Beschluss fordern wir die Landesregierung einstimmig auf, am 1. November 2010 einen detaillierten Bericht über die Zukunft der Pflegeausbildung und über die Zusammenlegung der Kranken- und Altenpflege vorzulegen.

Ihre Zeit ist abgelaufen, Herr Schwarz!

Noch nicht einmal der Beschluss der eigenen Koalitionsfraktionen wird von dieser Landesregierung umgesetzt! Das ist doch ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren!

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Frau Mundlos möchte antworten. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön, Frau Mundlos!

Herr Kollege Schwarz, in einem Punkt sind wir uns sicherlich einig: Diejenigen, die in der Pflege tätig sind, machen eine klasse Arbeit. Das unterschreibe ich ausdrücklich.

Wenn Sie hier schon solche Stichworte wie „ignorieren“ hereinbringen, dann müssten Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass diese Landesregierung die Situation, die demografische Entwicklung und das, was damit verbunden ist, überhaupt nicht ignoriert.

(Johanne Modder [SPD]: Doch!)

Vielmehr hat sie zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Wer diese Maßnahmen ignoriert und nicht zur Kenntnis nehmen will, das sind doch Sie! Sie blenden das permanent aus.

Insgesamt kann ich nur feststellen, dass der gesamte Bereich der Pflege sicherlich einer Dynamik unterliegt und dass man die Maßnahmen, die man ergreift und ergriffen hat, auch immer wieder hinterfragen muss, durchaus auch kritisch.

Wir stellen fest - die Schülerzahlen sind ein guter Beleg dafür -, dass hier gute Maßnahmen ergriffen wurden. Was in Zukunft erforderlich sein wird, wird von dieser Landesregierung mit Sicherheit entsprechend initiiert und umgesetzt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: „Wir warten einmal ab“ soll das wohl heißen!)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Riese für die FDP-Fraktion. Herr Riese, bitte schön!

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Landtagsdrucksache 14/680 vor mir. Das ist der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes. Er trägt die Unterschrift der heute an dieser Stelle - wenn auch nicht von mir - bereits gerühmten ehemaligen Ministerin Heidrun Merk.

(Uwe Schwarz [SPD]: Sie war gut!)

Mit diesem Gesetz wurde die Altenpflege-Ausbildungsumlage wieder beendet.

Danach hat es noch einen parlamentarischen Nachgang gegeben, für welches Jahr das gelten soll. Das ist am Ende das Jahr 2000 wegen des Vertrauensschutzes bei bereits bestehenden Aus

bildungsverhältnissen mit Nachlauf geworden. Ich höre allerdings aus dem Ministerium, dass die seinerzeitigen Umlagevorgänge heute, also zehn Jahre nach dem Jahr 2001, verwaltungs- und zahlungstechnisch noch nicht abgewickelt sind.

(Björn Thümler [CDU]: Was? Unglaub- lich!)

Bereits so lange gibt es einen bürokratischen Nachgang für solche Veranstaltungen, die seinerzeit sehr streitbefangen waren. Zwar haben sich Verbände in Anhörungen immer wieder zustimmend dazu geäußert, aber Verbände müssen die Umlage nicht zahlen. Wenn Sie mit den einzelnen Betrieben sprechen, in denen eine solche Umlage eingesammelt wird, dann werden Sie feststellen, dass die Begeisterung dort zurückhaltend ist.

Die Niedersächsische Landesregierung hat am 19. Oktober 2010 eine Anfrage der Abgeordneten Frau Weddige-Degenhard und Herrn Bachmann beantwortet und darin die Zahlen mitgeteilt, die Frau Mundlos von dieser Stelle aus schon in Erinnerung gerufen hat, nämlich dass sich im vergangenen Jahr - das muss dann 2009 gewesen sein - 5 057 Schülerinnen und Schüler in der Altenpflegeausbildung befanden und dass das einen Spitzenwert in der Geschichte des Landes Niedersachsen darstellt.

(Zustimmung bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Das ist ganz toll!)

Das ist eine sehr wichtige Zahl und vor allen Dingen auch eine sehr wichtige Entwicklung, weil sie in die richtige Richtung geht.

Man kann den jungen Damen und Herren nur gratulieren, dass sie sich einen solchen zukunftsfesten Beruf ausgesucht haben; denn über eines sind wir uns wohl einig - dazu hat bisher noch niemand hier eine abweichende Position vertreten -: Der Bedarf an qualifizierten Altenpflegerinnen und Altenpflegern wird massiv steigen. Insofern haben alle diese Leute zukunftsfeste Arbeitsplätze.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Einführung eines Umlageverfahrens, meine Damen und Herren - dies hat die Landesregierung im Oktober in ihrer Antwort mitgeteilt -, ist von dem Nachweis der Voraussetzung abhängig, dass ein solches Verfahren erforderlich ist, um einen Mangel an Ausbildungsplätzen zu verhindern oder zu beseitigen.

(Glocke des Präsidenten)

Ein solcher Mangel besteht nicht. Deswegen gibt es für die Umlage zurzeit kaum einen Anlass.

(Johanne Modder [SPD]: Aber Herr Rösler ist auf dem falschen Dampfer!)

Herr Dr. Rösler, mein Freund Philipp, lässt Sie alle herzlich grüßen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Grüßen Sie nett zurück!)

Er hat mich gebeten, an dieser Stelle der Legendenbildung vorzubeugen. Den Liberalen kommt oft die Aufgabe zu, Illusionen entgegenzutreten, die von anderen Parteien in die Welt gesetzt werden. Bei dem Gespräch im Dezember mit Verbänden der Pflege hat ein guter, kluger und sozialer Bundesgesundheitsminister gesagt, man müsse über alles reden. Aber welche interessierten Kreise dann aus einem solchen Gespräch und einer solchen Stellungnahme in die Welt setzen, dass der Bundesgesundheitsminister nunmehr die Umlage verkündet, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber das werden wir vielleicht noch in Erfahrung bringen.

(Glocke des Präsidenten)

Die Anregungen der SPD-Fraktion in dem Antrag sind auf jeden Fall Grundlage für umfassende Beratungen in den Ausschüssen. Wir werden uns dort noch genau über die gegenwärtige Entwicklung im Land Niedersachsen unterhalten. Aber ich befürchte, dass wir keine Begeisterung für das Umlageverfahren finden werden, und zwar aus einem ganz besonderen Grund.

Letzter Satz, Herr Kollege Riese! Die Zeit ist abgelaufen.

Letzter Satz: Der immer wieder gerne verwendete Satz „Wer nicht ausbildet, wird umgelegt“ - gerne von der Grünen Jugend, den Jusos und der Jugendorganisation [’solid] verwendet - ist eine gewaltverherrlichende Sprache.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Uns liegt jetzt erneut eine Wortmeldung für eine Kurzintervention vor, und zwar von Herrn Schwarz. Genau anderthalb Minuten, Herr Schwarz!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun ist hier schon zum zweiten Mal die Legende mit der Altenpflegeumlage auf den Tisch gekommen. Ich möchte deutlich sagen: Diese Umlage ist damals von der SPD-Landesregierung und dem Parlament eingeführt worden. Sie ist nicht abgeschafft, sondern ausgesetzt worden, um die höchstrichterlichen Entscheidungen abzuwarten. Die höchstrichterlichen Entscheidungen haben die Gesetzmäßigkeit dieser Umlage bestätigt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, sie ist danach - Herr Riese, das haben Sie selbst gerade dargestellt - als eine Finanzierungsmöglichkeit im Bundesgesetz implementiert worden. Nach dem Bundesgesetz gibt es zwei Finanzierungsmöglichkeiten für die Ausbildung: entweder über die Pflegesätze oder über eine Umlage, und zwar dann, wie Sie korrekt gesagt haben, wenn ein Pflegenotstand droht.

Man kann sich ja mit der Opposition und der Regierung streiten; damit habe ich überhaupt kein Problem. Aber wenn Ihnen alle Fachleute sagen, ein Pflegenotstand sei schon eingetreten, dann ist die Rechtsgrundlage für die Umsetzung der Altenpflegeumlage in Niedersachsen gegeben. So einfach ist das.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)